OGH 4Ob30/90 (4Ob1003/90)

OGH4Ob30/90 (4Ob1003/90)8.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sebastian B***, Landwirt, Stätzling, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei K***-V*** Gesellschaft mbH & Co KG, Wien 19., Muthgasse 2, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Schadenersatz (Gesamtstreitwert S 26.000) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 8. November 1989, GZ 18 R 636/89-9, und Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 8. November 1989, GZ 18 R 636/89-9, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 3. April 1989, GZ 8 C 2870/88b-4, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

I. Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Teilurteil wird aufgehoben; die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurückverwiesen.

II: Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des gesamten Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Auf Seite 16 der Ausgabe für Oberösterreich der "N*** K***-Z***" vom 8.11.1986 veröffentlichte die Beklagte ein Lichtbild des Klägers. Daneben war unter den Überschriften "31jährige erleichterte Hausherrn um Haus und Hof" und "Frau ergaunerte Millionen!" folgender Bericht über die in der Strafsache gegen Rita U*** am 7.11.1986 vor dem Kreisgericht Wels, durchgeführte Hauptverhandlung, in welcher der Kläger als Zeuge (Verbrechensopfer) vernommen worden war, abgedruckt:

"Um fünf Millionen neppte die schwer vorbestrafte Rita U***

(31) aus Wels (OÖ) den Landwirt Sebastian B*** (64) aus Friedberg-Stätzling (BRD). Ihre Welser Schwiegereltern prellte sie um eine halbe Million und sogar ihrem Anwalt lockte sie 15.000 Schilling heraus. Gestern, Freitag, stand die Hochstaplerin in Wels vor Gericht.

Als Opfer hatte sich die attraktive Frau ihren Hausherrn, den 64jährigen Sebastian B***, erkoren. Immer wieder bettelte sie ihn, den 'väterlichen Freund', um kleinere und größere Summen an - nach zwei Jahren hatte ihr der vertrauensselige Mann umgerechnet fast fünf Millionen Schilling geborgt. Er selbst hatte sich dadurch fast an den Bettelstab gebracht. Erst als die gewissenlose Frau trotz Dutzender 'letzter Fristen' nicht einmal bereit war, die harmlosesten Schuldscheine einzulösen, ging der enttäuschte Mann zur Polizei.

'Ich habe es aus freundschaftlicher Kameradschaft getan', beteuerte er gestern als Zeuge!

Und was meinte die U*** dazu? 'Ich hätte das Geld nicht nehmen sollen; er hat es mir aufgedrängt - er wollte mich unbedingt verwöhnen'. Eine Rückzahlung sei nie ausgemacht gewesen. Da hielt ihr Richter Dr. Kleindeßner (Staatsanwalt Dr. Meringer, Verteidiger Dr. Kotek) schriftliche Schuldscheine und Zahlungsversprechen vor die Nase. Rita U*** schluckte kurz, dann erklärte sie, das wäre 'reine Formsache' gewesen. Wegen B*** Frau, die sei 'so schrecklich eifersüchtig gewesen ....'. Das von ihr erschwindelte Geld sei jedenfalls weg,

verbraucht - doch nicht für sich, sondern sie habe anderen damit geholfen ..."

Der Kläger beantragt, die Beklagte schuldig zu erkennen,

  1. 1. ihm S 20.000 samt 4 % Zinsen ab 14.2.1988 zu zahlen und
  2. 2. die Veröffentlichung seines Bildnisses im Zusammenhang mit der Berichterstattung über seine Schädigung durch Rita U*** in der "N*** K***-Z***" zu unterlassen.

    Der Zeitungsartikel sei in seinem Heimatdorf in der Bundesrepublik Deutschland verbreitet worden; durch die Veröffentlichung seines Lichtbildes im Zusammenhang mit dem Prozeßbericht habe der Kläger einen immateriellen Schaden von mindestens S 20.000,-- erlitten, weil er in der öffentlichen Meinung in Mißkredit geraten sei.

    Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Lichtbildes des Klägers stehende Prozeßberichterstattung habe der Wahrheit entsprochen; berechtigte Interessen des Klägers seien dadurch nicht verletzt worden. Da das Strafverfahren gegen Rita U*** öffentlich durchgeführt worden sei, habe auch ein Interesse der Öffentlichkeit an der Information über Schädiger und Geschädigten bestanden. Der Kläger sei nicht "heimlich" fotografiert worden; er habe im Gerichtssaal erkannt, daß er fotografiert wurde, und habe überdies der Veröffentlichung seines Lichtbildes zugestimmt. Da der beanstandete Vorfall schon mehr als 2 Jahre zurückliege und keine Anhaltspunkte für eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegeben seien, fehle es auch an der Wiederholungsgefahr. Das Erstgericht gab der Klage zur Gänze statt. Von der negativen Feststellung ausgehend, es habe nicht festgestellt werden können, daß der Kläger der Veröffentlichung seines Bildnisses und des daneben abgedruckten Prozeßberichtes zugestimmt habe, führte es in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

    Nach dem Inhalt des neben der Veröffentlichung des Lichtbildes des Klägers stehenden Artikels habe der Kläger als "väterlicher Freund" rund 5 Millionen Schilling "vertrauensselig" einer "attraktiven Frau" als Darlehen gegeben und sich durch Rückzahlungsbeteuerungen hinhalten lassen; schließlich sei er dadurch um "Haus und Hof erleichtert" worden. An der Verhinderung der Verbreitung seines Bildnisses in einem solchen Zusammenhang habe der.Kläger ein berechtigtes Interesse. Der Kläger sei durch diese Bildnisveröffentlichung in der öffentlichen Meinung bloßgestellt worden; die Verbreitung von Tatsachen aus seinem Privatleben sei geeignet, Schadenfreude oder Hohn hervorzurufen. Daß der Prozeßbericht der Wahrheit entsprochen habe, ändere nichts an der Verletzung berechtigter Interessen des Klägers. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten, das Lichtbild des Klägers zu veröffentlichen, habe hingegen nicht bestanden. Der Unterlassungsanspruch sei daher gegeben. Der nach der Sachlage angemessene Schadenersatzbetrag finde im § 87 Abs 2 UrhG Deckung. Die Beklagte hafte gemäß § 88 Abs 2 UrhG auch für den Schadenersatzbetrag persönlich, weil der Verstoß von einem in ihrem Betrieb beschäftigten Redakteur begangen worden sei. Das Berufungsgericht wies das Schadenersatzbegehren mit Teilurteil ab und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei; im übrigen hob es das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Im Rahmen dieses Aufhebungsbeschlusses sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, soweit er den Unterlassungsanspruch betrifft, S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige. Das Berufungsgericht teilte die Auffassung des Erstgerichtes, daß durch die beanstandete Bildnisveröffentlichung berechtigte Interessen des Klägers verletzt worden seien und kein Informationsbedürfnis an einer solchen Veröffentlichung bestanden habe. Da jedoch der für den Eintritt eines immateriellen Schadens behauptungs- und beweispflichtige Kläger nicht behauptet habe, welche konkreten Nachteile persönlicher Art er durch die Bildnisveröffentlichung erlitten habe, sei das Schadenersatzbegehren schon aus diesem Grund abzuweisen gewesen.

    Der grundsätzlich berechtigte Unterlassungsanspruch könne noch nicht abschließend beurteilt werden, weil das Erstgericht die für die Behauptung der (ausdrücklichen) Zustimmung des Klägers zur Veröffentlichung seines Bildes angebotenen Beweise nicht aufgenommen habe. Zwar treffe es zu, daß nach den allgemeinen Erfahrungen im Gerichtshof praktisch nie die Zustimmung zur Veröffentlichung eines dort angefertigten Lichtbildes eingeholt werde; daraus könne aber nicht geschlossen werden, daß der Kläger die behauptete ausdrückliche Zustimmung zur Veröffentlichung seines Lichtbildes nicht gegeben habe.

    Bei der Annahme der Wiederholungsgefahr, welche bei Unterlassungsansprüchen nach dem UrhG nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen sei, wie in Verfahren nach dem UWG, dürfe nicht engherzig vorgegangen werden; eine solche Gefahr sei schon bei einem einmaligen Gesetzesverstoß anzunehmen. Eine (schlichte) Wiederholung der Prozeßberichterstattung sei zwar äußerst unwahrscheinlich; im Hinblick darauf, daß Rita U*** einschlägig vorbestraft sei, könne aber nicht ausgeschlossen werden, daß sie neuerlich Personen an ihrem Vermögen schädige und daß im Zusammenhang mit einer Berichterstattung darüber neuerlich das Bildnis des Klägers veröffentlicht werde.

    Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, in diesem Umfang das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

    Die Beklagte beantragt, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben. Den Aufhebungsbeschluß bekämpft die Beklagte mit Rekurs. Sie beantragt, in der Sache selbst zu erkennen und die Klage vollinhaltlich abzuweisen; hilfsweise stellt die Beklagte auch den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen. Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Gegen vor dem 1.1.1990 gefällte Urteile des Berufungsgerichtes ist die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 2 ZPO (idF vor der WGN 1989 BGBl 343) ohne die Beschränkungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert S 300.000 übersteigt. Für diesen oberen Schwellenwert ist, wenn das Berufungsgericht - wie hier - das Ersturteil zum Teil abgeändert und zum Teil aufgehoben hat, der gesamte Streitwert, über den es entschieden hat, maßgebend (Fasching, LB1 Rz 1880; Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 169 ff Ä175Ü); dabei sind Ansprüche, die in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, zusammenzurechnen (§ 500 Abs 2 Satz 2 ZPO iVm § 55 Abs 1 Z 1 ZPO). Für die Beurteilung des Umfanges der Anfechtbarkeit des Teilurteils wäre daher ein Ausspruch erforderlich gewesen, ob der gesamte Streitwert, über den das Berufungsgericht entschieden hat, S 300.000 übersteigt. Ein entsprechender Ergänzungsauftrag ist aber im vorliegenden Fall nicht erforderlich, weil die außerordentliche Revision wegen Fehlens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes über die Behauptungslast des Klägers bei Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches nach § 87 Abs 2 UrhG im Falle der Verletzung des Bildnisschutzes jedenfalls zulässig ist und die in § 503 Abs 2 ZPO (idF der ZVN 1983) normierte Beschränkung der Anfechtbarkeit berufungsgerichtlicher Entscheidungen über einen S 300.000 nicht übersteigenden Streitgegenstand auf Grundsatzfragen durch die WGN 1989, (Art X Z 25 lit b iVm Art XLI Z 12; Entfall des bisherigen § 503 Abs 2 ZPO) für Entscheidungen, die nach dem 31.7.1989 gefällt wurden, aufgehoben worden ist. Das angefochtene Teilurteil wäre daher auch dann voll zu überprüfen, wenn das Berufungsgericht ausgesprochen hätte, daß der gesamte Streitwert, über den es entschieden hat, S 300.000 nicht übersteige.

    I. Zum Rekurs:

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Beklagte wendet sich hier gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die vorliegende Bildnisveröffentlichung berechtigte Interessen des Klägers verletzt habe, und rügt, daß sich das Berufungsgericht mit keinem Wort mit der behaupteten schlüssigen Zustimmung zur Bildnisveröffentlichung auseinandergesetzt habe; auch bekämpft sie die Annahme der Wiederholungsgefahr. Diesen Ausführungen kann jedoch nicht gefolgt werden:

Gemäß § 78 Abs 1 UrhG dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten oder, falls er gestorben ist, ohne die Veröffentlichung gestattet oder angeordnet zu haben, eines nahen Angehörigen verletzt werden. Wie schon die Vorinstanzen richtig erkannt haben, soll durch § 78 UrhG jedermann gegen einen Mißbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, also namentlich dagegen, daß er durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, daß dadurch sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt (EB zu UrhG, abgedruckt bei Peter, Urheberrecht 617). Das Gesetz legt den Begriff der berechtigten Interessen nicht näher fest, weil es bewußt einen Spielraum offenlassen wollte, um den Verhältnissen des Einzelfalles gerecht werden zu können (SZ 28/205; ÖBl 1974, 97; ÖBl 1977, 22; SZ 50/22; ÖBl 1980, 166; SZ 60/188). Die Beurteilung, ob berechtigte Interessen verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind (ÖBl 1974, 97; ÖBl 1976, 51; ÖBl 1977, 22; ÖBl 1988, 166;

SZ 60/188); dabei ist auch der mit dem veröffentlichten Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen (ÖBl 1972, 49;

ÖBl 1974, 97; ÖBl 1977, 22; ÖBl 1980, 166; SZ 60/188). Wird das Interesse des Abgebildeten an der Verhinderung einer Verbreitung seines Bildnisses als schutzwürdig erkannt, dann ist die Verbreitung grundsätzlich unzulässig; behauptet aber auch derjenige, der das Bildnis verbreitet, ein Interesse an dieser Verbreitung, dann müssen die beiderseitigen Interessen gegeneinander abgewogen werden (ÖBl 1974, 77; SZ 60/188; Rehm, Das Recht am eigenen Bild, JBl 1962, 1 ff; Dittrich aaO 534).

Im vorliegenden Fall wurde der Kläger durch den neben seinem Lichtbild abgedruckten Artikel als leichtgläubiges Verbrechensopfer dargestellt, welches den Beteuerungen einer attraktiven Frau erlegen ist und dadurch nahezu sein gesamtes Vermögen verloren hat; diese Ausführungen sind entgegen der Auffassung der Beklagten durchaus geeignet, den Kläger in aller Öffentlichkeit lächerlich zu machen und dem Spott und Hohn seiner Umwelt auszusetzen. Unter diesen Umständen kann eine Verletzung berechtigter Interessen nicht fraglich sein. Es besteht aber auch kein berechtigtes Interesse der Beklagten an der Veröffentlichung des Lichtbildes des Klägers im Zusammenhang mit dieser Berichterstattung, bezweckt doch eine solche Veröffentlichung des Bildes einer Person lediglich die Befriedigung der Neugierde und der Sensationslust der breiten Öffentlichkeit. Damit werden aber die Grenzen einer zulässigen Berichterstattung überschritten und die rechtlich geschützten Interessen der abgebildeten Person verletzt (SZ 48/73; SZ 50/22). Aus § 22 MedienG - welcher nur Fernseh- und Hörfunkaufnahmen und deren Übertragung sowie Filmaufnahmen von öffentlichen Gerichtsverhandlungen verbietet, woraus die Zulässigkeit der Anfertigung von Standfotos gefolgert wird (Hartmann-Rieder, MedienG 145; Berka, Das Recht der Massenmedien 261) - kann für den Standpunkt der Beklagten gleichfalls nichts abgeleitet werden. Auch in den Fällen, in denen die Öffentlichkeit einer Hauptverhandlung nicht ausgeschlossen wurde, darf die Presse nicht alles das ausbreiten, was in der öffentlichen Hauptverhandlung vorgetragen wurde. Opfer einer strafbaren Handlung, die in einer öffentlichen Hauptverhandlung als Zeugen vernommen werden, können sich auf § 78 UrhG berufen; die Presse hat auf ihre Interessenlage Rücksicht zu nehmen und bloßstellende Veröffentlichungen zu unterlassen (Berka aaO 259). Der Schutz des § 78 UrhG wird also durch § 22 MedienG nicht eingeschränkt.

Der Schutz des § 78 UrhG entfällt, soweit die Zustimmung des Abgebildeten reicht (ÖBl 1977, 22; ÖBl 1980, 166; Dittrich, Der Schutz der Persönlichkeit nach österreichischem Urheberrecht, ÖJZ 1978, 533 f); daher ist auch zu berücksichtigen, für welchen Zweck und innerhalb welchen Rahmens diese Zustimmung erteilt wurde (ÖBl 1974, 97; ÖBl 1977, 23; SZ 60/188; MR 1988, 52; MR 1989, 52). Daraus, daß der Kläger das Anfertigen eines Lichtbildes seiner Person im Gerichtssaal nicht verhindert hat, darf nicht geschlossen werden, daß er damit auch die Zustimmung zur Veröffentlichung seines Bildes in der hier vorliegenden Art gegeben hätte. Bei der Beurteilung einer allfälligen Zustimmung des Abgebildeten zur Bildnisveröffentlichung ist immer zu berücksichtigen, für welchen Zweck und innerhalb welchen Rahmens die Zustimmung erteilt wurde; wie weit eine schlüssige Zustimmung reicht, kann daher nur nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt werden. Nimmt ein in einer öffentlichen Hauptverhandlung vernommener Zeuge das Anfertigen eines Standbildes durch einen Pressefotografen ohne Widerspruch hin, dann bringt er damit zweifelsfrei nur zum Ausdruck, daß er einer Veröffentlichung seines Lichtbildes unter Nennung seiner Eigenschaft als Zeuge in einem konkreten Strafverfahren zustimme; er muß aber nicht damit rechnen, daß sein Lichtbild im Zusammenhang mit einem Artikel veröffentlicht wird, in dem er dem öffentlichen Spott ausgesetzt wird. Auf eine schlüssige Zustimmung des Klägers zur vorliegenden Bildnisveröffentlichung kann sich die Beklagte somit nicht mit Erfolg berufen.

Die Frage der Wiederholungsgefahr ist bei Unterlassungsansprüchen nach dem UrhG nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen, wie in Verfahren nach dem UWG (MR 1989, 52). Auch hier darf bei der Annahme der Wiederholungsgefahr nicht engherzig vorgegangen werden; sie ist vielmehr schon bei einem einmaligen Gesetzesverstoß anzunehmen (ÖBl 1963, 35; ÖBl 1965, 49; ÖBl 1970, 157) und insbesondere immer dann zu bejahen, wenn der Beklagte -

wie hier - noch im Prozeß den Standpunkt vertritt, zu der beanstandeten Handlung berechtigt gewesen zu sein

(ÖBl 1982, 24 uva). Es kann aber auch keine Rede davon sein, daß die Wiederholungsgefahr wegen des rechtskräftigen Abschlusses des Strafverfahrens gegen Rita U*** weggefallen wäre, könnte doch dieses Strafverfahren auch noch in Zukunft - im Zusammenhang mit der Person der Täterin oder des Klägers - wieder in das öffentliche Interesse rücken.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist daher die Sache noch nicht aus rechtlichen Gründen im Sinne der Abweisung der Klage spruchreif; das Erstgericht wird vielmehr die für die Behauptung einer ausdrücklichen Zustimmung des Klägers angebotenen Beweise aufzunehmen haben.

II: Zur außerordentlichen Revision:

Die Revision ist berechtigt.

Gemäß § 87 Abs 2 UrhG kann der durch eine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen das UrhG Verletzte eine angemessene Entschädigung für die in keinem Vermögensschaden bestehenden Nachteile verlangen, die er durch die Handlung erlitten hat. Nach ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1970, 157; ÖBl 1971, 57; ÖBl 1973, 112 = SZ 45/102; ÖBl 1973, 138; ÖBl 1982, 164 = SZ 55/25) ist ein solcher immaterieller Schaden nur dann zu ersetzen, wenn die Beeinträchtigung den mit jeder Urheberrechtsverletzung verbundenen Ärger übersteigt, es sich also um eine ganz empfindliche Kränkung handelt. Das gilt auch dann, wenn der durch eine Verletzung berechtigter Interessen im Sinne des § 78 Abs 1 UrhG erlittene immaterielle Schaden geltend gemacht wird (ÖBl 1973, 138; MR 1989, 132). Auch bei einem Verstoß gegen § 78 Abs 1 UrhG muß also im Sinne dieser Rechtsprechung regelmäßig vom Kläger konkret behauptet werden, worin die durch die beanstandete Bildnisveröffentlichung verursachte empfindliche Kränkung besteht. Wurden aber berechtigte Interessen des Abgebildeten im Sinne des § 78 Abs 1 UrhG im Einzelfall schon dadurch verletzt, daß der Abgebildete - wie hier - durch die beanstandete Bildnisveröffentlichung in aller Öffentlichkeit lächerlich gemacht wurde, dann ist die Behauptung des Klägers, dem öffentlichen Spott ausgesetzt worden zu sein, nicht nur eine ausreichende Grundlage für den daraus abgeleiteten Unterlassungsanspruch; der Käger hat mit ihr auch in ausreichender Weise die Vorausetzungen für den Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens gemäß § 87 Abs 2 UrhG dargetan. Die subjektiven Voraussetzungen für den Schadenersatzanspruch liegen vor. Daß der Beklagten die durch einen Bediensteten ihres Unternehmens begangene Zuwiderhandlung gegen § 78 UrhG bekannt sein mußte, liegt auf der Hand.

Die außerordentliche Revision ist daher im Sinne des darin enthaltenen Aufhebungsantrages berechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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