Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
Die mj. Marlene T*** wurde am 18.9.1982 von Gabriele T*** unehelich geboren. Der französische Staatsangehörige Philippe G***, der in Frankreich wohnhaft ist, hat die Vaterschaft zu dem Kind anerkannt und sich in einer vor der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung am 20.10.1982 abgeschlossenen Unterhaltsvereinbarung zu einer Unterhaltsleistung von monatlich S 1.000,-- verpflichtet. Die Mutter hat dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Jugendamt, die Zustimmung gegeben, das Kind für die Erhöhung des Unterhalts und zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche als Sachwalter zu vertreten. Mit Beschluß vom 29.6.1990 hat das Erstgericht den Antrag des Jugendamtes auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG auf Grund des "Vergleiches" vom 20.10.1982 für die Zeit vom 1.6.1990 bis 31.5.1993 bewilligt. Der Antrag war damit begründet worden, daß die Führung einer Exekution aussichtslos erscheine. Der Unterhaltsschuldner habe seinen Wohnsitz in Frankreich. Exekutive Maßnahmen könnten mangels Vorhandenseins eines Gegenseitigkeitsabkommens bzw. der Möglichkeit einer Amtshilfe nicht ergriffen werden.
Das Rekursgericht wies den Antrag ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG zulässig ist. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 4 Z 1 UVG seien nicht gegeben, weil mit Rücksicht auf bestehende Übereinkommen, wie jenes vom 15.4.1958, BGBl. Nr. 294/1961, das sowohl von Österreich als auch von Frankreich ratifiziert worden sei, Schwierigkeiten bei der Vollstreckung des Unterhaltstitels nicht zu erwarten seien. Der ordentliche Revisionsrekurs anch § 14 Abs 1 AußStrG sei zuzulassen gewesen, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur maßgeblichen Rechtsfrage noch nicht ergangen, die Rechtsprechung der zweiten Instanzen aber uneinheitlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist berechtigt. Zwar stellt die Vereinbarung vom 20.10.1982 gemäß § 1 Z 15 EO einen im Inland vollstreckbaren Exekutionstitel für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Kindes dar (§ 3 Z 1 UVG;
Heller-Berger-Stix 93). Dennoch aber ist der Vorschuß, wie im Revisionsrekurs zutreffend geltend gemacht wird, zu gewähren. Sowohl nach dem Haager Übereinkommen vom 15.4.1958, BGBl. Nr. 294/1961, über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern, als auch nach dem Abkommen vom 15.7.1966, zwischen der Republik Österreich und der französischen Republik über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechtes, BGBl. Nr. 288/1967, sind nur Entscheidungen, nicht aber Vergleiche oder Unterhaltsvereinbarungen wie jene vom 20.10.1982 vollstreckbar. Die Führung einer Exekution nach § 3 Z 2 UVG gegen den in Frankreich wohnenden Unterhaltsschuldner erscheint daher aussichtslos iS des § 4 Z 1 UVG. Die Frage, ob die Bestimmung des § 4 Z 1 UVG, wonach Vorschüsse auch zu gewähren seien, wenn die Voraussetzungen des § 1 Z 1 gegeben sind, aber die Führung einer Exekution nach § 3 Z 1 aussichtslos erscheint, besonders weil im Inland ein Drittschuldner nicht bekannt ist, dahin zu verstehen ist, daß Vorschüsse jedenfalls auch dann zu gewähren sind, wenn die Exekution im Ausland geführt werden muß, kann unter diesen Umständen auf sich beruhen.
Die Entscheidung der ersten Instanz war deshalb in Stattgebung des Revisionsrekurses wiederherzustellen.
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