OGH 2Ob134/89

OGH2Ob134/8931.1.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans Wilhelm H*, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Utho Hosp und Dr. Wolfgang Weis, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Verband der Versicherungsunternehmungen Österreichs, Schwarzenbergplatz 7, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Harrer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 412.725,20 s.A. und Feststellung (S 40.000,--), Revisionsstreitwert S 133.333,33, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 11. Juli 1989, GZ 3 R 132/89-28, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 9. Februar 1989, GZ 14 a Cg 255/87-19, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00134.89.0131.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.172,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 1.028,70, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Am 17. August 1984 ereignete sich gegen 21 Uhr auf der Tauernautobahn A 10 (Richtungsfahrbahn Staatsgrenze) im Gemeindegebiet Wals bei Straßenkilometer 0,2 ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Halter und Lenker des Motorrades mit dem Kennzeichen * (D), Jens S* als Halter und Lenker des Motorrades mit dem Kennzeichen * (D) und Nazim C* als Halter und Lenker des PKW mit dem Kennzeichen * (D) beteiligt waren. Die beiden Motorradfahrer kamen mit ihren Fahrzeugen zu Sturz. Der PKW-Lenker stieß mit seinem Fahrzeug gegen den Kläger und dessen Motorrad. Der Kläger wurde schwer verletzt, sein Motorrad beschädigt. Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde zu 28 U 2658/84 des Bezirksgerichtes Salzburg gegen die drei beteiligten Lenker ein Strafverfahren eingeleitet. Es wurde gegen S* und C* gemäß § 90 StPO eingestellt; der Kläger wurde rechtskräftig freigesprochen.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 412.725,20 s.A.; überdies stellte er ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten für seine Unfallschäden gerichtetes Feststellungsbegehren. Dem Grunde nach stützte der Kläger sein Begehren im wesentlichen darauf, daß S* und C* diesen Verkehrsunfall verschuldet hätten. Der Kläger sei mit seinem Motorrad mit einer Geschwindigkeit von etwa 80 km/h auf dem linken Fahrstreifen der Autobahn hinter S* nachgefahren, der sein Motorrad mit etwa 70 km/h im linken Bereich des rechten Fahrstreifens gelenkt habe. Als der Kläger etwa auf gleiche Höhe des von S* gelenkten Motorrades herangekommen sei, habe dieser seine Fahrlinie auf den linken Fahrstreifen verlagert, wodurch es zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge gekommen sei. Der Kläger sei gestürzt und auf dem linken Fahrstreifen zum Liegen gekommen. C* habe sich mit seinem PKW der Unfallstelle auf dem linken Fahrstreifen mit einer überhöhten Geschwindigkeit von 100 km/h genähert und sei ohne Reaktion gegen den Kläger gestoßen. Die Beklagte hafte dem Kläger für die Unfallsfolgen als Haftpflichtversicherer der Fahrzeuge des C* und des S*.

Die Beklagte wendete dem Grunde nach im wesentlichen ein, daß der Kläger den Unfall allein verschuldet habe. C* sei in einer Kolonne auf dem linken Fahrstreifen gefahren. Das Motorrad des Klägers sei umgestürzt und gegen den PKW geschlittert. Beim Zusammenstoß sei das Motorrad bereits in liegender Stellung gewesen. S* sei vor dem Kläger gefahren. Dieser sei von hinten auf das Motorrad des S* aufgefahren, wodurch beide Motorräder zu Sturz gekommen seien. Eine allfällige Haftung der Beklagten sei "durch die Bestimmungen des KFG 67" beschränkt.

Das Erstgericht wies mit einem in Rechtskraft erwachsenen Beschluß die Klage hinsichtlich eines Betrages von S 2.723,-- s.A. wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück.

Im übrigen sprach es mit Urteil dem Kläger einen Betrag von S 200.751,10 s.A. zu und gab seinem Feststellungsbegehren in Ansehung von 50 % seiner Unfallschäden statt. Das auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 209.251,10 s.A. gerichtete Leistungsmehrbegehren des Klägers und sein Feststellungsmehrbegehren wies es ab. Der Zuspruch umfaßt einen Betrag von S 180.000,-- aus dem Titel des Schmerzengeldes.

Das Erstgericht traf im wesentlichen folgende Feststellungen über den Unfallshergang:

Zur Unfallszeit lenkte Jens S* sein Motorrad auf der Tauernautobahn in Richtung Staatsgrenze; hinter ihm fuhr der Kläger nach. Sie fuhren zunächst auf dem Überholstreifen. S* war gerade im Begriff, vom Überholstreifen auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln, als das Motorrad des Klägers noch auf der Überholspur bei einer Geschwindigkeit von etwa 80 bis 90 km/h aus nicht mehr aufklärbaren Gründen in eine instabile Fahrweise geriet, wodurch es infolge eines geringen Tiefenabstandes zwischen den beiden Motorrädern von maximal einer PKW-Länge zu einer Streifkollision zwischen den beiden Motorrädern kam. Dies war die Ursache dafür, daß dann das Motorrad des Klägers zur linken Seite hin stürzend abkam, worauf es zur Kollision zwischen dem bereits umgestürzten Motorrad des Klägers und der Vorderfront des PKW des Nazim C* kam, wobei sich der Kläger zwischen dem umgestürzten Motorrad und der Vorderfront des PKW befand. Zum Kollisionszeitpunkt war das Motorrad des Klägers um annähernd 20 km/h langsamer als der mit etwa 90 km/h fahrende PKW des C*. Diese Kollision zwischen dem PKW und dem Motorrad des Klägers erfolgte knapp nach der Streifung zwischen den beiden Motorrädern.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß gemäß § 11 EKHG eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 vorzunehmen sei. Ein Entlastungsbeweis nach § 9 EKHG sei nicht erbracht worden. Eine außergewöhnliche oder überwiegende gewöhnliche Betriebsgefahr eines der beiden Fahrzeuge sei nicht vorgelegen.

Dieses Urteil des Erstgerichtes wurde von beiden Streitteilen mit Berufung bekämpft.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung des Klägers keine Folge. Hingegen gab es der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Kläger einen Betrag von S 133.834,06 s.A. zuerkannte und sein auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 276.168,14 s.A. gerichtetes Leistungsmehrbegehren abwies. Es entschied, daß die Beklagte dem Kläger bis zu einer Pauschalsumme von S 10,000.000,-- für alle künftigen Schmerzengeldansprüche (unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteiles des Klägers von zwei Dritteln) und für ein Drittel aller künftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 17. August 1984 haftet; das Feststellungsmehrbegehren wies es ab.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, daß der Schadenersatzanspruch des Klägers nach dem Art. 4 lit. a und lit. b und dem Art. 11 des Haager Straßenverkehrsübereinkommens nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland zu beurteilen sei, obwohl diese kein Vertragsstaat sei.

Nach § 11 StVG stehe bei bloßer Gefährdungshaftung kein Schmerzengeld zu. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes und der Beklagten hafteten der Kläger und Nazim C* aber nicht bloß für die Betriebsgefahr ihrer Fahrzeuge, sondern es treffe sie nach dem festgestellten Sachverhalt ein Verschulden an dem Unfall. C* sei entgegen der an der Unfallstelle verfügten Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h mit 90 km/h gefahren und habe dadurch gegen die §§ 43 Abs. 1, 52 lit. a Z 10a StVO verstoßen. Der Kläger hingegen habe entgegen § 18 Abs. 1 StVO zu dem vor ihm fahrenden Motorrad des S* einen viel zu geringen Tiefenabstand von maximal einer PKW-Länge eingehalten, der bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h in rund 0,2 Sekunden durchfahren werde.

Werde ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht, so hänge gemäß § 17 Abs. 1 StVG die Verpflichtung der übrigen Halter zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden sei. Bei der Abwägung entscheide das Gewicht der von den Beteiligten gesetzten Schadensursachen so, wie sie sich beim konkreten Unfall ausgewirkt hätten. Es komme darauf an, wer in welchem Maß den Schaden mitverursacht habe. Insoweit kämen auch Schuldgesichtspunkte mit zum Tragen. Grobes Verschulden könne die Betriebsgefahr oder geringe Schuld der Gegenseite ganz zurücktreten lassen. § 17 StVG sei aber nur auf Schäden anzuwenden, für die nach dem StVG gehaftet werde. Ein darüber hinausgehender Schaden wie etwa das Schmerzengeld sei nach § 254 BGB zu verteilen.

Von den als berechtigt erkannten Ansprüchen des Klägers unterlägen S 41.502,20 der Schadensteilung nach § 17 StVG. Wäge man die Beiträge der Unfallsbeteiligten zum Zustandekommen des Unfalles gegeneinander ab, so überwiege jener des Klägers den des Nazim C* erheblich. Die Betriebsgefahr des Motorrades des S* - ein Verschulden habe dieser nicht zu vertreten - trete gegenüber dem Verschulden der übrigen Beteiligten, vor allem dem groben Verschulden des Klägers, zurück und sei zu vernachlässigen. Im Verhältnis zwischen dem Kläger und Nazim C* sei ein Schadensausgleich im Verhältnis von 1 : 2 zu Lasten des Klägers angemessen. Es sei ihm daher ein Drittel seiner Sachschäden, das seien S 13.834,06, zuzusprechen.

Gemäß § 16 StVG blieben die bundesrechtlichen Vorschriften unberührt, nach welchen der Fahrzeughalter für den durch das Fahrzeug verursachten Schaden in weiterem Umfang als nach den Vorschriften dieses Gesetzes hafte. Eine solche Haftung treffe Nazim C* wegen Verletzung eines Schutzgesetzes. Er habe daher gemäß § 847 BGB ein Schmerzengeld zu zahlen. Bei dessen Bemessung sei § 254 BGB anzuwenden. Nach dieser Bestimmung hänge die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes eines Schadens, bei dessen Entstehung ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt habe, von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden sei. Daneben, aber erst in zweiter Linie, sei das Maß des beiderseitigen Verschuldens abzuwägen. Sei an der Entstehung des Schadens ein Kraftfahrzeug beteiligt, müsse sich der Geschädigte auch dessen Betriebsgefahr anrechnen lassen. Beim Schmerzengeldanspruch sei das mitwirkende Verschulden des Verletzten nicht in Form einer Quote des an sich angemessenen Betrages zu berücksichtigen, sondern es sei bei der Bemessung des Schmerzengeldes als Bewertungsfaktor zu berücksichtigen.

Der Kläger habe gegenüber Nazim C* eine überwiegende Verursachung und ein überwiegendes Verschulden zu vertreten. Weiters habe die Betriebsgefahr seines bereits umgestürzten und nicht mehr lenkbaren Motorrades jene des PKW überwogen. Bei Berücksichtigung aller Umstände sei ein Schmerzengeld von S 120.000,-- angemessen.

In teilweiser Stattgebung der Berufung der Beklagten sei daher der Zuspruch an den Kläger auf S 133.834,06 s.A. herabzusetzen. Beim Feststellungsbegehren sei eine Trennung in Schmerzengeldansprüche, die keiner quotenmäßigen Teilung unterlägen, und in übrige Ansprüche vorzunehmen. Außerdem sei die Haftung der Beklagten für künftige Unfallschäden des Klägers auf die durch Verordnung vom 20. 7. 1982, BGBl. 1982/364, festgelegte Pauschalversicherungssumme von S 10,000.000,-- zu beschränken.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpft es insoweit, als dem Kläger ein Betrag von S 120.000,-- s.A. (Schmerzengeld) zugesprochen und seinem Feststellungsbegehren in Ansehung künftiger Schmerzengeldansprüche stattgegeben wurde, aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Kläger nur ein Betrag von S 13.834,06 s.A. zugesprochen und seinem Feststellungsbegehren nur in Ansehung eines Drittels seiner künftigen Unfallschäden (ausgenommen Schmerzengeldansprüche) stattgegeben, sein Mehrbegehren aber abgewiesen werde.

Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß im Sinne der Vorschriften des Art. 4 lit. a und lit. b des Haager Straßenverkehrsübereinkommens die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Schadenersatzansprüche des Klägers nach deutschem Recht zu beurteilen sind. Dies wird in der Revision der Beklagten nicht in Frage gestellt. Sie versucht mit ihren Revisionsausführungen darzutun, daß Nazim C* eine Geschwindigkeitsüberschreitung nicht anzulasten sei. Selbst wenn man dies aber bejahe, fehle es am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dieser Geschwindigkeitsüberschreitung und der Schädigung des Klägers, sodaß eine Haftung nach den Bestimmungen der §§ 823 Abs. 2, 847 BGB nicht in Betracht komme. Denn die an der Unfallstelle bestehende Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h habe dazu gedient, "den Zusammenfluß der Tauernautobahn mit der Westautobahn zu entschärfen", nicht aber dazu, um Unfälle wie den vorliegenden zu vermeiden. Der Unfall habe sich rund 200 m vor der Einmündung in die Westautobahn ereignet. Die Beklagte habe somit nur für Gefährdungshaftung einzustehen; daher habe der Kläger keinen Anspruch auf Schmerzengeld.

Dem ist nicht zu folgen.

Soweit die Beklagte mit ihren Revisionsausführungen darzutun versucht, daß Nazim C* mit seinem PKW mit geringerer Geschwindigkeit als mit 90 km/h gefahren sei, bekämpft sie in im Revisionsverfahren unzulässiger Weise die Feststellungen der Vorinstanzen. Darauf ist nicht weiter einzugehen.

Im übrigen ist es durchaus richtig, daß nach deutschem Recht eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB nur dann besteht, wenn das Rechtsgut verletzt ist, zu dessen Schutz das Schutzgesetz dient. Es kommt also auch hier eine Schadenersatzpflicht nur dann in Betracht, wenn der Zweck des Schutzgesetzes in der Verhinderung des eingetretenen Schadens lag (siehe dazu Geigel-Schlegelmilch, Der Haftpflichtprozeß19 441 Rz 25 mwN).

Gemäß Art. 7 des Haager Straßenverkehrsübereinkommens sind unabhängig von dem nach diesem Übereinkommen anzuwendenden Recht bei der Bestimmung der Haftung die am Ort und zur Zeit des Unfalles geltenden Verkehrs- und Sicherheitsvorschriften zu berücksichtigen. Nach der vom Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrundegelegten Sachverhaltsgrundlage, von der auch die Beklagte in ihrer Revision ausgeht, bestand für den Unfallsbereich eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h (§ 52 lit. a Z 10a StVO). Gemäß § 20 Abs. 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit unter anderem den durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen anzupassen. Er hat eine mit einem Verbotszeichen nach § 52 lit. a Z 10a StVO angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung zu beachten, ohne sich auf Überlegungen über deren Grund und Zweck einzulassen (vgl. ZVR 1980/66). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß der Zweck der in den Absätzen 1 und 2 des § 20 StVO enthaltenen Geschwindigkeitsvorschriften schlechthin darin liegt, die durch Einhaltung überhöhter Fahrgeschwindigkeiten im Straßenverkehr auftretenden Gefahren zu vermeiden (ZVR 1970/86 uva; zuletzt ZVR 1989/71 mwN). Entgegen den Revisionsausführungen ist es daher nicht zulässig, den Schutzzweck der von Nazim C* übertretenen Geschwindigkeitsbeschränkung in der dort dargestellten Weise einzuengen. Sie diente schlechthin der Vermeidung der durch Einhaltung höherer Fahrgeschwindigkeiten auftretender Gefahren; dazu gehört auch die Gefahr erschwerter bzw. nicht rechtzeitiger Reaktionsmöglichkeit auf das Verhalten (auch Fehlverhalten) anderer Verkehrsteilnehmer.

Mit Recht hat unter diesen Umständen das Berufungsgericht den spezifischen Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Übertretung der Schutznorm des § 20 Abs. 1 StVO durch den PKW-Lenker Nazim C* und dem eingetretenen Schaden des Klägers bejaht und demgemäß im Sinne der anzuwendenden Schadenersatzbestimmungen des deutschen Rechtes (§§ 823 Abs. 2, 847 BGB) dem Kläger ein Schmerzengeld zugesprochen. Gegen die Bemessung des dem Kläger zuerkannten Schmerzengeldes durch das Berufungsgericht wird in der Revision der Beklagten nichts ausgeführt.

Diesem Rechtsmittel der Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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