OGH 12Os21/90

OGH12Os21/905.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.April 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt B*** wegen des Verbrechens der versuchten Unzucht mit Unmündigen nach §§ 15, 207 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15.September 1989, GZ 5 c Vr 7376/89-10, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Waldhof zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der 30jährige Kurt B*** wurde des Verbrechens der

versuchten Unzucht mit Unmündigen nach §§ 15, 207 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 14.Juli 1989 in Wien den am 2. Juli 1976 geborenen Milan K*** dadurch auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht zu mißbrauchen getrachtet, daß er ihn aufforderte, ihn zu begleiten um mit ihm zu onanieren, wobei er ihm als Entgelt 50 S in Aussicht stellte.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen als Berufung wegen Schuld bezeichnete (der Sache nach aus § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a und 9 lit a StPO erhobene) Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl. Dem (sinngemäß) erhobenen Einwand, das Gericht habe seine Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung in bezug auf das Geburtsdatum des Milan K*** durch Unterlassung der Beischaffung eines Auszuges aus der Geburtenrolle verletzt, genügt es, zu erwidern, daß in der Hauptverhandlung kein diesbezüglicher Erhebungsantrag gestellt wurde und damit die Grundlage einer Verfahrensrüge (Z 4) fehlt. Der Angeklagte hat das (unmündige) Alter des Knaben im Tatzeitpunkt niemals in Zweifel gezogen und auch den Akten sind keinerlei Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß das von der Polizei festgehaltene Geburtsdatum des Knaben (siehe S 13 und 17) nicht den Tatsachen entspräche (Z 5). Es bestehen auch nicht die geringsten Bedenken (Z 5 a) an der Richtigkeit des aktenkundigen Geburtsdatums. Der Vorwurf mangelnder Konstatierungen in subjektiver Beziehung zum Alter der unmündigen Person (Z 9 lit a) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil das Schöffengericht insoweit bedingten Vorsatz des Angeklagten (S 66, 67) festgestellt hat. Nicht beigetreten kann auch jenem Beschwerdevorbringen (abermals Z 9 lit a) werden, wonach nur eine straflose Vorbereitungshandlung anzunehmen sei. Denn dem Urteil zufolge forderte der Angeklagte den Knaben nachdrücklich auf, ihn zu begleiten und mit ihm homosexuelle Unzucht zu treiben, wobei er ihm einen Geldbetrag von 50 S in Aussicht stellte. Damit hat der Beschwerdeführer seinen Tatentschluß, den Unmündigen zur Unzucht zu mißbrauchen, bereits durch eine der Tatausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. Eine solche, im Vorfeld der Tatausführung liegende Aufforderung zu Unzuchtshandlungen an das - wenngleich hiezu nicht bereite - Opfer stellt aber nach ständiger Judikatur (SSt 46/24, SSt 46/37 ua) bereits einen strafbaren Versuch des Unzuchtsmißbrauchs dar, wobei es rechtlich unerheblich ist, daß die genaue Zeit und der genaue Ort der geplanten (und bevorstehenden) Tatausführung nicht festgestellt worden sind; genug daran, daß laut Ersturteil die entscheidende Hemmstufe bereits überwunden war und die Tat jedenfalls in zeitlicher und örtlicher Nähe zur erwähnten Aufforderung (siehe S 68 "unmittelbar danach") verübt werden sollte. Die im ganzen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sonach zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 41 Abs. 1, 207 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Monaten, die es unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachsah. Dabei war erschwerend kein Umstand, mildernd hingegen waren das Geständnis des Angeklagten, seine Unbescholtenheit und der Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist. Mit ihrer dagegen erhobenen Berufung strebt die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der Strafe an, wogegen der Angeklagte die von ihm in der Hauptverhandlung angemeldete Berufung (wegen Strafe) erst beim Gerichtstag mündlich dahin ausführte, daß er die Verhängung einer bedingt nachzusehenden Geldstrafe anstrebe. Beide Berufungen sind nicht begründet.

Der Anklagebehörde ist zwar darin beizutreten, daß die Alkoholisierung des Angeklagten im Tatzeitpunkt ihm nicht als mildernd zugerechnet werden durfte, weil er seit dem Vorfall im Jahre 1987, wie er zugab, wußte, daß Alkoholgenuß ihn (auch) in der tatbestandserheblichen Richtung enthemmt (siehe S 53). Vorliegend hat aber das Schöffengericht die Alkoholisierung ohnehin nicht ausdrücklich als mildernd in Betracht gezogen, sondern nur eher illustrativ und beiläufig als Erklärungsgrund für eine kriminogen wirksame Enthemmung auf sie Bezug genommen (S 69 unten). Da auch ohne eine derartige Rücksichtnahme die vom Erstgericht geschöpfte Unrechtsfolge insgesamt als tatschuldgerecht und ausreichend erscheint, um die angestrebten spezial- und generalpräventiven Zwecke zu erreichen, mußte der Berufung der Staatsanwaltschaft ein Erfolg versagt bleiben.

Gleiches gilt für die Berufung des Angeklagten, weil der angestrebten Verhängung einer bedingten Geldstrafe angesichts seiner erkennbaren Wesensart zwingende spezialpräventive Bedenken entgegenstehen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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