Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.636,40 (einschließlich S 2.939,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei ist die staatliche Außenhandelsgesellschaft von Marokko für die Lieferung landwirtschaftlicher Produkte aller Art in frischem und konserviertem Zustand. Sie stand seit April 1977 mit dem Beklagten bzw. dessen Vater als Rechtsvorgänger in Geschäftsbeziehung, wobei sie gegen "Vorauszahlung" durch vom Beklagten auf die Sparkasse Feldbach-Kirchbach gezogene Schecks, denen mit "Bankgarantie" überschriebene Erklärungen der bezogenen Sparkasse beilagen, daß die Schecks gedeckt seien, ua getrocknete Steinpilze an den Beklagten lieferte. Lieferant der Ware war eine Firma M. G***, bzw. deren Rechtsnachfolgerin "Firma M***" in Casablanca. Am 16.11.1977 schlossen die Streitteile einen Kaufvertrag, nach dem die klagende Partei dem Beklagten 15 bis 20 t getrocknete Steinpilze nach Maßgabe der Produktion, das Kilo zum Preis FOB DM 60, verkaufte. Als Erzeuger ist darin die Firma G*** angeführt, von der der Vertrag ebenfalls unterschrieben wurde. Die Zahlung der Ware sollte durch die vom Beklagten gezogenen Schecks Nr. 7931 und 7932 je über öS 500.000 als Vorauszahlung erfolgen. Zufolge dieses Vertrages lieferte die klagende Partei an den Beklagten vom November 1977 bis 18.Mai 1978 insgesamt 12.938,40 kg getrocknete Pilze. Die bis Anfang März 1978 gelieferte Ware blieb vom Beklagten unbeanstandet. Zwischen dem 23.3.1978 und dem 18.5.1978 lieferte die klagende Partei dem Beklagten folgende Pilzmengen: am 23.3.1978 810 kg, am 23.4.1978 1155 kg, am 26.4.1978 315 kg, am 10.5.1978 795 kg und am 18.5.1978 433 kg (insgesamt 3508 kg). Über die Qualität der von der klagenden Partei zu liefernden Ware wurden zwischen den Streitteilen ausdrückliche Vereinbarungen nicht getroffen. Die zwischen 23.3. und 18.5.1978 gelieferten Trockenpilze wurden zunächst in Kühlhäusern des Beklagten einwandfrei gelagert, erst im Mai 1978 wurde mit der "Verlesung" der Pilze begonnen; dabei wurden Qualitätsmängel von Teilen der Ware hinsichtlich Aussehen und Geruch festgestellt. Am
19. oder 20.Mai 1978 rügte der Beklagte in einem Telefonat mit (dem inzwischen verstorbenen) M. G*** die schlechte Qualität der gelieferten Pilze; der genaue Inhalt dieser Rüge ist aber nicht feststellbar. Sodann veranlaßte der Beklagte am 30.5.1978 eine Probenziehung durch die B*** FÜR L***
in Graz, die am 5.6.1978 das Untersuchungsergebnis vorlegte, nach welchem die Proben nach dem Österreichischen Lebensmittelgesetz als verdorben und verfälscht begutachtet wurden. Unter Hinweis auf dieses Untersuchungsergebnis teilte der Beklagte mit Telex vom 8.6.1978 der klagenden Partei mit, daß er 1150 kg getrocknete Pilze per Luftfracht an sie wegen der festgestellten Mängel zurückgesendet habe und aus diesem Grund gezwungen sei, die Mitte April 1978 an die klagende Partei übermittelten Schecks mit den Nr. 7943 und 7950 über je öS 500.000 nicht freizugeben (= bei der Sparkasse Feldbach-Kirchbach zu sperren). Eine genauere Bezeichnung der beanstandeten Ware ist auch in diesem Telex nicht erfolgt. Aus dem Pilzgeschäft zwischen den Streitteilen ist ein Saldo von S 592.205,56 für gelieferte Ware und von S 25.657,22 für Luftfrachtspesen zugunsten der klagenden Partei, also der Klagebetrag, offen. Die klagende Partei hat die im Vertrag vorgesehene Mindestmenge von 15 t Trockenpilzen deshalb nicht geliefert, weil der Beklagte die beiden Schecks über je öS 500.000 sperrte. Zwischen den Streitteilen war auch kein Exklusivliefervertrag geschlossen worden. Im Pilzgeschäft besteht kein Handelsbrauch, nach welchem innerhalb einer vierwöchigen Frist gerügt werden könne, vielmehr ist die Ware nach der Übernahme auf Mängel zu überprüfen und müssen Mängel sofort gerügt werden. Die klagende Partei begehrt die Zahlung des offenen Saldos aus der Pilzlieferung, bestreitet die vom Beklagten behaupteten Mängel der gelieferten Ware und weist darauf hin, daß die Mängelrüge nicht gesetzmäßig konkretisiert worden und verspätet sei. Eine ausschließliche Belieferung des Beklagten oder gar der Kauf der gesamten Ernte (des Lieferanten M. G***) sei nicht vereinbart worden, sodaß aus der - im übrigen vom Beklagten wegen der Sperre der beiden Schecks über je öS 500.000 und des damit begangenen Verstoßes gegen die vertragliche Vorleistungspflicht selbstverschuldeten - nicht vollständigen Erfüllung des Liefervertrages keine Ersatzansprüche in Form von Verdienstentgang oder dgl abgeleitet werden könnten.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, 1150 kg der zuletzt gelieferten Trockenpilze im Wert von S 490.835,60 seien nach rechtzeitiger und vollständiger Mängelrüge gegenüber dem Lieferanten der klagenden Partei als verdorben zurückgestellt worden. Überdies habe die klagende Partei die Mängel arglistig verschwiegen. Gegen die Restforderung der klagenden Partei von S 101.369,90 wendete der Beklagte diesen Betrag übersteigende Schadenersatzgegenforderungen aus Verdienstentgang wegen unvollständiger Vertragserfüllung sowie für Untersuchungs- und Rücksendungskosten aufrechnungsweise ein.
Die Parteien haben die Anwendung österreichischen Sachrechts vereinbart.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Beklagte habe die tatsächlich teilweise vorliegenden Mängel der von der klagenden Partei gelieferten Trockenpilze entgegen § 377 HGB nicht unverzüglich nach jeweiliger Lieferung festgestellt und überdies nach Feststellung der Mängel eine nicht konkretisierte Mängelanzeige erstattet, sodaß die Ware insgesamt als genehmigt gelte. Soweit die Schadenersatzgegenforderungen des Beklagten aus der behaupteten Mangelhaftigkeit der Ware abgeleitet würden, seien sie wegen verspäteter Mängelrüge im Sinne des § 377 HGB und damit fingierter Genehmigung der Ware nicht gerechtfertigt. Ein Verdienstentgang aus der unvollständigen Erfüllung des Kaufvertrages durch die klagende Partei (Minderlieferung) sei nicht erweislich.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte über Berufung des Beklagten das Urteil des Erstgerichtes. Die Mängelrüge des Beklagten sei weder rechtzeitig noch angesichts der mehreren Teillieferungen hinreichend konkretisiert gewesen, sodaß die Genehmigungsfiktion des § 377 Abs 2 HGB eingreife. Dem Beklagten stünden daher weder Gewährleistungs-, noch sonstige Ansprüche aus mangelhafter Vertragserfüllung durch die klagende Partei zu. Dazu komme noch, daß die beiden festgestellten Mängelanzeigen des Beklagten nicht den vom Gesetz geforderten Inhalt aufwiesen oder überhaupt ihrem Inhalt nach nicht feststellbar waren, sodaß sie selbst bei Rechtzeitigkeit nicht rechtswirksam sein hätten können. Daß die klagende Partei den - bei einem Teil der Lieferung festgestellten - Mangel der Ware arglistig verschwiegen hätte, sodaß die Rügeobliegenheit nach § 377 HGB für den Käufer entfalle, sei im Verfahren nicht erwiesen worden. Da der Beklagte zur Vorauszahlung der Ware verpflichtet gewesen sei, durch die festgestellte Sperre der beiden Schecks über je öS 500.000 aber diese Verpflichtung verletzt habe, seien die aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen des Beklagten wegen Verdienstentgangs aus der behaupteten Minderlieferung bzw. Nichterfüllung des Vertrages nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Berufungsurteil erhobene Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.
Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt, wie die Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof ergab, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Soweit der Beklagte in der Revision von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen abweicht und (von den Vorinstanzen nicht getroffene) "Feststellungen" aus einem Sachverständigengutachten oder aus Zeugenaussagen der Rechtsrüge zugrundelegt, ist auf diese wegen gesetzwidriger Ausführung nicht weiter einzugehen. Ist der Kauf wie im vorliegenden Fall für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen, und wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, daß es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war (§ 377 Abs 1 und 2 HGB). Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so kann er sich auf diese Vorschriften nicht berufen (§ 377 Abs 5 HGB). § 377 HGB stellt für den beiderseitigen Handelskauf eine Rügeobliegenheit des Käufers auf, deren Verletzung die Genehmigungsfiktion des Abs 2 zur Folge hat (Kramer in Straube, HGB, §§ 377, 378 Rz 1; WBl 1990, 247 mwH; SZ 53/63 uva). Diese Bestimmung hat den Zweck, den kaufmännischen Verkäufer in seinen Dispositionen zu sichern und in Anbetracht der mit zunehmendem Zeitablauf verstärkt drohenden Beweisnot in die Lage zu versetzen, Beanstandungen des Käufers nachzugehen und gegebenenfalls Beweise sicherzustellen. Die - an keine Form gebundene - Mängelrüge muß daher alle Angaben enthalten, welche Ware (aus welcher Teillieferung) von welchem konkreten Mangel betroffen ist, wobei allgemeine Redewendungen über schlechte Qualität usw. nicht genügen (SZ 53/63 mwH; Kramer aaO Rz 41 mwH). Dazu bedarf es einer sachgemäßen - allenfalls unter Beiziehung von Sachverständigen durchzuführenden - Untersuchung der Ware, sodaß bei größeren Lieferungen repräsentative Stichproben zu nehmen und die exakte Untersuchung (und allfällige Bemängelung) jeder einzelnen von mehreren Teillieferungen zu verlangen ist (Kramer aaO Rz 31, 33, 34). Diesen Erfordernissen genügte die im vorliegenden Verfahren festgestellte Vorgangsweise des Beklagten im Zusammenhang mit den von der klagenden Partei zwischen Ende März und 18.5.1978 über rund 3,5 t an ihn bewirkten Pilzlieferungen schon deshalb nicht, weil er eine Überprüfung dieser zunächst in Kühlhäuser gebrachten Ware nicht sogleich, sondern erst im Zusammenhang mit der "im Mai 1978 begonnenen Verlesung" durchführte und selbst nach Feststellung und sachverständiger Begutachtung von Mängeln eines Teils der Ware die Mängelrüge nicht einmal konkret an die klagende Partei, sondern mit nicht mehr feststellbarem Inhalt fernmündlich an deren Lieferanten (M. G***) richtete. Die klagende Partei kann sich daher mit Erfolg auf die Genehmigungsfiktion des § 377 Abs 2 HGB berufen, zumal nach den maßgeblichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen keine Anhaltspunkte für die in der Revision erneut relevierte Annahme vorliegen, daß sie die Mängel der Ware vorsätzlich verschwiegen hätte. Wegen Zutreffens der Genehmigungsfiktion ist daher nicht nur die Klagsforderung gerechtfertigt, sondern auch jener Teile der aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen des Beklagten, der auf die Mangelhaftigkeit der Ware Bezug nimmt, unberechtigt. Zutreffend hat die zweite Instanz auch darauf verwiesen, daß der Beklagte schon wegen Verletzung der vertraglich vereinbarten Vorleistungspflicht durch die ungerechtfertigte Sperre der beiden Schecks über je öS 500.000 die unvollständige Erfüllung des Kaufvertrages seitens der klagenden Partei nicht als Grundlage weiterer Gegenforderungen heranziehen kann. Der Revision ist demnach kein Erfolg beschieden.
Die Revisionskostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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