OGH 3Ob577/89

OGH3Ob577/8929.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 4. Oktober 1987 verstorbenen Margarethe B***, wohnhaft gewesen in Siegsdorf, Heutauer Straße 6, Bundesrepublik Deutschland, infolge Revisionsrekurses der erblasserischen Tochter Edda M***, Traunstein, Salinenstraße 9, Bundesrepublik Deutschland, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 26. Juli 1989, GZ 3 R 251/89-42, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St. Veit/Glan vom 12. April 1989, GZ A 307/88-31, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zum Nachlaß der am 4. Oktober 1987 verstorbenen britischen Staatsangehörigen Margarethe B***, die eine in Österreich gelegene Liegenschaft hinterlassen hat, gaben deren Söhne Walter B*** und Bernhard P*** auf Grund eines Testamentes vom 28. Oktober 1979 je zur Hälfte eine bedingte Erbserklärung ab, welche vom Gericht angenommen wurde. Den beiden erbserklärten Erben wurde die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft überlassen.

Die jetzige Antragstellerin und Rechtsmittelwerberin Edda M***, eine Tochter der Erblasserin, wurde im Testament vom 28. Oktober 1979 enterbt und sie hatte in einem vor einem deutschen Notar abgeschlossenen Vertrag mit der Erblasserin vom 19. August 1982 auf ihr gesetzliches Erbrecht und Pflichtteilsrecht verzichtet, wurde aber in einer letztwilligen Verfügung vom 6. Juli 1987 mit einem Legat bedacht. Im Hinblick auf diese Sachlage wurde ein von ihr gegen den Beschluß auf Überlassung, Besorgung und Benützung der Verlassenschaft an die beiden erbserklärten Erben erhobener Rekurs mangels Beteiligtenstellung zurückgewiesen.

Während dieses Rechtsmittelverfahrens stellte die Rechtsmittelwerberin unter Berufung auf die erfolgte Verständigung vom Legat und ihren Pflichtteilsanspruch einen Antrag auf Nachlaßseparation bis zur Klärung ihrer Angelegenheit und verwies in ihrem Antrag vor allem auf einen bei einem deutschen Gericht anhängig gemachten Rechtsstreit, in dem sie die Feststellung begehrt, daß ein Übergabsvertrag vom 23. November 1945 aus verschiedenen Gründen ganz oder doch teilweise unwirksam sei. Mit diesem Übergabsvertrag hatten die Eheleute Adolf Jakob und Emma Johanna U*** der jetzigen Erblasserin ein in Traunstein gelegenes Vermögen, dessen Umfang strittig ist, übergeben. Nach dem Tode des Adolf Jakob U*** am 10. Jänner 1946 ging dessen Vermögen auf seine überlebende Ehegattin über und nach deren Tod am 5. Juni 1966 wurde die jetzige Rechtsmittelwerberin zu 1/3 Erbin der Emma Johanna U***. Aus dem strittigen deutschen Vermögen soll auch die in Österreich gelegene Liegenschaft angeschafft worden sein. Der jetzigen Rechtsmittelwerberin könnte daher unter Umständen in ihrer Eigenschaft als Erbin nach Emma Johanna U*** ein Anspruch gegen die Verlassenschaft nach Margarethe B*** auf Herausgabe eines Teiles des Wertes der in Österreich gelegenen Liegenschaft zustehen. Das Erstgericht wies den Antrag auf Nachlaßseparation zurück. Der Antragstellerin komme bezogen auf das in Österreich befindliche Verlassenschaftsvermögen weder die Stellung einer Noterbin noch einer Legatarin zu. Ihr Herausgabeanspruch sei nicht bescheinigt, ebensowenig eine konkrete Gefährdung.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragstellerin mit der Maßgabe nicht Folge, daß ihr Antrag auf Absonderung der Verlassenschaft nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen werde. Das Gericht zweiter Instanz war der Ansicht, daß der Antragstellerin zwar die Antragslegitimation nicht abgesprochen werden könne, weil ihr im Sinne des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 15. März 1989, 3 Ob 561/88, die Stellung einer Legatarin zukomme. Wenn auch keine Bescheinigung von Anspruch und Gefährdung erforderlich sei, so müsse aber doch zumindest eine entsprechende Behauptung aufgestellt werden. Dem Vorbringen der Antragstellerin sei nicht zu entnehmen, daß ihr überhaupt ein Anspruch gegen die Verlassenschaft nach Margarethe B*** zustehe; denn nach dem Vorbringen in ihrer Feststellungsklage komme nur eine Klage gegen die Erben der Emma Johanna U*** in Betracht, und nach österreichischem Recht bestehe kein Herausgabeanspruch gegen diä Verlassenschaft nach Margarethe B***. Gefährdungsgründe würden überhaupt nicht genannt. Der Antrag sei damit zwar nicht wegen fehlender Antragslegitimation, aber mangels konkreter Behauptung einer Forderung und von Umständen, die eine Gefährdung bedeuten könnten, abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Wenn auch der Beschluß der zweiten Instanz statt der Zurückweisung des Antrages die Abweisung desselben ausspricht, handelt es sich in Wahrheit doch um einen bestätigenden Beschluß. Beide Vorinstanzen sind nämlich übereinstimmend der Ansicht, die Rechtsmittelwerberin habe ihren Antrag auf Nachlaßabsonderung nicht entsprechend bescheinigt.

Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG idF vor der Wertgrenzennovelle 1989 (die erst auf Entscheidungen der zweiten Instanz nach dem 31. Dezember 1989 anzuwenden wäre) findet gegen einen Beschluß der zweiten Instanz, mit dem der Beschluß der ersten Instanz bestätigt wurde, ein Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nur im Falle einer offenbaren Gesetzwidrigkeit, einer Aktenwidrigkeit oder einer Nichtigkeit (Nullität) statt. Keiner dieser allein zulässigen Rechtsmittelgründe wird im Revisionsrekurs aufgezeigt. Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit kommen von vorneherein nicht in Betracht. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit ist nicht gleichbedeutend mit einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, sondern liegt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung einer klar ausgedrückten Absicht des Gesetzgebers widerspricht oder gegen Grundprinzipien des Rechts verstößt (EFSlg. 52742, 52757, 52758). Eine solche offenbare Gesetzwidrigkeit ist nicht erkennbar.

Gemäß § 812 ABGB kann die Absonderung der Verlassenschaft verfügt werden, wenn ein Erbschaftsgläubiger, ein Legatar oder ein Noterbe besorgt, daß er durch Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben für seine Forderung Gefahr laufen könne. Inwieweit ein Antragsteller dabei seine Anspc8che und seine Besorgnis dartun muß, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die Rechtsprechung vertritt die Ansicht, daß die Nachlaßabsonderung nicht an strenge Bedingungen zu knüpfen ist, und verlangt nur eine Bescheinigung der zu sichernden Forderung und die Behauptung konkreter Umstände, die bei vernünftiger Auslegung die subjektive Besorgnis einer Gefahr rechtfertigen (SZ 56/28, SZ 59/210, RZ 1989/98).

Die Rekurswerberin hatte ursprünglich ihre Ansprüche überhaupt nicht bescheinigt. Weshalb ihr Verzicht auf den Pflichtteil unwirksam sein soll, hat sie nie erläutert. Sie hat auch nie dargetan, weshalb ihr Legat auf Ausfolgung von Sparbüchern aus dem inländischen Vermögen gedeckt werden müsse. Zu dem wegen vielleicht gegebener Nichtigkeit eines Übergabsvertrages aus dem Jahr 1945 möglichen Rückabwicklungsanspruch wurden nur bruchstückhafte Andeutungen gemacht. Auch die Gefährdung wurde erstmals in zweiter Instanz mit einem erfolgten Verkauf von Liegenschaften in Deutschland und in dritter Instanz durch den Hinweis begründet, das ihr zugedachte Legat sei auf Sparbüchern sichergestellt gewesen (was den möglichen Schluß erlauben könnte, die Testamentserben hätten die strittigen Einlagen behoben). Bei dieser Sachlage ist weder eine offenbare Gesetzwidrigkeit erkennbar noch daß Grundprinzipien des Rechtes dadurch verletzt worden seien.

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