OGH 10ObS338/89

OGH10ObS338/8918.12.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Sylvia Krieger (Arbeitgeber) und Reinhold Ludwig (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alois W***, Kaufmann, 6020 Innsbruck, Höhenstraße 5, vertreten durch Dr.Paul Ladurner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei P***

DER A***, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Aufrechnung, infolge Revision und Kostenrekurses der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.Juli 1989, GZ 5 Rs 99/89-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 11. Oktober 1988, GZ 42 Cgs 70/88-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

  1. 1. Der Kostenrekurs wird zurückgewiesen.
  2. 2. Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

    Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

    "Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen 134.467,70 S zu zahlen.

    Das auf 13,5 % Zinsen von diesem Betrag gerichtete Mehrbegehren wird abgewiesen."

    Die beklagte Partei ist weiters schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die einschließlich 3.206,35 S Umsatzsteuer mit 24.982,85 S bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger bezog von der beklagten Partei zunächst eine mit 30.9.1985 begrenzte Berufsunfähigkeitspension. Am 16.9.1987 schlossen die Parteien vor dem Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht zu 42 Cgs 14/87-19 einen Vergleich, in dem sich die beklagte Partei verpflichtete, dem Kläger die Berufsunfähigkeitspension in gesetzmäßiger Höhe über den 30.9.1985 hinaus zu gewähren. Mit dem Ausführungsbescheid vom 9.11.1987 gewährte die beklagte Partei dem Kläger vom 1.10.1985 an eine Berufsunfähigkeitspension samt Kinderzuschüssen, und zwar vom 1.10.1985 an von 10.687,60 S monatlich, vom 1.1.1986 an von 11.016,20 S monatlich und vom 1.1.1987 an von 11.385,40 S monatlich. Daraus ergab sich für die Zeit vom 1.10.1985 bis 30.11.1987 eine Pensionsnachzahlung von 291.932,90 S.

Mit Bescheid vom 8.2.1988 rechnete die beklagte Partei diese Nachzahlung zur Hälfte mit einer ihr gegen den Kläger zustehenden Forderung an Beiträgen zur Pensionsversicherung auf. Mit Bescheid vom 7.3.1988 rechnete sie von einer weiteren Nachzahlung von 19.915,20 S 8.261,20 S mit der erwähnten Beitragsforderung auf. In beiden Bescheiden berief sie sich auf § 103 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG. In der gegen beide Bescheide rechtzeitig erhobenen Klage behauptete der Kläger, daß ihm von den beiden Nachzahlungen insgesamt nur 19.760 S abgezogen werden dürften. Dazu brachte er im wesentlichen vor.

Die beklagte Partei habe schon vorher auf Grund einer vom Kläger gegenüber der T*** G*** am 1.12.1976 übernommenen

Bürgschaft für 4,158.808,19 S von seiner Berufsunfähigkeitspension monatlich 760 S einbehalten. Obwohl in den nunmehrigen Aufrechnungsbescheiden davon keine Rede mehr sei, dürften nunmehr monatlich 1.440,40 S einbehalten werden. Hätte die beklagte Partei wie bisher monatlich nur 760 S einbehalten, so hätte sich für den Abrechnungszeitraum vom 1.10.1985 bis 30.11.1987 kein so hoher Einbehalt ergeben. Durch die für den Kläger der Höhe nach nicht nachvollziehbaren tatsächlichen Einbehalte werde er in seinen gesetzlichen Rechten beeinträchtigt. Diese Form des Einbehalts entspreche auch nicht dem Sinne des seinerzeitigen Vergleiches, nach dem dem Kläger ein Anspruch auf Auszahlung der Berufsunfähigkeitspension "in der gesetzmäßigen Höhe" zuerkannt worden sei. Sowohl aus dem Text als auch aus dem Sinn des Vergleiches lasse sich der Anspruch des Klägers ableiten, daß die Einbehalte ebenso monatlich zu errechnen seien und sich "in gesetzmäßiger Höhe" zu bewegen hätten. Der Kläger habe auf Grund dieses Vergleiches Anspruch darauf, soviel an Pension monatlich nachgezahlt zu erhalten, als er bei normaler Abwicklung der Pensionszahlungen monatlich zu bekommen gehabt hätte. Die beklagte Partei habe sich diese Aufrechnung trotz Kenntnis des vermeintlichen Aufrechnungsanspruches anläßlich des Vergleichsabschlusses nicht vorbehalten. Daher könne zumindest hinsichtlich des beim Vergleichsabschluß für die Vergangenheit aufgelaufenen Rückstandes keine Aufrechnung erfolgen. Es wäre so vorzugehen gewesen, als ob der Pensionsanspruch des Klägers bis zum Vergleichsabschluß in der im Vergleich vorgesehenen gesetzlichen Höhe gezahlt worden wäre. Weil die beklagte Partei nur zu einem monatlichen Einbehalt von 760 S befugt sei, hätte sie für den 26 Monate umfassenden Nachzahlungszeitraum vom 1.10.1985 bis 30.11.1987 nur 19.760 S einbehalten dürfen. Da der Kläger von der um diesen Betrag verminderten Gesamtnachzahlung (291.932,90 S plus 19.915,20 S minus 19.760 S = 292.088,10 S) nur 157.620,40 S (145.966,40 S plus 11.654 S) erhalten habe, stünden ihm noch 134.467,70 S zu. Er begehrte daher, die beklagte Partei zur Zahlung dieses Betrages samt 13,5 % Zinsen zu verurteilen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und den Ausspruch, daß der Kläger die von den einbehaltenen Nachzahlungen von 291.932,90 S bzw 19.915,20 S vorgenommenen und wie in den Bescheiden dargestellten Aufrechnungen bis maximal zur Hälfte dieser Nachzahlungen zu dulden habe. Sie wendete im wesentlichen ein: Mit vollstreckbaren Urteilen des Landes- und des Oberlandesgerichtes Innsbruck seien der T*** G*** Forderungen gegen

den Kläger von 3,790.988,45 S zugesprochen worden. Davon seien 412.729,23 S Beiträge zur Pensionsversicherung der Angestellten. Nach § 103 Abs 1 Z 1 ASVG habe die beklagte Partei auf die von ihr zu erbringenden Geldleistungen ihr vom Anspruchsberechtigten geschuldete fällige Beiträge aufzurechnen, soweit das Recht auf Einforderung nicht verjährt sei, und zwar nach Abs 2 leg cit (nur) bis zur Hälfte der zu erbringenden Geldleistung. Aus der erwähnten Gesamtforderung der T*** G*** seien der beklagten

Partei keine Beträge zugeflossen. Die Mitteilung dieser G*** über den auf die beklagte Partei entfallenden

Betrag beziehe sich darauf, daß dieser Betrag zur Gänze offen sei. Die in den Bescheiden als Abzugspost "Verbot 1" angeführten Beträge seien auf Grund von Forderungsexekutionen einbehalten worden und von der mit den in den vorliegenden Bescheiden vorgenommenen Verrechnungen verschieden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab (Punkt 1) und erkannte den Kläger schuldig, die Aufrechnungen zu dulden (Punkt 2). Es ging von folgenden, oben noch nicht wiedergegebenen wesentlichen Feststellungen aus:

Die beklagte Partei gewährte dem Kläger zunächst mit Bescheid vom 28.8.1981 eine befristete Berufungsunfähigkeitspension für die Zeit vom 1.4.1981 bis 30.6.1982. In einem gerichtlichen Vergleich vom 7.11.1983 verpflichtete sie sich, die Berufsunfähigkeitspension bis 30.9.1985 weiter zu gewähren. Im schon erwähnten gerichtlichen Vergleich vom 16.9.1987 verpflichtete sie sich, die Berufsunfähigkeitspension auch über den 30.9.1985 hinaus in gesetzmäßiger Höhe zu gewähren. Bei der im diesen Vergleich durchführenden Bescheid vorgenommenen Berechnung der Nachzahlung für die Zeit vom 1.10.1985 bis 30.11.1987 in der Höhe von 291.932,90 S wurden wegen der laufenden Exekutionen keine Abzüge vorgenommen. Da sich die für die Lohnsteuerbemessung maßgeblichen Voraussetzungen geändert hatten, wurde ein weiterer Nachzahlungsbetrag von 19.915,20 S errechnet. Mit Schreiben vom 4.2.1988 teilte die T*** G*** der beklagten Partei mit, daß in dem von der

genannten G*** exekutierten Betrag von 3,790.988,45 S Beiträge der beklagten Partei von 412.729,23 S enthalten sind. Auf Grund dieser ihr zustehenden Forderung erließ die beklagte Partei die beiden bekämpften Aufrechnungsbescheide. Bei den in der Klage erwähnten einbehaltenen Beträgen von 760 S bzw 1.440,40 S handelt es sich um die auf Grund der seit 1981 laufenden Exekutionen getätigten Abzüge im Sinne des Lohnpfändungsgesetzes, die sich der Höhe nach laufend verändert haben.

Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei die Klage schon deshalb nicht berechtigt, weil die Pfändbarkeit von Pensionen aus der Pensionsversicherung und die entsprechende Anwendung der §§ 5 bis 9 LohnpfändungsG im § 98a ASVG begründet sei und mit der in den bekämpften Bescheiden vorgenommenen Verrechnung nichts zu tun habe. Der Meinung des Klägers, daß diese Verrechnung nur unter Einhaltung der Bestimmungen des Lohnpfändungsgesetzes zulässig wäre, widerspreche § 103 ASVG, der bezüglich einer Verrechnung gegen einen Pensionsrückstand keine Einschränkung enthalte. Die Einschränkung der Aufrechnung gegen den der Exekution entzogenen Teil der Forderung auf die im § 293 Abs 1 EO aufgezeigten Fälle habe nur dort Gültigkeit, wo nicht nach bereits bestehenden Vorschriften Abzüge ohne Beschränkung auf den der Exekution unterliegenden Teil gestattet seien. § 103 ASVG sei eine solche Sonderbestimmung. Daß die nach bürgerlichem und auch öffentlichem Recht erforderlichen Voraussetzungen für die Aufrechnung fehlten, sei vom Kläger nicht behauptet worden. Er bestreite weder das Zurechtbestehen der Forderung der beklagten Partei, noch habe er eine allfällige Verjährung eingewendet, zumal es sich um den Teil einer Judikatschuld handle. Daß die beklagte Partei nach der Behauptung des Klägers trotz Kenntnis des vermeintlichen Aufrechnungsanspruches sich diese Aufrechnung anläßlich des Vergleichsabschlusses nicht vorbehalten habe, könne am Zurechtbestehen ihrer Gegenforderung nichts ändern. Wäre im verglichenen Rechtsstreit ein stattgebendes Urteil ergangen, dann hätte auch dieses nur die Verpflichtung der beklagten Partei enthalten, dem Kläger die Berufsunfähigkeitspension über den 30.9.1985 hinaus in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Aus der schon erwähnten Mitteilung der T*** G*** vom 4.2.1988 gehe hervor, daß ihre Forderung und damit auch die Teilforderung der beklagten Partei die Beitragszeiträume April bis einschließlich Dezember 1976 umfasse. Die Gegenforderung der beklagten Partei sei daher der Forderung des Klägers auf Berufsunfähigkeitspension schon bei Beginn des Nachzahlungszeitraumes, nämlich Oktober 1985, aufrechenbar gegenübergestanden. Daß die Beitragsschuld des Klägers unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist, sei überdies Voraussetzung, damit das von ihm angerufene Arbeits- und Sozialgericht über die Aufrechnung geschuldeter Beiträge auf die vom Versicherungsträger zu erbringenden Geldleistungen erkennen könne.

Dagegen erhob der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung Berufung, in der er die Abänderung im klagestattgebenden Sinne, allenfalls die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragte. Weiters erstattete er eine Replik auf die Berufungsbeantwortung.

Das Berufungsgericht wies zunächst mit Beschluß vom 21.2.1989, 5 Rs 5/89-14, die Berufungsreplik zurück (Punkt 1), hob aus Anlaß der Berufung das angefochtene Urteil und das ihm vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück (Punkt 2). Es vertrat die Rechtsansicht, daß der Rechtsstreit ausschließlich darüber geführt werde, in welchem Ausmaß die beklagte Partei die zuerkannte Leistung dem Kläger auszuzahlen habe. Bei den nach § 367 Abs 2 ASVG bei Aufrechnung auf eine Geldleistung zu erlassenden Bescheiden handle es sich zwar um solche in Leistungssachen, doch führe § 354 ASVG solche

Angelegenheiten ebensowenig an wie § 65 Abs 1 ASGG. Deshalb handle es sich bei der vorliegenden Rechtssache um keine Sozialrechtssache. Auch das Zinsenbegehren sei nach einhelliger Ansicht (Kuderna, ASGG 358; SSV 16/83) unzulässig.

Mit Beschluß vom 23.5.1989, 10 Ob S 173/89-18, gab der erkennende Senat dem Rekurs des Klägers gegen Punkt 2 des berufungsgerichtlichen Beschlusses Folge, hob diesen Beschlußpunkt auf und trug dem Berufungsgericht auf, über die Berufung des Klägers zu entscheiden, wobei die Rekurskosten weitere Verfahrenskosten seien. Der in SSV-NF 3/66 veröffentlichte Beschluß wurde im wesentlichen damit begründet, daß Rechtsstreitigkeiten über die Zulässigkeit der Aufrechnung auf die von den Versicherungsträgern zu erbringenden Leistungen (§ 103 ASVG) nicht bloß über die Auszahlung von Versicherungsleistungen, sondern über den Bestand oder den Umfang eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen geführt würden, so daß es sich um Sozialrechtssachen nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG handle. Nunmehr gab das Berufungsgericht der Berufung nicht Folge und sprach aus, daß ein Kostenersatz nicht stattfinde.

Dem Argument des Berufungswerbers, daß er der beklagten Partei keine fälligen Ansprüche schulde, hielt es entgegen, daß in dem insgesamt der T*** G*** geschuldeten Betrag von

3,790.988,45 S ein Betrag von 412.729,23 S enthalten sei, der Beiträge an die beklagte Partei umfasse. An dieser Rechtsnatur ändere nichts, daß die Verpflichtung zur Zahlung gegenüber der genannten G*** abgegeben worden sei. Nach § 58 Abs 5 ASVG sei der Träger der Krankenversicherung ausschließlich berufen, die Beitragsforderung rechtlich geltend zu machen. Demnach sei auch im § 63 Abs 1 ASVG eine Regelung über Ablieferung der an den Träger der Krankenversicherung eingezahlten Beiträge an die Unfall- und Pensionsversicherung getroffen. Die T*** G*** sei

daher ausschließlich berechtigt und verpflichtet gewesen, die Beiträge für die beklagte Partei einzuheben, und es sei daher auch für diese Beiträge die Bürgschaft von dieser G***

einzufordern gewesen. In diesem Umfang trete der Krankenversicherungsträger als Vertreter der Pensionsversicherung auf, und habe der Kläger eine Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen an die beklagte Partei übernommen. Die Aufrechnungsmöglichkeit nach § 103 Abs 1 Z 1 ASVG setze voraus, daß vom Anspruchsberechtigten dem leistungspflichtigen Versicherungsträger geschuldete, fällige Beiträge zu leisten seien. Nicht unterschieden werde, ob diese Zahlungspflicht unmittelbar aus den Bestimmungen des ASVG abzuleiten sei oder ob sie aus einem privatrechtlichen Schuldverhältnis stamme. An der Rechtsnatur der geschuldeten Beiträge ändere sich dadurch nichts. Die Aufrechnungsmöglichkeit nach § 103 ASVG unterscheide nicht zwischen der Aufrechnung bei monatlicher Auszahlung und bei Nachzahlungen. Daraus, daß die beklagte Partei von ihrem Recht auf Aufrechnung nur im Rahmen der Nachzahlungen Gebrauch gemacht habe, könne der Kläger keinen weiteren Anspruch ableiten. Es fehle jeder Anhaltspunkt dafür, daß die beklagte Partei mit dem Vergleich vom 16.9.1987 eine weitere Bindung habe übernehmen wollen oder übernommen habe, als ihr durch ein stattgebendes Urteil überbunden worden wäre. Daher sei im Vergleich weder eine ziffernmäßig bestimmte Höhe der Pension anerkannt noch eine besondere Verpflichtung über die Auszahlung übernommen worden. Insbesondere fehle jeder Anhaltspunkt dafür, daß auf die Geltendmachung eventueller Ruhenstatbestände oder Aufrechnungsmöglichkeiten verzichtet worden wäre. Diesbezüglich sei im Verfahren weder verhandelt noch solche Einschränkungen in den Vergleich aufgenommen worden. Der Vergleich entspreche vielmehr der durchaus gängigen Formulierung und bedeute daher nichts anderes "als die Verpflichtung des Sozialversicherungsträgers, daß ein Pensionsanspruch dem Grunde nach anerkannt werde". Insofern seien durch den Vergleich die Rechtsbeziehungen der Streitteile auch auf eine neue Grundlage gestellt worden. Bei der exekutiven Einbringlichmachung handle es sich um ein völlig anderes Rechtsinstrument als bei der Aufrechnung nach § 103 ASVG. Der durch die Aufrechnung getilgte Teil verringere selbstverständlich den in Exekution gezogenen Anspruch in diesem Umfang.

Dagegen richtet sich die mit einem Kostenrekurs verbundene unbeantwortete Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an eine Vorinstanz zurückzuverweisen oder es im klagestattgebenden Sinne abzuändern und dem Kläger in Stattgebung seines Kostenrekurses die Kosten des bisherigen Verfahrens zuzusprechen.

Der Kostenrekurs war zurückzuweisen.

Weil nach § 47 Abs 1 ASGG in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der Wertgrenzen-Novelle 1989 nur die Rekursbeschränkungen des § 528 Abs 1 Z 1 und 5 ZPO in der zitierten alten Fassung nicht gelten, gilt Z 2 der letztzitierten Gesetzesstelle, nach der Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt unzulässig sind, auch in Sozialrechtssachen (SSV-NF 2/82; 3/146).

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nach § 46 ASGG zulässig; sie ist auch hinsichtlich der Hauptforderung berechtigt.

Nach § 103 ASVG dürfen die Versicherungsträger auf die von ihnen zu erbringenden Geldleistungen aufrechnen:

1. Vom Anspruchsberechtigten dem leistungspflichtigen

Versicherungsträger geschuldete Beiträge, soweit das Recht auf

Einforderung nicht verjährt ist; ... (Abs 1). Die Aufrechnung nach

Abs 1 Z 1 ... ist nur bis zur Hälfte der zu erbringenden

Geldleistung zulässig (Abs 2). Ist im Zeitpunkt des Todes des

Anspruchsberechtigten eine fällige Geldleistung noch nicht

ausgezahlt, ist die Aufrechnung nach Abs 1 Z 1 ... ohne Begrenzung

bis zur vollen Höhe der noch nicht ausgezahlten Geldleistung zulässig (Abs 3).

Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob der hinsichtlich der Pensionsnachzahlungen anspruchsberechtigte Kläger dem diesbezüglich leistungspflichtigen beklagten Pensionsversicherungsträger fällige Beiträge schuldet.

Diese Frage wurde von den Vorinstanzen aus folgenden Gründen zu Unrecht bejaht:

Bei den vom Anspruchsberechtigten dem leistungspflichtigen Versicherungsträger geschuldeten fälligen Beiträgen kann es sich nur um solche Beiträge handeln, die der Anspruchsberechtigte dem leistungspflichtigen Versicherungsträger aufgrund des ASVG schuldet. Das ergibt sich zunächst daraus, daß die Fälligkeit der Beiträge und die Frage, wer die Beiträge schuldet, im Abschnitt V 1. Unterabschnitt des Ersten Teiles des ASVG geregelt sind. Dafür spricht aber auch die im 2. Halbsatz des § 103 Abs 1 Z 1 ASVG enthaltene Beschränkung der Aufrechnungsberechtigung auf Beiträge, hinsichtlich der das Recht auf Einforderung nicht verjährt ist. Damit wird nämlich auf die im § 68 Abs 2 ASVG geregelte Verjährung des Rechtes auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden Bezug genommen, die grundsätzlich binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung eintritt und durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zB durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung) unterbrochen und durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung gehemmt wird. Damit wird auch auf das im § 64 leg cit geregelte Verfahren zur Eintreibung der Beiträge (Einbringung im Verwaltungswege, Einmahnung gegenüber dem Beitragsschuldner, Ausfertigung eines Rückstandsausweises an den Beitragsschuldner) Bezug genommen.

Eine solche Eintreibung der Beiträge ist aber nur gegen Personen zulässig, die nach dem ASVG zur Beitragszahlung verpflichtet sind, nicht aber gegen Personen, die sich einem Versicherungsträger privatrechtlich zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet haben. Im letzteren Fall kann der Versicherungsträger seine bestrittene Forderung nur vor den ordentlichen Gerichten geltend machen und aufgrund eines gerichtlichen Exekutionstitels eintreiben (zB Krejci-Marhold in Tomandl, SV-System 3. ErgLfg 89 mwN; MGA ASVG

30. ErgLfg 427f FN 1a).

Der Kläger ist nicht als Beitragsschuldner nach dem ASVG, sondern aufgrund seines privatrechtlichen Bürgschaftsvertrages mit der T*** G*** zur Befriedigung der Bürgschaftsschuld verpflichtet und in diesem Sinne auch rechtskräftig verurteilt worden. Deshalb durfte der beklagte Versicherungsträger vom Kläger aufgrund dieser rechtskräftigen Urteile zu leistende Beträge nicht nach § 103 Abs 1 Z 1 ASVG auf die von ihm dem Kläger zu erbringenden Geldleistungen (Pensionsnachzahlungen) aufrechnen.

Ob und unter welchen Umständen die beklagte Partei zu einer Aufrechnung nach bürgerlichem Recht berechtigt wäre, war in dieser Sozialrechtssache, in der es nur um die Zulässigkeit der Aufrechnung im Sinne der zitierten ASVG-Bestimmung geht, nicht zu prüfen. Deshalb war die beklagte Partei zur Zahlung der durch die nach § 103 Abs 1 Z 1 ASVG nicht zulässige Aufrechnung nicht getilgten, in der Klage begehrten restlichen Pensionsnachzahlungen von 134.467,70 S zu verurteilen.

Das im ASVG nicht begründete Zinsenbegehren war hingegen abzuweisen [10 Ob S 216/90].

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.

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