Spruch:
Der ao. Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird eine neue Entscheidung nach
Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagende Partei begehrte die Feststellung, daß der am 28.7.1985 verstorbene Helmut Josef K*** Eigentümer des auf dem Grundstück Nr.864/4 der EZ 645 des Grundbuches Pottenbrunn errichteten Wohnhauses gewesen sei, und dieses einen Teil seines Nachlasses darstelle. Sie beantragte weiters, die Beklagte schuldig zu erkennen, das Grundstück zu übergeben und in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der klagenden Partei einzuwilligen. Als Eventualbegehren stellte sie den Antrag, die Beklagte zur Bezahlung von S 1,800.000,-- als dem gemeinen Wert des Wohnhauses zu verurteilen. Sie brachte zur Begründung vor, daß Helmut K*** das Haus im Hinblick auf den Schenkungsvertrag vom 14.12.1973 erbaut habe, mit welchem ihm nach dem Tode der Beklagten das Grundstück zugeeignet werden sollte. Die Beklagte habe von der Bauführung gewußt und sie nicht untersagt.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie stellte sich auf den Standpunkt, daß Helmut K*** die Schenkung von Todes wegen unter der Bedingung seines Überlebens angenommen habe. Tatsächlich sei er aber vor der Geschenkgeberin - der Beklagten - verstorben, sodaß der Schenkungsvertrag vom 14.12.1973 gegenstandslos sei. Der Eigentumsübergang sollte ausdrücklich nur unter der Bedingung des Überlebens des Beschenkten erfolgen. Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Es traf folgende Feststellungen:
Zwischen der Beklagten und ihrem Sohn Helmut K*** wurde am 14.12.1973 vor dem öffentlichen Notar Wolfgang H*** in St.Pölten ein "Schenkungsvertrag von Todes wegen mit Erbvertrag" abgeschlossen. Nach dessen Pkt. 1) schenkte die Beklagte diesem von der ihr allein gehörigen Liegenschaft EZ 335 Grundbuch Pottenbrunn das Teilgrundstück Nr.864/4 (gemäß einem Teilungsplan vom 7.8.1973) "von Todes wegen". Helmut K*** nahm diese Schenkung von Todes wegen, das heißt unter der Bedingung seines Überlebens, rechtsverbindlich an. Im Pkt. 3) des Vertrages wurde festgestellt, daß Helmut K*** auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus errichten werde. Dieses Haus sowie der bereits von ihm aufgeführte Rohbau seien aus Mitteln des Geschenknehmers erbaut und bildeten nicht den Gegenstand dieses Schenkungsvertrages. Nach Pkt. 4) verzichtete die Geschenkgeberin auf den einseitigen Widerruf dieser Schenkung von Todes wegen. Im Pkt. 9) nahm die Geschenkgeberin zur Kenntnis, daß sie das Grundstück nicht mehr ohne Zustimmung des Geschenknehmers veräußern oder belasten dürfe. Im Vertragspunkt 10) erteilten die Vertragsparteien ihre ausdrückliche Zustimmung, daß auf Grund dieses Vertrages nachstehende grundbücherliche Eintragungen vorgenommen werden können: ob der Liegenschaft EZ 335 Grundbuch Pottenbrunn die lastenfreie Abschreibung des neuen Teilgrundstückes 864/4 Acker unter Mitübertragung des bisherigen Eigentumsstandes für Anna K***, hiefür die Eröffnung einer neuen Einlagezahl im selben Grundbuch und hierin a) sofort die Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes gemäß Pkt. 9) des Vertrages für Helmut K***, b) nach dem Tode der Geschenkgeberin auf Grund dieses Vertrages und der Sterbeurkunde die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Helmut K***.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß nach dem Notariatsakt vom 14.12.1973 das der Beklagten gehörige Grundstück erst nach deren Tod Helmut K*** zufallen sollte. Der Klageanspruch könne nicht auf den Notariatsakt gestützt werden, weil die Beklagte noch lebe. Ein Anspruch auf Bezahlung des gemeinen Wertes des Hauses bestehe nicht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes insgesamt S 50.000,-- übersteigt. Die ordentliche Revision ließ es nicht zu, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zufolge Übereinstimmung der Entscheidung mit einschlägiger oberstgerichtlicher Judikatur nicht zu lösen sei. Nach ständiger Rechtsprechung seien die Regeln über den Eigentumserwerb des Bauführers im Sinne des § 418 3.Satz ABGB im Falle eines vorherigen (wirksamen) Übereinkommens zwischen Bauführer und Grundeigentümer nicht anzuwenden. Sowohl der Beklagten als auch Helmut K*** sei bekannt gewesen, daß das von diesem aus seinen Mitteln zu errichtende bzw teils bereits errichtete Haus auf dem Grundstück der Beklagten gebaut wird (wurde); dennoch hätten sie vereinbart, daß Helmut K*** diese Schenkung (nur) unter der Bedingung seines Überlebens angenommen hat. Diese ausdrücklich festgehaltene Bedingung sei nicht eingetreten. Dies bedeute aber, daß das von Helmut K*** errichtete Haus als für die Dauer bestimmtes Bauwerk unselbständiger Bestandteil der Liegenschaft der Beklagten und somit deren Eigentum geworden ist und weiters, daß infolge Nichteintritts der vereinbarten Bedingung sowohl die Liegenschaft als auch das darauf befindliche Haus noch immer im Eigentum der Beklagten stehen. Auch das Eventuelbegehren sei unberechtigt, weil hiefür jegliche gesetzliche Grundlage fehle.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die ao. Revision der klagenden Partei, in welcher sie beantragt, diese zuzulassen, die Entscheidung der Vorinstanzen abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, deren Erstattung ihr anheimgestellt worden war, die Revision nicht zuzulassen oder sie zu verwerfen.
Rechtliche Beurteilung
Die ao. Revision ist zulässig und berechtigt.
Das Erstgericht verlas im bisherigen Verfahren lediglich den Akt 1 A 395/85 und die im Akt erliegenden Urkunden. Auf dieser dürftigen Beweisgrundlage stellte es den Inhalt des Notriatsaktes vom 14.12.1973 auszugsweise fest, ohne seinen Sinngehalt einer die Interessenlage der Beteiligten berücksichtigenden Beurteilung zu unterziehen. Die Ausdeutung des genannten Notariatsaktes durch die sorgfältige Erforschung des von den Parteien damit tatsächlich verfolgten Zweckes ist aber notwendig, um die dadurch geschaffene Rechtslage einer erschöpfenden Beurteilung unterziehen zu können. Sollte sich nach Klärung des wahren Pareiwillens (Einvernahme von Zeugen und Parteienvernehmung der Beklagten) ergeben, daß Helmut K*** bzw. sein Nachlaß das Haus samt Grundstück zufolge des Schenkungsvertrages auf den Todesfall auf alle Fälle, also unabhängig davon bekommen sollte, ob der Sohn die beklagte Mutter überlebt, wäre der Hauptanspruch des Klagebegehrens allerdings noch nicht fällig, weil die Beklagte ja noch lebt. Es wäre daher mit Abweisung des Hauptbegehrens mangels Fälligkeit vorzugehen. Bei der dadurch heranstehenden Behandlung des Eventualbegehrens wäre aber der klagenden Partei - da ihr nicht ohne weiteres unterstellt werden kann, daß sie nunmehr für alle Zeiten des ihr auf den Todesfall zugedachten Eigentums verlustig gehen wollte - Gelegenheit zu geben, zu erklären, ob sie unter diesen Umständen das Eventualbegehren auf Geldersatz (womit der nach dem Tod der Beklagten berechtigte Anspruch auf Eigentumsübertragung an der Liegenschaft für immer verloren wäre) aufrecht erhält.
Sollte sich nach Klärung des Parteilwillens aber ergeben, daß Helmut K*** das strittige Objekt tatsächlich nur im Falle des Vorversterbens der Beklagten zu beanspruchen hatte, wäre das Hauptbegehren mangels Klagegrund abzuweisen. Wie für diesen Fall die Vorinstanzen richtig erkannt hätten, schließt das Vorhandensein eines Übereinkommens die Anwendung des § 418 Satz 3 ABGB aus (Klang in Klang2 II, 290; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 418; Schwimann, Praxiskommentar Rz 14 zu § 418; SZ 59/38; SZ 60/24 uza). Da § 418 ABGB demzufolge nicht anwendbar wäre, der Hausbau aber zugunsten der beklagten Partei, die Eigentümerin des Grundstückes blieb, erfolgte, kämen bei Behandlung des infolge der Abweisung des Hauptbegehrens nun zur Entscheidung heranstehenden Eventualbegehrens die Grundsätze der §§ 1041, 1435 ABGB zur Anwendung. Letztlich wär daher Wertersatz in Höhe des verschafften Nutzens (siehe Rummel aaO Rz 10 zu § 1435) zu leisten.
Im bisherigen Verfahren sind die dargestellten Fragen offen geblieben. Ihre Behandlung ist zur Entscheidung des Rechtsfalles unerläßlich. Die den festgestellten Erwägungen nicht Rechnung tragenden Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher aufzuheben; dem Erstgericht war eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung im dargestellten Sinn aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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