OGH 9ObA353/89

OGH9ObA353/8917.1.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und Dr. Renate Klenner als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1. Anton K*****, vertreten durch Dr. Josef Peißl, Rechtsanwalt in Köflach, 2. Gerhard B*****, 3. Peter F*****, 4. Cornelia H*****, 5. Ing. Anton H*****, 6. Eduard H*****, 7. Theresia K*****, 8. Siegfried K*****, 9. Peter N*****, 10. Werner R*****, 11. Maria W*****, und 12. Friederike Z*****, alle (2. bis 12.) vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger und Dr. Rudolf Lemesch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei prot. Firma Ing. W***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Kurt Klein und Dr. Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 43.900,54 netto, 2. S 306.041,87 brutto, 3. S 230.398,86 brutto, 4. S 175.382,62 brutto, 5. S 325.451,65 brutto, 6. S 315.485,48 brutto, 7. S 66.576,66 brutto, 8. S 452.298,05 brutto, 9. S 225.153,54 brutto, 10. S 200.639,99 brutto, 11. S 319.647,70 brutto und 12. S 227.618,14 brutto je s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Oktober 1989, GZ 8 Ra 87‑98/89-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. April 1989, GZ 36 Cga 231/88-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00353.890.0117.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit S 32.740,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 5.456,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Erstkläger trat am 14. 10. 1986, der Achtkläger am 3. 11. 1988 und die übrigen Kläger traten am 28. 10. 1988 wegen ungebührlichen Vorenthaltens ihres Entgelts vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten aus. Sie begehren mit den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen die Zahlung von rückständigem Entgelt, Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung und Abfertigung.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß die Kläger ohne wichtigen Grund ausgetreten seien, weil sie der Beklagten für die Zahlung des rückständigen Entgelts noch eine weitere Nachfrist von einer Woche gewährt hätten. Außerdem hätten die Kläger der Beklagten durch "grob fahrlässige Handlungen" und Kopieren wesentlicher Geschäftsunterlagen (Patentunterlagen) einen Schaden in der Höhe des jeweiligen Klagebetrages zugefügt. Als Zeugen für die behauptete Stundung machte die Beklagte den Ehemann ihrer Geschäftsführerin namhaft. Da weder dieser Zeuge noch die Geschäftsführerin selbst zu der für 6. 3. 1989 anberaumten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung erschien, setzte das Erstgericht auf Antrag der Kläger gemäß § 335 ZPO für diese Beweisaufnahme eine Frist bis zum Beginn der nächsten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung (28. 3. 1989). Da der Beklagtenvertreter das Nichterscheinen des Zeugen bei dieser Tagsatzung entschuldigte, verlängerte das Erstgericht die Frist für die Beweisaufnahme bis zum Schluß der nächsten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung (7. 4. 1989), zu der der Zeuge und die Geschäftsführerin der Beklagten wiederum nicht erschienen. Die Geschäftsführerin der Beklagten teilte dem Gericht mit Schreiben vom 3. April 1989 mit, daß sie die Ladung ihrem Ehemann nicht mehr übermitteln könne, da er am 6. und 7. 4. 1989 in der Sowjetunion sei. Auch die Geschäftsführerin erschien zu der nächsten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung nicht.

Das Erstgericht nahm von der Aufnahme dieser Beweise Abstand und gab den Klagebegehren im wesentlichen statt. Die gegen die Klageforderungen eingewendeten Gegenforderungen wies es mangels entsprechender Konkretisierung ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten, die das Ersturteil nur hinsichtlich der Zusprüche an den Erst-, Dritt- und Achtkläger unbekämpft ließ, nicht Folge. Es war der Ansicht, daß das Erstgericht von den von der Beklagten beantragten Beweisaufnahmen wegen drohender Verzögerungen zu Recht Abstand genommen habe. Die Beklagte habe für eine weitere Verlängerung der Beweisführungsfrist keine ausreichenden Gründe glaubhaft gemacht.

Die Beklagte erhebt gegen das Urteil des Berufungsgerichtes Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Die im Revisionsverfahren noch beteiligten Kläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens macht die Beklagte geltend, das Erstgericht hätte von den beantragten Beweisaufnahmen nicht Abstand nehmen dürfen. Damit macht aber die Beklagte einen Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Da der in § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG verankert gewesene Neuverhandlungsgrundsatz nicht in das ASGG übernommen wurde, kann nunmehr auch in Arbeitsrechtssachen ein Verfahrensmangel erster Instanz, dessen Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht neuerlich mit Revision geltend gemacht werden (RZ 1989/16 ua).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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