OGH 9ObA148/90

OGH9ObA148/9027.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Alfred Mayer und Mag.Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Egon S***, EDV-Berater, Graz, Ulmgasse 14 d, vertreten durch Dr.Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Ing.P.K*** Gesellschaft mbH, Wien 3., Weißgerberlände 38, vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 85.521,45 S sA (Streitwert im Revisionsverfahren 81.581,90 S sA), infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26.März 1990, GZ 8 Ra 3/90-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 17.Oktober 1989, GZ 33 Cga 84/88-15, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war für die beklagte Partei ab 25.11.1986 im Rahmen eines Kooperationsvertrages im EDV-Bereich selbständig tätig, weil er vorerst den Abschluß eines Dienstvertrages ablehnte. In Punkt 11 dieses Kooperationsvertrages verpflichtete sich der Kläger, bis 12 Monate nach Auflösung dieses Vertrages keine Kunden, für die er im Rahmen des Vertrages für die beklagte Partei tätig war, zu akquirieren bzw für diese, sei es als Unternehmer, sei es als Mitarbeiter eines anderen Unternehmens, sei es auf irgendeine andere Art, tätig zu werden bzw an andere Unternehmer zu vermitteln. Für jedes Zuwiderhandeln wurde der beklagten Partei das Recht eingeräumt, vom Kläger eine dem richterlichen Mäßigungsrecht nicht unterliegende Konventionalstrafe von 200.000 S zu verlangen. Zwischen der beklagten Partei und der deutschen Firma S***, einem Software-Unternehmen, bestand ein Vertriebsvertrag. Der Kläger wurde ebenso wie die Angestellten der beklagten Partei Thomas R*** und Franz H*** von der beklagten Partei für das Projekt Ö*** (Ö*** S*** AG) eingesetzt; Gegenstand der Tätigkeit war die Adaptierung von Steeb-Software an die spziellen Bedürfnisse der Ö***. Im weiteren Verlauf wurde bei der beklagten Partei beschlossen, eine eigene Abteilung für den Vertrieb der Steeb-Software aufzubauen und den Kläger als Leiter dieser Abteilung einzusetzen. Die Voraussetzung hiefür war die Begründung eines Angestelltenverhältnisses. Über Betreiben der beklagten Partei wurde zwischen den Streitteilen am 11.11.1987 ein - wie bei der beklagten Partei allgemein üblich - auf 3 Monate befristeter Angestellten-Dienstvertrag für die Zeit vom 1.1.1988 bis 31.3.1988 abgeschlossen, wobei aber von der beklagten Partei von vornherein an eine unbefristete Verlängerung gedacht und dies dem Kläger auch in Aussicht gestellt, jedoch nicht zugesichert wurde. Der Kläger war dabei auch über die längerfristigen Pläne der beklagten Partei informiert. Vereinbart wurde ein Bruttomonatsentgelt von 35.00 S und ein Überstundenpauschale von 6.000 S. Als Dienstort war Graz vereinbart. Für Tätigkeiten in den Büros der Beklagten in Wien oder Linz hatte der Kläger Anspruch auf Tagesspesen von 400 S und Nächtigungsspesen von 100 S je Werktag. Im § 6 des Dienstvertrages verpflichtete sich der Kläger, ein Jahr nach dessen Beendigung in keinem Konkurrenzunternehmen beschäftigt bzw im Gewerbe der beklagten Partei nicht selbständig tätig zu sein. Im Fall der Verletzung dieser Verpflichtung wird der Beklagten das Recht eingeräumt, eine Konventionalstrafe in der Höhe des dreifachen Bruttomonatsgehaltes einzubehalten bzw zu beanspruchen. Für den Kläger wurde ein Büro eingerichtet, über seinen Wunsch ein Anschluß an einen IBM-Computer im Ausland hergestellt und Germana H***, eine Bekannte des Klägers, befristet vom 11.1.1988 bis 10.4.1988 als Sekretärin eingestellt. Der Kläger und Germana H*** wurden von der beklagten Partei auch für die Zeit nach dem 31.3.1988 zu Fortbildungskursen angemeldet.

Im März 1988 war der Abschluß des Projektes Ö*** absehbar. Es hatten schon Kontakte zur Firma S*** stattgefunden, bei der das nächste Steeb-Projekt durchgeführt werden sollte. Dabei waren der Kläger als Projektleiter sowie R*** und H*** als seine Mitarbeiter vorgesehen. Dies war den betroffenen Personen bekannt. Am 11.3.1988 fand in diesem Zusammenhang eine Besprechung mit Vertretern der Firma S*** statt, an der für die beklagte Partei der Kläger und H*** teilnahmen. Am 31.3.1988 erhielt Paul M***, der Leiter des EDV-Bereiches der beklagten Partei, schriftliche Kündigungen der Angestellten Franz H*** und Thomas R*** zum 30.4.1988. Diese Kündigungen hatten ihren Grund darin, daß die beiden Arbeitskollegen mit dem Kläger verabredet hatten, das Projekt S*** zu dritt als Selbständige abzuwickeln. M***, der über die unerwarteten Kündigungen überrascht war, bat den Kläger am selben Tag zu einem Gespräch, in dem der Kläger über den Stand der Projekte Ö*** und S*** berichtete.

Dabei erklärte der Kläger, daß er am 8.4.1988 die Abnahme bei Ö*** durchführen werde und für das Projekt S*** mit einem Zeitaufwand von 35 Wochen rechne. Nachdem ihm M*** im Anschluß daran von der Kündigung R*** und H*** Mitteilung gemacht hatte, erklärte der Kläger, daß er davon wisse und daran nicht unschuldig sei. Er teilte M*** seine Absicht mit, den befristeten Dienstvertrag nicht zu verlängern, sondern mit H*** und R*** ein eigenes Unternehmen zu gründen und das Projekt S*** sowie in weiterer Folge den Vertrieb der Steeb-Produkte als Subunternehmer der beklagten Partei durchzuführen. M*** lehnte dies ab und teilte dem Kläger, mit dem bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausdrücklich über die Verlängerung seines Dienstvertrages gesprochen worden war, mit, daß er sich bestenfalls eine Lösung in der Form vorstellen könne, daß zwar der Kläger als selbständiger Subunternehmer für die beklagte Partei tätig sein könne, daß jedoch H*** und R*** in einem Dienstverhältnis zur beklagten Partei zu verbleiben hätten. Der Kläger wies bei diesem Gespräch auf seine objektiv starke Position hin, die darauf beruhte, daß bei Ausscheiden des Klägers sowie der Angestellten H*** und R*** für den Einsatz von Steeb-Software bei der beklagten Partei kein Ersatz vorhanden war. M*** warf dem Kläger Untreue vor, weil er Mitarbeiter dazu animiert habe, ihr Dienstverhältnis aufzukündigen, um mit ihnen ein Konkurrenzunternehmen zu gründen. Der Kläger und M*** kamen überein, die Lage noch einmal zu besprechen. Bei einem weiteren Gespräch am Nachmittag teilte der Kläger M*** mit, daß er mit H*** und R*** gesprochen habe und diese bereit seien, weiter im Angestelltenverhältnis zu bleiben, er selbst aber nur als selbständiger Subunternehmer tätig sein wolle. Dies lehnte M*** nunmehr ab, weil er befürchtete, daß der Kläger sowie H*** und R*** sich nach Einarbeitung bei S*** noch leichter von der beklagten Partei lösen und das Projekt an sich ziehen könnten. Es kam zu keiner Einigung. Das Dienstverhältnis des Klägers endete am 31.3.1988, die Dienstverhältnisse Franz H*** und Thomas R*** Mitte Mai (Ende der Kündigungsfrist). H*** und R*** sind seit 16.5.1988, der Kläger seit 1.6.1988 als Angestellte der Firma S*** im Rahmen des Steeb-Projektes beschäftigt. Diese drei Personen gründeten gemeinsam mit Germana H*** zu gleichen Teilen die OBS-EDV-Bertatungsgesellschaft mbH mit dem Betriebsgegenstand "Erstellung von Programmen und EDV-Beratung". Alle Geschäftsführeragenden liegen bei Germana H***. Der Firmensitz befindet sich in Räumen, die von der Firma S*** gemietet sind. Darüber hinausgehende vertragliche Beziehungen zu diesem Unternehmen bestehen nicht. Die den tatsächlichen Reisebewegungen des Klägers entsprechenden Reisekostenabrechnungen für Februar und März 1988 im Betrag von 30.938,90 S bzw 30.143 S sind unberichtigt. Sonderzahlungen aus dem Dienstverhältnis hat der Kläger nicht erhalten.

Der Kläger begehrt die Zahlung eines Betrages von 85.521,45 S sA an fälligen Reisespesen und Sonderzahlungen.

Die beklagte Partei bestritt das gesamte Klagsvorbringen und beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger habe die Reisekostenabrechnungen nicht vorschriftsmäßig gelegt. Weiters habe der Kläger gegen die Bestimmungen der Konkurrenzklausel des Kooperationsvertrages und des Dienstvertrages verstoßen und die beklagte Partei sei daher berechtigt, die vereinbarte Konventionalstrafe vom Kläger zu fordern bzw die entsprechenden Beträge einzubehalten. Der Kläger habe grob treuwidrig während des aufrechten Dienstverhältnisses bei der beklagten Partei beschäftigte Dienstnehmer abgeworben, um mit diesen gemeinsam in Schädigungsabsicht die Tätigkeit bei der Ö*** S***-AG und S*** fortzusetzen, wobei der beklagten Partei ein effektiver Schade von mindestens 200.000 S erwachsen sei. Das Erstgericht gab dem Begehren des Klägers hinsichtlich eines Teilbetrages von 81.581,90 S sA statt und wies das Mehrbegehren (unangefochten) ab. Die Ansprüche des Klägers bestünden in der zuerkannten Höhe zu Recht. Die beklagte Partei habe eine Aufrechnungseinrede nicht erhoben. Im übrigen wäre ein Anspruch der beklagten Partei auf die Konventionalstrafen auch nicht berechtigt. Der Kooperationsvertrag sei durch den Abschluß des Dienstvertrages einvernehmlich aufgehoben worden, sodaß auch die die Ausübung einer Konkurrenztätigkeit betreffenden Bestimmungen dieses Vertrages außer Kraft getreten seien. Der Kläger habe wohl gegen die Konkurrenzklausel des Dienstvertrages verstoßen, weil er als Gesellschafter der OBS-EDV-Gesellschaft mbH selbständig tätig geworden sei; diese Konkurrenzklausel sei jedoch rechtsunwirksam, weil ihre Einhaltung das Fortkommen des Klägers unbillig erschwert hätte, zumal er als EDV-Fachmann auf die Verwendung dieser Kenntnisse angewiesen sei. Die vertragliche Verpflichtung zur Unterlassung der Berufsausübung für dieses Gebiet für ein Jahr und sohin für eine Zeit, die das Vierfache der Dauer des Dienstverhältnisses betrage, sei daher unzulässig.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der beklagten Partei dieses Urteil in seinem stattgebenden Teil auf und verwies die Sache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens an das Erstgericht. Es sprach (sinngemäß) aus, daß der Rekurs zulässig sei. Die Höhe der Klagsforderung sei vom Erstgericht unbedenklich im zuerkannten Ausmaß festgestellt worden. Die beklagte Partei habe wohl Ansprüche gegen den Kläger nicht aufrechnungsweise eingewendet; sie habe jedoch geltend gemacht, daß die vom Kläger erhobene Forderung durch Gegenverrechnung bereits getilgt sei. Diesen Einwand habe das Erstgericht nicht als berechtigt erkannt. Bei Prüfung der von der beklagten Partei erhobenen Forderungen sei aber nicht ausschließlich von den Bestimmungen des Dienstvertrages, sondern auch vom Inhalt des Kooperationsvertrages auszugehen. Das in diesem Vertrag vereinbarte Konkurrenzverbot (richtig: die Konkurrenzklausel) sei ungeachtet der Beendigung des Kooperationsvertrages durch Abschluß des Dienstvertrages weiter wirksam geblieben. Der Kläger habe durch den Abschluß des Dienstvertrages mit der Firma S*** gegen diese Vertragsbestimmung verstoßen. Wohl dürfe ein Angestellter durch eine mit einer Konkurrenzklausel verbundene Beschränkung nicht gezwungen werden, seine Kenntnisse und Berufserfahrungen brach liegen zu lassen, einen erlernten Spezialberuf aufzugeben und in eine berufsfremde Sparte mit geringerem Einkommen überzuwechseln. Gerade im EDV-Bereich seien jedoch für den Fall einer Interessenabwägung die Hintergründe genau zu prüfen, um nicht zu unbilligen Ergebnissen zu kommen. Im Vordergrund stehe hier, daß der Kläger für seine weitere Berufstätigkeit genau das System gewählt habe, auf dem er sich mit Hilfe der beklagten Partei Spezialkenntnisse habe aneignen können. Für die Frage, ob das Fortkommen des Klägers durch die Konkurrenzklausel unbillig erschwert werde, sei entscheidend, ob es andere Systeme und Geschäftspartner gebe, mit denen der Kläger arbeiten könne, ohne gegen die Klausel zu verstoßen. Wesentlich sei, ob der Kläger durch die Konkurrenzklausel so eingeschränkt werde, daß er auf eine völlig fremde Sparte mit wesentlich geringerem Einkommen überwechseln müsse, wogegen allerdings spreche, daß dem Kläger mit Ausnahme des Steeb-Systems der gesamte EDV-Markt offen stehe. In dieser Richtung erweise sich das Verfahren ebenso ergänzungsbedürftig wie dazu, welcher Schaden der beklagten Partei durch das Verhalten des Klägers entstanden sei; dies sei im Zusammenhang mit der Mäßigung der Konventionalstrafe von Bedeutung. Bei der neuen Entscheidung müßte auch auf die Aufrechnungsbeschränkungen des § 293 Abs 3 EO Bedacht genommen werden.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes abzuändern. Die beklagte Partei beantragt mit ihrem gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes gerichteten Rekurs die Fällung einer Sachentscheidung in klageabweisendem Sinn.

Beide Teile beantragen jeweils, dem Rekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind im Ergebnis nicht berechtigt.

Im Prozeß kann die Aufrechnung als Schuldtilgungseinwand, der sich auf eine (vor oder während des Prozesses) geschlossene, bereits vollzogene (außergerichtliche) Aufrechnung stützt, oder durch prozessuale Aufrechnungseinrede geltend gemacht werden (EvBl 1972/187 ua; Nowak, Zur prozessualen Aufrechnungseinrede des österreichischen Rechts, JBl 1951, 504 ff). Zwischen der außergerichtlichen Aufrechnung und der prozessualen Aufrechnungseinrede muß unterschieden werden. Die erstgenannte wird unbedingt und ohne Rücksicht auf den Bestand der Hauptforderung erklärt, setzt also die Anerkennung der Hauptforderung voraus, und setzt ihr nur die Gegenbehauptung entgegen, daß sie wegen Schuldtilgung nicht mehr bestehe; die Aufrechnungseinrede im Prozeß ist hingegen eine nicht einmal Streitanhängigkeit zur Folge habende bedingte Erklärung, die erst und nur für den Fall wirksam wird, daß das Gericht den Bestand der Hauptforderung bejaht; ob eine Aufrechnung außerhalb des Rechtsstreites erklärt wurde und eingetreten ist, bildet eine Vorfrage für die Entscheidung des Klagebegehrens und kommt im Spruch der Entscheidung nicht zum Ausdruck. Die Aufrechnungseinrede im Prozeß ist hingegen im Fall des Bestandes der Hauptforderung und der Aufrechenbarkeit der Gegenstand der spruchmäßigen Entscheidung des Gerichtes (Fasching, Kommentar III, 574; ZPR2 Rz 1293). Schon wegen der verschiedenen Rechtslage im einen und im anderen Fall muß der Beklagte im Prozeß klarstellen, von welcher der gegebenen rechtlichen Möglichkeiten er Gebrauch macht (JBl 1978, 262).

Die beklagte Partei hat die vom Kläger geltend gemachte Forderung bestritten. Eine materiellrechtliche Aufrechnungserklärung, welche die Anerkennung der Klagsforderung zur Voraussetzung hat, kann dem Vorbringen der beklagten Partei daher nicht unterstellt werden. Da aus dem Sinn des Vorbringens der beklagten Partei hervorgeht, daß die Klagsforderung, wenn sie bestünde, durch Aufrechnung mit der auf den Titel der Vertragsstrafe bzw des Schadenersatzes gestützten Forderung der beklagten Partei getilgt sei, hat die beklagte Partei bedingt eine auf diese Rechtstitel gestützte Gegenforderung gegen die Klagsforderung geltend gemacht. Es ergibt sich aus den Ausführungen der beklagten Partei zweifelsfrei, daß sie das Klagebegehren auch durch die Behauptung, es stehe ihr eine die gesamte Klagsforderung übersteigende Gegenforderung zu, abwehren wollte. Eine bestimmte Form ist für die Geltendmachung der prozessualen Aufrechnungseinrede nicht vorgesehen (JBl 1957, 564). Es wäre daher über den Bestand der Klagsforderung und der Gegenforderung gesondert abzusprechen gewesen (Fasching, ZPR2, 1293).

Der Rekurs der beklagten Partei hat ausschließlich die Frage des Bestandes der Gegenforderung zum Gegenstand. Der Bestand der Klagsforderung wird im Rekursverfahren nicht mehr in Frage gestellt. Weder die Konkurrenzklausel im Kooperationsvertrag noch die Konkurrenzklausel im Dienstvertrag bilden eine taugliche Grundlage für die von der beklagten Partei eingewendete Gegenforderung. Der Kooperationsvertrag wurde von den Parteien mit novatorischer Wirkung durch den Dienstvertrag ersetzt. Durch diese Vereinbarung haben die Streitteile ihr Rechtsverhältnis auf eine neue Grundlage gestellt; die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der beklagten Partei sind ab 1.1.1988 - dem Zeitpunkt, in dem der Kläger Angestellter der beklagten Partei wurde - ausschließlich aufgrund des Dienstvertrages zu beurteilen.

Das festgestellte Verhalten des Klägers verstößt jedoch nicht gegen die Konkurrenzklausel des Dienstvertrages. Nach § 6 des Dienstvertrages verpflichtete sich der Kläger, nach Beendigung des Dienstverhältnisses mit der beklagten Partei innerhalb eines Jahres weder eine Beschäftigung bei einem Konkurrenzunternehmen anzunehmen noch im Gewerbe der beklagten Partei selbständig tätig zu sein. Daß die Firma S*** kein Konkurrenzunternehmen ist, stellt auch die beklagte Partei nicht in Frage. Die Feststellungen bieten keine Grundlage für die Richtigkeit der von der beklagten Partei aufgestellten Behauptung, daß es sich beim Anstellungsvertrag des Klägers bei der Firma S*** um einen Scheinvertrag handelte. Der Meinung des Erstgerichtes, daß die Beteiligung an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegen den zweiten Teil der Konkurrenzklausel verstoße, kann nicht beigetreten werden. Die Beteiligung an einem Unternehmen in ausschließlich kapitalmäßiger Form ist nicht als Betrieb eines selbständigen Unternehmens anzusehen (Martinek-Schwarz, AngG6, 217). Nach den Feststellungen entfaltet der Kläger im Rahmen der OBS-EDV-Beratungsgesellschaft mbH keine Tätigkeit; die Geschäftsführung liegt ausschließlich in den Händen Romana H***: Mag auch die Vorgangsweise des Klägers wirtschaftlich dem entsprochen haben, was die beklagte Partei bei Vereinbarung der Konkurrenzklausel ausschließen wollte, so wird doch diese Vorgangsweise vom Wortlaut der diesbezüglichen Bestimmung des Dienstvertrages nicht umfaßt. Der leitende Grundsatz, daß Konkurrenzklauseln im Hinblick auf die Abhängigkeit des Dienstnehmers von seiner Arbeitskraft eng auszulegen sind (Martinek-Schwarz aaO, 696), verbietet eine extensive Interpretation. Es wäre an der beklagten Partei gelegen, die Klausel in geeigneter Weise und ihren Intentionen gemäß zu formulieren. Die beklagte Partei hat jedoch auch eine Gegenforderung von 200.000 S darauf gestützt, daß der Kläger während des aufrechten Dienstverhältnisses bei ihr beschäftigte Dienstnehmer abgeworben habe, um mit diesen gemeinsam in Schädigungsabsicht die Tätigkeit bei der Ö*** und der Firma S***, zwei Großkunden der beklagten Partei, fortzusetzen. Einem solchen Verhalten des Klägers käme insbesondere im Hinblick darauf besonderes Gewicht zu, daß er sowie R*** und H*** die einzigen mit der Steeb-Software vertrauten Dienstnehmer der beklagten Partei waren und dem Kläger bewußt war, daß die beklagte Partei bei Abgang dieser Personen aus ihrem Unternehmen kurzfristig nicht in der Lage sein werde, Steeb-Software betreffende Aufträge auszuführen. Sollte die Kündigung der Dienstnehmer R*** und H*** über Initiative oder maßgebliche Einflußnahme des Klägers erfolgt sein, würde ihm ein Verstoß gegen die Treuepflicht zur Last fallen. Er hätte in sittenwidriger Weise vorsätzlich gegen die Interessen des Dienstgebers gehandelt und wäre zum Ersatz des der beklagten Partei dadurch entstandenen Schadens verpflichtet.

Aufgrund der vorliegenden Feststellungen kann diese Frage jedoch nicht abschließend beurteilt werden. Wohl wurde festgestellt, daß der Kläger seinem Vorgesetzten gegenüber erklärt habe, er sei an der Kündigung H*** und R*** nicht unschuldig und habe die Absicht, mit diesen ein Unternehmen zu gründen. Es steht aber nicht fest, in welcher Weise der Kläger den Entschluß dieser beiden Dienstnehmer tatsächlich mitbestimmt hat. Sollte sich im weiteren Verfahren ergeben, daß der Kläger H*** und R*** in einer gegen die ihm obliegende Treuepflicht verstoßenden Form dahin beeinflußt hat, aus dem mit der beklagten bestehenden Dienstverhältnis auszuscheiden, so werden auch Feststellungen über die Höhe des der beklagten Partei dadurch entstandenen Schadens zu treffen sein. Da dem Kläger in diesem Fall vorsätzliches Verhalten zur Last fiele, stünde auch § 293 Abs 3 EO der einredeweisen Geltendmachung der Gegenforderung nicht entgegen, sodaß ein Eingehen auf die in diesem Zusammenhang erörterten Fragen entbehrlich ist.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

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