OGH 6Ob670/90

OGH6Ob670/9011.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Vormundschaftssache der mj. Stephanie Madeleine M***, geboren am 5. Mai 1985, infolge "außerordentlichen Revisionsrekurses" der Mutter Edeltraud M***, Geschäftsfrau, Leebgasse 12, 1100 Wien, vertreten durch Dr. Armin Kaufmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. August 1990, GZ 44 R 517/90-65, womit der Rekurs der Mutter gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 17. Juli 1990, GZ 2 P 369/85-61, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der M*** DER S*** W*** (B*** für den 10. Bezirk) ist zum Kollisionskurator des Kindes zu dessen Vertretung im Rechtsstreit 2 C 2/89 (= 2 C 10/90a) des Bezirksgerichtes Favoriten bestellt. In jenem Verfahren begehrte Werner S***, der frühere Ehegatte der Mutter Edeltraud M***, die Feststellung, daß seine Erklärung vom 23.5.1985 vor dem B*** für den

10. Bezirk als Amtsvormund, der Vater des Kindes zu sein, rechtsunwirksam und er nicht Vater des Kindes sei. Dem Antrag des Kollisionskurators, die Abstandnahme von der Einbringung eines Rechtsmittels gegen das diesem Klagebegehren stattgebende Urteil des Erstgerichtes vom 28.5.1990 pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen, gab das Erstgericht mit Beschluß vom 6.7.1990 statt. Gleichzeitig mit dem Rekurs gegen diesen Beschluß beantragte die Mutter am 13.7.1990 zu Protokoll des Erstgerichtes die Enthebung des M*** DER S*** W*** vom Amt des Kollisionskurators sowie die Bestellung eines anderen Widerstreitsachwalters zur Erhebung einer Berufung gegen das genannte Urteil. Diesen Antrag wies das Erstgericht mit Beschluß vom 17.7.1990 ab, gegen den die Mutter am 27.7.1990 Protokollarrekurs erhob. Am 31.7.1990 langte zu 2 C 10/90a des Erstgerichtes eine vom Vertreter der Mutter namens der Minderjährigen am Tag zuvor zur Post gegebene Berufungsschrift ein. Mit Beschluß vom 31.7.1990 gab das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs der Mutter gegen den Beschluß vom 6.7.1990 nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Diesen ihr am 27.8.1990 (gemeinsam mit dem hier bekämpften Beschluß) zugestellten Beschluß ließ die Mutter in Rechtskraft erwachsen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz, mit dem ihr Rekurs gegen den Beschluß vom 17.7.1990 zurückgewiesen wurde, weil sie der Beschwer ermangle, erhob die Mutter der Minderjährigen - da das Rekursgericht ausgesprochen hatte, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei - den "außerordentlichen Revisionsrekurs", der jedenfalls unzulässig ist.

Die Mutter erachtet sich deshalb als beschwert, weil das Rekursgericht nicht darauf Bedacht genommen habe, daß die Minderjährige jedenfalls rechtzeitig Berufung erhoben habe. Sie übersieht dabei jedoch, daß zur Vertretung des Kindes im Prozeß - und damit auch zur Anfechtung von dort ergangenen Entscheidungen - ausschließlich der Kollisionskurator berufen war. Nur er hätte den Eintritt der Rechtskraft des das Kind beschwerenden Urteiles durch rechtzeitige Erhebung einer Berufung hintanhalten können. Er hat aber im Gegenteil - mit Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht - die Berufungsfrist ungenützt verstreichen lassen, sodaß die Entscheidung trotz der vom Vertreter der Mutter namens des Kindes zwar rechtzeitig überreichten, mangels Vertretungsmacht aber unwirksamen Berufungsschrift - als Urteil in einer Ferialsache (§ 224 Abs.1 Z 4 ZPO) - in Rechtskraft erwachsen ist. Für eine Verfügung gemäß § 6 Abs.2 ZPO, wie sie in dieser Berufungsschrift angeregt wurde, blieb angesichts der voll wirksamen gesetzlichen Vertretung des Kindes im Prozeß kein Raum. Damit könnte der von der Mutter begehrten Entscheidung darüber, ob der Kollisionskurator abzuberufen und ein anderer an seine Stelle zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen das - in der Zwischenzeit in Rechtskraft erwachsene - Urteil zu bestellen wäre, nur mehr theoretisch-abstrakte Bedeutung zukommen, weil das Rechtsmittel jedenfalls unzulässig wäre. Die Rechtsmittelwerberin ermangelt deshalb der für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderlichen Beschwer (Rechtsschutzinteresses), weil durch eine sachliche Erledigung des Rechtsmittels ihre Rechtssphäre nicht mehr beeinflußt werden könnte. Maßgeblich für die Beurteilung der Beschwer ist der Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung (RZ 1974/21 uva). Da vor sachlicher Erledigung eines Rechtsmittels jedenfalls dessen Zulässigkeit zu prüfen ist, erweist sich das als "außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnete Rechtsmittel der Mutter gegen die zweitinstanzliche Entscheidung als unzulässig, ohne daß noch dazu Stellung zu nehmen wäre, ob der Mutter die Beschwer wenigstens im Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichtes zuzubilligen gewesen wäre.

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