OGH 2Ob81/90

OGH2Ob81/905.12.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert B***, Kaufmann, Wien 19., Kaasgraben 73, vertreten durch Dr. Fritz Wennig, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) I*** Unfall- und Schadenversicherung AG, Wien 1., Tegetthoffstraße 7, und 2.) Thomas N***, LKW-Fahrer, Wien 6., Gumpendorferstraße 118 a/42, beide vertreten durch Dr. Karl Arlamovsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 243.674,40 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7. März 1990, GZ 16 R 229/89-53, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. April 1989, GZ 25 Cg 765/86-43 teilweise abgeändert wurde,in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit S 9.513,90 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.585,65 USt.) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 12.9.1984 ereignete sich in Wien 4, auf der Wiedner Hauptstraße stadteinwärts ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger mit seinem PKW Puch 280 GE mit dem polizeilichen Kennzeichen W 22.239 und der Zweitbeklagte mit dem bei der erstbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW Marke BMW 2002 mit dem polizeilichen Kennzeichen W 542.161 beteiligt waren.

Der Kläger begehrte von den beklagten Parteien den Ersatz seines Schadens von S 243.674,40 sA (darin enthalten S 42.612,-- Reparatur- und Abschleppkosten und S 201.062,40 Mietwagenkosten) mit der Begründung, der Zweitbeklagte habe den Unfall durch einen rechtswidrigen Fahrstreifenwechsel allein verschuldet. Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten gegen die Mietwagenkosten insbesondere eine Verletzung der Schadensminderungspflicht des Klägers ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 78.297,20 sA statt; das Mehrbegehren von S 165.377,20 sA wies es ab. Es hielt die im Revisionsverfahren allein noch umstrittenen Mietwagenkosten unter Berücksichtigung der den Kläger treffenden Schadensminderungspflicht nur für einen Zeitraum bis zu einer möglichen provisorischen Behebung des Fahrzeugschadens für berechtigt.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Parteien teilweise Folge, änderte die erstgerichtliche Entscheidung ab, gab dem Klagebegehren mit S 38.420 sA statt und wies das Mehrbegehren von S 205.254,40 sA ab. Es ließ die Revision mit der Begründung zu, daß die Abweisung des Begehrens auf Ersatz der Mietwagenkosten von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes abhängig sei, der erheblilche Bedeutung zukomme. Das Berufungsgericht traf nach Beweiswiederholung folgende Feststellungen:

Das Fahrzeug des Klägers war im Unfallszeitpunkt mit Alufelgen der Marke Gotti, Breitreifen sowie Fiberglaskotflügelverbreiterungen ausgestattet. Durch den Unfall wurden beide vorderen Felgen und Reifen beschädigt. Eine Reparatur der Felgen war nicht mehr möglich, auch waren Reifen und Felgen nicht mehr funktionstüchtig. Weiters entstanden Schäden am rechten vorderen Kotflügel (und an der montierten Kotflügelverbreiterung, sowie der vorderen Stoßstange). Die Kosten für das Ausrichten und Lackieren des Kotflügels und der Stoßstange sowie für die Montage und das Lackieren einer neuen Kotflügelverbreiterung durch die Karosseriewerkstätte Ohnewas betrugen S 3.612,-- inklusive Umsatzsteuer. Für eine neue Fiberglaskotflügelverbreiterung, die von Mercedes von dem Fahrzeugtyp des beschädigten PKW des Klägers geliefert werden kann, sind S 1.668,-- inklusive Umsatzsteuer zu bezahlen. Zwei Breitreifen der Type Dunlop GR 60 SR 15 GTQL kosten S 7.800,-- ohne Umsatzsteuer, daher S 9.360,-- inklusive Umsatzsteuer. Zwei Breitalufelgen der Marke Gotti (Sonderanfertigung) sind für S 17.400,-- ohne Umsatzsteuer, daher für S 20.880,-- inklusive Umsatzsteuer zu erhalten. Die Montage und das Wuchten von zwei Reifen (mit Felgen) kostet S 900,-- (inklusive Umsatzsteuer). Da durch die Beschädigung der beiden Vorderräder das Fahrzeug des Klägers abgeschleppt werden mußte, sind dem Kläger an Abschleppkosten S 2.000,-- entstanden.

Eine (vorübergehende) Umrüstung des Fahrzeuges des Klägers auf schmälere normale Reifen und Normalfelgen ist technisch möglich und mit einem lediglich geringen Verlust an Fahrsicherheit verbunden. Technisch unvertretbar wäre jedoch, nur die beiden Vorderräder auf Normalreifen und Felgen umzurüsten. Vier Stück normale Stahlfelgen kosten S 5.640,-- inklusive Umsatzsteuer, vier Stück normale Reifen sind für S 10.800,-- inklusive Umsatzsteuer zu erhalten. Die Lieferzeit beträgt eine Woche. Die vom Kläger am 13.10.1984 bestellten Breitreifen wurden hingegen erst nach rund drei Wochen, nämlich am 8.10.1984 geliefert.

Der Kläger nahm während des unfallbedingten Ausfalls seines Fahrzeuges als Ersatzfahrzeug einen Range Rover der M*** GmbH in Anspruch und benützte diesen für 28 Tage auf einer Strecke von 6.160 km. Hiefür wurden pro Tag S 1.700,-- sowie pro Kilometer S 17,--, sohin insgesamt S 201.062,40 inklusive Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Der Kläger ist Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer der M*** GmbH. Er ist weiters Geschäftsführer bei der Firma C***-T***. Der Kläger benützte das Ersatzfahrzeug sowohl für geschäftliche Zwecke, nämlich für Kundenbesuche für die Firma C***-T***, als auch in privaten Angelegenheiten, so insbesondere für eine Fahrt nach Zürich bzw einen Transport seines Bootes vom Attersee nach Podersdorf am 18. und 19.9.1984. Auch das durch den Unfall beschädigte Fahrzeug des Klägers, das auf die Firma Herbert B*** zugelassen ist, wurde von ihm für Geschäftsbesuche namens der Firma C***-T*** verwendet. Daneben benützte er je nach Lust und Laune sowohl Fahrzeuge der M*** GmbH als auch weitere ihm gehörige Fahrzeuge, nämlich einen Mercedes 450 SEL, und einen Mercedes 280 SE, Baujahr 1971. Diese Fahrzeuge werden vom Kläger auch privat benutzt.

Das durch den Unfall beschädigte Fahrzeug des Klägers der Marke Puch 280 GE wäre zum Transport des Bootes des Klägers wegen dessen zu hohen Eigengewichtes kraftfahrrechtlich nicht zugelassen gewesen. Die am Puch 280 GE im Unfallzeitpunkt montierten Breitreifen dienten primär der optischen Verschönerung des Fahrzeuges; ihr Vorteil lag im technischen Bereich lediglich darin, daß Breitreifen montiert werden konnten und damit eine geringfügig bessere Bodenhaftung gegeben war.

Rechtlich war das Berufungsgericht der Auffassung, daß dem Kläger auf Grund des Alleinverschuldens des Zweitbeklagten am Unfall zwar die gesamten Reparatur- und Abschleppkosten seines Fahrzeuges zu ersetzen seien; die beanspruchten Kosten für einen Ersatzwagen seien ihm aber unter dem Gesichtspunkt der ihm eingeräumten Möglichkeit zur kostenlosen Benützung durchaus gleichwertiger Fahrzeuge nicht zuzuerkennen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben.

Die beklagten Parteien beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger stellt sich in der Revision auf den Standpunkt, daß die Feststellung des Berufungsgerichtes, es hätten ihm andere gleichwertige Fahrzeuge zur Verfügung gestanden, nicht richtig sei. Er habe im Berufungsverfahren nachvollziehbar dargelegt, warum er über seine beiden PKW Mercedes zum damaligen Zeitpunkt nicht verfügen konnte. Diese hätten außerdem höhere Servicekosten und dgl. verursacht. Er habe somit nicht gegen seine Verpflichtung zur Schadensminderung verstoßen.

Dem Kläger ist jedoch die Feststellung des Berufungsgerichtes entgegenzuhalten, daß er vom beschädigten PKW abgesehen "je nach Lust und Laune" sowohl Fahrzeuge der M*** GmbH als auch weitere ihm gehörige Fahrzeuge, nämlich einen Mercedes 450 SEL und einen Mercedes 280 SE, benutzte. Seiner oben dargestellten Behauptung, er habe über diese PKW zum damaligen Zeitpunkt nicht verfügen können, hat das Berufungsgericht keinen Glauben geschenkt und sie als unglaubwürdige Schutzbehauptung verworfen. Die Ausführungen der Revision sind daher in diesem Belang feststellungsfremd und können der Entscheidung insoweit nicht zugrunde gelegt werden. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach die Frage des Ersatzes von Mietwagenkosten auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht beurteilt. Ausdrücklich wurde ausgeführt, daß es einen Verstoß gegen die Verpflichtung, den Schaden möglichst gering zu halten, darstellt, wenn der Geschädigte Handlungen unterlassen hat, die geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern, die von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten, bzw. wenn er Handlungen gesetzt hat, die geeignet waren, den Schaden zu vergrößern, von einem verständigen Durchschnittsmenschen nicht gesetzt worden wären und dies der Geschädigte bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen und dieser Einsicht nach hätte handeln können (ZVR 1979/304; vgl. auch ZVR 1974/68).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger, der jederzeit ("nach Lust und Laune") über eigene und gleichwertige Fahrzeuge verfügte, diese nicht zu seinen weiteren Fahrten herangezogen, sondern ein Firmenfahrzeug als Mietfahrzeug verwendet, das mit relativ hohen Kosten (S 201.062,40) "in Rechnung gestellt" wurde und für dessen Verwendung unter Berücksichtigung des Vorhandenseins eines Zweit- und Drittfahrzeuges überhaupt kein Grund vorhanden war. Er hat damit, wie bei insoweit gleicher Rechtslage in einem gleichgelagerten Fall auch der Bundesgerichtshof in NJW 1976, 286, erkannte, gegen seine Verpflichtung der ihm zumutbaren Schadensabwendung verstoßen; der Ersatz des unter dem Titel der Mietwagenkosten "in Rechnung gestellten" Betrages kommt daher nicht in Betracht.

Davon abgesehen war das firmeneigene Ersatzfahrzeug dem Kläger auch schon vor dem Unfall kostenlos zur Verfügung gestanden, sodaß eine nach dem Unfall erfolgte Anmietung desselben als Ersatzfahrzeug bei lebensnaher Beurteilung aller festgestellten Umstände nur dahin beurteilt werden kann, daß den Beklagten damit eine höhere Schadenersatzleistung auferlegt werden sollte. Wie oben ausgeführt wurde, stellt aber eine Vorgangsweise, die geeignet war, den Schaden zu vergrößern, einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht dar und hat die Aberkennung des geltend gemachten Ersatzbetrages zur Folge.

Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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