Spruch:
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Einbehaltung der vom 1.9.1989 bis 30.11.1989 zu Unrecht ausgezahlten Unterhaltsvorschüsse im Betrag von S 2.400 in monatlichen Teilbeträgen von je S 300 von künftig fällig werdenden Vorschüssen angeordnet wird.
Text
Begründung
Das Erstgericht setzte den vom Vater der Minderjährigen zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeitrag von bisher S 2.000 ab 1.8.1989 auf S 1.200 herab (rk. Beschluß vom 11.1.1990, ON 41). Mit Beschluß vom 21.2.1990 (ON 42) setzte es sodann die der Minderjährigen bis 30.11.1990 weiter gewährten Unterhaltsvorschüsse ab 1.9.1989 ebenfalls auf S 1.200 monatlich herab. Für die Monate September bis November 1989 entstand ein Übergenuß der Minderjährigen an Unterhaltsvorschüssen im Betrag von S 2.400. Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz beantragte namens des Bundes die Anordnung der Einbehaltung der zu Unrecht ausgezahlten Beträge von den künftig fällig werdenden Vorschüssen. Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, weil das aus der Lehrlingsentschädigung und der Unterhaltsleistung bestehende monatliche Einkommen der Minderjährigen von rund S 4.500 zur Deckung ihrer durchschnittlichen Bedürfnisse unbedingt notwendig sei. Das Rekursgericht gab dem auf Einbehaltung in Teilbeträgen von S 600 monatlich abzielenden Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz nicht Folge. Im Falle der nach § 19 Abs 1 UVG unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes möglichen Einbehaltung zu Unrecht ausgezahlter Beträge sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. Auf den Verbrauch der Übergenüsse für den Unterhalt des Kindes komme es nicht an. Von der Einbehaltung sei abzusehen, wenn der Durchschnittsbedarf des Kindes dadurch gefährdet wäre. Die Selbsterhaltungsfähigkeit eines Lehrlings trete bei einem monatlichen Gesamteinkommen von rund S 4.500 bis S 4.700 ein. Dieser Betrag stelle jedoch eine Untergrenze dessen dar, womit ein Lehrling zur Deckung seiner Bedürfnisse einigermaßen auskommen könne. Die beantragte Einbehaltungsanordnung sei daher nicht berechtigt. Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG für zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.
Gemäß § 19 Abs 1 UVG hat das Gericht zugleich mit der - infolge Herabsetzung des Unterhaltsbeitrages ergehenden - Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes die Einbehaltung zu Unrecht ausgezahlter Beträge, soweit notwendig in Teilbeträgen, von künftig fällig werdenden Vorschüssen anzuordnen.
Das Gesetz sieht als einzigen Bemessungsfaktor für die Einbehaltungsentscheidung die "Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes" vor; weder der Tatsache des Verbrauches der Übergenüsse für den Unterhalt des Kindes, noch der Frage der Gut- oder Schlechtgläubigkeit beim Empfang oder Verbrauch der Übergenüsse kommen für diese Entscheidung Bedeutung zu (Knoll, UVG in ÖA, Rz 9 zu § 19). Ist bei der, der Vorschußgewährung zugrundeliegenden Unterhaltsbemessung - wie regelmäßig bei Lehrlingen - bei weiterreichender Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen der Bedarf des Unterhaltsberechtigten maßgeblich, so kann die Einbehaltungsvorschrift des § 19 Abs 1 UVG, soll sie nicht ihres Sinnes entkleidet werden, nur dahin verstanden werden, daß vom in Höhe des Unterhaltsbedarfes des Kindes gewährten Unterhaltsvorschuß zumindest vorübergehend solche Beträge einbehalten werden können, nach deren Abrechnung dem Kind in Form des verminderten Unterhaltsvorschusses und seines anrechenbaren Eigeneinkommens noch ein für seine ungefährdete Versorgung ausreichender Betrag verbleibt. Diese Wertung kann jedenfalls der Bestimmung des § 22 Abs 2 UVG, nach der die Ersatzpflicht (§§ 22, 23 UVG) insoweit nicht besteht, als dadurch der laufende Unterhalt des Kindes gefährdet wird, auch für die Einbehaltungsanordnung nach § 19 Abs 1 UVG entnommen werden (Knoll aaO Rz 10).
Aus diesen Gründen ist der Minderjährigen für die Dauer der angeordneten Vorschußeinbehaltung eine zeitweilige, geringfügige Einschränkung ihrer Bedürfnisse bzw deren Befriedigung schon mit Rücksicht darauf zumutbar, daß sie durch die verbrauchten Übergenußbeträge für drei Monate über dem Bedarf alimentiert wurde. Wird zudem berücksichtigt, daß die Minderjährige mit dem ihr nach Abzug der Einbehaltungsbeträge von S 300,- monatlich verbleibenden Betrag von rund S .4.200,- ihre Bedürfnisse doch erheblich oberhalb einer Armuts- oder Notgrenze decken kann, erweist sich der Einbehaltungsantrag im Umfang der spruchgemäßen Betragsfestsetzung als gerechtfertigt.
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