OGH 9ObA108/90

OGH9ObA108/909.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Hon.Prof.Dr.Gottfried Winkler und Reinhold Ludwig als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Erich S***, Pensionist, Wilhelmsburg, Neidhartstraße 39 a, vertreten durch Dr.Georg Lugert, Rechtsanwalt in St.Pölten, wider die beklagte Partei Karl S***, Kraftfahrunternehmer, Wilhelmsburg, Untere Hauptstraße 10, vertreten durch Dr.Werner Pennerstorfer, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen 742.040 S sA (Streitwert im Revisionsverfahren 721.790 S sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16.Jänner 1990, GZ 31 Ra 129/89-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 28.Juni 1989, GZ 33 Cga 120/88-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 17.915,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 2.985,90 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt die Zahlung eines Betrages von 742.940 S sA. Er habe nach dem Krieg zunächst im Transportunternehmen seiner Eltern mitgearbeitet. Im Dezember 1958 habe sein Bruder, der Beklagte, diesen Betrieb übernommen. Der Kläger habe auch ab diesem Zeitpunkt weiter im Betrieb mitgearbeitet und sei als Kraftwagenlenker mehr als 9 Stunden täglich unterwegs gewesen. Er habe für diese Tätigkeit kein Entgelt erhalten. Der Beklagte sei kinderlos und habe dem Kläger zugesichert, daß der Betrieb in der Folge von dessen Tochter übernommen werden würde. Im Hinblick auf diese Zusage habe der Kläger unentgeltlich im Betrieb des Beklagten gearbeitet. Er habe bis zum Jahr 1977 mit seiner vollen Arbeitskraft, ab 1978 nur mehr zum Teil gearbeitet. Im Jahre 1986 sei sein Bruder eine Lebensgemeinschaft eingegangen und habe nunmehr seine Absicht, den Betrieb an die Tochter des Klägers zu übergeben, geändert. Er habe im Juli 1986 dem Kläger erklärt, dieser müsse aus dem Haus Obere Hauptstraße 10 in Wilhelmsburg ausziehen und auch den Betrieb verlassen. Im Hinblick darauf sei die Grundlage für die kostenlose Mitarbeit des Klägers im Betrieb weggefallen. Er begehre das angemessene Entgelt für den Zeitraum von 1971 bis zu seinem Ausscheiden im Betrieb. Dieses Entgelt betrage 1,443.579,51 S. Darüber hinaus habe der Kläger dem Beklagten mehrere Darlehen im Gesamtbetrag von 40.500 S gewährt. Diese Darlehen seien zur Rückzahlung fällig. Von der Gesamtforderung von 1,484.079,51 S mache er aus Gründen der prozessualen Vorsicht lediglich die Hälfte, sohin einen Betrag von 742.040 S geltend. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 28.6.1989 brachte der Kläger ergänzend vor, daß er seine unentgeltliche Arbeitsleistung vor allem und ausschließlich im Hinblick darauf erbracht habe, daß ihm die EZ 256 des Grundbuches Wilhelmsburg und der Betrieb übergeben würde. Diese Zusicherung sei dem Kläger die ganze Zeit über gemacht worden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger habe bloß gelegentlich ausgeholfen. Dafür habe er Entgelt in Form einer Naturalwohnung im Haus des Beklagten erhalten. An seiner Absicht, den Betrieb an die Tochter des Klägers zu übergeben, habe sich nichts geändert.

Das Erstgericht wies das Begehren ohne Beweisaufnahme ab. Der Kläger habe nicht behauptet, daß der Betrieb tatsächlich an jemanden anderen übergeben worden sei. Der Beklagte habe auch ausgeführt, daß er nach wie vor bereit sei, den Betrieb an die Tochter des Klägers zu übergeben, jedoch erst bei Übertritt in den Ruhestand. Der Eintritt jenes Ereignisses, unter welcher Bedingung der Kläger auf Entgeltforderungen bzw auf Darlehensrückzahlung verzichtet habe, sei nach wie vor möglich. Der Schwebezustand der Bedingung sei weiterhin vorhanden. Auf das in der letzten mündlichen Streitverhandlung erstattete Vorbringen, dem Kläger sei die Übergabe der EZ 256 des Grundbuches Wilhelmsburg und des Betriebes versprochen worden, sei nicht einzugehen, weil sich einerseits der Beklagte gegen die Änderung des Klagegrundes ausgesprochen habe und andererseits durch das neue Vorbringen eine erhebliche Verzögerung der Verhandlung zu besorgen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, bestätigte die Abweisung eines Teiles des Klagebegehrens von 721.790 S sA, hob das angefochtene Urteil im übrigen (hinsichtlich eines Betrages von 20.250 S sA) auf und verwies die Sache zur Ergänzung des Verfahrens an das Erstgericht. Würden Dienste in Erwartung eines späteren Vermögensvorteils erbracht, diese Erwartung in der Folge jedoch enttäuscht, so stünden Kondiktionsansprüche zu. Die Fälligkeit träte jedoch erst ein, wenn die Nichterfüllung der Vermögenszuwendung feststehe. Dies könne aus dem vom Kläger in der Klage erstatteten Vorbringen nicht abgeleitet werden, zumal der Beklagte im Prozeß betont habe, nach wie vor bereit zu sein, den Betrieb an die Tochter des Klägers zu übergeben. Die Frage, ob das in der mündlichen Streitverhandlung erstattete neue Vorbringen als Klageänderung zu qualifizieren sei, sei nicht relevant, weil selbst auf der Grundlage dieser Behauptungen dem Begehren kein Erfolg beschieden sein könnte, zumal der Kläger nicht vorgebracht habe, daß die Zusage der Vermögenszuwendung an ihn nicht erfüllt werde oder nicht mehr erfüllbar sei. Soweit der Kläger allerdings die Rückzahlung eines dem Beklagten gewährten Darlehens geltend gemacht habe, erweise sich das Verfahren ergänzungsbedürftig. Da die Berechtigung dieses Begehrens nicht davon abhängig sei, ob die Zusage der Betriebsübergabe vereitelt worden sei, werde zu prüfen sein, ob der Kläger dem Beklagten tatsächlich das behauptete Darlehen zugezählt habe und welche Vereinbarungen die Streitteile über die Rückzahlung getroffen haben.

Gegen das Teilurteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat über die Frage der Klageänderung zwar nicht spruchgemäß entschieden, in den Gründen seiner Entscheidung jedoch ausgesprochen, daß das geänderte Vorbringen als Klageänderung anzusehen sei und die Klageänderung nicht zugelassen werde. Diese Entscheidung wurde von der klagenden Partei in der Berufung bekämpft. Das Berufungsgericht hätte daher hierüber absprechen müssen. Ein in der Unterlassung einer Entscheidung über eine in der Berufung geltend gemachte Anfechtung begründeter Mangel des Berufungsverfahrens kann allerdings im Revisionsverfahren nur wahrgenommen werden, wenn er relevant ist, also in abstracto geeignet ist, die Unrichtigkeit der Entscheidung herbeizuführen. Dies trifft hier nicht zu. Dem Berufungsgericht ist, wie noch auszuführen sein wird, im Ergebnis darin zu folgen, daß auch auf der Grundlage des in der mündlichen Streitverhandlung erstatteten neuen Vorbringens das Ergebnis für die klagende Partei nicht günstiger gewesen wäre.

Das ergänzende Vorbringen des Klägers ist bezüglich des behaupteten Verhaltens des Beklagten, aus dem die Vereitlung der Zusage abgeleitet wird, im Zusammenhang mit den Ausführungen der Klage zu sehen. Dort brachte der Kläger vor, daß der Beklagte seine Absicht, die Betriebsübergabe in der zugesagten Form abzuwickeln, nach Eingehen einer Lebensgemeinschaft geändert habe. Das Erstgericht gelangte zum Ergebnis, daß diese Behauptung nicht geeignet sei, den erhobenen Anspruch zu begründen, weil sich aus ihr nicht ergebe, daß die nach dem Klagevorbringen gegebene Zusage des Beklagten vereitelt worden sei. Der Kläger hat eine Verletzung der Anleitungspflicht des Erstgerichtes, die in der Revision darin erblickt wird, daß unterlassen worden sei, ihn zu einem ergänzenden, den Anspruch in tragfähiger Weise begründenden Vorbringen anzuleiten, in der Berufung nicht gerügt. Ein Mangel des Verfahrens erster Instanz, der nicht Gegenstand der Ausführungen der Berufung war, kann jedoch im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden. Da das Vorbringen bezüglich der Vereitlung der Zusage, auf das sich die Mängelrüge der Revision bezieht, auch die Grundlage für den Anspruch bildet, der aus dem später geänderten Vorbringen abgeleitet wird, kann die in der Berufung unterlassene Mängelrüge auch in diesem Zusammenhang nicht in der Revision nachgetragen werden.

Auch die Rechtsrüge ist nicht berechtigt.

Werden Leistungen in der Erwartung einer späteren letztwilligen Zuwendung erbracht, dann tritt die Fälligkeit des bei Nichterfüllung dieser Erwartung bestehenden Entlohnungsanspruches nach § 1152 ABGB ein, sobald objektiv hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß mit der Erfüllung der Zusage oder Erwartung nicht mehr gerechnet werden kann. Dies ist in dem Zeitpunkt der Fall, in dem endgültig feststeht, daß der angestrebte Erfolg - etwa wegen ausdrücklicher Ablehnung der Erfüllung durch den Leistungsempfänger - nicht mehr erreicht werden kann (DRdA 1986, 307 mwN).

Eine solche Vereitlung der behaupteten Zusage ergibt sich jedoch aus den Klagsbehauptungen nicht. Der Kläger bringt nur vor, daß der Beklagte seine Absicht geändert habe; die Tatsache der Lebensgemeinschaft wird nur als Motiv hiefür angeführt. Damit wird aber nur auf einen inneren Willensvorgang Bezug genommen. Ein Hinweis dafür, daß sich diese Absichtsänderung in irgendeiner Weise manifestiert hätte, ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht, zumal sich aus dem Vorbringen nicht einmal ein Hinweis auf eine in diese Richtung weisende Äußerung des Beklagten ergibt. Selbst wenn erwiesen wäre, daß der Beklagte den Kläger aufforderte, das von diesem bewohnte Haus zu räumen, kann hieraus nicht der Schluß gezogen werden, daß der Beklagte die behauptete Absicht, dem Kläger (oder deren Tochter) die den Gegenstand des Vorbringens bildenden Vermögensvorteile zuzuwenden, endgültig geändert habe. Es bestehen daher nach dem Vorbringen des Klägers keine objektiven Anhaltspunkte dafür, daß die behauptete Vermögenszuwendung nicht wie zugesagt realisiert wird bzw daß die zugesagte Leistung endgültig verweigert worden wäre. Damit ist jedoch die Fälligkeit des mit der Klage geltend gemachten Anspruches nicht eingetreten, sodaß die Vorinstanzen das Begehren zu Recht abgewiesen haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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