Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.292,80 (darin S 548,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 13. September 1935 geborene Kläger war in den letzten Jahren vor Antragstellung auf Zuerkennung einer Invaliditätspension als Kraftfahrer und Bierfahrer beschäftigt.
Der Kläger ist für leichte und mittelschwere Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, zu einem Drittel der Arbeitszeit auch im Gehen und Stehen, bei normaler Arbeitszeit und den üblichen Pausen geeignet. Ausgeschlossen sind Arbeiten im Knien, auf Leitern und Gerüsten sowie Pedaltätigkeiten mit dem linken Bein. Der Kläger leidet an einer Arthrose im linken Kniegelenk mit progredientem Verlauf. Er ist nicht mehr in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu lenken und Bierfässer zu tragen. Auf Grund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist in den nächsten zwei Jahren mit Krankenständen in der Dauer von insgesamt zwei Monaten pro Jahr zu rechnen. Bei der aktuellen Arbeitsmarktlage gibt es für den Kläger praktisch keine Chance auf eine Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. April 1986 zu gewähren.
Bei den zu erwartenden Krankenständen von zwei Monaten pro Jahr sei eine Vermittelbarkeit auf Grund der angespannten Arbeitsmarktlage auszuschließen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei keine Folge.
Inwieweit Arbeitgeber Krankenstände im allgemeinen tolerieren, hänge auch mit der jeweiligen Arbeitsmarktsituation zusammen. Nach den Feststellungen schlössen die Beeinträchtigungen des Klägers diesen von einer Vermittelbarkeit aus.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Die Beklagte bekämpft nur die Ansicht der Vorinstanzen, daß zu erwartende Krankenstände in der Dauer von zwei Monaten jährlich schon einen Ausschluß vom allgemeinen Arbeitsmarkt bewirkten. Der Oberste Gerichtshof hat bisher bei Krankenständen von durchschnittlich sechs Wochen (10 Ob S 101/89) 30 Krankenstandstagen (10 Ob S 128/89), 30 bis 40 Krankenstandstagen (10 Ob S 153/89) oder 30 Arbeitstagen (10 Ob S 157/89) im Jahr den Ausschluß vom allgemeinen Arbeitsmarkt verneint. Er hat dies damit begründet, daß im Jahr 1986 in Österreich auf 1000 Beschäftigte insgesamt 1056 Krankenstandsfälle und auf jeden Fall 14,6 Krankenstandstage kamen. Die beim Kläger zu erwartenden Krankenstände übersteigen das bisher für unbeachtlich angesehene Ausmaß erheblich. Die Dauer erreicht schon fast das Vierfache der durchschnittlichen Krankenstandstage und übersteigt das Vierfache, wenn man berücksichtigt, daß zu den auf die Leiden zurückzuführenden Krankenständen noch solche kommen können, die durch andere Ursachen, wie etwa Erkältungen bedingt sind.
Der erkennende Senat ist daher schon in seinen Entscheidungen 10 Ob S 385/89 und 10 Ob S 419/89 zu der Ansicht gelangt, daß bei zu erwartenden Krankenständen von acht Wochen oder zwei Monaten die Fähigkeit eines Versicherten zu einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit nicht mehr gegeben ist und ihn diese vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 ASGG.
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