Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen abweisenden Teiles zu lauten hat:
"Das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, dem Kläger S 71.289,90 samt 10 % Zinsen seit 2. 10. 1985 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.
Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 35.092,95 bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz (darin enthalten S 4.000,- Barauslagen und S 3.995,95 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.".
Der Kläger ist weiters schuldig, dem Beklagten die mit S 8.706,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 5.000,- Barauslagen und S 617,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrte den Klagsbetrag als Honorar für die Errichtung eines Kaufvertrages. Er brachte vor, beide Vertragspartner hätten ihm den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt und vereinbart, daß der Beklagte als Käufer die Kosten der Vertragserrichtung bezahle.
Der Beklagte wendete ein, er habe den Kläger nicht beauftragt, die Auftragserteilung sei nur durch den Verkäufer erfolgt. Mit Urteil vom 1. Juni 1988, 8 Cg 480/87-6, wies das Erstgericht das Klagebegehren mit der Begründung ab, dem Kläger sei der Beweis einer Auftragserteilung durch den Beklagten nicht gelungen. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil mit Beschluß vom 27. September 1988, 1 R 256/88-12, ohne Rechtskraftvorbehalt mit der Begründung auf, im Zweifel würden beide Vertragsteile für das Honorar des Rechtsanwaltes haften. Es könne dem Beklagten daher nicht zur Klagsabweisung verhelfen, daß er weder schriftlich noch mündlich eine Auftragserteilung klar zum Ausdruck gebracht habe. Vielmehr müßte aus einem zum Ausdruck gebrachten Verhalten klar hervorgehen, daß er die Tätigkeit des Klägers nicht als auch in seinem Interesse in Anspruch nehmen wolle. Darüber fehlten aber Feststellungen.
Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren mit einem Betrag von S 55.519,20 samt Zinsen statt. Das Mehrbegehren von S 15.770,70 sowie ein Zinsenmehrbegehren wurden abgewiesen. Das Erstgericht legte seiner Entscheidung folgende wesentliche Feststellungen zugrunde:
Im Oktober 1984 sprach der Beklagte mit Josef G***, dem Eigentümer der Rueppen-Alm am Kitzbühler Horn, über einen Kauf dieser Alm um einen Betrag von S 7 Millionen. Der Beklagte erklärte, er müsse erst einmal die Finanzierung durch Abverkauf von Liegenschaften sichern. Josef G*** stand wegen eines anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren unter Zeitdruck und lud den Beklagten telefonisch für Ende November oder Anfang Dezember 1984 zu einer Besprechung auf seinen Hof. Er teilte ihm nicht mit, daß er auch den Kläger, seinen Rechtsanwalt, eingeladen habe. Der Beklagte war überrascht, daß Josef G***, obwohl der Kauf mündlich noch nicht perfekt war, einen Anwalt beizog, ließ sich dann aber doch auf konkrete Vertragsgespräche ein, die mit einer vollständigen Einigung über Kaufgegenstand und Preis endeten. Einigkeit herrschte auch darüber, daß der Beklagte die Vertragserrichtungskosten zur Gänze zu tragen habe. Der Beklagte ging freilich insgeheim davon aus, daß er erst dann zum Zahlen komme, wenn er den Vertrag unterschreibe. Dem Beklagten war klar, daß man sich mündlich bereits geeinigt hatte und Josef G*** einen fertigen Kaufvertrag aushandeln wolle und nicht bloß einen Rohentwurf. Daß der Beklagte seinen Vorbehalt, es müsse erst die Kaufpreisfinanzierung gesichert sein, davor unterschreibe er nicht, aufrecht hielt, konnte nicht festgestellt werden, ebensowenig eine Bedingung, es müßten vorerst Liegenschaften aus dem Besitz des Beklagten in Bauland umgewidmet werden. Der Kläger war als Treuhänder für die Entgegennahme des Kaufpreises und den Erhalt der Freistellungen zwischengeschaltet. Er agierte bei dem Vertragsgespräch als Vertreter der Interessen beider Vertragspartner. Eine Vollmachtsurkunde oder eine Honorarvereinbarung ließ sich der Kläger nicht unterschreiben. Er wies aber darauf hin, daß er nach dem Notariatstarif abrechne. Der Kläger fragte den Beklagten, ob er ihm einen Entwurf des Kaufvertragstextes zusenden dürfe, belehrte ihn aber nicht, daß er dann kostenpflichtig werde. Der Kläger klärte den Beklagten anläßlich der Vertragsverhandlungen auch nicht auf, daß schon durch das Einlassen in das Gespräch eine Kostenhaftung eintrete. Möglich ist, daß der Beklagte dem Kläger am Ende des Vertragsgespräches erklärte, er werde den Vertragstext überprüfen lassen. Daß er keine Kosten für den zugesandten Vertragsentwurf übernehme, erklärte er nicht. Der Beklagte unterfertigte den ihm zugesandten Vertragsentwurf nicht. Der Kläger übermittelte dem Beklagten seine Honorarnote erst am 2. Oktober 1985. Der Beklagte leistete keine Zahlung. In der Folge verkaufte Josef G*** die Liegenschaft an einen Dritten um bloß S 6 Millionen.
Rechtlich erachtete sich das Erstgericht an die vom Berufungsgericht im Aufhebungsbeschluß vertretene Rechtsansicht gebunden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, es sei im Aufhebungsbeschluß nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen, weil es nicht allein aus der Tatsache, daß der Beklagte sich in Verhandlungen eingelassen habe, von einer konkludenten Auftragserteilung ausgegangen sei. Im vorliegenden Fall kämen nämlich noch Umstände dazu, die diese rechtliche Schlußfolgerung rechtfertigten. Dem Beklagten sei bewußt gewesen, daß Josef G*** einen fertigen Kaufvertrag habe aushandeln wollen und man sich über alle wesentlichen Vertragspunkte für den schriftlichen Vertrag einig gewesen sei, daß der Kaufvertrag praktisch perfekt gewesen sei. Darüber hinaus habe Einigkeit darüber bestanden, daß der Beklagte die Vertragserrichtungskosten zur Gänze trage. Der Kläger habe erklärt, er werde nach dem Notariatstarifgesetz abrechnen. Wenn dann abschließend der Kläger den Beklagten gefragt habe, ob er ihm einen Vertragsentwurf zusenden könne, und "der Kläger" (sollte wohl "der Beklagte" heißen) dann keinen Vorbehalt in der Richtung gemacht habe, daß er etwa einen anderen Rechtsanwalt mit der Vertragserrichtung beauftragen wolle, dann habe der Kläger zu Recht von einer konkludenten "Mitauftragserteilung" zur Errichtung des Kaufvertrages durch den Beklagten ausgehen können, da zu diesem Zeitpunkt über die in den schriftlichen Vertrag aufzunehmenden Bedingungen bereits Einigung bestanden habe und der Kläger somit bei der Vertragsverfassung auch die Interessen des Beklagten habe wahrnehmen müssen. Hinsichtlich der für das Zustandekommen eines Kaufvertrages wesentlichen Bedingungen habe volle Einigung bestanden, weshalb der Beklagte zur Unterfertigung der Vertragsurkunde verpflichtet gewesen wäre, falls diese den vereinbarten Vertragsbedingungen entsprochen hätte. Bei dieser Sachlage habe aber auch dem Beklagten klar sein müssen, daß er mit seiner Zustimmung zur Übermittlung eines Vertragsentwurfes, der von ihm im Falle seines gänzlichen Einverständnisses zu unterfertigen gewesen wäre, zumindest konkludent und für den Kläger erkennbar einen Auftrag zur Errichtung einer Vertragsurkunde erteile. Unter diesen Voraussetzungen sei daher die Haftung des Beklagten gemäß § 891 ABGB im Hinblick auf die konkludent erfolgte "(Mit-)auftragserteilung" begründet, da eine Solidarhaftung schon aus der Natur des Geschäftes begründet sei. Da zumindest von einem gemeinsamen Auftrag an den Kläger zur Errichtung der Vertragsurkunde auszugehen sei, hafteten beide Auftraggeber solidarisch für die Kosten.
Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision, macht den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt, die außerordentliche Revision nicht zuzulassen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Vorschrift des § 502 Abs 3 ZPO in der hier noch anzuwendenden Fassung steht der Zulässigkeit der Revision nicht entgegen, weil das Berufungsgericht das abweisende Ersturteil ohne Rechtskraftvorbehalt unter Überbindung einer Rechtsansicht aufgehoben hatte. Der Beklagte ist daher berechtigt, das Urteil des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision zu bekämpfen. Diese ist auch zulässig und berechtigt.
Das Berufungsgericht zitierte in seinem Aufhebungsbeschluß zur Begründung seiner Ansicht über eine konkludente Auftragserteilung die Entscheidungen NZ 1970, 104; NZ 1971, 127; MietSlg 33.118; SZ 28/57; EvBl 1959/262; JBl 1962, 91 und JBl 1970, 621. In der zuletzt angeführten Entscheidung wurde die Frage einer konkludenten Auftragserteilung nicht erörtert. In allen anderen angeführten Fällen waren beide Vertragspartner in der Kanzlei eines Rechtsanwaltes erschienen. Davon unterscheidet sich der Sachverhalt des vorliegenden Falles aber insofern wesentlich, als Josef G*** den Beklagten zu Vertragsverhandlungen auf seinen Hof eingeladen hatte und der Beklagte dann davon überrascht wurde, daß Josef G*** einen Rechtsanwalt beizog. Anders als in Fällen, in welchen sich beide Vertragspartner zu einem Rechtsanwalt begaben, war hier die Ausgangssituation eindeutig die, daß der Rechtsanwalt nur von einem der Vertragspartner und zwar vom Verkäufer einen Auftrag erhalten hatte. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Bezahlung der Kosten des Klägers hätte daher zur Voraussetzung, daß der Beklagte dem Kläger in der Folge einen Auftrag erteilt hätte. Eine ausdrückliche Auftragserteilung erfolgte nicht. Bei Beurteilung der Frage, ob konkludent ein Auftrag erteilt wurde, ist zu berücksichtigen, daß nach ständiger Rechtsprechung eine konkludente Handlung nur dann angenommen werden darf, wenn sie nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer bestimmten Richtung zu verstehen ist. Es darf kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, daß der Wille, eine Rechtsfolge in einer bestimmten Richtung herbeizuführen, vorliegt (SZ 54/163 mwN uva). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Auch wenn die Vertragspartner über alle wesentlichen Vertragspunkte Einigkeit erzielten, brachte der Beklagte damit nicht zum Ausdruck, dem vom Käufer beigezogenen Kläger einen Auftrag zur Vertragserrichtung zu erteilen. Einigkeit darüber, daß der Beklagte die Vertragserrichtungskosten zur Gänze trägt, bestand zwischen den Vertragspartnern. Daß darüber eine Einigkeit auch zwischen dem Beklagten und dem Kläger zustande gekommen wäre, wurde nicht einmal behauptet. Die im Innenverhältnis gegenüber dem Verkäufer übernommene Verpflichtung zur Tragung der Vertragserrichtungskosten kann nicht dahin verstanden werden, daß dem Kläger ein unmittelbarer Anspruch gegen den Beklagten eingeräumt werden sollte. Die Erklärung des Klägers, es werde nach dem Notariatstarifgesetz, abrechnen, sagte darüber, von wem er Zahlung verlangen werde, überhaupt nichts aus. Daraus, daß sich der Beklagte zu dieser Erklärung nicht äußerte, können daher keinerlei Schlüsse auf eine Auftragserteilung an den Kläger gezogen werden. Die Frage des Klägers, ob er dem Beklagten einen Entwurf des Kaufvertragstextes zusenden dürfe, ließ nicht erkennen, daß der Kläger vom Beklagten eine Bezahlung der Vertragserrichtungskosten erwarte, denn der Auftrag war dem Kläger von Josef G*** erteilt worden, der den Verkauf anstrebte und in dessen Interesse daher die Übermittlung des Vertragsentwurfes an den Beklagten zur Unterfertigung lag.
Bei Anlegung des für Konkludenz erforderlichen strengen Maßstabes (8 Ob 678/86; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 14 zu § 863) kann daher von einem dem Kläger vom Beklagten erteilten Auftrag nicht ausgegangen werden, weshalb der Beklagte nicht verpflichtet ist, dem Kläger für die Verfassung des Vertragsentwurfes, den er nicht unterfertigte, ein Honorar zu bezahlen.
Es war daher der Revision Folge zu geben und dahin zu entscheiden, daß das Klagebegehren abgewiesen wird. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens überdies auf § 50 ZPO. Der dem Beklagtenvertreter bei Berechnung des Einheitssatzes für die im ersten Rechtsgang erstattete Berufungsbeantwortung unterlaufene Rechenfehler war zu berichtigen.
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