OGH 3Ob578/90

OGH3Ob578/9011.7.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***-W*** Gesellschaft mbH & Co KG, Kufstein, Kaiserbergstraße 28, vertreten durch Dr. Harald Meder und Dr. Max Ellinger, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagte Partei Dr. Silvia M***, Landwirtin, Kirchstetten, Totzenbach 43, vertreten durch Dr. Manfred Hintersteininger, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlicher S 96.973,80 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 15.Dezember 1989, GZ 1 a R 584/89-19, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 31.August 1989, GZ 5 C 2854/88i-14, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.629,60 (darin S 771,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Unbestritten blieb, daß die Beklagte am 17.2.1987 von der klagenden Partei eine Telefonanlage mit Konferenzschaltung über mehrere Anschlüsse für ihr Haus in Totzenbach 43, NÖ, im Rahmen eines Leasingvertrages angemietet hat.

Die klagende Partei begehrt von der in der Klage als "Kaufmann" bezeichneten Beklagten die Herausgabe dieser Telefonanlage sowie die Bezahlung von letztlich S 96.973,80 an rückständigen, durch den Verzug der Beklagten fällig gewordenen Mieten.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, wendete aber vorrangig unter Berufung auf § 14 KSchG die örtliche (und wohl auch die sachliche) Unzuständigkeit des auf Grund einer Gerichtsstandvereinbarung angerufenen Bezirksgerichtes Kufstein mit der Behauptung ein, die Telefonanlage nur für private Zwecke angemietet zu haben. Sie anerkannte in der Folge das Herausgabebegehren.

Das Erstgericht gab dem Herausgabebegehren mit dem nicht bekämpften Anerkenntnisurteil statt und wies mit Beschluß das restliche Klage-(Zahlungs-)Begehren wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück. Es stellte nach Aufnahme der angebotenen Beweise fest, daß die Beklagte im Jahre 1986 (und wohl auch im Februar 1987) Landwirtin mit ca 1 ha Eigengrund und 2 ha dazugepachtetem Grund war. Sie wollte 1986 eine Pferdezucht eröffnen, verfügte damals aber nur über eine Stute, einen noch nicht zur Deckung freigegebenen Hengst und einen Wallach. Die geleaste Telefonanlage wurde in ihrem Wohnhaus installiert, und zwar im Vorzimmer, Wohnzimmer, Schlafzimmer und einem Arbeitszimmer der Beklagten. Ob die Anlage von der Beklagten nur für private Zwecke (also ursprünglich ohne Absicht, diese auch betrieblich zu nutzen) oder im Zusammenhang mit der anlaufenden Pferdezucht, aus der aber dann letztlich nichts wurde, angeschafft worden ist, war nicht feststellbar. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung führte das Erstgericht aus, an Hand der Angaben der Beklagten könne nicht ausgeschlossen werden, daß sie die Telefonanlage ursprünglich nur zum privaten Gebrauch gemietet habe. Die von der klagenden Partei angebotenen und vorgelegten Gegenbeweise erschienen dem Erstgericht zu dürftig, um die Aussage der Beklagten zu widerlegen. Rechtlich folgerte das Erstgericht, die klagende Partei habe nicht nachgewiesen, daß die Telefonanlage von der Beklagten im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit angemietet worden sei. Selbst wenn man von dieser Annahme ausgehe, handle es sich um ein dem KSchG zuzuordnendes Vorbereitungsgeschäft, weil die Beklagte im Anmietungszeitpunkt noch keine geschäftliche Tätigkeit entwickelt habe.

Mit dem angefochtenen Beschluß änderte das Rekursgericht diese Entscheidung in eine Verwerfung der Einrede der örtlichen Unzuständigkeit ab. Es ließ den Revisionsrekurs nicht zu. Rechtlich folgerte das Rekursgericht, daß der Beklagten nicht der Nachweis gelungen sei, den Leasingvertrag nur zu privaten Zwecken abgeschlossen zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des § 1 KSchG (744 BlgNR 14. GP, 16) sprechen für ein weites Verständnis des Unternehmerbegriffes; nicht nur jedes (auch) nicht-kaufmännische Gewerbe falle darunter, sondern auch die freien Berufe und die Land- und Forstwirtschaft. Nach der Feststellung, daß die Beklagte "Landwirtin" mit ca 1 ha Eigengrund und 2 ha dazugepachtetem Grund war, betrieb sie, wenn auch in einem geringen Umfang, im Februar 1987 eine landwirtschaftliche Tätigkeit. Ob damit eine beabsichtigte oder schon begonnene Pferdezucht verbunden war, blieb offen. Das Rekursgericht hat aber zutreffend erkannt, daß die Beklagte für ihre Behauptung, mit der sie den Schutz des Konsumentenschutzgesetzes in Anspruch nimmt, beweispflichtig gewesen wäre (so schon, in anderem Zusammenhang, SZ 55/51 sowie 7 Ob 720/88 und 6 Ob 599/89). Wer die Bestimmungen des 1. Hauptstückes des KSchG auf ein von ihm geschlossenes Rechtsgeschäft angewandt wissen will, hat darzutun, daß er selbst Verbraucher, sein Vertragspartner jedoch Unternehmer war, und daß das Rechtsgeschäft zu dessen Unternehmensbetrieb gehört hat. Da das KSchG keine eigenen Kriterien für den Verbraucherbegriff aufstellt, zeigt sich die Verbrauchereigenschaft lediglich im Fehlen der Unternehmerqualifikation. Wer nicht als Unternehmer auftritt, ist daher prima facie als Verbraucher anzusehen. Dem Vertragspartner steht es dann frei, die Verbrauchereigenschaft zu widerlegen. Gelingt aber dem Kläger der Nachweis einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Beklagten, so muß dieser die Ausnahme von der Regel beweisen. Die Frage, ob das Rechtsgeschäft zum Betrieb des Unternehmens gehörte, ist in Analogie zu § 344 HGB zu lösen: Die Zugehörigkeit zum Betrieb des Unternehmens wird vorerst angenommen, der (Anscheins-)Unternehmer hat auch hier den Gegenbeweis zu führen, daß ein Privatgeschäft vorliegt (vgl Krejci, Handbuch zum KSchG, 220 f, sowie Welser, JBl 1980, 5 f).

Die Feststellung, daß die Beklagte Landwirtin mit insgesamt 3 ha Grund war und die Voraussetzungen für eine, wenn auch vielleicht noch nicht voll eingesetzte Pferdezucht vorlagen, verlieh ihr den Anscheinscharakter einer Unternehmerin. Es wäre daher an ihr gelegen gewesen zu beweisen, daß sie mit dieser Landwirtschaft keine auf Dauer angelegte organisierte selbständige Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG betrieb oder daß das konkrete Rechtsgeschäft nicht zu dieser Tätigkeit gehörte (vgl auch JBl 1981, 482). Die Beklagte muß sich auch entgegenhalten lassen, daß ein gewisses Mindestmaß an geschäftlicher Tätigkeit für den Unternehmensbegriff des KSchG nicht erforderlich ist, sondern nur das Dauermoment, sohin die Regelmäßigkeit und Methodik der ausgeübten Tätigkeit maßgeblich ist. Sie hätte daher zu beweisen gehabt, daß sie trotz der festgestellten Umstände nicht oder nur ausnahmsweise in diesem Sinne wirtschaftlich tätig geworden ist.

Das Erstgericht ging also zu Unrecht von einer Beweislast der klagenden Partei für die Unternehmereigenschaft der Beklagten aus und vermeinte, in den aufgenommenen Beweisen einen solchen Nachweis nicht erblicken zu können. Legt man aber die Beweislast der Beklagten für ihre Verbraucherposition beim Abschluß des (nach seinem Inhalt eher unternehmensbezogenen) Leasingvertrages zugrunde, so erweist sich die Annahme des Rekursgerichtes, daß das Erstgericht im wesentlichen nur negative Feststellungen zum rechtserheblichen Sachverhalt getroffen hat, als zutreffend.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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