OGH 6Ob730/88

OGH6Ob730/8830.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Kheiri R***, Kaufmann, Offenburg, In der Gifiz 21, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr.Ernst Pallauf, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei C*** Speditions-Transport-Gesellschaft mbH, Salzburg, Vogelweiderstraße 55, vertreten durch Dr.Dieter Graf, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen des Schillinggegenwertes von DM 33.480 samt Nebenforderungen infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 6.September 1988, GZ 2 R 74/88-87, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28.Dezember 1987, GZ 12 Cg 24/84-79, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird stattgegeben und das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles erster Instanz mit der Maßgabe abgeändert, daß die Umrechnung nach dem von der Wiener Börse am Zahlungstag zuletzt verlautbarten Notenmittelkurs zu erfolgen hat. Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit insgesamt S 25.562,35 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten an Barauslagen S 2.902,90 und an Umsatzsteuer S 2.059,95) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin betreibt ein Handelsunternehmen mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte ist eine österreichische Handelsgesellschaft. Sie betreibt das Speditions- und Transportgewerbe. Sie warb für ihre Leistungen an vorteilhaften LKW-Transporten EuropaAsien-Afrika unter Hinweis darauf, daß ihr Service (durch prompte Übernahme, gute Laufzeit und reibungslose Abwicklung) ihren Auftraggebern einen entscheidenden Vorsprung verschaffe. Für einen Transport in die Vereinigten Arabischen Emirate benötigt ein LKW erfahrungsgemäß im allgemeinen drei Wochen, bei besonderen Verhältnissen vier Wochen. Bei einem Transport in die Vereinigten Arabischen Emirate hat der Absender dem Frachtführer an Dokumenten Handelsrechnungen, Packliste und Ursprungszeugnis zu übergeben. Diese Dokumente müssen von der örtlichen Handelskammer beglaubigt und von der Botschaft oder dem Konsulat des Empfanglandes legalisiert sein. Dem Antrag auf Erteilung der Sichtvermerke für die LKW-Fahrer (zur Durchfahrt durch Saudi-Arabien und zur Einreise in die Vereinigten Arabischen Emirate) ist jeweils eine Kopie der oben erwähnten Dokumente anzuschließen. Dauervisa werden nicht erteilt. In der Praxis werden regelmäßig die Dokumente und die Sichtvermerke vor der Beladung des Transportfahrzeuges besorgt. Die Beglaubigung und Legalisierung der Dokumente erfordert gewöhnlich ein bis zwei Wochen. Die Suche nach einem neuen Frachtführer nimmt üblicherweise eine Dispositionszeit von vier Tagen und eine Woche für die Visabesorgung in Anspruch.

Als der Kläger im Rahmen seiner Geschäftsverbindung mit einer Gesellschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Juni 1979 eine Bestellung auf Lieferung einer größeren Anzahl von 6 m3 fassenden Behältnissen mit Argongas angenommen hatte, von denen 600 Behälter auf dem Landwege in Lastkraftwagen bis längstens 22. Juli 1979 am Bestimmungsort in den Vereinigten Arabischen Emiraten anzuliefern waren, nahm er wegen des Transportes zunächst fernmündlich Gespräche mit der Beklagten auf. Konkurrenten der Beklagten hatten dem Kläger Transporte in die Vereinigten Arabischen Emirate und andere arabische Länder bei einer Fahrzeit von 10 bis 12 Tagen angeboten. Der Seetransport dauerte etwa ein Monat. Bei seinen Ferngesprächen mit der Beklagten erwähnte der Kläger zwar die Dringlichkeit der Warentransporte, ohne aber die von ihm gegenüber der arabischen Käuferin eingegangene Terminverpflichtung offenzulegen.

Nach dem Inhalt des Bestätigungsschreibens an die arabische Bestellerin vom 19.Juni 1979 hatte der Kläger dafür garantiert, daß die 600 auf dem Landwege zu befördernden Behälter, für die unter Vereinbarung der "c & f"-Klausel ein um DM 68 höherer Preis je Behälter als für die übrigen auf dem Seeweg zu liefernden Behälter vereinbart worden war, nicht später als bis zum 22.Juli 1979 am Bestimmungsort Dubai ankommen werden. Im Zusammenhang damit hatte der Kläger sich verpflichtet, für jeden verspätet gelieferten Behälter DM 68, als jenen Betrag, um den die Landfracht die Seefracht übersteige, rückzuerstatten.

Der Geschäftsführer und ein Angestellter der Beklagten erklärten telefonisch dem Kläger übereinstimmend, daß die von der Bundesrepublik Deutschland nach den Vereinigten Arabischen Emiraten zu befördernde Ware innerhalb von 14 bis 15 Tagen "unten" sein könnte.

Der Kläger erteilte nach diesen fernmündlichen Vorgesprächen am 19. Juni 1979 der Beklagten telefonisch den Auftrag zur Versendung der 600 Stahlflaschen von einem Übernahmeort in der Bundesrepublik Deutschland nach einem Bestimmungsort in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf zwei österreichischen Sattelschlepperzügen. Der Kläger bestätigte seinen fernmündlichen Auftrag in einem Fernschreiben vom 20. Juni 1979. In diesem Bestätigungs-Fernschreiben hielt der Kläger unter anderem als vereinbart fest: Die Stellung des ersten Fahrzeuges am 21.Juni, die des zweiten am folgenden Tag am deutschen Übernahmsort zur Beförderung von je 300 Gas-Stahlflaschen; die Landfahrtroute unter Benützung der Fähre von Volos nach Tartous; ferner die in den Frachtbrief aufzunehmenden Daten. In der fernschriftlichen Antwort vom selben Tag (16 Uhr 10) hielt die Beklagte ihrerseits unter anderem folgendes fest:

"Bezüglich der Laufzeit können wir Ihnen keine Garantie geben (Dauer des Visaantrages, Verzollung usw), jedoch werden wir alles daransetzen, eine gute Laufzeit zu erreichen. Wir werden Sie über den jeweiligen Aufenthalt des LKWs informieren."

Am 21.Juni 1979 unterrichtete die Beklagte den Kläger mittels Fernschreibens (von 10 Uhr 15), daß das für diesen Tag angekündigte Fahrzeug wegen einer anderweitigen Verrichtung morgens nicht am Übernahmeort sein könnte, aber noch im Laufe des Tages zwecks Beladung eintreffen werde. Gleichzeitig teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß das für den folgenden Tag eingeteilte Fahrzeug in der Frühe in Köln abladen und anschließend zur Beladung am Übernahmsort eintreffen werde.

Mit einem weiteren Fernschreiben setzte die Beklagte den Kläger am 21.Juni 1979 davon in Kenntnis, daß ein namentlich benannter Unternehmer versuchen werde, das zweite Fahrzeug am folgenden Nachmittag zu laden, gleichzeitig ersuchte die Beklagte um Bestätigung, daß der Kläger "die Dokumente bereits erhalten" habe. Der Kläger wies die Beklagte in seinem Schreiben vom 21. Juni 1979 darauf hin, daß er ihr im Nachhang zum fernschriftlichen Auftrag für beide Ladungen je eine von der Industrie- und Handelskammer beglaubigte Kopie der Rechnung und des Ursprungszeugnisses übersendet habe; dem fügte der Kläger wörtlich bei: "Eine Legalisierung der Dokumente von der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate war leider aus Zeitgründen nicht mehr möglich, was laut Akkreditivbedingungen auch nicht verlangt wurde."

Die vom Kläger in seinem Schreiben vom 21.Juni 1979 erwähnten Papiere langten am folgenden Tag, einem Freitag, nachmittags bei der Beklagten ein. Die Beklagte hielt in ihrem am Dienstag, dem 26. Juni 1979, mittags an den Kläger abgesetzten Fernschreiben wörtlich fest: "Wir haben am Donnerstag sowie am Freitag je eine Ladung nach Dubai übernommen. Die Papiere erhielten wir von Ihnen am Freitag Nachmittag. Nach Durchsicht der Papiere mußten wir feststellen, daß keine Beglaubigung vom zuständigen arabischen Konsulat vorhanden ist. Die Fahrer konnten somit kein Visum erhalten und befinden sich nun seit Montag in Wartestellung in Salzburg. Die anfallende Stehzeit müssen wir Ihnen leider in Rechnung stellen...... Wir werden Sie sofort informieren, wenn die beglaubigten Papiere bei uns eintreffen."

Im anschließenden fernschriftlichen Meinungsaustausch über das Verschulden an den durch das Fehlen der konsularischen Beglaubigungen entstandenen Stehzeiten vertrat die Beklagte gegenüber dem Kläger den Standpunkt, sie habe dessen Kenntnis darüber voraussetzen dürfen, daß für einen (Land-)Transport nach arabischen Ländern die Papiere nicht nur von der Handelskammer, sondern unbedingt auch vom zuständigen Konsulat beglaubigt sein müßten.

Der Kläger war nach der erteilten Aufklärung um die für die Erteilung der Fahrervisa erforderlichen Beglaubigungen durch die Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate in Wien bemüht. Die beglaubigten Papiere langten am 28.Juni 1979 ein. Die Beklagte bestätigte deren Einlangen mit dem Fernschreiben vom 29. Juni 1979.

Der Kläger hielt in seinem Schreiben vom 29.Juni 1979 gegenüber der Beklagten seinen Rechtsstandpunkt zu der mit der Visaerteilung verbundenen Transportverzögerung in folgender Weise fest:

"Wir möchten zum Ausdruck bringen, daß die Beschaffung der notwendigen Begleitpapiere und alle notwendigen Legalisierungen, Visa, Carnet de Passage, Zollpapiere, etc ausschließlich Aufgabe der Speditionsfirma ist und nicht des Auftraggebers und somit tragen wir an der Verzögerung des Transportes und Stehzeit keinerlei Schuld. Unser Auftrag an Sie basierte auf der Bedingung, daß die Gesamtlieferzeit von Hattingen nach Dubai ca. 12 bis maximal 15 Tage betragen wird. Etwaige Verzögerungen können unseren Auftraggeber dazu veranlassen, die Annahme der Ware zu verweigern. Wir müssen Sie deshalb dafür und für alle eventuell auftretenden Konsequenzen sowie Auftragsverlust haftbar machen. Wir hoffen jedoch, daß weder Ihnen noch uns irgendwelche Schäden dadurch entstehen......"

Das vom Übernahmsort in der Bundesrepublik Deutschland durch einen Frachtführer, der keine Transporte in den Nahen Osten durchführt, mit einem Zug am 21.Juni 1979 und mit einem zweiten am folgenden Tag geladene Frachtgut wurde während der durch die fehlenden Beglaubigungen erzwungenen Stehzeit in einem Zollager in Oberösterreich zwischengelagert. Der Weitertransport erfolgte durch zwei verschiedene von der Beklagten beauftragte Frachtführer:

Die Beklagte erteilte zunächst einem Salzburger Frächter den Transportauftrag zur Beförderung von 300 Behältern vom oberösterreichischen Zollager nach Dubai. Dabei benannte die Beklagte dem Frachtführer keine bestimmte Lieferfrist, wies aber darauf hin, daß der Transport möglichst rasch abgewickelt werden solle. Der Fahrer des von der Beklagten beauftragten Frachtführers begann seine Fahrt ab dem Zollager am 8.Juli 1979. Am 10.Juli 1979 trat auf der Fahrt durch Jugoslawien am Zugfahrzeug aus unbekannt gebliebener Ursache ein Kabelbrand auf. Dabei verbrannte auch der Reisepaß des Fahrers. Die Zugmaschine wurde zur Reparatur nach Österreich zurückgeholt. Für den Fahrer mußten neuerlich die Sichtvermerke besorgt werden. Die Beklagte war von ihrem Frachtführer durch ein Fernschreiben vom 11.Juli 1979 nach 22 Uhr vom Kabelbrand und der Vernichtung des Reisepasses sowie von der beabsichtigten Rückholung der Zugmaschine unterrichtet worden. Die Beklagte setzte den Kläger durch ein am 12.Juli 1979 um 10 Uhr 15 abgesetztes Fernschreiben von dem Zwischenfall mit der Zusicherung in Kenntnis, sich zu bemühen, schnellstens eine neue Zugmaschine und wenn nötig, neue Visa zu besorgen. Dem fügte der Angestellte der Beklagten hinzu, er könne zur Stunde selbst nicht sagen, wie es weiterginge, und stellte für die Zukunft ständige Informationen in Aussicht. Der Fahrer des von der Beklagten beauftragten Frachtführers fuhr erst am 22. oder 23.Juli 1979 wieder von Österreich ab. Er benützte am 26.Juli 1979 die Fähre von Volos und lieferte das Frachtgut am 5.August 1979 beim Empfänger ab. Dieser bestätigte auf dem CMR-Frachtbrief den Erhalt der Ware, ohne wegen verspäteter Ablieferung einen Vermerk beizufügen.

Am 10.Juli 1978 erteilte die Beklagte einer bayerischen Gesellschaft mittels Telex in Ansehung der zweiten Teilmenge von 300 Gasflaschen einen Transportauftrag. Die Beklagte unterließ dabei jeden Hinweis auf eine besondere Dringlichkeit. Diese bayerische Gesellschaft führte damals mit etwa 10 eigenen LKW-Zügen regelmäßig Transporte in den Nahen Osten durch. Ohne unvorhergesehene Grenzaufenthalte, die im Einzelfall bis zu 14 Tagen ausmachten, veranschlagte dieses Unternehmen für seine Transporte in den Nahen Osten drei bis vier Wochen. Ein Fahrer dieses Frachtführers lud die 300 Gasflaschen am 12.Juli 1979 in der Zwischenlagerstätte im oberösterreichischen Zollager, übernahm die Frachtpapiere und fuhr mit der Ladung zunächst nach dem bayerischen Unternehmenssitz. Dort lagerte das Frachtgut, bis die Visa ausgestellt waren. Die Visabesorgung dauerte üblicherweise ein bis zwei Wochen. Die Beklagte unterrichtete den Kläger mittels Telex vom 16.Juli 1979 tatsachenwidrig, daß "ein Fahrzeug planmäßig unterwegs" sei und "die Fähre am Mittwoch benützt" habe. (Dem fügte der Angestellte der Beklagten in Klammer das polizeiliche Kennzeichen des Salzburger LKWs an, das er im Telex vom 20.Juni 1979 angekündigt hatte.) Etwa am 22.Juli 1979 fuhr der LKW-Zug des bayerischen Frächters von Bayern nach dem Nahen Osten ab.

Die Beklagte gab dem Kläger mit Fernschreiben vom 23.Juli 1979 tatsachenwidrig bekannt, daß der Fahrer des LKWs mit dem bereits bekannten Kennzeichen den Familiennamen des Frächters führe, der den Transport nur bis zum Zollager durchführte, weil er grundsätzlich nicht in den Nahen Osten fahre. Gleichzeitig behauptete der Angestellte der Beklagten in diesem Telex, daß der zweite LKW an diesem Tage die Fähre von Volos nach Tartous benützen werde. (Tatsächlich war dieser LKW erst an diesem Tag oder am Vortag wieder aus Österreich abgefahren und benützte die Fähre erst am 26. Juli 1979).

Der Geschäftsführer der Beklagten ersuchte den Kläger in einem am 27.Juli 1979 abgesetzten Fernschreiben, die nur unter Vorlage eines Abladungsnachweises abrufbare Bankgarantie (für die Fracht) um ein Monat zu verlängern, und wiederholte aus diesem Anlaß die Beteuerung, "daß beide Transporte unterwegs" seien, fügte aber hinzu, daß der Beklagten "zur Zeit die Aufenthalte der LKWs nicht bekannt" seien.

Der LKW des bayerischen Frächters langte nach einer Fahrt ohne außergewöhnliche Verzögerungen am 21.August 1979 im Bestimmungsort ein.

Mit seinem Schreiben vom 24.August 1979 bemängelte der Kläger gegenüber der Beklagten, daß die beiden Ladungen "mit sehr großer Verzögerung von insgesamt fast zwei Monaten statt der in unserem Auftrag angesetzten Fahrzeit von maximal 14 - 15 Tagen" transportiert worden seien. Er behielt sich gerichtliche Schadenersatzansprüche für sämtliche ihm und seinem Kunden zugefügten Schäden und Verluste vor.

Nach dem Erhalt dieses Schreibens erstattete die Beklagte ihrem CMR-Versicherer mit Fernschreiben vom 30.August 1979 wegen der Lieferfristüberschreitung eine "vorsorgliche Schadensmeldung". Die Beklagte stellte dem Kläger als Fracht je LKW-Ladung DM 16.740, zusammen daher DM 33.480 in Rechnung.

Die Empfängerin belastete den Kläger zum 31.Dezember 1979 wegen Nichteinhaltung des Liefertermins mit DM 44.427, und zwar mit dem vereinbarten Rückersatz (DM 68 je Flasche, Liefermenge 600 Flaschen) von DM 40.800 zuzüglich Spesen im Zusammenhang mit der Suche nach dem zweiten LKW im Betrag von DM 3.627.

Mit der am 4.August 1980 angebrachten Klage begehrte der Kläger von der Beklagten Ersatz der der Empfängerin geleisteten Frachtrückvergütung wegen Lieferfristüberschreitung. Der Kläger brachte vor, die Beklagte habe in Ansehung beider Ladungen die nach Art. 19 CMR maßgebliche übliche Lieferfrist von 10 - 12 Tagen erheblich überschritten. Mit dem Schreiben vom 24.August 1979 sei rechtzeitig ein Vorbehalt im Sinne des Art. 30 Z 3 CMR ausgesprochen worden. Durch die Lieferfristüberschreitung sei dem Kläger ein Schaden in der Höhe des der Empfängerin nach dem Kaufvertrag zu vergütenden Betrages von DM 40.800 erwachsen. Diesen Schaden habe die Beklagte bis zur Höhe der Fracht und daher im Betrag von DM 33.480 zu ersetzen. Die Beklagte habe ihre Ersatzpflicht auch anerkannt.

Die Beklagte behauptete die Einhaltung der ortsüblichen Lieferzeiten, bestritt den Zugang des Vorbehaltsschreibens vom 24. August 1979 und wendete Anspruchsverjährung nach den Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen ein. Auf die Bestimmungen der CMR gestützte Ansprüche könnte der Kläger nur gegen den Frachtführer, nicht gegen die Beklagte als Spediteur geltend machen. Der CMR-Versicherer der beiden von der Beklagten beauftragten Frachtführer hätte eine Schadensregulierung abgelehnt. Die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung einer Konventionalstrafe an den Empfänger als Käufer der Transportgüter sei bereits mit Ablauf des 19.Juli 1979 ausgelöst worden, diesen Liefertermin hätte die Beklagte keinesfalls einhalten können (Schriftsatz

ON 76 - Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7.Juli 1987, AS 307).

Das Prozeßgericht erster Instanz gab dem Klagebegehren - unter unbekämpft gebliebener Abweisung des den Zinsfuß von 4 % übersteigenden Zinsenbegehrens - statt. Dabei formulierte es antragsgemäß, daß der SchillingGegenwert des in DM-Währung ausgedrückten Klagsbetrages "zum Umrechnungskurs der Österreichischen Nationalbank, Notenmittelkurs, am Zahlungstage" zahlbar sei.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im klagsabweisenden Sinne ab. Dazu sprach es aus, daß die Revisionszulässigkeit nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorliege.

In rechtlicher Beurteilung gingen beide Vorinstanzen davon aus, daß die Beklagte vom Kläger einen Auftrag zu einem grenzüberschreitenden Gütertransport von einem Übernahmsort in der Bundesrepublik Deutschland unter Vereinbarung einer festen Frachtrate übernommen habe und deshalb als Fixkostenspediteur aus dem Vertrag wie ein Frachtführer nach den - im Sinne des Art. 41 CMR zwingenden Regelungen der CMR zu haften habe. Mangels ausdrücklich vereinbarter Lieferfrist fiele der Beklagten im Sinne des Art. 19 CMR nur dann eine von ihr zu vertretende Lieferfristüberschreitung zur Last, wenn die tatsächliche Beförderungsdauer unter Berücksichtigung der Umstände die einem sorgfältigen Frachtführer zuzubilligende Zeit überschritten hätte. Der an dem einen Transportfahrzeug aufgetretene Kabelbrand und die damit verbundene Reiseverzögerung könnten die Beklagte, die gemäß Art. 3 CMR auch für das Verhalten aller jener Personen einzustehen habe, deren sie sich bei der Ausführung der Beförderung bedient habe, gemäß Art. 17 Z 3 CMR nicht entlasten. Es wäre auch ausschließlich im (Organisations-)Bereich der Beklagten gelegen gewesen, wenn diese in Ansehung der Ladung des zweiten Transportfahrzeuges erst am 10.Juli 1979 einen anderen Frachtführer beauftragt, und noch dazu nicht auf die Dringlichkeit der Beförderung hingewiesen habe.

Das Berufungsgericht hob im Zusammenhang mit der tatsächlichen Beförderungsdauer ausdrücklich hervor, daß es ebenfalls ausschließlich im Organisationsbereich der Beklagten gelegen gewesen sei, daß diese zunächst (für den Transport ab dem deutschen Übernahmsort) einen Frachtführer beauftragt habe, der keine Transporte in ein nahöstliches Bestimmungsland übernehme. Die Vorinstanzen nahmen daher in Ansehung beider Ladungen eine von der Beklagten zu vertretende Lieferfristüberschreitung an. Beide Vorinstanzen erachteten auch das Schreiben des Klägers vom 24. August 1979 als wirksamen Vorbehalt im Sinne des Art. 30 Z 3 CMR. Während aber das Prozeßgericht erster Instanz zu dem im Sinne des Schriftsatzes ON 76 erhobenen schadenersatzrechtlichen Einwand nicht Stellung bezogen und die Lieferfristüberschreitung für die vom Kläger als Schaden geltend gemachte Frachtrückerstattung als vertragswidrig und kausal unterstellt hatte, erachtete das Berufungsgericht den Einwand unter dem Gesichtspunkt, daß auch ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten die Verpflichtung zum Rückersatz der Frachtdifferenz nicht verhindert hätte, als stichhältig. Es meinte, der Kläger habe den Abfahrtszeitpunkt (des in der Folge wegen Kabelbrandes aufgehaltenen Fahrzeuges) vom 8. Juli 1979 nicht bemängelt, müßte eine übliche Fahrtdauer von drei Wochen und auch unter Berücksichtigung der Zusage der Beklagten für eine gute Laufzeit zumindest eine reine Beförderungsdauer von 15 Tagen hinnehmen und hätte daher nicht unbedingt eine Ablieferung bis 22.Juli 1979 erwarten dürfen, sondern vielmehr auch noch eine Ablieferung am folgenden Tag als innerhalb üblicher Lieferfrist hinnehmen müssen. Dasselbe gelte in Ansehung der zweiten Ladung, selbst wenn das Transportfahrzeug ebenfalls bereits am 8.Juli 1979 zum Weitertransport abgefahren wäre. Auch bei Einhaltung der der Beklagten zuzubilligenden Lieferfrist wäre der Kläger der Empfängerin als Käuferin den vereinbarten Rückersatz an Frachtdifferenzen schuldig geworden. Deshalb hafte die Beklagte dem Kläger dafür trotz Lieferfristüberschreitung nicht. Der Kläger ficht das (über einen Streitgegenstand im Zulassungsbereich ergangene) Berufungsurteil unter Geltendmachung irriger Lösung mehrerer nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO qualifizierter Fragen des materiellen Rechtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf vollständige Stattgebung des Klagebegehrens zielenden Abänderungsantrag an.

Die Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen der zu lösenden frachtrechtlichen Haftungsfragen zulässig. Sie ist auch berechtigt.

Die Vorinstanzen haben entgegen dem auch noch in der Revisionsbeantwortung verfochtenen Standpunkt der Beklagten mit Recht eine grundsätzlich Schadenersatzpflicht auslösende Vertragsverletzung der Beklagten durch Lieferfristüberschreitung angenommen.

Selbst wenn den Leuten der Beklagten, die für diese mit dem Kläger die Vertragsverhandlungen im Fernschreibwege führten, hinsichtlich der genauen Erfordernisse der vom Absender zu übergebenden Begleitpapiere keine Verletzung von Aufklärungspflichten anzulasten gewesen wäre und der Beklagten auch keine Säumnis in der Einforderung gehörig legalisierter Dokumente unterlaufen sein sollte (nach dem Inhalt der Beilage 6 wurde das Telex mit dem Hinweis auf die fehlenden Legalisierungen der vom Kläger übersandten Papiere zu den am Donnerstag und Freitag geladenen Güter, obwohl die Papiere am Freitag Nachmittag bei der Beklagten eingetroffen waren, erst am folgenden Dienstag zu Mittag an den Kläger abgesetzt: 26.Juni 1979 11 Uhr 50) und daher die von der Beklagten zu vertretende Beförderungszeit für den Weitertransport ab Österreich erst ab dem festgestellten Einlangen der gehörig ausgestatteten Dokumente am Donnerstag, dem 8.Juli, zu laufen begonnen hätte, wäre die Beklagte nach der ihr aus dem Fernschreibverkehr bekannten Erwartung des Klägers, daß der Transport in höchstens 14 bis 15 Tagen bewirkt sein würde, zufolge des eigenen Versprechens einer guten Laufzeit und auf Grund der Kenntnis der - von wem immer zu vertretenden - bereits eingetretenen Transportverzögerung gehalten gewesen, die Beförderung ohne jede weitere vermeidbare Verzögerung zu bewirken (vgl. SZ 60/64), das heißt jene Beförderungsdauer von 10 bis 12 Tagen nicht zu überschreiten, die andere Frachtführer dem Kläger konkret für die damalige Zeit als Vertragsgrundlage in Aussicht gestellt hatten. Jede spätere Ablieferung am arabischen Bestimmungsort als Sonntag, dem 22.Juli 1979 wäre daher - außer bei nicht von der Beklagten zu vertretenden Zwischenfällen - bereits außerhalb der einem sorgfältigen Frachtführer nach den gegebenen Umständen zuzubilligenden Beförderungsdauer gelegen gewesen.

Den aus nicht aufgeklärter Ursache entstandenen Kabelbrand an dem einen Transportfahrzeug haben die Vorinstanzen im Sinne des Art. 17 Z 3 CMR zutreffend nicht als Entlastungsgrund gewertet. Daß in Ansehung der Ladung des zweiten Transportfahrzeuges während der erzwungenen Wartezeit bis zum Einlangen der gehörig legalisierten Begleitdokumente kein leistungswilliger Frachtführer gefunden wurde, hat die Beklagte als einen ausschließlich in ihrem Organisationsbereich gelegenen Umstand allein zu vertreten. Im Eintreffen des einen Transportfahrzeuges, das tatsächlich am Sonntag, dem 8.Juli 1979, vom oberösterreichischen Zollager abgefahren ist, im arabischen Bestimmungsort nach 28 Tagen und im Eintreffen des anderen Transportfahrzeuges, das bei entsprechend sorgfältiger Disposition der Beklagten zur Weiterbeförderung ebenfalls am 8.Juli 1979 hätte abfahrbereit gewesen sein müssen, tatsächlich aber erst am 22.Juli 1979 von Bayern abgefahren ist, weil der Frächter von der Beklagten erst am 10.Juli einen Frachtauftrag erhalten hatte, erst 16 Tage nach dem ersten Transport lagen vertragswidrige Überschreitungen der Lieferfrist. Mit seinem Schreiben vom 24.August 1979 hat der Kläger deshalb gegenüber der Beklagten einen entsprechenden Vorbehalt erklärt. Er hat auch innerhalb der Jahresfrist des Art. 32 Z 1 a CMR seine Ersatzklage erhoben.

Mit dieser forderte der Kläger unter Bedachtnahme auf die Haftungsbeschränkung nach Art. 23 Z 5 CMR jenen Betrag, um den er dem Empfänger die Ware bei Vereinbarung der c & f-Klausel wegen des Landtransportes teuerer verkaufte als die zu See zu liefernde Ware, wobei er ein Eintreffen der Landfracht bis spätestens 22.Juli 1979 garantiert und sich zur Rückzahlung der mit DM 68 je Transportbehälter kalkulierten Frachtdifferenz zwischen Landfracht und Seefracht für den Fall, einer Fristüberschreitung verpflichtet hatte.

In dieser Schadensableitung liegt keine Geltendmachung eines nicht ersatzfähigen mittelbaren Schadens, weil der Unterschiedbetrag objektiv das Interesse an der Erreichung einer kürzeren Beförderungsdauer durch die Wahl des Straßentransportmittels gegenüber dem Schiffstransport ausdrückt und im Falle einer Verzögerung des Landtransportes bis zu einem Zeitpunkt, in dem das Eintreffen des Transportgutes auf dem Seeweg zu erwarten gewesen wäre, sich gerade die Frachtdifferenz als vereitelter Aufwand darstellt. Die Verpflichtung der Beklagten zur Einhaltung der nach den konkreten Umständen angemessenen Beförderungsdauer sollte für den Kläger jene raschere Lieferung gewährleisten, deretwegen er die die Frachtdifferenz gegenüber dem längeren Seetransport (über den Kaufpreis) zum wirtschaftlichen Nachteil des Empfängers in Kauf nahm. Entgegen der berufungsgerichtlichen Beurteilung stellte sich aus den oben dargestellten Gründen jede nicht bis einschließlich 22. Juli 1979 bewirkte Beförderung als Fristüberschreitung und damit als rechtswidrig dar.

Den Folgerungen unter dem Gesichtspunkt eines rechtmäßigen Alternativverhaltens oder unter dem Gesichtspunkt fehlender Kausalität der Nichteinhaltung der Lieferfrist ist daher der Boden entzogen.

Die Anspruchsberechtigung des Klägers folgt aus seiner Vertragsstellung und blieb auch nach der (verspäteten) Ablieferung des Transportgutes an den Empfänger gewahrt. Wer zur Geltendmachung des Schadenersatzes aus einer Lieferfristüberschreitung berechtigt ist, ist in den CMR nicht ausdrücklich geregelt. Aus Art. 23 Z 5 CMR (.... und der Verfügungsberechtigte beweist ....) sollte nicht gefolgert werden, daß ausschließlich der Verfügungsberechtigte schadenersatzberechtigt sein könnte. Das Revisionsgericht folgt daher, wie schon in SZ 57/75, jener Auffassung, die zuletzt von Piper, VersR 1988, 201 ff. dargelegt wurde.

Dabei machte der Kläger einen eigenen Vermögensschaden geltend (vgl. Piper, aaO, 203), ohne daß gegenüber Art. 23 Z 5 CMR eine unzulässige Haftungserweiterung einträte, weil keine willkürlich hoch bezifferte Vertragsstrafe, sondern in objektiv nachvollziehbarer Weise der Frachtunterschied zwischen schnellerer Landbeförderung gegenüber dem Seetransport als erwiesener nutzloser Aufwand die vertragliche Rückvergütungsverpflichtung bestimmte (weswegen, wie bereits erwähnt, kein nichtersatzfähiger mittelbarer Schaden vorliegt).

Den auf die Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen gestützten Verjährungseinwand hat die Beklagte, offensichtlich im Hinblick auf Art. 41 CMR, im Rechtsmittelverfahren nicht mehr aufrechterhalten.

In Stattgebung der Revision war das Urteil erster Instanz wiederherzustellen. Die eingangs erwähnte Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens ist bereits in Rechtskraft erwachsen. Die Österreichische Nationalbank veröffentlicht keine Devisenkurse. Das war durch Bezugnahme auf die offensichtlich vom Kläger seinem Begehren zugrundegelegten Devisenkurse der Wiener Börse von Amts wegen zu berichtigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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