Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.829,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 1.200 und Umsatzsteuer von S 771,60) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 43 KG Möllbrücke II des Gerichtsbezirkes Spittal an der Drau. Zum Gutsbestand dieser Liegenschaft gehört auch das Grundstück 2060/2. Die Beklagte ließ seit Jahren dieses Grundstück durch von ihren Mitgliedern aufgetriebenes Vieh beweiden.
Im vorliegenden Rechtsstreit - die Klage wurde am 7.September 1983 eingebracht - stellte die Klägerin das Begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, sofort jegliche Beweidung dieses Grundstückes zu unterlassen, einen zerstörten zweizeiligen Stacheldrahtzaun auf diesem Grundstück wiederherzustellen und Schadenersatz in der Höhe von S 3.000 zu bezahlen. Die Klägerin brachte im wesentlichen vor, ihr Grundstück 2060/2 sei nicht mit einem Weiderecht zu Gunsten der Beklagten belastet; es sei vielmehr schon seit Eröffnung der Grundbuchseinlage für die Liegenschaft EZ 168 KG Möllbrücke, aus der die Liegenschaft EZ 43 KG Möllbrücke II hervorgegangen sei, lastenfrei. Die Beklagte habe trotzdem im Juli 1983 einen von der Klägerin auf diesem Grundstück errichteten Stacheldrahtzaun zerstört und Vieh auf diese Parzelle aufgetrieben. Durch die Beweidung sei an der auf dem Grundstück der Klägerin vorgenommenen Aufforstung ein Schaden von S 3.000 entstanden.
Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, ob der Liegenschaft EZ 151 der Kärntner Landtafel, aus der die der Klägerin gehörige Liegenschaft EZ 43 KG Möllbrücke II hervorgegangen sei, sei die Dienstbarkeit der Weide an dem Grundstück Nr 2060/2 einverleibt gewesen. Bei der der Ortschaft Göriach eigentümlichen Liegenschaft EZ 36 KG Möllbrücke II sei dies im A2-Blatt ersichtlich gemacht. Dieses Weiderecht sei lediglich irrtümlich nicht mehr bei der Liegenschaft der Klägerin eingetragen; es sei nie aufgehoben worden. Die Ausübung dieser Dienstbarkeit sei stets jedermann erkennbar gewesen. Die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger hätten die sich daraus ergebende Erkundungspflicht vernachlässigt. Bis zur Einbringung der vorliegenden Klage sei die Dienstbarkeit unbeanstandet ausgeübt worden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Seine Feststellungen lassen sich im wesentlichen wie folgt
zusammenfassen:
Das Grundstück 2060/2 gehörte bis zum Jahr 1888 zum Gutsbestand der Kärntner Landtafel EZ 151. Im C-Blatt dieser Liegenschaft findet sich die ungelöschte Eintragung, daß bei der am 1.August 1883 erfolgten Eröffnung der neuen Landtafeleinlage unter anderem Servituten auch "auf Grund des Grundlasten-Ablösungs- und Regulierungsvergleiches vom 29.Dezember 1866 die Dienstbarkeit der Weide für das in die Premmersdorfer Alpe aufgetriebene Vieh zur Alpzeit ohne Entgelt den nachstehenden Insassen von Göriach und Premmersdorf auf der Parzelle Nr 2060/2 der KG Möllbrücke als dienendem Gut einverleibt" wurde. Mit Tauschvertrag vom 17.Juli 1888 wurde unter anderem das Grundstück 2060/2 ins Eigentum des Christian M*** übertragen. Dieser Tauschvertrag enthält seine Verpflichtung, die auf den im Tauschweg überlassenen Parzellen haftenden Lasten zu übernehmen. Ein das Grundstück 2060/2 belastendes Weiderecht wird aber in diesem Tauschvertrag nicht erwähnt. Für die von Christian M*** erworbenen Grundstücke wurde dann im Grundbuch des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau die neue EZ 168 KG Möllbrücke eröffnet. Die Ab- und Zuschreibung des Grundstückes 2060/2 erfolgte lastenfrei. Das A2-Blatt dieser neu eröffneten Grundbuchseinlage weist die Eintragung auf, daß diese Einlage für die aus der Kärntner Landtafel EZ 151 mit Übertragung der aus den Grundlasten-Ablösungs- und Regulierungsverträgen vom 28.Dezember 1868 und 29.Dezember 1866 resultierenden Weide- und Servitutsrechte abzutrennenden Parzellen, darunter auch das Grundstück 2060/2, eröffnet wurde.
Am 28.November 1889 veräußerte Christian M*** die Liegenschaft EZ 168 KG Möllbrücke an Josef P***. Dabei erklärte er, daß außer von ihm erwähnten Weide- und Viedurchtriebsrechten, zu welchen jedoch nicht solche an dem Grundstück 2060/2 gehörten, keine wie immer geartete Hypothekarlast auf dieser Liegenschaft hafte. Nach verschiedenen weiteren Voreigentümern befand sich die Liegenschaft EZ 43 KG Möllbrücke II (früher EZ 168 KG Möllbrücke) im Eigentum des Vaters der Klägerin Norbert H*** seit 1933 als Mit- und später als Alleineigentümer und seit dem Jahr 1967 im Eigentum der Klägerin. Die Beklagte ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 36 KG Möllbrücke II (vormals EZ 113 KG Möllbrücke). Im A2-Blatt ist ersichtlich gemacht, daß zu dieser Liegenschaft als herrschendes Gut auch die Dienstbarkeit der Weide auf dem Grundstück 2060/2 für das in die "Premmersdorferalpen" aufgetriebene Vieh besteht. Gleiche Eintragungen befinden sich auch bei den Liegenschaften verschiedener Mitglieder der Beklagten.
Von den Mitgliedern der Beklagten wurden seit ca 50 Jahren alljährlich im Sommer etwa 80 Stück Rinder auf das Grundstück 2060/2 zur Weide aufgetrieben.
Im Jahr 1982 führte die Klägerin auf diesem Grundstück eine Aufforstung durch. Daran entstanden durch den Viehdurchtrieb Beschädigungen. Die Klägerin forderte deshalb den Alpherrn der Beklagten schriftlich auf, ein Beweiden dieses Grundstückes zu unterlassen. Zuvor hatte sie die Beweidung dieses Grundstückes durch von den Mitgliedern der Beklagten aufgetriebenes Vieh nie beanstandet, obwohl ihr diese Beweidung schon zu der Zeit, als ihr Vater noch Eigentümer des Grundstückes war, bekannt war. Auch der Vater der Klägerin beanstandete die von ihm öfter wahrgenommene Beweidung dieses Grundstückes nicht.
Im Frühjahr 1983 wurde auf diesem Grundstück zum Schutz der Aufforstung ein Stacheldrahtzaun errichtet. Über Beschluß des Vorstandes der Beklagten wurde dieser Zaun im Jahr 1983 beim Auftrieb von Mitgliedern an mehreren Stellen durchtrennt und geöffnet. Durch die darauf erfolgte Beweidung dieses Grundstückes entstand der Klägerin ein Schaden von S 3.000. Auch nach Klagseinbringung wurde in den Jahren 1984 bis 1986 durch die Beklagte Vieh auf dieses Grundstück aufgetrieben.
Das Erstgericht konnte keine Feststellung darüber treffen, warum die Abschreibung des Grundstückes 2060/2 von der Liegenschaft EZ 151 der Kärntner Landtafel lastenfrei erfolgte. Es erklärte sich außerstande, festzustellen, ob und durch welchen Personenkreis in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Vieh auf das in Frage stehende Grundstück aufgetrieben wurde.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß mit Rücksicht auf das bestehende Ersitzungsverbot die Beklagte für das Bestehen der von ihr behaupteten Weideservitut beweispflichtig sei. Spätestens infolge des nicht widerlegten gutgläubigen Liegenschaftserwerbes durch Josef P*** sei ein Weideservitutsrecht an dem Grundstück 2060/2 im Jahr 1889 erloschen.
Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Stattgebung der Berufung betroffene Wert des Streitgegenstandes zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, es sei ungeklärt, warum bei der Eröffnung der EZ 168 KG Möllbrücke anläßlich des Erwerbes des Grundstückes 2060/2 durch Christian M*** zwar wohl im A2-Blatt erwähnt sei, daß die Einlage für die mit Übertragung der aus den Verträgen vom 28.Dezember 1868 und 29.Dezember 1866 resultierenden Weide- und Servitutsrechte abzutrennenden Parzellen, darunter auch das Grundstück 2060/2, eröffnet wurde, andererseits aber im C-Blatt dieser Liegenschaft das Grundstück 2060/2 lastenfrei erscheine.
Es stehe fest, daß seit einem ca 50 Jahre zurückreichenden Zeitraum von den jeweiligen Mitgliedern der Beklagten alljährlich Rinder auf das Grundstück 2060/2 zur Weide aufgetrieben worden seien. Dieser Vorgang entspreche einer Dienstbarkeit der Weide im Sinne des Vergleiches vom 29.Dezember 1866. Für die Annahme, die Rechtsvorgänger der Beklagten hätten seither bis zu einer Zeit vor etwa 50 Jahren dieses Weiderecht nicht ausgeübt, bestehe kein Anhaltspunkt. Vielmehr spreche die Tatsache der festgestellten nunmehr schon einige Jahrzehnte dauernden Beweidung des Grundstückes 2060/2 in Übereinstimmung mit der durch den Vergleich vom 29. Dezember 1866 begründeten Dienstbarkeit, die im Jahr 1883 auch verbüchert worden sei, für eine dauernde und ununterbrochene Maßnahme der Rechtsvorgänger der Beklagten und dieser selbst, die seitens der jeweiligen Eigentümer dieses Grundstückes unwidersprochen geblieben sei. Anders lasse sich eine dem Grundbuchstand des Jahres 1883 entsprechende Beweidung des Grundstückes durch Rinder der Mitglieder der Beklagten seit ca 50 Jahren nicht erklären. Eine Annahme, das Weiderecht wäre gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus welchem Grund immer nicht ausgeübt und erst vor ca 50 Jahren wiederum ohne Widerspruch der Eigentümer dieses Grundstückes aufgenommen worden, widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung.
Es sei also davon auszugehen, daß das Weiderecht der Beklagten, auch wenn es als Belastung der Liegenschaft EZ 168 KG Möllbrücke und später EZ 43 KG Möllbrücke II im C-Blatt nicht aufscheine, im Sinne der Ersichtlichmachung im A2-Blatt der Liegenschaft der Beklagten und verschiedener Liegenschaften ihrer Mitglieder jedenfalls seit dem Jahr 1866, zu welchem Zeitpunkt der Bestand eines derartigen Weiderechtes unbestritten sei, tatsächlich ausgeübt worden sei. Die Ausübung dieses Rechtes sei jedenfalls auch offenkundig gewesen, da gerichtsbekanntermaßen die Beweidung durch eine größere Anzahl von Rindern deutliche Spuren hinterlasse. In diesem Sinne stehe auch fest, daß sowohl dem Vater der Klägerin als auch dieser selbst die Beweidung dieses Grundstückes durch Vieh der Beklagten bekannt gewesen sei. Es stehe auch fest, daß der Vater der Klägerin und diese selbst bis zum Schreiben der Klägerin im Jahr 1982 diese Vorgangsweise der Beklagten nicht beanstandeten. Es könne auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß die Rechtsvorgänger der Klägerin und ihres Vaters bis zu den Jahren 1883 bzw. 1866 zurück keine Einwendung gegen die Ausübung des Weiderechtes gehabt hätten. Wäre dies der Fall gewesen, hätten sie wohl rechtliche Schritte dagegen eingeleitet; insbesondere für den Vater der Klägerin und diese selbst wäre kein Anlaß vorhanden gewesen, die Ausübung des Weiderechtes jahrzehntelang zu dulden. Beim Weiderecht der Beklagten an dem Grundstück 2060/2 handle es sich also um eine zwar seit dem Jahr 1888 dem Grundbuchstand nach nicht eindeutig erkenntliche, jedoch tatsächlich offenbar ausgeübte Dienstbarkeit. Es komme daher einem gutgläubigen Erwerb durch Josef P*** im Jahr 1889 keine entscheidende Bedeutung zu. Der Schutz des § 1500 ABGB komme dem gutgläubigen Erwerber nur dann zugute, wenn er sofort nach erhaltener Kenntnis der Rechte Dritter dagegen mit Klage einschreite, weil der gute Glaube sonst durch Duldung der Ausübung nicht verbücherter Rechte verloren werde. Selbst wenn man aber der Auffassung sei, daß es auf einen nachträglichen schlechten Glauben nicht ankommen könne, sei die nachträgliche Kenntnis der Rechte eines Dritten doch nicht unwesentlich, weil die Duldung der Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt des § 863 ABGB bedeutsam sein könne. Gegen die Ausübung des Weiderechtes durch die Beklagte und deren Rechtsvorgänger habe kein Eigentümer des Grundstückes 2060/2 bis zum Jahr 1982 Einwendungen erhoben, sodaß durch einen gutgläubigen Erwerb allein das Weiderecht der Beklagten nicht erloschen sein könne.
Ungeachtet des Bestandes eines gesetzlichen Ersitzungsverbotes sei somit die im Jahr 1866 vertraglich begründete Weideservitut der Beklagten nach wie vor aufrecht. Das von der Klägerin gestellte Unterlassungsbegehren sei daher unbegründet. Da die Beklagte ihr Recht ausgeübt habe, sei sie auch nicht zum Ersatz für beschädigte Aufforstungen und zur Wiederherstellung jenes Zaunes, mit dem ihr der Zugang zum dienenden Grundstück verwehrt worden sei, verpflichtet.
Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß die Wirkung des Nichteinschreitens gegen die an der belasteten Liegenschaft nicht verbücherte, jedoch tatsächlich ausgeübte Grunddienstbarkeit von der Lösung einer Rechtsfrage erheblicher Bedeutung abhängig sei.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin. Sie bekämpft sie aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.
Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).
Mit Recht rügt die Klägerin als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, daß das Berufungsgericht insoweit ohne Beweiswiederholung von den Feststellungen des Erstgerichtes abgegangen ist, als es seiner Entscheidung die tatsächliche Annahme zugrundelegte, daß das Grundstück der Klägerin 2060/2 bereits seit dem Jahr 1866 - und nicht seit ca 50 Jahren - von den Mitgliedern der Beklagten laufend zu Weidezwecken verwendet wurde. Allein dieser Verstoß des Berufungsgerichtes gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz ist, wie sich aus den folgenden Rechtsausführungen ergibt, nicht entscheidungswesentlich.
Denn auch dann, wenn man im Sinne der vom Erstgericht getroffenen und insoweit vom Berufungsgericht als unbedenklich übernommenen Feststellung davon ausgeht, daß von den Mitgliedern der Beklagten seit ca 50 Jahren alljährlich im Sommer etwa 80 Stück Rinder auf das Grundstück der Klägerin zur Weide aufgetrieben wurden, erweist sich das Klagebegehren bei richtiger rechtlicher Beurteilung als unberechtigt.
Nach den Bestimmungen des Kärntner Landesgesetzes vom 10.März 1920, LGBl Nr 41, ist auch in diesem Bundesland die Ersitzung einer Weideservitut nicht möglich, doch bedarf dort die rechtsgeschäftliche Neubegründung eines Weiderechtes nicht der Genehmigung der zuständigen Agrarbehörde (EvBl 1982/82 mit ausführlicher Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann; siehe dazu auch Petrasch in Rummel, ABGB, § 480 Rz 1 und Schwimann/Pimmer, ABGB II §§ 498-502 Rz 2 und § 480 Rz 26).
Es kann hier also, weil es der Genehmigung der Agrarbehörde nicht bedarf, ein Vertrag, mit dem ein Weiderecht im Sinne der Vorschriften der §§ 498 ff ABGB begründet wird, auch konkludent (§ 863 ABGB) wirksam geschlossen werden (siehe dazu Petrasch aaO mwN).
Gewiß legt § 863 ABGB für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen daraus hervorgehenden rechtsgeschäftlichen Willen einen strengen Maßstab an (Rummel in Rummel, ABGB, § 863 Rz 14 mwN). Aus diesem Gesichtspunkt wird in der Regel aus der bloßen Duldung eines Zustandes nicht der Wille zur Einräumung eines Rechtes abzuleiten sein. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wurde aber schon wiederholt der Standpunkt vertreten, daß eine Servitut schlüssig etwa dadurch begründet werden kann, daß der Verpflichtete die Errichtung und Benützung von Anlagen auf seinem Grund durch den Berechtigten duldet (JBl 1963, 377; SZ 48/78; 1 Ob 5/81 ua).
Nach den im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen wurden von den Mitgliedern der Beklagten zumindest seit ca 50 Jahren alljährlich im Sommer etwa 80 Stück Rinder auf das Grundstück der Klägerin 2060/2 zur Weide aufgetrieben. Dies war der Klägerin schon zu einer Zeit bekannt, als noch ihr Vater Eigentümer dieses Grundstückes war. Die Klägerin, die 1967 Eigentümerin dieses Grundstückes wurde, duldete diese Benützung bis zum Jahr 1982, also durch einen Zeitraum vom 15 Jahren, ohne in irgendeiner Weise dagegen zu remonstrieren. Die Klägerin hat in ihrer Aussage als Partei selbst ausgeführt, daß auf ihrem Grundstück die (der Versorgung des Weideviehs dienenden) Brunnentröge (Regenwassersammler) noch heute vorhanden sind (ON 28 S 149). Unter diesen im vorliegenden Fall gegebenen Umständen muß dem festgestellten Verhalten der Klägerin, die in Kenntnis des Umstandes, daß ihr Grundstück 2060/2 schon früher durch längere Zeit regelmäßig und unwidersprochen von Mitgliedern der Beklagten zu Weidezwecken benützt worden war und daß auf diesem Grundstück Anlagen vorhanden waren und benützt wurden, die diesem Zweck dienten, die weitere regelmäßige Benützung dieses Grundstückes für Weidezwecke durch die Mitglieder der Beklagten ohne jeden Einwand durch einen Zeitraum von 15 Jahren duldete, ein solcher objektiver Erklärungswert im Sinne des § 863 ABGB beigemessen werden, daß daraus redlicherweise die schlüssige Begründung eines Weiderechtes abgeleitet werden kann.
Selbst wenn also das das Grundstück der Klägerin belastende Weiderecht, das nach den getroffenen Feststellungen im vorigen Jahrhundert jedenfalls bestand, durch irgendwelche heute nicht mehr näher aufklärbare Umstände erloschen sein sollte, müßte im Hinblick auf das dargestellte Verhalten der Klägerin davon ausgegangen werden, daß sie der Beklagten schlüssig ein Weiderecht an ihrem Grundstück 2060/2 einräumte, das der Stattgebung ihres nunmehr gestellten Klagebegehrens entgegensteht.
Es muß daher der Revision der Klägerin ein Erfolg versagt bleiben, ohne daß es erforderlich wäre, auf ihre weiteren Revisionsausführungen im einzelnen einzugehen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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