Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Rekurskosten bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagende Partei hat das in ihrem Wohnungseigentum stehende Geschäftslokal top Nr.1 in Salzburg, Rupertgasse 24-26, der beklagten Partei (und deren damaligen Geschäftsführern) ab 1.10.1984 gegen Bezahlung eines monatlich wertgesicherten Mietzinses von S 12.320 zuzüglich USt und Betriebskosten vermietet. In diesem Gebäude befinden sich außer diesem Geschäftslokal nur Wohnungen. Im Punkt II des Mietvertrages verzichteten die Streitteile für 5 Jahre auf die Ausübung ihres Kündigungsrechtes.
Punkt II/2 lautet: Für den Fall, daß die Mieter die Betriebsstättengenehmigung für den Gegenstand ihres Unternehmens (Punkt IV) nicht rechtswirksam erteilt erhalten sollten oder andere behördliche Auflagen erteilt werden, die die Ausübung des Betriebsgegenstandes unmöglich oder wirtschaftlich unmöglich machen, sind diese berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Monates aufzukündigen.
Der Punkt IV des Mietvertrages trägt die Überschrift "Zweck der Vermietung" und lautete: "Das in Punkt I dieses Vertrages angeführte Mietobjekt dient den Mietern zur Führung des den Gegenstand ihres Unternehmens bildenden Betriebes. Den Mietern ist es nicht gestattet, das Bestandobjekt für andere Zwecke zu verwenden. Darüber hinaus sind die Mieter nicht berechtigt, das vertragsgegenständliche Bestandobjekt ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich Dritten zu überlassen".
Im Punkt XII ist unter der Überschrift "Gewährleistung" im Mietvertrag ausgeführt: "Die Vermieterin übernimmt für einen bestimmten Zustand, eine besondere Beschaffenheit oder Erträgnisse des Mietobjektes keine Gewähr. Die Übernahme erfolgt vielmehr in dem den Mietern aufgrund einer durchgeführten Besichtigung bekannten Zustand des Mietobjektes".
Die beklagte Partei lagerte im gemieteten Geschäftslokal Lacke, die zum Verkauf an den Großhandel bestimmt waren. Es wurden dort auch Farben durch die beklagte Partei gemischt. Im Laufe des Jahres 1985 vergrößerte sich der Lagerbestand an Lacken immer mehr. Ende August 1985 erkundigte sich Josef U***, der gewerberechtliche und handelsrechtliche Geschäftsführer der beklagten Partei, erstmals bei der Gewerbebehörde, ob er für das Geschäftslokal eine Betriebsstättengenehmigung für seinen Betrieb erhalten könne. Der dafür kompetente Beamte Dr.S*** des Magistrates der Stadt Salzburg verneinte dies. Eine Mitbewohnerin des Hauses Rupertgasse 24-26 hatte sich bereits wegen Geruchsbelästigung über den Betrieb der beklagten Partei beschwert. Auf diese Auskunft hin siedelte U*** den Betrieb der beklagten Partei ab und räumte das Bestandobjekt bis 15.12.1985. Eine außergerichtliche Aufkündigung der beklagten Partei vom 30.8.1985, in der sie darauf hinwies, daß sie aufgrund der behördlichen Auflagen nur in geringen Mengen Verdünnungsmaterialien im Bestandobjekt einlagern könne, aber davon größere Mengen benötige, nahm die klagende Partei unter Hinweis auf den fünfjährigen Kündigungsverzicht nicht an. Auch eine allenfalls nur bedingt ausgestellte Betriebsstättengenehmigung erfülle nicht den Kündigungsgrund nach Punkt II/2 des Mietvertrages. Eine dennoch von der klagenden Partei angestrebte gerichtliche Aufkündigung führte mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29.10.1987 zu 7 Ob 662/87 zu deren Aufhebung. Diese Entscheidung wurde damit begründet, daß ein Kündigungsverzicht so lange wirksam sei, bis feststehe, daß eine Betriebsanlagengenehmigung nicht erteilt werde. Die beklagte Partei teilte der klagenden Partei vorerst nicht mit, daß das Geschäftslokal geräumt ist. Diese erfuhr davon möglicherweise aus Anlaß einer fehlgeschlagenen pfandweisen Beschreibung. Die Schlüssel zum Bestandobjekt wurden von der beklagten Partei erst im April 1986 an die klagende Partei übersendet und von dieser auch angenommen. In der Folge inserierte die klagende Partei das gegenständliche Objekt zur Weitervermietung oder zum Verkauf. Ein Nachmieter wurde erst mit 1.2.1987 für 6 Monate gefunden. Die klagende Partei hat ihren Mietzins bis einschließlich November 1985 regelmäßig bezahlt. Der Dezembermietzins wurde erst im März 1986 beglichen. Die Betriebskosten für das Jahr 1985 wurden erst am 2.1.1986 der beklagten Partei bekanntgegeben. Ob solche für 1986 vorgeschrieben worden sind, war nicht feststellbar. Die klagende Partei hat zufolge Nichtzahlung des Mietzinses die von der beklagten Partei zur Verfügung gestellte Bankgarantie über 25.000 S am 26.5.1986 in Anspruch genommen.
Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei die Bezahlung von letztlich S 269.383,98 an rückständigen Mietzinsen, Betriebskosten und Werterhöhungen für die Zeit von Jänner 1986 bis Jänner 1987 sowie den Ersatz der von ihr für die Inserierung des gegenständlichen Bestandobjektes aufgewendeten Kosten. Falls ein aufrechtes Bestandverhältnis nicht mehr bestehen sollte, stehe der Klägerin ein Benützungsentgelt zu, da aufgrund der Nichtrückstellung des Bestandobjektes die Klägerin dieses erst ab Februar 1987 anderweitig vermieten konnte. Eine allfällige Unbrauchbarkeit des Bestandgegenstandes für die beklagte Partei sei von dieser alleine zu vertreten, da ein Gewährleistungsausschluß im Mietvertrag vereinbart worden sei.
Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung und wendete im wesentlichen ein, daß sie das Bestandobjekt bereits im Dezember 1985 geräumt habe. Bereits seit Oktober 1985 sei der klagenden Partei bekannt gewesen, daß die beklagte Partei ab 31.12.1985 das Mietverhältnis nicht mehr fortsetzen werde, sodaß es Sache der klagenden Partei gewesen wäre, für das Mietobjekt einen Nachmieter zu finden. Die klagende Partei habe daher gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Überdies habe der Bestandgegenstand dem dem Mietvertrag zugrunde liegenden Geschäftszweck keinesfalls entsprochen, sodaß gemäß § 1096 ABGB die Mietzinspflicht ab Rückstellung des Bestandobjektes zur Gänze entfallen sei.
Das Erstgericht sprach der klagenden Partei S 116.139,25 samt gestaffelten Zinsen zu und wies das Mehrbegehren von 153.244,73 sA sowie ein Zinsenmehrbegehren ab. Es traf die oben wiedergegebenen Feststellungen. Es folgerte rechtlich, daß die der beklagten Partei vermieteten Räume für deren Betrieb größtenteils unbrauchbar gewesen seien. Es sei daher gemäß § 1096 ABGB eine Mietzinsreduktion um die Hälfte vorzunehmen gewesen. Einschließlich Betriebskosten errechne sich für 13 Monate ein Mietzinsrückstand von S 236.639 (richtig S 237.939) zu dem noch der Betriebskostenrückstand für 1985 in Höhe von S 5.639,49 und die Kosten für die Einschaltung von Inseraten von S 15.000 kämen. Nach Abzug der von der klagenden Partei eingelösten Bankgarantie von S 25.000 errechne sich ein Gesamtbetrag von S 232.278,49 und sohin ein von der beklagten Partei letztlich zu bezahlender Betrag von S 116.139,25.
Mit der angefochtenen Entscheidung bestätigte das Berufungsgericht über Berufung beider Parteien die Abweisung eines Teilbetrages von S 21.114 sA und hob soweit nicht die Abweisung eines weiteren Teilbetrages von S 14.690,50 unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, das Ersturteil in seinem rechtlichen Umfang, sohin hinsichtlich eines Teilbetrages von S 233.578,49 sA unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es folgerte rechtlich, daß die Mehrbeträge für Inserierungskosten von S 10.478,64 und Betriebskosten für das Jahr 1986 von S 10.636,35 aus im Revisionsverfahren nicht mehr relevanten Gründen nicht berechtigt seien. Der Anspruch auf Mietzinsminderung nach § 1096 ABGB trete bei der Miete unbeweglicher Sachen von Gesetzes wegen ein und sei unabdingbar. Die Brauchbarkeit der Bestandsache richte sich aber nach der Parteiendisposition. Der Anspruch auf Mietzinsreduktion sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Bestandnehmer die Umstände, die seinen Gebrauch hindern, akzeptiert habe oder wenn die Gebrauchsminderung vom Bestandnehmer selbst zu vertreten sei. Den Parteien hätte nach dem Wortlaut des Mietvertrages klar sein müssen, daß für den Unternehmensbetrieb der beklagten Partei in den angemieteten Räumen eine Betriebsstättengenehmigung erforderlich sei und die Eignung des Bestandobjektes von deren Erteilung abhängig sei. Die Behauptungs- und Beweislast für das Bestehen und das Ausmaß der Einschränkung des Gebrauches treffe die beklagte Partei, zu deren Lasten auch etwaige Unklarheiten gingen. Wenngleich die beklagte Partei nach § 366 Abs 1 Z 3 GewO für das Vorliegen (der Voraussetzungen für die Erteilung) einer Betriebsanlagengenehmigung verantwortlich gewesen wäre, ändere dies nichts daran, daß der Erhalt der Betriebsanlagengenehmigung von der Eignung des Bestandlokales abhängig gewesen sei. Dafür habe aber unter dem Gesichtspunkt des § 1096 Abs 1 ABGB die Klägerin im Rahmen des bedungenen Gebrauches grundsätzlich einzustehen. Im bloßen Gebrauch der Bestandsache ohne Einholung der erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung könnte kein "Verzicht" auf die Geltendmachung des Zinsminderungsanspruches erblickt werden. Das Erstgericht habe keine Feststellungen über den der klagenden Partei bekannt gegebenen oder bekannt gewesenen Unternehmensgegenstand der beklagten Partei getroffen, sodaß keine abschließende Beurteilung des Vertragszweckes und damit auch nicht, ob der bedungene Gebrauch gewährleistet sei, möglich gewesen sei. Das Erstgericht werde daher das von der beklagten Partei beantragte Gutachten eines chemotechnischen Sachverständigen einzuholen haben und werde zu prüfen haben, in welchem Umfang eine Betriebsanlagengenehmigung ohne bzw unter welchen baulichen Veränderungen der angemieteten Räumen erzielbar gewesen wäre. Zur Erforschung der Parteienabsicht wären die Parteien anzuregen, die Personen als Zeugen oder Parteien namhaft zu machen, die die Vertragsverhandlungen geführt hätten. Nur gegen diesen Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Zuspruch von S 233.578,49 sA. Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die beklagte Partei hat ihre Einwendungen unter anderem ausdrücklich auf § 1096 Abs 1 ABGB gestützt, wonach der Bestandnehmer, wenn das Bestandstück bei der Übergabe derart mangelhaft ist oder während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft wird, daß es zu dem bedungenen Gebrauch nicht taugt, für die Dauer und in dem Maß der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit ist. Der Anspruch des Bestandnehmers auf Zinsminderung ist kein Gewährleistungsanspruch im Sinne des § 932 ABGB (vgl SZ 18/188): Er unterscheidet sich von den Ansprüchen aus der Gewährleistung nach allgemeinen Vorschriften nicht nur dadurch, daß er auch bei Mängeln besteht, die erst während der Dauer des Bestandverhältnisses entstehen, sondern insbesondere dadurch, daß die Zinsminderung von Rechts wegen eintritt, sodaß ihre Geltendmachung an eine Frist nicht gebunden ist (Würth-Zingher, Wohn- und Mietrecht zu § 1096 ABGB Rz 11, Würth in Rummel2 zu § 1096 ABGB Rz 2 und 10, Klang in Klang2 V, 44; SZ 18/188; MietSlg 28.131, 29.162). Überdies haben die Streitteile nur einen Gewährleistungsverzicht im Punkt IV des Mietvertrages vereinbart (vgl MietSlg 30.184). Die klagende Partei hat auch einen ausdrücklichen Verzicht der beklagten Partei auf Zinsminderung gar nicht geltend gemacht, sondern vermeint nur, daß mit der eingeräumten Kündigungsmöglichkeit dem Rechtsstandpunkt der beklagten Partei bei Versagung einer Betriebsstättengenehmigung ausreichend Genüge getan sei.
§ 1096 ABGB setzt voraus, daß die Bestandsache bei der Übergabe oder während der Bestandzeit eine gänzliche oder teilweise, beim Vertragsabschluß nicht berücksichtigte Unbrauchbarkeit aufweist (MietSlg 23.130, 24,139, 24.140). Nur falls dem Bestandnehmer der mangelhafte Zustand der Bestandsache bei Vertragsabschluß bekannt war, tritt eine Minderung des Bestandzinses deshalb nicht ein, weil in diesem Fall die Vereinbarung eines Mietzinses trotz Kenntnis von Zinsbefreiungs- oder Zinsminderungsvoraussetzungen, die von allem Anfang an vorlagen, als Verzicht auf die Zinsbefreiung bzw Zinsminderung anzusehen ist (vgl MietSlg 24.140, 26.105, 28.133, 31.188 f; Würth aaO Rdz 2). Die Brauchbarkeit der Bestandsache richtet sich nach dem Vertragszweck, sie muß eine Verwendung zulassen, wie sie gewöhnlich nach dem Verkehrszweck erforderlich ist und nach der Verkehrssitte erfolgt. Nur bei fehlender Vereinbarung ist von einer "mittleren" Brauchbarkeit auszugehen (vgl EvBl 1976/192; MietSlg 31.179, 39.112). Die Erwirkung der zum bedungenen Gebrauch erforderlichen behördlichen Bewilligungen kann vertraglich dem Mieter überbunden werden (vgl 2 Ob 600/88). Dieser ist aber nicht verpflichtet, ein von vornherein aussichtsloses Ansuchen an die Behörde zu richten. Den Mieter trifft aber in diesem Fall der Nachweis, daß die behördliche Genehmigung unter keinen oder nur unter wirtschaftlich unzumutbaren Bedingungen erteilt worden wäre (vgl MietSlg 29.154, 38.143).
Während die vertraglich vereinbarte Kündigungsmöglichkeit von der Erfüllung der dafür normierten Voraussetzungen, also von einem abschlägig beschiedenen Ansuchen auf Betriebsanlagengenehmigung abhängig war, tritt ein allfällig gegebener Zinsminderungsanspruch von Gesetzes wegen ein, falls die unterlassene Antragstellung an die Gewerbebehörde der beklagten Partei nicht zur Last gelegt werden kann. Allein entscheidend ist, ob und welche Betriebsanlagengenehmigung für die Geschäftsräume, allenfalls unter welchen baulichen Veränderungen erteilt worden wäre und welcher Unternehmenszweck der beklagten Partei der klagenden Partei bei Mietvertragsabschluß bekannt war, oder von der beklagten Partei bekannt gegeben wurde. All dies kann vom Erstgericht nach Vornahme der vom Berufungsgericht aufgetragenen Verfahrensergänzung durchaus im Rahmen einer Vorfragenprüfung gelöst werden. Da der Zinsminderungsanspruch entgegen den Rekursausführungen unabhängig von der eingeräumten Aufkündigungsmöglichkeit entstehen kann, ist die Auffassung, daß der beklagten Partei bei der Unmöglichkeit eine Betriebsanlagengenehmigung für den von ihr im Bestandobjekt betriebenen Unternehmenszweck zu erlangen nur die Kündigung, aber kein Zinsminderungsanspruch zustehe, daher verfehlt. Aus diesem Grund treffen auch die Erwägungen der Rekurswerberin, daß die unterlassene Antragstellung der beklagten Partei als Obliegenheitsverletzung zu werten sei, die den Reduktionsanspruch zum Untergang bringe, nicht zu. Da sich sohin die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichtes als zutreffend erweisen, war dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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