OGH 5Ob644/89

OGH5Ob644/8912.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1.) Rudolf W***, Techniker, Viktring, Emil Mende-Gasse 8, 2.) Irmgard W***, Hausfrau, ebendort,

3.) Heinrich K***, Angestellter, Möderndorf 13, 4.) Harald N***, Angestellter, Viktring, Emil Mende-Gasse 12,

5.) Jolante L***, Angestellte, ebendort, und 6.) Erwin U***, Angestellter, Viktring, Emil Mende-Gasse 14, alle vertreten durch Dr. Gerald Herzog und Dr. Manfred Angerer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die Antragsgegner 1.) Traude E***, Angestellte, Viktring, Emil Mende-Gasse 6, 2.) Sonja J***-G***, Hausfrau, Viktring, Emil Mende-Gasse 2, diese vertreten durch Dr. Walter Suppan, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Zustimmung zum Ansuchen um eine Baubewilligung infolge Revisionsrekurses der Zweitantragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 27. Oktober 1989, GZ 1 R 513/89-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 7. September 1989, GZ 4 Nc 49/88-17, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Erstantragsteller und die Zweitantragstellerin sind zu je 1/12, die übrigen Antragsteller und die beiden Antragsgegnerinnen zu je 2/12 Miteigentümer der Liegenschaft EZ 301 KG Viktring mit dem Grundstück 58/110, das zur Errichtung von Garagen vorgesehen war. Mit der Behauptung, daß auf dem Grundstück 58/110 eine Garage stehe, für die nachträglich um die Baubewilligung angesucht werden müsse, was bisher an der ablehnenden Haltung der Zweitantragsgegnerin gescheitert sei, haben die Antragsteller das Begehren gestellt, die Zweitantragsgegnerin dazu zu verhalten, dem Antrag auf Erteilung der Baubewilligung für die auf dem Grundstück 58/110 von einem Rechtsvorgänger des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin errichteten Garage zuzustimmen. Die Erstantragsgegnerin räumte ein, daß es möglich sei, daß sie am 25. Februar 1985 die Zustimmung zur Baubewilligung erteilt habe. Sie habe nichts gegen die Erteilung der Baubewilligung, wenn die Garage der Antragsteller (Erst- und Zweitantragsteller) die gleiche Größe bekomme wie alle anderen Garagen.

Die Zweitantragsgegnerin verwies darauf, daß die von ihr angestrebte Errichtung einer Garage nicht möglich sei, weil sich Erst- und Zweitantragsteller dagegen ausgesprochen bzw. eine positive Stellungnahme nicht abgegeben hätten. Auch gebe es baurechtliche Einwände. Durch die konsenslose Bauführung seien wesentliche Interessen der beiden Antragsgegnerinnen beeinträchtigt worden, weil sie zu ihren geplanten Garagen nicht gefahrlos zufahren könnten.

Das Erstgericht ersetzte die Zustimmung der Zweitantragsgegnerin zum Ansuchen der beiden Erstantragsteller um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Garage auf dem Grundstück 58/110 der Liegenschaft EZ 301 KG Viktring. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Zweitantragsgegnerin nicht Folge.

Gegen den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der auf die Beschwerdegründe der offenbaren Gesetzwidrigkeit und der offenbaren Aktenwidrigkeit gestützte Revisionsrekurs der Zweitantragsgegnerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Antragsabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels Ausführung eines gesetzmäßigen Beschwerdegrundes unzulässig.

Offenbar gesetzwidrig soll die Rekursentscheidung zunächst deswegen sein, weil die Anrufung des Außerstreitrichters nach der klaren Regelung der §§ 834, 835 ABGB nur wegen in Zukunft beabsichtigter wichtiger Änderungen, nicht aber zur nachträglichen Sanktionierung bereits durchgeführter wichtiger Veränderungen erfolgen könne.

Dem ist entgegenzuhalten, daß der Oberste Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, daß die Ansicht, die §§ 834, 835 ABGB schlössen nicht aus, daß Miteigentümer durch nachträgliche Antragstellung beim Außerstreitrichter die Genehmigung eigenmächtig vorgenommener wichtiger Veränderungen erlangen könnten, nicht offenbar gesetzwidrig ist (MietSlg 17.052, 22.053, 30.087, 36.845 ua). Davon im vorliegenden Fall abzugehen, sieht sich der erkennende Senat nicht veranlaßt.

Mit offenbarer Gesetz- und Aktenwidrigkeit soll die Rekursentscheidung ferner deshalb behaftet sein, weil ohne entsprechendes Parteienvorbringen und ohne nähere Begründung eine Interessenabwägung zugunsten der Antragsteller vorgenommen worden sei.

Dem ist zu erwidern, daß der von der Zweitantragsgegnerin erhobene Vorwurf nicht zutrifft. Die Antragsteller haben sehr wohl ihr Interesse an der Zustimmung der Zweitantragsgegnerin zum Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung und die Umstände dargelegt, derentwegen der Zweitantragsgegnerin diese Zustimmung auch zumutbar erscheint. Die Vorinstanzen sind aufgrund des beiderseitigen Parteienvorbringens sowie aufgrund der nach Durchführung eines Beweisverfahrens getroffenen Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt, daß die nach §§ 834, 835 ABGB vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten der Antragsteller ausfällt. Die Frage, unter welchen Umständen eine von der Minderheit verweigerte Zustimmung zu einer wichtigen Veränderung durch gerichtliche Entscheidung zu ersetzen ist, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Aus § 835 ABGB lassen sich nur die Grundsätze ableiten, daß die Zustimmung im Fall offenbar vorteilhafter Veränderungen zu erteilen, im Fall bedenklicher Veränderungen von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, im Fall nachteiliger Veränderungen aber abzulehnen ist. Alle Erwägungen für und wider spielen jedoch im Ermessensbereich, bei dem es - pflichtgemäße Ermessensausübung vorausgesetzt - schon begrifflich keine offenbare Gesetzwidrigkeit geben kann (vgl. Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 16 zu § 835; MietSlg 36.845, 37.803, 39.820 ua, zuletzt etwa 4 Ob 632/88). Daß die Vorinstanzen ihr Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt hätten, vermag die Zweitantragsgegnerin nicht darzutun.

Schließlich erblickt die Zweitantragsgegnerin eine offenbare Aktenwidrigkeit der Rekursentscheidung darin, daß das Rekursgericht davon ausgeht, daß eine Zustimmung der Erstantragsgegnerin zu dem strittigen Garagenbau vorliege. Diese Zustimmung sei nämlich nur unter bestimmten Bedingungen erteilt worden und stelle daher keine Zustimmung im Sinne der baurechtlichen Bestimmungen dar. Demnach fehle eine weitere Voraussetzung für die Antragsstattgebung, die Beteiligung sämtlicher Miteigentümer am Verfahren.

Auch diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Das Rekursgericht hat nicht übersehen, daß die Erstantragsgegnerin ihre Zustimmung zu dem strittigen Garagenbau nur unter bestimmten Bedingungen erteilt hat, vielmehr dargelegt, warum es aufgrund des festgestellten Sachverhaltes die Erfüllung dieser Bedingungen annahm. Inwiefern die Frage der Zustimmung der Erstantragsgegnerin für die Frage von Bedeutung sein soll, ob alle Miteigentümer am gegenständlichen Verfahren beteiligt waren - was tatsächlich der Fall ist -, ist nicht ersichtlich. Im übrigen ist es Sache der Antragsteller, ob sie sich mit der vorliegenden bedingten Zustimmung der Erstantragsgegnerin zufriedengeben und Gefahr laufen wollen, für den Fall, daß sich die Baubehörde damit nicht begnügt, die gerichtliche Ersetzung (auch) dieser Zustimmung beantragen zu müssen. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte