OGH 2Ob77/90

OGH2Ob77/9021.11.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Zehetner und Dr.Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj.Johannes R***, Schüler, Farnach 105, 6858 Bildstein, vertreten durch Dr.Wilhelm Winkler, Dr.G.Winkler-Heinzle und Dr.Julia Winkler, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagten Parteien 1.) Erwin B***, Rentner, Graf Zeppelingstraße 16/1, D-7996 Meckenbeuren, Bundesrepublik Deutschland, 2.) I*** Versicherungs-AG, D-7996 Meckenbeuren, Bundesrepublik Deutschland, und 3.) V*** DER

V*** Ö***, Schwarzenbergplatz 7, 1031 Wien, alle vertreten durch Dr.Paul F.Renn, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen S 283.424,40 und Feststellung, infolge Revision aller Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 2.Mai 1990, GZ 1 R 1/90-23, womit infolge Berufung aller Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 17. Oktober 1989, GZ 4 Cg 190/89-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 28.9.1988 ereignete sich gegen 16.40 Uhr auf der L 15 im Gemeindegebiet von Bildstein (Bezirk Bregenz) ein Verkehrsunfall, an welchem der Kläger als Radfahrer und der Erstbeklagte mit seinem bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW beteiligt waren.

Der Kläger, der hiebei schwere Verletzungen erlitt, macht, gestützt auf Alleinverschulden des Erstbeklagten, Schadenersatzansprüche geltend, und zwar forderte er S 150.000 Schmerzengeld, S 100.000 Verunstaltungsentschädigung sowie verschiedene kleinere Beträge von zusammen S 33.424,40, insgesamt somit S 283.424,40 samt Zinsen. Außerdem begehrte der Kläger die Feststellung, daß ihm die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand für sämtliche aus dem Unfall entstehenden künftigen Schäden haften, wobei die Haftung der zweit- und der drittbeklagten Partei mit der Versicherungssumme beschränkt ist.

Die beklagten Parteien wendeten ein, den Erstbeklagten treffe kein Verschulden, er habe den Unfall nicht verhindern können. Auch die Höhe der Ansprüche wurde bestritten.

Das Erstgericht erkannte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger S 135.592,20 samt Zinsen zu bezahlen. Dem Feststellungsbegehren gab es dahin teilweise statt, daß die beklagten Parteien nur für die Hälfte der zukünftigen Schäden haften. Das Leistungs- und das Feststellungsmehrbegehren wurden abgewiesen. Das Erstgericht stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Im Bereich der Unfallsstelle ist die Fahrbahn der L 15 asphaltiert und 2,8 m breit, sie weist eine Steigung von 9 % auf. Der Erstbeklagte fuhr mit seinem PKW bergauf. Nachdem er sein Fahrzeug etwa 35 m vor der späteren Unfallsstelle wegen eines entgegenkommenden Fahrzeuges in eine Ausweiche gelenkt hatte, setzte er es wieder in Bewegung, beschleunigte auf 20 bis 30 km/h und hielt zum rechten Rand der asphaltierten Fahrbahn einen Abstand von ca 20 cm ein. In der Gegenrichtung fuhr der am 28.8.1978 geborene Kläger in Begleitung eines Freundes mit seinem Fahrrad. Er besuchte die 1.Klasse Hauptschule, hatte die Fahrradprüfung abgelegt und war im Besitz eines behördlichen Erlaubnisscheines zur Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Radfahrer. Als sich der Erstbeklagte ca 30 m vor der späteren Unfallsstelle befand, hatte er gerade Sicht auf die gesamte Annäherungsstrecke der beiden Radfahrer. Diese spurten zu diesem Zeitpunkt mit einer nicht feststellbaren Geschwindigkeit nicht nebeneinander auf gleicher Höhe, sondern der Kläger war etwas nach hinten versetzt. Der Kläger fuhr links neben seinem Freund. Welchen Seitenabstand dieser Freund einhielt und wie weit von ihm entfernt der Kläger fuhr, läßt sich nicht feststellen. Jedenfalls fuhren beide Radfahrer auf der rechten Fahrbahnhälfte. Der Erstbeklagte behielt auch nach Wahrnehmung der beiden versetzt nebeneinander herannahenden Radfahrer seine Geschwindigkeit von 20 bis 30 km/h bei. Dem Erstbeklagten wäre es möglich gewesen, bei sofortiger Reaktion noch vor der Kollisionsstelle anzuhalten. In diesem Fall hätten die Radfahrer mehr Zeit gehabt, ihr Fahrverhalten auf den Gegenverkehr einzurichten, dem Kläger wäre es wahrscheinlich gelungen, sich hinter seinem Freund einzuordnen. Als der Kläger den entgegenkommenden PKW wahrnahm, versuchte er, da die verbleibende Durchfahrtsbreite zwischen dem PKW und dem rechten Fahrbahnrand lediglich ca 0,93 m betrug, sich hinter seinem Freund einzuordnen. Dabei kam er zu Sturz und prallte gegen die linke vordere Ecke des PKWs. Hätte der Kläger seine Fahrlinie beibehalten, hätte er nicht kollisionsfrei am PKW vorbeikommen können. Dem Erstbeklagten war es nicht möglich, auf den Beginn des Fallens des Klägers zu reagieren. Er hätte jedoch erkennen müssen, daß die Radfahrer nicht an seinem Fahrzeug vorbeikommen würden, falls sie nebeneinander blieben. Der Kläger erlitt bei dem Unfall Brüche eines Oberschenkels, eines Unterarms und eines Fingers sowie eine Quetschverletzung des linken Schultergelenks. Derzeit ist eine vollständige schlaffe Parese der Schulter und Oberarmmuskulatur gegeben. Im Ellbogen ist lediglich aktiv eine kraftlose Streckung möglich, die Drehbewegungen des Unterarmes sind eingeschränkt. Feinmechanische Bewegungen der Finger sind gestört, ebenso die grobe Kraft der Hand. Die Armplexuszerreißung links wird sich mit Sicherheit nicht mehr vollständig erholen, sodaß eine bleibende Invalidität von mindestens 20 bis 30 % mit Sicherheit zu erwarten ist. Der derzeitige Invaliditätsgrad beträgt zwischen 40 und 50 %. Dies kann sich jedoch im Rahmen einer Reinervation noch bessern. Auch die Funktionsfähigkeit des Armes kann möglicherweise gebessert werden. Allerdings wird eine erhebliche Beeinträchtigung auch in Zukunft mit Sicherheit bleiben. Inwieweit Nerventransplantation zu einer Besserung des Zustandes führen wird, kann frühestens in einem Jahr beurteilt werden. Die schwere Atrophie der Schulter und Oberarmmuskulatur ist neben dem funktionellen Ausfall unter Einbeziehung der großen Narben als schwere kosmetische Störung aufzufassen. Die Narben am rechten und linken Unterschenkel sind bedeutungslos. Über dem linken Schlüsselbein ist in den Spaltlinien der Haut eine 10 cm lange zarte Narbe nach der Plexusrevision, sowie eine weitere, in der vorderen Axillarlinie ebenfalls 10 cm lange und bis zu 5 mm verbreiterte Narbe vorhanden. Das Schultereckgelenk und das Acromeon sind stark vorstehend. Sowohl die Schulter- als auch die Oberarmmuskulatur sind praktisch vollständig geschwunden. Im angezogenen Zustand ist die kosmetische Beeinträchtigung noch nicht gut erkennbar. Bei einer bleibenden Lähmung, was anzunehmen ist, wird allerdings der linke Arm im Wachstum zurückbleiben. Dadurch steigt der Auffälligkeitswert auch im angezogenen Zustand. Im ausgezogenen Zustand bedeutet die Lähmung des linken Arms und das Abstehen der Knochen eine schwere kosmetische Störung. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, den Erstbeklagten treffe ein Verschulden am Unfall. Er habe bereits aus größerer Entfernung die zwei nebeneinander fahrenden jugendlichen Radfahrer erkennen können, er hätte wegen der bedenklichen Situation anhalten müssen. Auch den Kläger treffe ein Mitverschulden, weil er neben seinem Freund gefahren sei und daher gegen § 68 Abs 2 StVO verstoßen habe. Das Verschulden des unmündigen Klägers sei aber milder zu beurteilen als das eines Erwachsenen. Der an sich gewichtige Verstoß des Klägers gegen ein verkehrsgerechtes Verhalten lasse im Hinblick auf die Unmündigkeit eine Verschuldensteilung von 1 : 1 gerechtfertigt erscheinen. Dabei sei auch die vom PKW ausgehende Betriebsgefahr zu berücksichtigen. Das Erstgericht erachtete eine Verunstaltungsentschädigung in der Höhe von S 100.000 für angemessen.

Das Berufungsgericht gab den vom Kläger und von den Beklagten erhobenen Berufungen nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Das Gericht zweiter Instanz erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mangelfrei und die Beweiswürdigung für unbedenklich. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, entgegen den Revisionsausführungen des Klägers reichten die Feststellungen für den Vorwurf eines Verstoßes gegen § 68 Abs 2 StVO hin, weil das Ersturteil ausdrücklich festgehalten habe, daß bei erster Sicht des Erstbeklagten auf den Kläger sich dieser nicht auf gleicher Höhe mit seinem Freund, sondern etwas nach rückwärts versetzt, befunden habe, jedoch immer noch links neben - und damit eben nicht zur Gänze hinter - dem Freund. Dieses Fehlverhalten des Klägers habe ja auch die Gefahrensituation herbeigeführt, weil der Kläger eben in der Folge, sei es zufolge relativ überhöhter Geschwindigkeit, sei es durch ein unrichtiges Lenk- oder Bremsmanöver, nicht in der Lage gewesen sei, sein Fahrrad sturzfrei hinter jenem des Freundes zum rechten Fahrbahnrand hin einzuordnen. Dem Erstbeklagten sei dagegen anzulasten, daß er nach Erkennen der Gefahr - wobei auf maximal rund 60 m zehnjährige Buben auf Kinderfahrrädern wohl ohne weiteres erkennbar sind, bei allfälliger schlechter Sicht zufolge schräg stehender Sonne und damit verbundener Unkenntlichkeit der entgegenkommenden Radfahrer aber jedenfalls damit gerechnet werden müßte, daß es sich hier allenfalls um Kinder handeln könnte - nicht durch Anhalten reagiert habe, bevor der Kläger sich in Sturzposition befunden habe, zu welchem Zeitpunkt es dann allerdings für eine wirksame Bremsung zu spät gewesen sei. Berücksichtige man nun, daß der Kläger durch sein Verhalten die Gefahrensituation herbeigeführt habe, wobei es auch für ihn erkennbar gewesen sei, daß gerade auf der nur 2,8 m breiten Fahrbahn für das Nebeneinanderfahren zweier Radfahrer für jeden entgegenkommenden PKW-Lenker mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Gefahr entstehen könne, ja entstehen müsse, daß das Verbot des Nebeneinanderfahrens gerade zum eigenen Schutz eines Radfahrers von besonderer Wichtigkeit sei, während andererseits der Erstbeklagte mit mäßiger Geschwindigkeit und ordnungsgemäß rechts fahrend in diese Gefahrensituation hineingefahren und ihm nur der Vorwurf zu machen sei, nicht rechtzeitig auf das Erkennen der vom Kläger geschaffenen Gefahr reagiert zu haben, dann würde bei einer Verschuldensteilung unter erwachsenen Verkehrsteilnehmern dem Kläger ein erhebliches Übergewicht an Verschulden anzulasten sein. Da der Kläger jedoch zum Unfallszeitpunkt gerade erst 10 Jahre alt gewesen sei, sei sein Mitverschulden - trotz der abgelegten Fahrradprüfung und der gemäß § 65 Abs 1 StVO erteilten Bewilligung zum Lenken eines Fahrrades - milder zu beurteilen als das eines Erwachsenen, wobei weiters auch zu bedenken sei, daß die Verantwortlichkeit Unmündiger umso weniger anzunehmen sei, je mehr das Alter unter der Mündigkeitsgrenze liege, dann führe dies dazu, daß beiden unfallsbeteiligten Verkehrsteilnehmern der Unfall etwa gleich schwer anzulasten sei, was die Schadensteilung im Verhältnis 1 : 1 begründet erscheinen lasse.

Das Berufungsgericht hielt auch eine Verunstaltungsentschädigung in der Höhe von S 100.000 für angemessen. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht damit, die Ausmessung des Verschuldens zwischen einem gerade 10 Jahre und 1 Monat alten Unmündigen, der ein gewichtiges Fehlverhalten setze, und einem PKW-Lenker, der neben einem geringen Fehlverhalten auch für die Betriebsgefahr seines Fahrzeuges einzustehen habe, erscheine von grundsätzlicher Bedeutung.

Sowohl der Kläger als auch die beklagten Parteien bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision. Der Kläger macht die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, das Urteil des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren (abgesehen von Teilbeträgen von S 10.000 beim Schmerzengeld und S 2.270 bei den geltend gemachten kleineren Beträgen) voll stattgegeben werde. Die beklagten Parteien stützen ihr Rechtsmittel auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragen Abänderung dahin, daß das Klagebegehren abgewiesen werde, hilfsweise eine Entscheidung, bei der von einer Schadensteilung im Verhältnis von 4 : 1 zum Nachteil des Klägers ausgegangen und die Verunstaltungsentschädigung nur mit S 50.000 bemessen werde.

Die Parteien beantragen jeweils, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig (§ 502 Abs 1 ZPO), denn bei der Frage, ob bei der Verschuldensteilung neben dem Verschulden eines Kraftfahrzeuglenkers zusätzlich noch die Betriebsgefahr seines Fahrzeuges ins Gewicht fälltt handelt es sich um eine solche, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukommt. Die Revisionen sind jedoch nicht berechtigt.

1.) Zum Verschulden:

Als Verfahrensmangel rügt der Kläger zunächst, daß das Berufungsgericht davon ausging, die beiden Radfahrer seien nebeneinander gefahren, er vertritt die Ansicht, nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen könnte es auch möglich sein, daß er mehrere Fahrradlängen hinter seinem Freund, wenn auch weiter links als dieser, gefahren sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß sich aus der Gesamtheit der Feststellungen in Verbindung mit der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes eindeutig ergibt, daß die Feststellungen im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verstehen sind, wonach die beiden Radfahrer nicht genau auf gleicher Höhe aber doch versetzt nebeneinander gefahren sind. Auch die übrigen geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Bei der rechtlichen Beurteilung ist davon auszugehen, daß der Kläger dadurch, daß er entgegen der Vorschrift des § 68 Abs 2 StVO neben seinem Freund gefahren ist, die den Unfall auslösende Ursache setzte. Dabei fällt besonders ins Gewicht, daß die Fahrbahn nur 2,8 m breit war, weshalb bei Begegnung mit einem zweispurigen Fahrzeug eine gefährliche Situation entstehen mußte. Der Erstbeklagte hätte hingegen, als er auf der schmalen Straße die beiden entgegenkommenden, nebeneinanderfahrenden Radfahrer sah, sofort anhalten müssen. Die Ausführungen der Beklagten, das Nichtanhalten sei für den Unfall nicht kausal gewesen, sind verfehlt, denn wäre der PKW sofort angehalten worden, wäre dem Kläger eine längere Strecke und mehr Zeit zur Verfügung gestanden, sich hinter seinem Freund einzuordnen. Somit ist beiden am Unfall beteiligten Personen ein Verschulden anzulasten. Neben dem Verschulden des Beklagten ist die Betriebsgefahr des PKW aber nicht zusätzlich zu berücksichtigen (ZVR 1976/315, ZVR 1978/203; vgl auch ZVR 1986/77, wo bei einem Unfall, an welchem ein PKW und ein unmündiger Radfahrer beteiligt waren, bei der Schadensteilung ebenfalls nur auf das Verschulden der Beteiligten Bedacht genommen wurde). Stellt man das verkehrswidrige Verhalten des Erstbeklagten jenem des Klägers an sich gegenüber, so muß unter Bedachtnahme auf alle Umstände des vorliegenden Falles gesagt werden, daß das Fehlverhalten des Klägers deutlich überwiegt. Wird aber in Rechnung gestellt, daß Kinder und Unmündige nicht in gleichem Maße verantwortlich sind wie Erwachsene und daher ihr Verschulden in der Regel milder zu beurteilen ist als unter sonst gleichen Umständen jenes Erwachsener, und weiters berücksichtigt, daß die Verantwortlichkeit Unmündiger umso weniger anzunehemn ist, je mehr das Alter unter der Mündigkeitsgrenze liegt, so führt dies dazu, daß beiden Verkehrsteilnehmern der Unfall annähernd gleich schwer anzulasten ist, was eine Schadensteilung im Verhältnis 1 : 1 zur Folge hat (vgl ZVR 1986/77).

2.) Zur Verunstaltungsentschädigung:

Der Kläger wendet sich mit seinen Ausführungen zu den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, es werde eine erhebliche Beeinträchtigung zurückbleiben. Er vertritt die Ansicht, zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung habe die weitere Entwicklung noch nicht beurteilt werden können, mit der Verunstaltungsentschädigung von S 100.000 sei nur der Zustand bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz (17.10.1989) abgegolten. Diese Ausführungen sind schon deshalb völlig verfehlt, weil der Kläger zur Zeit des Schlusses der mündlichen Verhandlung 11 Jahre alt war, bis zu diesem Zeitpunkt daher weder ein Schaden durch Verminderung von Heiratsaussichten noch durch eine auf eine Verunstaltung zurückzuführende Beeinträchtigung im beruflichen Fortkommen eingetreten sein kann. Teilte man also die Ansicht des Klägers, es sei nur über die Folgen der Verunstaltung bis 17.10.1989 abzusprechen, dann wäre das auf § 1326 ABGB gestützte Begehren zur Gänze abzuweisen. Der Kläger hat sein Begehren auf Zuerkennung einer Verunstaltungsentschäidgung von S 100.000 allerdings ohnedies mit dem festgestellten Zustand begründet und die Möglichkeit einer Besserung nicht erwähnt, sondern lediglich ausgeführt, der Zustand könnte sich gegenüber der heutigen Situation verschlechtern (Verhandlungsprotokoll vom 17.10.1989, ON 14, S 5). Da der Kläger somit die Verunstaltungsentschädigung nicht nur für einen bestimmten Zeitraum begehrte, ist er durch die Bemessung der Entschädigung mit S 100.000 im Sinne seines Begehrens nicht beschwert. Auch die beklagten Parteien führen aus, die künftige Entwicklung könne nicht verläßlich beurteilt werden, eine Besserung könnte möglich sein. Sie vertreten die Ansicht, eine Verunstaltungsentschädigung von nur S 50.000 wäre angemessen. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß eine erhebliche Verunstaltung als Dauerfolge eindeutig feststeht und anzunehmen ist, daß die derzeit bestehende teilweise Lähmung bleiben wird. Wohl ist es möglich, daß eine gewisse Besserung eintreten wird, doch steht eine ungewisse Möglichkeit einer Besserung der Zuerkennung einer Verunstaltungsentschädigung nicht entgegen (ZVR 1971/257). Im Hinblick auf die festgestellte Verunstaltung kann in der Bemessung der Entschädigung mit S 100.000 kein Rechtsirrtum erblickt werden. Die Revisionsausführungen der Beklagten, das Berufungsgericht habe bei der Höhe der Verunstaltungsentschädigung auch darauf Rücksicht genommen, daß der Kläger ein Schuljahr verloren habe, sind aktenwidrig, auf diesen Umstand hat das Berufungsgericht lediglich bei der Ausmittlung des Schmerzengeldes Bedacht genommen. Beiden Revisionen war daher ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO.

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