Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der antragstellende Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb beantragte, der Antragsgegnerin zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Fleischwaren, insbesondere Bauchfleisch, Schweineschulter, Schweinsschnitzelfleisch, Karree oder Schopfbraten zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten sowie dem Antragsteller gemäß § 7 Abs 10 NVG die Befugnis zuzusprechen, die rechtskräftige Entscheidung über diesen Antrag auf Kosten der Antragsgegnerin in näher bezeichneter Form in den "Vorarlberger Nachrichten" veröffentlichen zu lassen. Gleichzeitig stellte er gemäß § 9 Abs 4 NVG ein gleichlautendes Begehren auf vorläufige Untersagung.
Die Antragsgegnerin sprach sich gegen den Antrag auf vorläufige Untersagung aus.
Nach Zustellung dieses Schriftsatzes an den Antragsteller zog dieser mit Schriftsatz vom 11.12.1989 sämtliche gestellten Anträge unter Anspruchsverzicht zurück.
Mit Beschluß vom 12.12.1989 sprach der Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien aus, daß das Verfahren infolge Antragszurückziehung beendet ist. Nunmehr beantragte die Antragsgegnerin die Befugnis, "die rechtskräftige Entscheidung" auf Kosten des Antragstellers in nachstehender Form zu veröffentlichen:
"In der Nahversorgungsrechtssache.... hat der Antragsteller seinen Antrag, der Antragsgegnerin gemäß § 6 NVG zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Fleischwaren, insbesondere Bauchfleisch, Schweineschulter, Schweinsschnitzelfleisch, Karree oder Schopfbraten zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten, sowie dem Antragsteller gemäß § 7 Abs 10 NVG die Befugnis zuzusprechen, die rechtskräftige Entscheidung über diesen Antrag binnen sechs Monaten auf Kosten der Antragsgegnerin in einer Ausgabe der Zeitschrift "Vorarlberger Nachrichten" in einem ganzseitigen Inserat mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift sowie fett und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen, unter Verzicht auf den Anspruch zurückgezogen.
Das Verfahren ist beendet.
Der Antragsgegnerin wird gemäß § 7 Abs 10 NVG die Befugnis zugesprochen, diesen Gerichtsbeschluß binnen sechs Monaten auf Kosten des Antragstellers in einer Ausgabe der Zeitschrift "Vorarlberger Nachrichten" in einem ganzseitigen Inserat mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift sowie fett und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen". Mit dem angefochtenen Beschluß wies der Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien diesen Antrag ab. Der Antrag sei unzulässig. Bei der zu veröffentlichenden Entscheidung müsse es sich um eine rechtskräftige Entscheidung über eine Verhaltensweise gemäß §§ 1, 2 und 3 a NVG handeln. Der Zuspruch der Befugnis zur Veröffentlichung der Entscheidung über ein Provisorialbegehren sei nicht vorgesehen. Jedenfalls müsse es sich um eine Entscheidung in der Sache selbst handeln. Nur dann könne von einer Entscheidung über eine bestimmte Verhaltensweise, wie dies vom Gesetz verlangt werde, die Rede sein. Nach Rückziehung des Antrags liege eine solche Entscheidung in der Sache selbst nicht vor, zumal die Umstände, welche den Antragsteller zur Rückziehung des Antrages bewogen hätten, nicht bekannt seien und im Verfahren nach § 3 a NVG auch nicht zu klären seien. Auch nach § 25 UWG, der als Richtlinie dienen könne, könne nur die Veröffentlichung des Urteils als Entscheidung in der Sache selbst in Frage kommen. Der Zuspruch der Befugnis zur Veröffentlichung eines Beschlusses, mit dem die Beendigung des Verfahrens nach Antragsrückziehung festgestellt werde, sei nach § 7 Abs 10 NVG nicht vorgesehen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, den Beschluß dahin abzuändern, daß dem Antrag auf Veröffentlichung vollinhaltlich stattgegeben werde. Der Antragsteller beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Gemäß § 7 Abs 10 NVG kann der Vorsitzende des Kartellgerichtes einer Partei auf deren Antrag die Befugnis zusprechen, die rechtskräftige Entscheidung über eine Verhaltensweise gemäß §§ 1, 2 und 3 a NVG binnen einer bestimmten Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen. Soweit die Antragsgegnerin zunächst meint, der Beschluß des Stellvertreters des Vorsitzenden des Kartellgerichtes vom 12.12.1989, womit ausgesprochen wurde, daß das Verfahren infolge Antragsrückziehung beendet sei, sei eine die Sache erledigende Entscheidung im Sinn des § 7 Abs 10 NVG, kann ihr nicht beigepflichtet werden. Bei dem auf Grund der Rückziehung des Antrages erfolgten Beschluß handelt es sich um einen rein deklarativen Beschluß (vgl zur Klagsrückziehung Fasching, Komm III 149 und Zivilprozeßrecht Rz 1256) und keineswegs um eine Sachentscheidung über eine Verhaltensweise gemäß §§ 1, 2 oder 3 a NVG. Auf diesen Beschluß kann daher der vorliegende Antrag nicht gestützt werden.
Aber auch soweit die Antragsgegnerin meint, es müsse sich bei der zu veröffentlichenden Entscheidung gar nicht um eine Endentscheidung handeln, kann ihr nicht gefolgt werden. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kann es keinem Zweifel unterliegen, daß unter der rechtskräftigen Entscheidung über eine Verhaltensweise gemäß §§ 1, 2 und 3 a NVG nur die Endentscheidung über den geltend gemachten Antrag zu verstehen ist (so schon Farnleitner-Straberger, Nahversorgungsgesetz 99). Die Bestimmung ist im wesentlichen dem § 25 UWG und § 85 UrhG nachgebildet (Heil, Das Verfahren auf Grund des Nahversorgungsgesetzes GesRZ 1977, 83 Ä89Ü), weshalb Lehre und Rechtsprechung zu diesen Bestimmungen herangezogen werden können. Danach ist jedoch unbestritten, daß nur die Endentscheidung Gegenstand der vom Gericht verfügten Veröffentlichung sein kann (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 277; SZ 14/201; SZ 52/94; ÖBl 1980, 47 ua.). Auch der Umstand, daß im Verfahren vor dem Kartellgericht ein Kostenersatz nicht vorgesehen ist, ändert nichts daran, daß die Veröffentlichung nach § 7 Abs 10 NVG nur die Endentscheidung erfaßt. Wenn die Antragsgegnerin meint, wegen des mangelnden Kostenersatzes wäre die Möglichkeit der Veröffentlichung von Antragsrückziehungen und der damit verbundene Kostenaufwand auch ein Regulativ zur Verhinderung unbegründeter Anträge, so übersieht sie, daß die Regelungen über die Veröffentlichung auf dem Gedanken beruhen, daß es häufig im Interesse der Allgemeinheit liegt, derartige Handlungen in aller Öffentlichkeit aufzudecken und die beteiligten Verkehrskreise über die wahre Sachlage aufzuklären. Wenn in der Regierungsvorlage zu § 25 UWG gesagt wird, es fordere die Billigkeit, dem Wettbewerber, dem zu Unrecht ein unlauteres Verhalten im Wettbewerb zur Last gelegt wurde, eine angemessene Sühne zu bieten, so steht dieser Gedanke - worauf schon Koppensteiner aaO 276 FN 53 verwiesen hat - in einem gewissen Spannungsverhältnis zu der Annahme, daß die Urteilsveröffentlichung auf Antrag des Klägers keinen Strafcharakter haben soll (SZ 47/145 uva.). Die Rechtsprechung vertritt daher die Auffassung, soweit die Veröffentlichung im Falle der Abweisung des Begehrens zugelassen werde, beruhe dies auf dem Gedanken, dem zu Unrecht Verdächtigten die Möglichkeit einer Information der Öffentlichkeit zu bieten (ÖBl 1964, 119 ua). Nichts anderes kann aber für § 7 Abs 10 NVG gelten (vgl auch Heil aaO).
Die vom Kartellgericht vorgenommene Auslegung des § 7 Abs 10 NVG, wonach nur die Endentscheidung veröffentlicht werden kann, verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Der Gleichheitsgrundsatz verpflichtet den Gesetzgeber nur, an gleiche Tatbestande gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen (VfSlg 2956, 5727 ua). Es besteht aber ein wesentlicher Unterschied zwischen einer Endentscheidung des Kartellgerichtes, womit ein Antrag gemäß § 3 a NVG sachlich nach vorheriger Prüfung durch das Kartellgericht rechtskräftig abgewiesen wurde und der Rückziehung eines solchen Antrages durch den Antragsteller. Während im ersteren Fall durch die Entscheidung des Kartellgerichtes rechtskräftig festgestellt ist, daß der behauptete Verstoß nicht vorliegt, ist dies bei der bloßen Rückziehung eines solchen Antrages nicht der Fall. Denn die Gründe, aus denen der Antrag zurückgezogen wird, können - worauf schon der Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichtes zutreffend verwiesen hat - mannigfacher Art sein, sodaß die Rückziehung, auch wenn sie wie hier unter Verzicht auf den Anspruch erfolgt, für sich allein noch nichts darüber aussagt, ob die Antragsgegnerin gegen § 3 a NVG verstoßen hat. Auch der Gleichheitssatz spricht daher nicht für eine ausdehnende Auslegung des § 7 Abs 10 NVG. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
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