Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Anträge der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 28.3.1990 auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 4 Z 2 UVG werden abgewiesen.
Text
Begründung
Die Minderjährigen sind uneheliche Söhne des Werner Alfred J***. Es wurden ihnen Unterhaltsvorschüsse, zuletzt am 27.4.1988, für die Zeit vom 1.4.1988 bis 31.3.1991 nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG gewährt (ON 37, 38). Mit den Anträgen vom 28.3.1990 (ON 51, 52) begehrte die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 4 Z 2 UVG für die Zeit vom 1.3.1990 bis 28.2.1993 mit der Begründung, daß der Vater unbekannten Aufenthaltes und deshalb eine Erhöhung des Unterhaltsbeitrages nicht möglich sei.
Das Erstgericht stellte die am 27.4.1988 gewährten Unterhaltsvorschüsse rückwirkend ein und gab aus den Gründen der Anträge dem Begehren nach § 4 Z 2 UVG statt.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG für zulässig.
Das Rekursgericht ging davon aus, daß der Unterhaltsschuldner - abgesehen von seinen Haftzeiten - seit 1985, zuletzt seit seiner Entlassung aus der Strafvollzugsanstalt Suben am 18.3.1988, unbekannten Aufenthaltes ist. Er ist zwar in St.Johann am Wimberg, Schlag Nr. 11, polizeilich gemeldet, hält sich aber dort seit zwei Jahren nicht mehr auf. Sein Aufenthaltsort ist weder dem Gemeindeamt St.Johann am Wimberg noch seiner Grußmutter Maria S*** bekannt. Nach den Angaben der Maria S*** hielt sich der Unterhaltsschuldner zuletzt in Linz auf. Nach der Meldeauskunft der Bundespolizeidirektion Linz vom 31.5.1990 ist der Unterhaltsschuldner seit 26.3.1985 mit unbekanntem Aufenthaltsort abgemeldet. Weder die am 3.4.1986 in der Amtlichen Linzer Zeitung eingeleitete Ausforschung noch die Sozialversicherungsanfrage vom 22.5.1990 brachten ein Ergebnis. Der Aufenthalt des Unterhaltsschuldners konnte auch durch den bestellten Zustellkurator trotz mehrerer Nachfragen nicht eruiert werden.
Nach der Auffassung des Rekursgerichtes sei die Einleitung eines Unterhaltsfestsetzungsverfahrens für die Unterhaltsvorschußgewährung nach § 2 Z 4 UVG dann nicht notwendige Voraussetzung, wenn schon nach der Aktenlage die für die Schaffung eines Unterhaltstitels notwendige Sachverhaltsermittlung von vornherein aussichtslos erscheine. Der unbekannte Aufenthalt des Unterhaltspflichtigen hindere Erhebungen zu den für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Einkommens- und Lebensverhältnissen des Unterhaltsschuldners. Diese Umstände seien auch bei der Beantwortung der Frage, ob die von der Rechtsprechung entwickelte Anspannungstheorie angewendet werden könne, maßgeblich. Auch eine Anspannung setze voraus, daß der Unterhaltsschuldner trotz einer ihm zumutbaren, konkreten Arbeitsmöglichkeit diese nicht ergreife. Gerade dies könne aber im vorliegenden Fall allein nach der Aktenlage nicht beurteilt werden.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Frage, ob die Voraussetzung nach § 4 Z 2 UVG, daß die Unterhalts(neu-)festsetzung "nicht gelingt", in jedem Fall zumindest einen diesbezüglich unternommenen Versuch bedingt oder nicht, sowie ob das Unterbleiben jedes derartigen Versuches ein Versagungsgrund für die Gewährung der Vorschüsse ist, von den Gerichten zweiter Instanz in letzter Zeit nicht einheitlich gelöst wurde (vgl EFSlg 57.462; 57.464; 57.472 f).
Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner, soweit ersichtlich bisher nicht veröffentlichten Entscheidung vom 10.5.1990, 6 Ob 589/90, ausgesprochen, daß der Unterhaltsvorschußwerber bzw sein Vertreter, verpflichtet sind, in den Grenzen des Zumutbaren um die Schaffung eines Exekutionstitels bemüht zu sein. Praktisch aussichtslose Versuche einer Unterhaltsfestsetzung sind jedoch nicht zu fordern. Er hat hiezu, gestützt auf die Gesetzesmaterialien, im wesentlichen ausgeführt, daß die durch das Unterhaltsvorschußgesetz gewährten Ansprüche in erster Linie auf eine wirksame Sicherung bereits festgesetzter Unterhaltsansprüche abzielen, indem anstelle des Unterhaltspflichtigen Leistungen aus öffentlichen Mitteln erfolgen, die aber nur aushilfsweise als Vorschuß auf die vom Unterhaltspflichtigen kraft Gesetzes geschuldeten Leistungen bestimmt sind und sich daher in den Grenzen dieses Unterhaltsanspruches zu halten haben. Das vorschußwerbende Kind soll daher grundsätzlich primär die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten zur Durchsetzung seines Unterhaltsanspruchs ausschöpfen. Die Leistungen aus öffentlichen Mitteln sollen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz nur ein Ersatz für die nicht rechtzeitig geleisteten Zahlungen des Unterhaltsschuldners sein. Sie sollen im Regelfall nur sichern, daß die einem Kind titelmäßig zugesprochenen Unterhaltsbeträge rechtzeitig zur Verfügung stehen. Entsprechend dem Zweck der Institution ist nur die Einbringlichmachung eines konkreten, gesetzlichen Unterhaltsanspruchs zu gewährleisten. Es muß daher auch der Vorschußwerber alles Zumutbare zur Unterhaltsfestsetzung unternehmen.
Nichts anderes kann auch für den Fall einer bloßen Erhöhung gelten. Damit im Einklang steht auch die Rechtsansicht der zweiten Instanz. Nicht gefolgt werden kann ihr jedoch darin, daß hier eine Unterhaltserhöhung praktisch aussichtslos und daher entsprechende Bemühungen vor Vorschußgewährung nicht zu fordern seien. Dem Rechtsmittelwerber ist zunächst darin beizupflichten, daß jedenfalls eine Unterhaltserhöhung bei unbekanntem Aufenthalt des Unterhaltsschuldners auch nach den Grundsätzen der Anspannungstheorie nicht ausgeschlossen ist (SZ 53/54; Jus extra 1990/436 = 8 Ob 543/90). Der Oberste Gerichtshof hat auch ausgesprochen, daß bei einer durch die allgemeine Veränderung der Lebenshaltungskosten und durch einen erhöhten Bedarf des älter gewordenen Kindes bedingten Erhöhung die Beweislast, zur Bezahlung des entsprechend erhöhten Unterhaltsbetrages nicht in der Lage zu sein, den Unterhaltspflichtigen trifft (SZ 53/54, zustimmend Pichler in ÖA 1981, 67). Für den am 13.12.1982 geborenen mj.Thomas David verpflichtete sich der Vater mit Unterhaltsvereinbarung vom 24.1.1983 zu einem monatlichen Unerhalt von S 1.300. Der Vater, der von Beruf technischer Zeichner ist, war damals ohne Beschäftigung (ON 1). Die Unterhaltsvereinbarung mit der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung betreffend den am 30.1.1984 geborenen Christopher Daniel stammt vom 6.3.1984 und lautet auf S 1.500 monatlich. Auch damals war der Vater arbeitslos. Er verfügt jedoch über eine Landwirtschaft, die verpachtet ist (ON 25 S 7; vgl auch die im Akt erliegenden Grundbuchsauszüge über den Liegenschaftsbesitz des Vaters - AS 73 f). Eine Veränderung der Lebenshaltungskosten, insbesondere aber ein erhöhter Bedarf der nunmehr 6 bis 7 Jahre alten Kinder kann nicht zweifelhaft sein. Nach den obgenannten Grundsätzen kann aber auch nicht gesagt werden, daß eine Unterhaltserhöhung praktisch aussichtslos wäre. Es liegen dann aber die Voraussetzungen für eine Vorschußgewährung nach § 4 Z 2 UVG derzeit jedenfalls nicht vor.
Demgemäß ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.
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