Spruch:
- 1. Der Rekurs wird zurückgewiesen.
- 2. Die Revision wird in Ansehung des Unterlassungsbegehrens zu
b) ("persönliche Einkaufsliste") und des darauf entfallenden Teiles des Veröffentlichungsbegehrens - als außerordentliche Revision - zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Der Revision wird, soweit sie sich gegen das Unterlassungsgebot zu a) ("Kennenlern-Karten") und den dazugehörigen Veröffentlichungsausspruch wendet, Folge gegeben; in diesem Umfang werden die Urteile der Vorinstanzen dahin abgeändert, daß die Entscheidung hierüber - unter Einschluß des rechtskräftigen Ausspruches über die Abweisung eines Urteilsveröffentlichungsmehrbegehrens - insgesamt zu lauten hat:
"Das Klagebegehren des Inhaltes, die beklagte Partei sei schuldig, es im geschäftlichen Verkehr im Versandhandel zu unterlassen, Angebote mit "Kennenlern-Karten" auszusenden und anzukündigen, daß Kunden, die mit Hilfe dieser "Kennenlern-Karte" bestellen, bestimmte angeführte Produkte anstatt zu einem bestimmten ausgepreisten Katalogpreis zu einem Pauschalpreis erwerben können, der mehr als 30 % unter dem Katalogpreis liegt; der klagenden Partei werde die Ermächtigung erteilt, binnen 6 Monaten nach Rechtskraft - sowie jeweils binnen 6 Monaten nach rechtskräftiger Verhängung der Beugestrafe für jeden Fall des Verstoßes - den stattgebenden Teil des gesamten Urteilsspruches und den Urteilskopf samt vorangehender Überschrift "Im Namen der Republik" auf Kosten der beklagten Partei in je einer Samstagausgabe der Zeitungen "Kurier" und "Neue Kronen Zeitung" sowie in Samstag- und Sonntagausgaben der Zeitungen "Die Presse" und "Salzburger Nachrichten" im Textteil, in Normallettern, wie für redaktionelle Artikel verwendet, mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt und fettgeschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen, wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen mit S 21.449,80 bestimmten Anteil an den Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz (darin S 3.441,63 Umsatzsteuer und S 800 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.706,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 5.000 Barauslagen und S 617,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Zu I. 1.:
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht in Ergänzung seiner in das Urteil aufgenommenen Aussprüche ausgesprochen, daß der Streitwert des Unterlassungsanspruches zu b) S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteige und die Revision nicht zulässig sei.
Gegen den Ausspruch, daß die Revision nicht zulässig sei, wendet sich der Rekurs der Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist unzulässig, weil ein Ausspruch nach § 500 Abs 3 ZPO (in der Fassung vor der WGN 1989) nur mit außerordentlicher Revision (oder der Beantwortung der ordentlichen Revision) geltend gemacht werden kann (§ 500 Abs 4 ZPO).
Der Rekurs war demnach zurückzuweisen (§ 523 ZPO).
Zu I. 2.:
Da die Entscheidung der Vorinstanzen über das Unterlassungsbegehren zu b) im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes steht, welche sich bereits mit einer im wesentlichen gleichartigen Werbeankündigung der Beklagten zu befassen hatte (ÖBl 1989, 153), hat das Berufungsgericht die Revision in diesem Punkt mit Recht für nicht zulässig erklärt. In diesem Umfang war daher das Rechtsmittel gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO - jeweils in der hier noch maßgebenden Fassung vor der WGN 1989 - zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zu II.:
Im August 1988 verteilte die Beklagte in ganz Österreich einen Prospekt in einer Auflagenstärke von ungefähr 300.000 Stück, ohne die Empfänger namentlich anzuschreiben. Auf der Titelseite war zu lesen:
"Probieren Sie jedes Produkt für nur S 59,--".
Unterhalb der Abbildung mehrerer "Schönheitsprodukte" stand:
"Yves Rocher. Schönheit mit Pflanzen."
Auf der nächsten Seite hieß es:
"Chere Madame, chere Mademoiselle,
..............
Heute kann ich Ihnen ein ganz tolles Preisangebot machen: jedes
Schönheitsprodukt erhalten Sie zum Probierpreis von nur S 59,--.
..........
Nützen Sie einen weiteren Vorteil: Bestellen Sie
heute - bezahlen Sie in spätestens 3 Monaten".
Auf den folgenden zwei Seiten war eine größere Zahl von Artikeln jeweils mit der Preisangabe: "nur S 59,--" abgebildet; daneben wurden der - durchgestrichene - Katalogpreis und die jeweilige Ersparnis angeführt. Das letzte Blatt des Prospektes war in Form einer an "Yves Rocher" adressierten Postkarte gestaltet. Auf deren Vorderseite hieß es:
"Kennenlern-Karte
Die heutigen Angebote sind nur im Versandhandel erhältlich
Probieren Sie jedes Produkt für nur S 59,--
Kreuzen Sie bitte hier an, welche
Schönheits-Produkte Sie gerne probieren
wollen:"
Weiter unten waren 10 Felder gezeichnet, in denen jeweils ein Produkt der Beklagten bezeichnet und abgebildet und ein weißer Kreis (zum Ankreuzen) enthalten war; darunter waren Name und Adresse (sowie Geburtsdatum) anzuführen.
An anderer Stelle dieses Prospektes war zu lesen:
"So einfach geht es:
Jetzt bestellen
Yves Rocher-Vorteil
in 3 Monaten bezahlen
Füllen Sie Ihren Bestellschein aus und tragen Sie Ihre Adresse ein. Senden Sie Ihren Bestellschein am besten noch heute an Yves Rocher. Legen Sie kein Geld bei.
Sie erhalten als Yves Rocher-Kundin zusammen mit Ihrem Schönheitspäckchen eine Rechnung. Sie haben viel Zeit zum Bezahlen: Nach Erhalt der Rechnung 3 volle Monate. Nutzen Sie diesen Vorteil, den Ihnen Yves Rocher bietet".
Während der Dauer dieser Aktion verlangte die Beklagte für die im Prospekt angeführten Produkte keinen höheren Preis als S 59,--. Auch ohne im Besitz der "Kennenlern-Karte" zu sein, konnten Kunden in den "Yves-Rocher-Geschäften" diese Artikel zum Preis von S 59,-- bestellen und erwerben; in diesen Geschäften befand sich ein entsprechender Hinweis auf die Aktion.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte mit ihrer Werbeaussendung dem Rabattgesetz zuwider den Kunden vorspiegle, daß nur sie als Empfänger der Sendung und als Inhaber einer bestimmten "Kennenlern-Karte" im Gegensatz zu anderen Kunden in den Genuß eines Preisvorteils kämen, begehrt der klagende Schutzverband - soweit für die Behandlung der ordentlichen Revision noch von Bedeutung - die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr im Versandhandel zu unterlassen, Angebote mit "Kennenlern-Karten" auszusenden und anzukündigen, daß Kunden, die mit Hilfe dieser "Kennenlern-Karte" bestellen, bestimmte angeführte Produkte anstatt zu einem bestimmten ausgepreisten Katalogpreis zu einem Pauschalpreis erwerben könnten, der mehr als 30 % unter dem Katalogpreis liegt; ferner stellt er ein Veröffentlichungsbegehren. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe nicht gegen das Rabattgesetz verstoßen, sondern eine allgemeine Preissenkung angekündigt und - wie im Versandhandel üblich - Bestellkarten versandt. Daß sie neben dem Aktionspreis von S 59,-- auch den normalerweise - außerhalb der Aktion - jeweils gültigen Preis angeführt habe, sei nicht zu beanstanden. Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Entscheidend sei, ob der Empfänger des beanstandeten Prospektes den Eindruck gewinnen konnte, daß damit eine generelle Preissenkung angekündigt werde, oder aber, daß der verminderte "Probierpreis" nur für die Benützer der "Kennenlern-Karte" gelte. Das bloße Durchstreichen des Katalogpreises sage nicht hinreichend deutlich aus, daß der Katalogpreis allgemein nicht mehr verlangt werde; vielmehr erwecke die Werbeaussendung in ihrer Gesamtheit den Eindruck, der ermäßigte Probierpreis werde nur von den Verwendern der "Kennenlern-Karte" verlangt. Daß es sich in Wahrheit um eine generelle Preissenkung handelte, könne an dieser Beurteilung nichts ändern, weil der Werbende Unklarheiten gegen sich gelten lassen müsse. Die Beklagte habe daher gegen das Rabattgesetz verstoßen.
Das Berufungsgericht bestätigte den Unterlassungsausspruch und wies einen Teil des Veröffentlichungsbegehrens ab; es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes nicht S 15.000 übersteige, der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Die Beklagte habe in dem beanstandeten Prospekt nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sie mit ihrer Werbeaktion eine generelle, für alle Konsumenten gleicherweise geltende Preissenkung gegenüber dem Katalogpreis ankündige; ihre Werbeaussendung habe daher (auch) als Ankündigung eines unzulässigen Rabattes verstanden werden können. Gegen dieses Urteil wendet sich die (ordentliche) Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1984, 48; ÖBl 1987, 105; ÖBl 1989, 153 uva) kann wegen der Eigenart des Wettbewerbsrechtes auf diesem Gebiet eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO auch dann vorliegen, wenn - wie hier - zu einem unbestimmten Gesetzesbegriff des Wettbewerbsrechtes zwar bereits allgemeine, durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelte Leitsätze bestehen, die konkrete Lösung des zu entscheidenden Falles sich aber daraus noch nicht ohne weiteres ergibt, sondern mangels Vorliegens von Vorentscheidungen mit weitgehend gleichartigen Sachverhalten ein sorgfältiger Vergleich mit den bisher entschiedenen, nur ähnlichen Fällen vorzunehmen ist. Eine Werbeaktion, die der hier zu beurteilenden vergleichbar wäre, wurde aber bisher - soweit überblickbar - noch nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen. Die Revision ist auch berechtigt.
Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, liegt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - von der abzugehen die Revisionsausführungen keinen Anlaß bieten - ein (echter) Sonderpreis und damit ein Preisnachlaß im Sinne des § 1 Abs 2 RabG dann vor, wenn ein Angebot bei den Angehörigen des begünstigten Personenkreises den - wenn auch irrigen - Eindruck erweckt, daß daneben ein höherer Normalpreis besteht (ÖBl 1978, 73; ÖBl 1983, 18 ua; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1985 Rz 19 zu § 1 dRabG). Der Beklagten ist aber darin zuzustimmen, daß der beanstandete Prospekt - auch wenn der Ankündigende bei mehrdeutigen Äußerungen die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muß (ÖBl 1985, 51; MR 1986, 24 uva) - vom angesprochenen Publikum auch bei nur flüchtiger Betrachtung nicht dahin verstanden werden konnte, daß nur der Benützer der "Kennenlern-Karte" in den Genuß des Preises von S 59,-- komme, während daneben die Katalogpreise für andere Kunden weiterhin Geltung hätten. Die "Kennenlern-Karte" ist nichts anderes als ein Bestellformular; jeder Hinweis darauf, daß nur mit dieser Karte bestellt werden könne und bei einer Bestellung in anderer Form - etwa auf einer gewöhnlichen Postkarte - der Katalogpreis verrechnet würde, fehlt völlig. Keiner der Umstände, die im Fall der Entscheidung ÖBl 1989, 153 - und bei der dem damaligen Unterlassungsbegehren zu b) zugrunde liegenden Werbemaßnahme - geeignet waren, den - wenn auch irrigen - Eindruck zu erwecken, daß der geringere Preis nur einem bestimmten Personenkreis gewährt werde - wie das persönliche Anschreiben eines Empfängers in Verbindung mit der Übermittlung von "Vorteilsmarken" udgl., die auf einem "persönlichen Favoritenbestellschein" zu kleben waren, der Hinweis auf "Ihre Ersparnis-Vorteile" usw - ist im vorliegenden Fall zu finden. Die - in der Werbung häufig vorkommende und vom Publikum durchaus als gebräuchlich empfundene - Anführung des sonst geltenden Preises, an dessen Stelle nun ein günstigerer tritt, erweckt entgegen der Meinung des Erstrichters für sich allein nicht den Eindruck, daß der geringere Preis nur für den Empfänger des Prospektes mit solchen Angaben Geltung hätte.
Aus diesen Erwägungen waren in Stattgebung der Revision die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß das auf ein Verbot des Versendens der "Kennenlern-Karte" gestützte Klagebegehren abgewiesen wird.
Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO, jener über die Kosten des Revisionsverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO. Da die Beklagte im Verfahren vor den Vorinstanzen im Hinblick auf den Streitwert der beiden Begehren mit rund 1/3 unterlegen ist, hat sie dem zu rund 2/3 siegreichen Kläger 1/3 der Kosten dieses Verfahrensabschnittes zu ersetzen. Die Barauslagen waren nach § 43 Abs 1, letzter Satz, ZPO aufzuteilen, dem Kläger sohin 2/3 seiner Pauschalgebühr in erster
Instanz (= S 3.466,66) und der Beklagten 1/3 der Pauschalgebühr für
das Berufungsverfahren (= S 2.666,66) zuzuerkennen; das ergibt den Saldo von S 800 zugunsten des Klägers. Im Revisionsverfahren waren ihr die Kosten auf der Grundlage des Streitwertes jenes Klagebegehrens zuzuerkennen, gegen das sie obsiegt hat (S 67.100). Soweit die (außerordentliche) Revision der Beklagten zurückgewiesen wurde, steht dem Kläger, obwohl er auf die Unzulässigkeit dieses Rechtsmittels zutreffend hingewiesen hat, kein Kostenersatz zu (§ 508 a Abs 2, letzter Satz, ZPO).
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