Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.966,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 494,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerinnen sind Eigentümer der Liegenschaft Wien 13., Gallgasse 56, auf der sich ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen befindet. Der Beklagte ist seit 1948 Hauptmieter der im ersten Stock des Hauses gelegenen Wohnung. Mit rechtskräftigem Zwischenurteil vom 11.10.1985, ON 21, wurde festgestellt, daß das Mietverhältnis gemäß § 1 Abs 4 Z 2 MRG nur den Bestimmungen der §§ 14, 29 bis 36, 45, 46 und 49 MRG unterliegt. Die Klägerinnen kündigten dem Beklagten die Wohnung zum 31.12.1983 auf. Im Jahre 1948 sei zwischen dem damaligen Eigentümer Karl K*** und dem Beklagten ein monatlicher Hauptmietzins von S 110 vereinbart worden. Eine Zusage, daß niemals ein höherer Mietzins verlangt werde, sei nicht gemacht worden. Trotz Mahnung und Setzung einer angemessenen Nachfrist bezahle der Beklagte statt S 110 nur S 100 monatlich. Im Jahre 1948 hätten die Betriebskosten einschließlich der öffentlichen Abgaben für das gesamte Haus nicht mehr als S 100 betragen. Auf den Beklagten seien gemäß dem auf das Mietverhältnis anzuwendenden Zinsstoppgesetz 45,3 % entfallen. In den Jahren 1980 bis 1982 seien jährliche Betriebskosten von S 12.294,28, S 13.461,88 und S 16.927,93 aufgelaufen. Auf den Beklagten würden S 5.570,22, S 6.180,34 und S 7.669,34 entfallen. Zwischen 1978 und 1983 seien Reparaturen mit einem Aufwand von S 181.601,01 durchgeführt worden. Weitere Reparaturen, die S 740.124 kosten würden, wären notwendig. Um diese durchführen zu können, müßte der Beklagte unter Berücksichtigung der Hauptmietzinsabrechnung einen monatlichen Mietzins von S 6.915,06 leisten. Der Beklagte weigere sich nicht nur, den vereinbarten weiteren Zinsbetrag von monatlich S 10 zu zahlen, sondern auch die auf ihn entfallenden Betriebskosten und den angemessenen Mietzins von S 6.915.06. Die für den Mietvertrag maßgeblichen Voraussetzungen hätten sich daher wesentlich geändert. Die Geschäftsgrundlage sei nicht mehr tragbar. Es liege ein wichtiger Kündigungsgrund gemäß § 30 Abs 1 und 2 MRG vor. Infolge wesentlicher Änderung der Geschäftsgrundlage und untragbarer Gestaltung des Dauerschuldverhältnisses werde die Aufhebung des Mietvertrages begehrt. Da der Beklagte nicht bereit sei, den angemessenen Mietzins zu bezahlen, werde die Kündigung überreicht. Durch die Einhebung eines Erhaltungsbeitrages könne eine Deckung eines Hauptmietzinspassivums und des erforderlichen Erhaltungsaufwandes nicht erreicht werden. Der Erhaltungsbeitrag würde für die Wohnung des Beklagten lediglich S 1.092,08 monatlich betragen. Im Zuge des Verfahrens brachten die Klägerinnen weiters vor, daß ihr Rechtsvorgänger Dr. Karl M*** schon ab November 1959 vom Beklagten wiederholt die Bezahlung des gesetzlichen Mietzinses von S 1 pro Friedenskrone zuzüglich Betriebskosten - allerdings erfolglos - begehrt habe.
Der Beklagte wendete ein, er habe mit dem damaligen Hauseigentümer Karl K*** einen monatlichen Pauschalmietzins von S 100 vereinbart. Karl K*** habe seine Zustimmung zur Vermietung von der einmaligen Bezahlung eines für damalige Verhältnisse überdurchschnittlich hohen Geldbetrages abhängig gemacht. Der Beklagte habe diesen Geldbetrag unter der Voraussetzung bezahlt, daß für die gesamte Mietdauer von Seiten des Hauseigentümers und allfälliger Rechtsnachfolger auf eine Erhöhung des Mietzinses, aus welchem Titel auch immer, verzichtet werde. Damit sei Karl K*** einverstanden gewesen.
Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Es stellte fest, zwischen Karl K*** und dem Beklagten sei ein Pauschalmietzins von S 100 vereinbart worden. Ausdrücklich sei erklärt worden, daß in diesem Betrag auch die Betriebskosten enthalten seien. Weder bauliche Änderungen noch dadurch auflaufende Kosten könnten eine Erhöhung des Mietzinses bewirken. Der Beklagte habe dem damaligen Hauseigentümer als Gegenleistung für diesen Mietvertrag eine Ablösezahlung in Höhe zwischen S 40.000 und S 50.000 übergeben. Da es sich hiebei um eine verbotene Ablösezahlung gehandelt habe, sei zwischen den Vertragsparteien abgesprochen worden, daß offiziell bei Befragung eine Ablösezahlung nur von lediglich S 10.000 angegeben werde. Karl K*** habe für die Reinigung seiner Wohnung eine Putzfrau, die auch zweilmal in der Woche das Stiegenhaus gereinigt habe, beschäftigt. Zwischen dem Beklagten und Karl K*** sei dann vereinbart worden, daß der Beklagte der Putzfrau S 10 für die Reinigung des Stiegenhauses gebe, weil ihm dies ebenfalls zugute komme. Nachdem Dr. Karl M*** das Haus von Karl K*** gekauft habe, habe er wiederholt versucht, vom Beklagten die Bezahlung eines höheren Mietzinses sowie der anteiligen Betriebskosten zu erhalten. Der Beklagte habe aber vorerst weiterhin nur monatlich S 110 bezahlt und als Dr. Karl M*** das Stiegenhaus nicht mehr habe reinigen lassen, diesen Betrag auf S 100 gemindert.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß im Falle der Vereinbarung eines die Betriebskosten einschließenden Pauschalzinses kein Anspruch auf die Abgeltung zwischenzeitig eingetretener Steigerung der Betriebskosten bestehe. Der Beklagte sei daher auf Grund seiner Vereinbarung mit dem damaligen Hauseigentümer lediglich einen Pauschalmietzins von S 100 zu bezahlen, von jeglicher Erhöhung befreit. Bei Altverträgen sei eine Erhöhung des Mietzinses nur im Rahmen der Einhebung eines Erhaltungsbeitrages oder gemäß § 46 MRG (Eintrittsrecht) möglich. Eine Änderungskündigung sei nach dem Mietrechtsgesetz nicht mehr zulässig.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerinnen nicht Folge. Es sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Es übernahm die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes. Bei vor dem 1.1.1982 abgeschlossenen Mietverträgen, über die in § 1 Abs 4 Z 2 MRG auf die aufgezählten Mietgegenstände sei lediglich die Einhebung eines Erhaltungsbeitrages, nicht aber eine Änderungskündigung mit dem Ziel, dem Mieter zu einer Erhöhung des Hauptmietzinses auf das angemessene Maß zu bewegen, möglich. Der Gesetzgeber des Mietrechtsgesetzes habe durch die Möglichkeit, auch bei den unter § 1 Abs 4 Z 2 MRG fallenden Mietverträgen einen Erhaltungsbeitrag zu fordern, klar zum Ausdruck gebracht, daß bei Altmietverträgen eine Anpassung des Mietzinses nur im Rahmen des § 45 MRG und danach allenfalls auch des § 18 MRG zulässig sei. Einen Sachverhalt, der zur Anwendung der Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG führen könnte, hätten die Klägerinnen in der Aufkündigung nicht dargetan. Solle beurteilt werden, ob die wirtschaftliche Existenz des Vermieters bedroht sei, komme es jedenfalls auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kündigenden in ihrer Gesamtheit an. Der dafür in Betracht kommende Sachverhalt gehöre aber zu den die Kündigung rechtfertigenden Umständen und hätte daher bereits dort vorgebracht werden müssen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerinnen ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie die inhaltlich behauptete Aktenwidrigkeit liegen, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor. Auch die Rechtsrüge versagt.
Die Revisionswerberinnen gehen - was nicht bestritten wurde - davon aus, daß das Mietverhältnis dem Zinsstoppgesetz unterlag. Das Zinsstoppgesetz wurde zwar durch § 58 Abs 3 Z 2 MRG aufgehoben, ob ein Begehren, einen höheren als den in jenem Gesetz vorgesehenen Mietzins zu verlangen, aber berechtigt war, ist weiterhin nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu prüfen (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 1 Punkt 4 zu Vorbem.II). Sollte das Mietverhältnis, wie hier, bereits mindestens ein halbes Jahr bestanden haben, stand die Möglichkeit einer freien Zinsvereinbarung erst auf Grund des Art.II Z 1 MRÄG 1967 offen. Aber auch hier bedurfte es einer Vereinbarung zwischen Hauseigentümer und Mieter. Ein von den Revisionswerberinnen behauptetes, vom Vermieter einseitig gestelltes Begehren, den Hauptmietzins zu erhöhen, dem der Mieter aber nicht nachkam, bewirkte keine Änderung der gesetzlich festgeschriebenen Zinshöhe.
Zutreffend gingen die Vorinstanzen von der bereits gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (MietSlg.39.414/38; SZ 60/59; 5 Ob 619/89) aus, daß bei vor dem 1.1.1982 abgeschlossenen Mietverträgen über die in § 1 Abs 4 Z 2 MRG aufgezählten Wohnungen lediglich die Einhebung eines Erhaltungsbeitrages, nicht aber eine Änderungskündigung zulässig ist. Gemäß § 45 Abs 5 MRG gelten, wenn der Vermieter den Erhaltungsbeitrag für einen in § 1 Abs 4 Z 1 oder 2 genannten Mietgegenstand begehrt, für die Mietgegenstände dieses Hauses ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen des ersten Hauptstückes mit Ausnahme der Bestimmung über die Mietzinsbildung nach § 16 Abs 2 MRG. Indem der Gesetzgeber einerseits eine dem § 19 Abs 2 Z 15 MG entsprechende Bestimmung in das Mietrechtsgesetz nicht mehr aufnahm, andererseits aber auch bei den nicht unter die Zinsvorschriften des Mietrechtsgesetzes fallenden Mietobjekten des § 1 Abs 4 Z 2 MRG die Möglichkeit schuf, einen Erhaltungsbeitrag zu fordern, brachte er klar zum Ausdruck, daß bei Altmietverträgen eine Anpassung des Mietzinses nur im Rahmen des § 45 MRG und danach allenfalls auch des § 18 MRG zulässig ist. Eine Änderungskündigung betreffend Mietgegenstände, die der Mietzinsbildung des Mietrechtsgesetzes unterliegen, kann somit nur in Frage kommen, wenn die wirtschaftliche Existenz des Vermieters durch die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses gefährdet wäre (MietSlg.39.414/38). Dazu enthielt die Aufkündigung, wie die Revisionswerberinnen selbst einräumen, kein Vorbringen. Ein solches Vorbringen erstmals in der Revision zu erstatten, ist gemäß § 504 Abs 2 ZPO unstatthaft. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerinnen überstiege der zulässige Erhaltungsbeitrag bei weitem die auf den Beklagten entfallenden monatlichen Betriebskosten. Ob andernfalls ausnahmsweise eine Änderungskündigung zulässig wäre (so Würth-Zingher aaO Rz 11 zu § 30 MRG), braucht daher nicht erörtert zu werden. Im übrigen ist die Revision nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Sie bekämpft in weitwendigen Darlegungen die irrevisible Beweiswürdigung der Vorinstanzen.
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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