OGH 3Ob523/89

OGH3Ob523/8920.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** S***, Schloß Mirabell, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr.Rudolf Bruckenberger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.Dr.Georg K***, Kaufmann, Vierthalerstraße 12, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr.Othmar Taferner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Räumung einer Grundstücksteilfläche (Streitwert S 100.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 11.Jänner 1989, GZ 21 R 480/88-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 27.Juli 1988, GZ 12 C 2232/87i-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision wegen Nichtigkeit wird verworfen.

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.629,60 (darin S 771,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Auf dem als öffentliches Gut im Eigentum der klagenden Stadtgemeinde stehenden Universitätsplatz Grundstück Nr. 3714 in der EZ 724 KG Innere Stadt in Salzburg, auf dem seit langem Markt gehalten wird, steht ein Verkaufskiosk des Beklagten. Die klagende Partei begehrt vom Beklagten die Räumung der von ihm durch den Betrieb des Verkaufskioskes benützten Teilfläche ihrer Liegenschaft insbesondere von dem Verkaufskiosk, der ohne Rechtstitel dort stehe. Der Beklagte habe den Kiosk von seinem Vater geerbt, der für das Aufstellen stets nur nach dem Markttarif ein Benützungsentgelt bezahlt habe. Dem Beschluß des Gemeinderates, gegen Entrichtung einer Benützungsgebühr eine zivilrechtliche Aufstellungsbewilligung zu erteilen, habe der Beklagte auch namens seines Vaters widersprochen. Seither sei kein Recht zur Benützung der Grundfläche gegeben. Es sei nie ein Bestandvertrag geschlossen worden. Der Beklagte komme den Aufforderungen, den Verkaufskiosk zu entfernen, nicht nach.

Der Beklagte trat dem Räumungsbegehren mit dem Einwand entgegen, er benütze wie seine Rechtsvorgänger die Grundfläche auf Grund des 1933 zustande gekommenen Mietvertrages, womit die Aufstellung eines Verkaufskioskes zu geschäftlichen Zwecken genehmigt wurde. Er und seine Vorgänger hätten nie bezweifelt, daß eine Miete vorliege. Es sei auch immer eine Platzmiete bezahlt worden. Der Beklagte sei nur mit der von der klagenden Stadtgemeinde geplanten einseitigen Umwandlung der Miete in ein zivilrechtliches Aufstellungsverhältnis gegen eine Benützungsgebühr nicht einverstanden gewesen. Ein Mietvertrag sei zumindest stillschweigend dadurch zustande gekommen, daß die Fläche für den Kiosk seit 1933 ständig gegen Entrichtung der Platzmiete benützt und der Verkauf auch außerhalb der Marktzeiten, so auch an Sonntagen und Feiertagen, stattgefunden habe. Das Erstgericht verhielt den Beklagten zur Räumung binnen vier Wochen. Es stellte im wesentlichen fest:

Der Markt auf dem Universitätsplatz in Salzburg wurde in geringem Umfang täglich am Vormittag, in größerem Umfang am Freitag und Samstag vormittags abgehalten. Die Marktstände werden nur für die zugelassene Marktzeit aufgestellt. Schon seit 1930 sind einzelne Marktstände im Bereich der Universitätskirche und vor der Universität fest auf der Bodenfläche montiert. In weiterer Folge wurden anstelle dieser Marktstände Markthütten (Kioske) errichtet, die 1965 ein einheitliches Aussehen erhielten. Der Vater des Beklagten hatte als Kriegsinvalider eine Tabakverschleißbefugnis. Als er seine Tabaktrafik im Universitätsgebäude in eine neue Tabaktrafikhütte im Anschluß an die fixen Marktbuden verlegen wollte und keine Genehmigung bekam, erwarb er einen Obststand und errichtete etwa 1935 einen Kiosk, der bis 1965 bestehen blieb. Seit 1932 bis 1934 betrieb der Vater des Beklagten an der Stelle, wo nun der Kiosk 10 steht, eine Tabaktrafik. Er verkaufte Tabakwaren, Briefmarken, Ansichtskarten und ähnliche Artikeln. Er war Eigentümer der letzten der vier Hütten, die vor dem Universitätsgebäude errichtet waren, und blieb bis zu seinem Ableben am 14.April 1985 Eigentümer dieser Hütte, die mit dem Nachlaß durch Einantwortung auf den Beklagten überging. Der Beklagte hatte seit etwa 1966 die Verkaufshütte von seinem Vater um monatlich 3.100 S gemietet und dort selbst die Tabak-Trafik geführt.

Über die Benützung der vom Kiosk in Anspruch genommenen Grundfläche kam mit der klagenden Stadtgemeinde weder schriftlich noch mündlich irgendeine Vereinbarung zustande, insbesondere kein Mietvertrag. Es wurde nie erörtert, mit welchem Rechtstitel der Vater des Beklagten die Grundfläche benütze. Schon vom Obststandbetreiber und dann dem Vater des Beklagten wurde jeden Monat vom Marktamtsbeamten die als Platzmiete bezeichnete Gebühr für das Aufstellen eines Marktstandes eingehoben. Andere Marktbeschicker hatten die Gebühr nur an Tagen zu entrichten, an denen sie auf dem Markt waren. Die Platzmietegebühr richtete sich nach Standfläche und Standdauer des Marktstandes. Ab dem 1.Juni 1953 hatte der Vater des Beklagten eine wegen seiner schweren Kriegsbeschädigung ermäßigte Platzmiete von 60 S im Monat zu leisten. Im Jahr 1979 bezahlte der Vater des Beklagten monatlich 380 S an das städtische Marktamt. Der Beklagte überweist monatlich 315 S an den Magistrat. Die Besitzer fester Markthütten hielten auch außerhalb der Marktzeiten geöffnet, so an den Wochentagen am Nachmittag. An Sonn- und Feiertagen hielten sie das Geschäft nur zur Festspielzeit offen. Die klagende Stadtgemeinde tolerierte diese Überschreitung der Marktzeiten. Seit etwa 1980 versuchte die klagende Stadtgemeinde, die Eigentümer der Dauerverkaufshütten mit Mietverträgen zu binden. Anstelle seines schon gebrechlichen Vaters übernahm der Beklagte als Vertreter die Verhandlungen mit den Magistratsbeamten, die den Abschluß eines Mietvertrages anboten. Der Vater des Beklagten sollte auf seine Mietrechte zugunsten des Beklagten, der schon jahrelang die Verschleißbefugnis im eigenen Namen ausübte, verzichten, und dieser sollte die Grundfläche von der klagenden Partei mieten. Der Beklagte unterfertigte den Entwurf, doch war allen Beteiligten klar, daß der Vertrag erst wirksam werde, wenn die Organe der Stadt zustimmen, was ihm als wahrscheinlich angekündigt wurde. Die zuständigen Organe der Stadt lehnten jedoch das Vorgehen ab und verweigerten die Genehmigung und den Abschluß des Mietvertrages. Am 11.Dezember 1981 beschloß der Stadtsenat, die Eigentümer der festen Verkaufshütten im Rahmen der Gebrauchsgebührenordnung zivilrechtlich an die Stadtgemeinde zu binden und ihnen eine Genehmigung zum Aufstellen der Kioske auf dem Universitätsplatz zu erteilen. Mit Schreiben vom 13.Jänner 1982 bot der Magistrat dem Beklagten eine Genehmigung bis zum 31.Dezember 1985 an, die in begründeten Fällen jederzeit widerrufen werden könne, aber verlängert werde, wenn keine öffentlichen Interessen entgegenstünden. Die Genehmigung sollte nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde nach der Straßenverkehrsordnung und dem Ortsbildschutzgesetz und nur für den genehmigten Standort wirksam sein. Für die Nutzung des öffentlichen Grundes wäre nach den Tarifsätzen der Gebrauchsgebührenordnung für 1981 eine Gebühr von 36.288 S zu entrichten gewesen. Das Schreiben sollte vom Grundbenützer als Zeichen seines Einverständnisses unterschrieben und rückgemittelt werden. Der Vater des Beklagten erhielt das Schreiben des Magistrats; es wurde aber weder unterfertigt noch zurückgesendet. Ein Beamter des Magistrats meinte zum Beklagten, es sei eine Formsache und gleichgültig, ob er öffentlichen Grund miete oder auf Grund der erteilten Benützungsbewilligung beanspruche. Sein Anwalt klärte ihn aber auf, worauf der Beklagte und sein Vater nicht die Gebrauchsgebühr, sondern die errechneten, vom Magistrat seit etwa 1980 wegen der Bestrebungen nach Abschluß von Mietverträgen nicht mehr kassierten monatlichen Marktgebühren von insgesamt 8.505 S und laufend 315 S monatlich überwiesen. Als die klagende Partei den Unterschiedsbetrag zur Gebrauchsgebühr einmahnte, teilte der Beklagte mit, sein Vater sei der Eigentümer des Kiosk und dieser verzichte auf seine Mietrechte nicht. Auch auf die Einforderung der Gebrauchsgebühr für 1982 von 21.772,80 S erwiderte der Beklagte am 12. Juli 1982, sein Vater sei Eigentümer und bezahle Platzmiete. Er werde auf seine seit 50 Jahren bestehenden Mietrechte nicht verzichten und sein Einverständnis zur Übertragung der Rechte auf den Beklagten sei gegenstandslos. Der Vater sehe nicht ein, warum er nicht mehr Mieter, sondern rechtloser Gebrauchsgebührenzahler sein sollte.

Am 3.Feber 1984 brachte die klagende Stadtgemeinde gegen den Vater des Beklagten die Räumungsklage ein. Das Gericht legte die Akten ab, weil die klagende Partei den ihr in der Tagsatzung am 12. Juli 1984 aufgetragenen vorbereitenden Schriftsatz nicht eingebracht hatte.

Das Erstgericht beurteilte den festgestellten Sachverhalt rechtlich dahin, daß ein Mietvertrag mit dem Vater des Beklagten oder dem Beklagten weder ausdrücklich noch konkludent zustande gekommen sei und der Beklagte die Grundfläche der klagenden Stadtgemeinde titellos zum Aufstellen seines Verkaufskioskes benütze. Die Vergabe von Marktplätzen gegen Entrichtung der Platzgebühr erfolge im Rahmen der Hoheitsverwaltung und begründe nicht die Annahme, daß ein Bestandvertrag vorliege. Die Bezeichnung der Marktgebühr als "Platzmiete" sei nicht bedeutsam. Ein Entgelt für die Benützung der Fläche außerhalb der Marktzeiten sei nicht eingehoben und der vorbereitete Mietvertragsentwurf von den Organen der klagenden Partei nicht genehmigt worden. Der Beklagte habe für sich und als Vertreter seines Vaters immer abgelehnt, die im Eigentum der klagenden Partei stehende Grundfläche auf Grund der ihm angebotenen zivilrechtlichen Benützungsbefugnis gegen Zahlung der Gebrauchsgebühr zu benützen. Er könne sich daher auch nicht auf einen solchen Vertrag stützen.

Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und daß die Revision zulässig sei. Es legte seiner Entscheidung die überprüften, als unbedenklich befundenen Feststellungen des Erstgerichtes zugrunde und teilte dessen Rechtsmeinung. Ein Mietvertrag sei zwischen der klagenden Stadtgemeinde (oder einem ihrer Rechtsvorgänger) mit dem Vater des Beklagten oder diesem selbst nicht zustande gekommen. Die klagende Partei habe dem Vater des Beklagten nur eine Teilfläche ihrer Liegenschaft als Marktstandplatz zur Verfügung gestellt, auf welcher dieser einen in seinem Eigentum stehenden Verkaufskiosk stehen hatte, dafür ein Marktentgelt nach den Markttarifen eingehoben und unentgeltlich die weitergehende Benützung außerhalb der Marktzeiten gestattet. Bei der Beurteilung von Handlungen auf ihre konkludente Aussage sei Vorsicht geboten und ein strenger Maßstab anzulegen. Aus der Bezeichnung der Marktgebühr als "Platzmiete" könne nicht auf die Absicht geschlossen werden, einen Bestandvertrag abzuschließen. Dies habe auch der Oberste Gerichtshof zu einem ähnlich gelagerten Fall in 3 Ob 638/86 ausgesprochen. Der Versuch der Beamten der klagenden Partei, das Benützungsverhältnis in eine Miete zu gestalten, sei an der Verweigerung der Genehmigung durch die zuständigen Organe gescheitert. Der Beklagte habe daher einen Titel zu einem über den Gemeingebrauch an der Grundfläche hinausgehenden Sondergebrauch nicht beweisen können und habe zu räumen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten gegen dieses Urteil ist nach dem § 502 Abs 4 Z 1 ZPO in der noch geltenden Fassung (Art XLI Z 5 WGN) zulässig, aber nicht berechtigt.

Verfehlt ist die Ansicht, dem Berufungsurteil hafte eine Nichtigkeit an, weil der Entscheidung das Prozeßhindernis der Streitanhängigkeit entgegenstehe. Die klagende Stadtgemeinde habe zu 12 C 205/84 des Bezirksgerichtes Salzburg gegen den Vater des Beklagten eine auf Räumung der Grundfläche von dem Trafik-Kiosk gerichtete Klage erhoben. Das Verfahren sei nicht abgeschlossen, sondern nur faktisch zum Stillstand gekommen. Der Beklagte sei als Erbe Gesamtrechtsnachfolger seines Vaters. Es liege daher Identität der Parteien und des Anspruches vor.

Dies ist nicht der Fall. Die Klage des Eigentümers gegen eine Person, die ohne Rechtstitel ihr Eigentum benützt, begründet keine Streitanhängigkeit für einen Anspruch gegen einen anderen titellosen Benützer. Die Rechtskraft eines Urteils erstreckt sich zwar auch auf den Rechtsnachfolger (Fasching ZPR Rz 1186, Judikat 63 = SZ 28/265), und ebenso besteht zwischen dem gegen den Rechtsvorgänger und dem gegen den Rechtsnachfolger über denselben Gegenstand in zwei Prozessen geltend gemachten gleichen Streitgegenstand Identität, die zum Prozeßhindernis der Streitanhängigkeit führt. Im vorliegenden Fall scheidet aber eine Rechtsnachfolge schon begrifflich aus; denn die klagende Partei macht in beiden Prozessen titellose Benützung geltend. Der Beklagte wird gerade deshalb belangt, weil er im Erbwege keine Rechte von seinem Vater übernommen habe, sondern wie sein Vater selbst wieder ohne Rechtstitel in das Eigentumsrecht der klagenden Partei eingreife. Damit wird der Räumungsanspruch im jetzigen Prozeß nicht aus demselben Sachverhalt abgeleitet. Im Vorprozeß war ein Verhalten des Vaters entscheidend, jetzt ist ein neues Verhalten des Sohnes entscheidend (vgl die Beispiele bei Fasching ZPR Rz 1187 über ein Begehren auf Kündigung oder Räumung desselben Bestandgegenstandes zu verschiedenen Terminen oder auf verschiedene Fakten gestützte Scheidungsklagen oder gesellschaftsrechtliche Ausschließungsklagen).

Die behauptete Nichtigkeit liegt also nicht vor.

Auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache ist nicht gegeben. Daß ein ausdrücklicher Mietvertrag über die strittige Aufstellungsfläche nie zustande kam, räumt der Beklagte selbst ein. Die Benützung der Teilfläche des öffentlichen Gutes erfolgte ausschließlich auf Grund der Gestattung der Aufstellung der Marktstände, worunter sich nicht nur leicht entfernbare, nur für den Markt aufgestellte Stände, sondern auch fest mit dem Boden verbundene Buden, Hütten oder Kioske befanden. Nur für die Dauer der Marktzeit wurde eine als "Platzmiete" bezeichnete Marktgebühr eingehoben, darüber hinaus benützte der Vater des Beklagten wie andere Kioskeigentümer die Grundfläche unentgeltlich. Weder aus der Einhebung dieser Marktgebühr, noch aus der unbeanstandeten Annahme der laufenden Gebührenzahlungen durch den Beklagten von monatlich 315 S läßt sich verläßlich auf den Vertragswillen der klagenden Stadtgemeinde schließen, die Aufstellungsfläche dem Kioskeigentümer auch außerhalb der Marktregelung entgeltlich zum Gebrauch zu überlassen. Der Beklagte und sein Vater durften auch bei redlicher Verkehrsauffassung aus dem Verhalten der Stadtgemeinde nicht auf einen solchen Vertragswillen schließen, war ihnen doch klar, daß der Versuch an der Ablehnung der zuständigen Magistratsorgane gescheitert war, einen Mietvertrag abzuschließen. Der Beklagte selbst hatte deutlich zu verstehen gegeben, daß er und sein Vater einer von der Stadtgemeinde angestrebten zivilrechtlichen Regelung der unklaren Benützungsverhältnisse nicht zustimmten. Sie wollten bei der Rechtsbeziehung bleiben, die vor dem Jahr 1980 bestand, und leisteten gegen eine Neuregelung Widerstand. Sie konnten daher die Vorgänge ab 1980 nicht dahin verstehen, daß die Stadtgemeinde nun doch einen Mietvertrag schießen oder einen früher zustande gekommenen Vertrag anerkennen wollen. Vor 1980 bestand jedoch nur das Marktstandgebrauchsrecht, wofür eine Gebühr eingehoben wurde und keine Miete. Schon deshalb brauchte die klagende Partei die Unanwendbarkeit des Mietengesetzes nicht nachzuweisen, weil dieses Gesetz öffentlich-rechtliche Benützungsverhältnisse auf einem Markt nicht erfaßte.

Ein Bestandvertrag kann konkludent nur zustande kommen, wenn beide Teile die Absicht hatten, einen solchen Vertrag abzuschließen (MietSlg 16.060 uva). Wenn das Verhalten der Vertragsteile mit Überlegung aller Umstände des Falles unter Berücksichtigung der im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten den zwingenden Schluß zuläßt, sie hätten sich darauf geeinigt, den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache gegen ein Entgelt zu überlassen, kommt unabhängig von der Benennung des Vertrages und der Bezeichnung des Entgelts ein Bestandvertrag zustande (Würth in Rummel, ABGB, Rz 4 zu §§ 1092-1094; zuletzt etwa MietSlg 35.135; MietSlg 39.086 ua). Dies trifft aber nicht zu, wenn ein anderer Rechtsgrund für die Benützung in Betracht kommt (Würth aaO).

Der erkennende Sent hat in der einen anderen Verkaufskiosk (Würstelstand) auf dem selben Platz betreffenden Entscheidung 3 Ob 638/86 vom 18.März 1987 das stillschweigende Zustandekommen eines Mietverhältnisses verneint, wenn die Stadtgemeinde als Eigentümerin eines als öffentliches Gut ausgewiesenen Grundstückes einen Marktstandplatz zur Verfügung stellte und dafür ein Benützungsentgelt nach Markttarifen verlangte und bezahlt erhielt, auch wenn die Benützung der Grundfläche auch außerhalb der Marktzeiten gestattet, dafür aber kein zusätzliches Entgelt begehrt wurde. Das Verlangen und Entgegennehmen einer Vergütung für die Überlassung einer Grundfläche iSd § 330 Abs 2 GewO wurde nicht als konkludentes Verhalten gewertet, das den Schluß zuließe, die Vertragsteile wollten ein Bestandverhältnis begründen. Bei der über die Ausübung des Marktrechtes hinausgehenden Benützung der Grundfläche fehlte es an der Entgeltlichkeit.

Von dieser Rechtsansicht abzugehen, besteht kein Anlaß. Daß das Benützungsentgelt als "Platzmiete" bezeichnet wurde, besagt nichts. Selbst die Bezahlung eines als "Mietzins" bezeichneten Entgelts begründet für sich allein kein Mietverhältnis (MietSlg 20.101/15; MietSlg 35.139 ua). Daß die Stadtgemeinde einen Mietvertrag geschlossen hätte, läßt sich auch nicht aus den vorgelegten Urkunden ableiten; sie hatte ausschließlich im Rahmen der Ausübung des Marktrechtes Benützungsentgelt eingehoben. Daran ändert weder die Erteilung des Gewerbes für den Standort der Verkaufshütte noch die Gestattung der Verwendung der Verkaufshütte zum Verschleiß von Tabakwaren etwas.

Da die Versuche, das Marktbenützungsverhältnis auf eine andere rechtliche Grundlage zu stellen, scheiterten, steht dem Beklagten kein Sondergebrauchsrecht zu. Er benützt die Grundfläche titellos und ist zur Räumung verpflichtet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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