OGH 16Os33/90

OGH16Os33/9019.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Oktober 1990 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral und Dr. Kießwetter und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pokorny als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Elmar P*** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 12. Juli 1990, GZ 17 Vr 99/90-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 40-jährige Elmar P*** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er am 3.Jänner 1990 in Bregenz-Vorkloster außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB die Samia P*** dadurch, daß er sie mit erheblicher Körperkraft durch die geöffnete Beifahrertüre in seinen PKW stieß, sie während der anschließenden Fahrt mit der rechten Hand am Genick und an den Haaren festhielt und nach unten drückte, sodann auf einem abgelegenen Platz sich nach dem Zurückklappen der Lehne des Beifahrersitzes auf sie kniete und legte, ihr den Mund zuhielt, einen Unterarm gegen ihren Hals drückte, ihr Ohrfeigen versetzte und nach dem Entkleiden ihres Unterkörpers ihre Beine auseinanderzwängte, sohin durch Entziehung der persönlichen Freiheit und mit Gewalt, zur Duldung des Beischlafs genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung (S 137 d.A) der von ihm in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge auf Ladung und Einvernahme des Zeugen Siegfried P*** zum Beweis dafür, daß Samia P*** freiwillig aus der Wohnung kam und freiwillig in sein (des Beschwerdeführers) Auto einstieg, sowie der Zeugen "N.N., deren ladungsfähige Namen und Adressen binnen 14 Tagen bekanntgegeben werden", zum Beweis dafür, daß Samia P*** mit dem Beschwerdeführer zwischen 23.Dezember 1989 und 3.Jänner 1990 einige zärtliche Kontakte unterhalten hat, womit der Nachweis erbracht werden könne, daß die (ihn belastende) Aussage der Zeugin Samia P*** unrichtig und seine (eine Vergewaltigung leugnende) Verantwortung richtig sei (S 136/137 d.A). Gegen die Verlesung der Aussage des Zeugen Siegfried P*** vor dem Untersuchungsrichter (ON 7) hatte sich der Beschwerdeführer nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls erst ausgesprochen, nachdem diese Aussage (ersichtlich gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO) verlesen worden war (vgl abermals S 136/137 d.A).

Was zunächst die begehrte Einvernahme des Zeugen Siegfried P*** vor dem erkennenden Gericht betrifft, so hat das Erstgericht ohnedies (im Einklang mit der Darstellung des Beschwerdeführers und der diesbezüglichen Aussage der Zeugen Samia P***) festgestellt, daß Samia P*** freiwillig aus der Wohnung auf die Straße gekommen ist, wo der Beschwerdeführer mit seinem PKW auf sie wartete (S 143 d.A); in diesem Zusammenhang bedurfte es demnach keiner weiteren Beweisaufnahme. Was dagegen die Frage anlangt, ob Samia P*** vom Beschwerdeführer gezwungen wurde, in seinen PKW einzusteigen, oder ob sie freiwillig eingestiegen ist, so hat Siegfried P*** schon bei seiner niederschriftlichen Vernehmung vor der Gendarmerie (S 55/56 d.A) angegeben, daß er diesbezüglich keine Wahrnehmungen gemacht hat, weil er inzwischen bereits das Haus betreten hatte und sich auf dem Weg hinauf zu seinem Zimmer befand. Diese Angaben hat er auch vor dem Untersuchungsrichter (S 83 d.A) aufrecht erhalten. Da auch die Zeugin Samia P*** nicht angeben konnte, wie lange sich ihr Bruder (Siegfried P***) vor dem Haus auf der Straße befunden hat (S 132 d.A), und der Beschwerdeführer selbst erklärte, nicht zu wissen, ob Siegfried P*** beim Einsteigen der Samia P*** in seinen PKW noch anwesend war (S 125 d.A), wäre es angesichts dieser Sachlage erforderlich gewesen, bei Stellung des Beweisantrages in erster Instanz (auch) darzutun, aus welchen Gründen erwartet werden kann, daß die begehrte Einvernahme des Zeugen Siegfried P*** zu dem in Rede stehenden Beweisthema - entgegen dem aktenkundigen Inhalt seiner bisherigen Bekundungen - das vom Antragsteller erwartete Ergebnis haben werde (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr 19 zu § 281 Z 4); dies ist jedoch nicht geschehen (vgl abermals S 136/137 d.A), sodaß der Antrag auf Vernehmung des genannten Zeugen auch in dieser Beziehung zu Recht der Abweisung verfiel.

Dem Umstand hinwieder, ob Samia P*** mit dem Beschwerdeführer zwischen 23.Dezember 1989 und 3.Jänner 1990 (dem Tattag) "einige zärtliche Kontakte unterhalten hat", kommt - worin dem Erstgericht (vgl S 137, 151 d.A) gleichfalls beizupflichten ist - für die Lösung der Schuldfrage keine entscheidende Bedeutung zu, sodaß Beweisaufnahmen hierüber (schon deshalb) ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Beschwerdeführers unterbleiben konnten, und zwar auch unter dem (von der Beschwerde herausgestellten) Aspekt einer Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Zeugin Samia P***, zumal das Schöffengericht die Möglichkeit derartiger Kontakte, wie sie der Beschwerdeführer behauptete (vgl S 120/121 d.A), ohnedies beweiswürdigend erwogen hat (vgl abermals S 151 d.A). Die Beschwerde vermag daher eine Nichtigkeit im Sinn der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO nicht aufzuzeigen.

Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) unternimmt der Beschwerdeführer insgesamt nur den Versuch, die schlüssig und einleuchtend begründete Beweiswürdigung des Schöffengerichtes - das der Zeugin Samia P*** insbesondere auch auf Grund des von ihr in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks Glauben geschenkt und seine Feststellungen daher primär auf ihre Aussage, zusätzlich aber auch auf die Bekundungen des Zeugen Gig K***, soweit damit die Angaben der Samia P*** überprüft werden konnten, gestützt hat (vgl S 146, 147; 149 d.A) - nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen, ohne aktenkundige Verfahrensergebnisse ins Treffen führen zu können, die geeignet sein könnten, intersubjektiv erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch tragenden Feststellungen zu erwecken. Weder der Umstand, daß früher zwischen Samia P*** und dem Beschwerdeführer eine Lebensgemeinschaft bestand und sich die beiden auch nach deren Auflösung noch trafen, noch der Hinweis der Beschwerde auf die Verantwortung des Beschwerdeführers - die das Erstgericht entgegen dem Beschwerdevorbringen keineswegs übergangen hat (vgl S 147 f d.A) - und auf die Beschädigungen am Fahrzeug des Beschwerdeführers sowie auf die (beiderseitigen) Verletzungen lassen derartige Bedenken aufkommen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist demnach zur Gänze offenbar unbegründet, sodaß sie gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war. Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und des öffentlichen Anklägers der Gerichtshof zweiter Instanz berufen ist (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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