OGH 9ObA235/90

OGH9ObA235/9010.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und Mag.Ernst Löwe in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann H***, Angestellter, Leithaprodersdorf, Siedlergasse 13, vertreten durch Dr.Raimund Mittag, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Franz G***, Kaufmann, Unterwaltersdorf, Theodor Gülchergasse 7, vertreten durch Dr.Harald Jelinek, Rechtsanwalt in Wien, wegen 363.032,-- S brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.März 1990, GZ 34 Ra 43/89-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9.September 1988, GZ 7 Cga 197/85-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 14.976 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 2.496 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Eine Aktenwidrigkeit iS des § 503 Z 3 ZPO liegt nur vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, dh wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstückes unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde. Liegen jedoch widersprechende Beweisergebnisse vor und finden die getroffenen Feststellungen in einem dieser Beweisergebnisse Deckung, dann begründet der Umstand, daß diese Feststellungen anderen Beweisergebnissen widersprechen, keine Aktenwidrigkeit. Es handelt sich in diesem Fall um einen im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbaren Akt der Beweiswürdigung. Daß Gebietsschutz nicht vereinbart wurde, ergibt sich zumindest aus der Aussage des Beklagten. Die diesbezügliche Feststellung ist daher aktenmäßig gedeckt. Die in der Revision relevierten Bestimmungen des Arbeitsvertrages beziehen sich nur auf die vereinbarte Konkurrenzklausel; die Vereinbarung des Gebietsschutzes kann hieraus nicht abgeleitet werden.

Auch ein Verfahrensmangel liegt nicht vor. Vom Neuerungsverbot ausgenommen sind Tatsachen und Beweismittel zur Dartuung und Widerlegung geltend gemachter Rechtsmittelgründe. Diese Ausnahmsvorschrift ermöglicht keine Neuerungen zur Stützung oder Dartuung des Sachverhaltes, sondern nur ein Tatsachenvorbringen, das den konkreten Rechtsmittelgrund selbst betrifft (Fasching, ZPR2, Rz 1730). Die Vernehmung der in der Berufung genannten Zeugen wurde aber nicht zum Nachweis von geltend gemachten Rechtsmittelgründen beantragt; es handelt sich vielmehr um ergänzende Beweise zur Dartuung des bereits in erster Instanz erstatteten Vorbringens, daß der Kläger die Firma G*** & P***

angeworben und in der Folge von den mit diesem Unternehmen erzielten Umsätzen ständig Provisionen bezogen habe. In erster Instanz nicht gestellte, das Prozeßvorbringen betreffende Beweisanträge können im Berufungsverfahren jedoch im Hinblick auf das Neuerungsverbot nicht mehr nachgetragen werden. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht von der Aufnahme dieser Beweise Abstand genommen. Die Tatsache, daß in einem anderen Rechtsstreit ein Gericht zum Ergebnis gelangte, daß die Glaubwürdigkeit der dort abgelegten Aussage des (hier) Beklagten zweifelhaft sei, gestattet keinen unmittelbaren Rückschluß auf die Beweiswürdigung im vorliegenden Verfahren. Aus der Verlesung der diesbezüglichen Aktenstücke könnte für den Standpunkt des Klägers nichts gewonnen werden. Im übrigen hat sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge der Berufung auseinandergesetzt.

Die Nichtaufnahme des Beweises durch Einsichtnahme in einen vom Beklagten vorzulegenden Computerausdruck über die Verrechnungsweise der Vertreterprovisionen wurde bereits in der Berufung gerügt; das Berufungsgericht hat das Vorliegen dieses Mangels verneint. Die Nichtaufnahme dieses Beweises kann daher nicht mehr zum Gegenstand der Mängelrüge der Revision gemacht werden.

Soweit die Revision im übrigen die Feststellungsgrundlage in Zweifel zieht, wird in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft. Dem Revisionsgericht ist es verwehrt, hierauf einzugehen.

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG). Einen Feststellungsmangel rügt der Kläger, indem er geltend macht, die Vorinstanzen hätten sich mit seinem Vorbringen nicht auseinandergesetzt, der Beklagte habe seinen Provisionsverdienst dadurch erschwert, daß er die Preise für Wirkstoffmischungen in unüblicher Weise hochgehalten, jede Nachlaßgewährung untersagt und für andere Futtermittellieferanten Mischfutter zu Konditionen hergestellt habe, die es diesen erlaubt hätten, die Preise der beklagten Partei auf dem Markt zu unterbieten, wodurch dem Kläger ein Schaden entstanden sei.

Der gerügte Mangel liegt jedoch nicht vor. Gemäß § 12 AngG gebührt dem Angestellten, der vom Dienstgeber vertragswidrig gehindert wird, Provision oder Taggelder (Diäten) in dem vereinbarten oder in dem nach den getroffenen Vereinbarungen zu erwartenden Umfang zu verdienen, eine angemessene Entschädigung. Die Bestimmung des § 12 AngG über die Entschädigung des vertragswidrig am Provisionsverdienst gehinderten Angestellten schließt diesen nicht davon aus, neben der Geltendmachung dieser Entschädigung auch vom Recht auf vorzeitigen Austritt nach § 26 Z 2 AngG Gebrauch zu machen (Martinek-Schwarz, AngG6, 301). Der vom Kläger hiezu behauptete Sachverhalt ist jedoch nicht geeignet, seinen vorzeitigen Austritt zu begründen. Daß im Dienstvertrag des Klägers eine Vereinbarung enthalten gewesen wäre, die den Beklagten dazu verpflichtet hätte, die Preise in anderer Weise zu gestalten oder die Abgabe von Grundstoffen für Futtermittel an andere Futtermittelerzeugerbetriebe zu unterlassen oder im letztgenannten Fall bestimmte Abgabekonditionen einzuhalten, wurde nicht vorgebracht; aus dem schriftlichen Dienstvertrag ergibt sich im übrigen kein Hinweis in dieser Richtung. Die Preisgestaltung und Festlegung der Unternehmensziele liegt im alleinigen Entscheidungsbereich des Unternehmens. Rechte des Angestellten werden nur berührt, wenn der Dienstgeber dabei gegen den Inhalt des Dienstvertrages verstößt oder die Umstrukturierung nur das Ziel verfolgt, dem Angestellten zu schaden (§ 1295 Abs 2 ABGB). Ein Vorbringen in dieser Richtung wurde aber nicht erstattet. Selbst wenn der vorgebrachte Sachverhalt erwiesen würde, könnte hieraus die Berechtigung des vorzeitigen Austrittes daher nicht abgeleitet werden. Feststellungen zu diesem Vorbringen waren sohin entbehrlich.

Das Begehren des Klägers auf Zahlung von Provisionen für Geschäftsfälle mit den Firmen G*** & P*** besteht nicht zu Recht, da dem Kläger weder Gebietsschutz eingeräumt wurde noch er aus den von den Vorinstanzen zutreffend dargelegten Gründen für diese Unternehmen Kundenschutz in Anspruch nehmen konnte. Der Beklagte hat die Zahlung dieser Provisionen zu Recht verweigert, sodaß auch aus dem Vorenthalten dieser Zahlungen kein Recht auf den vorzeitigen Austritt abgeleitet werden kann.

Daß Sonderzahlungen für die Zeit des aufrechten Dienstverhältnisses nicht geleistet worden wären, wurde vom Kläger nicht behauptet. Das Begehren auf Sonderzahlungen kann nach dem Inhalt der Klage nur auf die der Bemessung der Kündigungsentschädigung entfallende Zeit bezogen werden. Da aber die Kündigungsentschädigung im Hinblick auf den ungerechtfertigten Austritt des Klägers nicht zusteht, kommt auch diesem Begehren keine Berechtigung zu.

Das Begehren des Klägers wurde daher von den Vorinstanzen zutreffend abgewiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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