Spruch:
Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen Punkt I. der Entscheidung der zweiten Instanz richtet (aufhebender Teil), zurückgewiesen.
Im übrigen (Punkt II. der Entscheidung der zweiten Instanz) wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegner sind schuldig, den Antragstellern die mit S 27,- bestimmten Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies die von den Antragstellern gegen die Erstantragsgegnerin als Liegenschaftseigentümerin und den Zweitantragsgegner als zwischengeschalteten Hauptmieter gerichteten Anträge auf Anerkennung als Hauptmieter der im Kopf angeführten Wohnungen sowie auf Überprüfung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses ab. Es ging davon aus, daß die zwischen der Erstantragsgegnerin und dem Zweitantragsgegner vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes abgeschlossenen Hauptmietverträge keine Scheinverträge gewesen seien. Die Anwendung des § 2 Abs 3 MRG sei aber wegen des bereits vor Inkrafttreten dieser Bestimmung erfolgten Abschlusses der Hauptmietverträge nicht möglich. Da die Antragsteller nicht Hauptmieter seien, wären sie auch zu einem Begehren auf Überprüfung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses nicht legitimiert.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragsteller Folge. Es hob mit Beschluß I. seiner Entscheidung den erstgerichtlichen Beschluß, soweit er den Antrag auf Zinsüberprüfung abwies, ohne Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über diesen Sachantrag auf. Mit Sachbeschluß II. seiner Entscheidung änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Sachbeschluß dahin ab, daß es feststellte, die Antragsteller seien Hauptmieter der im Kopf dieser Entscheidung genannten Wohnungen der Häuser 1090 Wien, Mariannengasse 25 und 25a.
Das Rekursgericht stellte nach Beweiswiederholung in einer mündlichen Rekursverhandlung folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Die Erstantragsgegnerin, Eigentümerin der Liegenschaften in Wien 9. Mariannengasse 25 und 25a, errichtete mit ihrem Lebensgefährten, dem Zweitantragsgegner, mit dem sie seit 25 Jahren nach mosaischem Ritus, nicht jedoch nach dem Gesetz verheiratet ist, in den Jahren 1976, 1979 und 1980 als "Hauptmietverträge" und "Mietverträge" bezeichnete Urkunden betreffend die im Kopf dieser Entscheidung angeführten, später von den Antragstellern benützten Wohnungen. Nach den Willen der Antragsgegner wurden im beiderseitigem Einverständnis die darin enthaltenen rechtsgeschäftlichen Erklärungen nur simuliert. Sie sollten keine Rechtsfolgen auslösen. Der Zweitantragsgegner bezahlte, ohne wirklich Zinszahlungen leisten zu wollen, die vereinbarten "Mietzinse" an die Erstantragsgegnerin und schloß in weiterer Folge mit Wissen und Genehmigung der Erstantragsgegnerin und in deren Beisein, in Wahrheit in ihrem Namen, über die im Kopf dieser Entscheidung genannten Wohnungen Untermietverträge mit den Antragstellern, und zwar in den Jahren 1982 und 1986. Der wahre Zweck der zwischen den Antragsgegnern getroffenen Scheinvereinbarungen war, daß der Erstantragsgegnerin durch Verschleierung der wahren Rechtsverhältnisse höhere als in den Scheinhauptmietverträgen aufscheinende Bestandzinse zuflössen, nicht jedoch die Vermietung oder Überlassung der Wohnungen an den Zweitantragsgegner zu irgendeinem Zweck. In Wahrheit beabsichtigte der Zweitantragsteller nicht, in Zukunft eine Pension- oder einen Gewerbebetrieb in den verfahrensgegenständlichen Wohnungen zu führen oder dort zu wohnen. Dies war der Erstantragstellerin bekannt und bewußt.
Rechtlich beurteilte das Rekursgericht diesen Sachverhalt dahin, daß die zwischen den Antragsgegnern geschlossenen "Hauptmietverträge" nicht als Umgehungsgeschäfte im Sinne des § 2 Abs 3 MRG anzusehen seien, sondern als ebenfalls dem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 1 MRG zu unterziehende Scheingeschäfte im Sinne des § 916 ABGB.
Die Feststellung der Antragsteller als Hauptmieter der genannten Wohnungen erfordere die Aufhebung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses, soweit damit das Zinsüberprüfungsbegehren der Antragsteller abgewiesen worden sei, weil ja nunmehr die Hauptmietereigenschaft derselben feststehe.
Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
Die Antragsteller beantragen - unter ausdrücklichem Hinweis auf die Unzulässigkeit eines "außerordentlichen Revisionsrekurses" gegen den ohne Rechtskraftvorbehalt ergangenen Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz - dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist teilweise unzulässig, teilweise nicht berechtigt.
1. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes:
Gegen den einen Sachbeschluß des Erstgerichtes aufhebenden Beschluß des Rekursgerichtes, dem ein Rechtskraftvorbehalt nicht beigesetzt wurde, ist ein Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof unzulässig, und zwar selbst dann, wenn die Voraussetzungen des § 527 Abs 2 Satz 2 ZPO gegeben wären (MietSlg 39.542 mwN; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 Rz 44). Ein außerordentlicher Revisionsrekurs im Sinne des § 528 Abs 2 ZPO ist in der abschließenden Regelung des § 37 Abs 3 Z 18 MRG nicht vorgesehen (5 Ob 67/84; jüngst 5 Ob 42/88). Das als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel der Antragsgegner, gerichtet gegen den ohne Rechtskraftvorbehalt ergangenen Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes (Punkt I.) war daher als unzulässig zurückzuweisen.
2. Zum abändernden Sachbeschluß (Punkt II.):
a) Zur geltend gemachten Nichtigkeit:
Gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG bedürfen schriftliche Rekurse im besonderen Außerstreitverfahren nach dem MRG nicht der Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt. Es ist daher davon auszugehen, daß die Herrn Martin G***, einem Funktionär des V*** M*** I*** M***, seitens der Antragsteller
erteilte Vollmacht diesen zur Vertretung der Antragsteller im Rechtsmittelverfahren berechtigt. Die Bestimmung des § 37 Abs 3 Z 11 MRG, wonach zur Vertretung der Parteien in erster und zweiter Instanz auch die Funktionäre und Angestellten derjenigen Vereine befugt sind, zu deren satzungsmäßigen Zwecken der Schutz und die Vertretung der Interessen der Vermieter oder der Mieter gehört und die sich mit der Beratung ihrer Mitglieder in Mietangelegenheiten in mehr als zwei Bundesländern regelmäßig befassen, dient lediglich der Abgrenzung gegenüber der unzulässigen Winkelschreiberei (MietSlg 39.527; 5 Ob 71/84). Sind die Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 11 MRG gegeben, so kann der Tatbestand der Winkelschreiberei begrifflich nicht mehr erfüllt werden. Sind die dortgenannten Voraussetzungen nicht gegeben, so könnte der Tatbestand der Winkelschreiberei gegeben sein, wenn die hiefür in Winkelschreibereiverordnung RGBl. 1857/114 aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind. Selbst wenn man nun unterstellte, daß der V*** M*** I*** M*** MIM nicht die Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 11 MRG erfüllt, Martin G*** wohl aber die Voraussetzungen der Winkelschreibereiverordnung und wenn man darüber hinaus von der analogen Anwendbarkeit der Bestimmung des § 29 Abs 3 ZPO, wonach dem Gericht als Winkelschreiber bekannte Personen nicht als Vertreter zugelassen werden dürfen, auf das außerstreitige Verfahren nach dem MRG ausginge, würde dadurch nicht die Nichtigkeit des Rekursverfahrens bewirkt. Aus der Aktenlage ergeben sich keine Tatsachen, die Martin G*** dem Gericht als Winkelschreiber bekannt erscheinen ließen. Die Antragsgegner selbst stellten derartige Behauptungen nicht auf. Sie beschränkten sich darauf, darauf hinzuweisen, daß der V*** "M*** I*** M***" nicht
nachgewiesen habe, daß er die gesetzlichen Voraussetzungen zur Vertretungsbefugnis erfülle.
Das Rekursgericht war daher berechtigt, den in ihrem Namen von Martin G*** unterschriebenen Rekurs ohne weiteres sachlich zu erledigen.
Diese Erwägungen gelten auch für die Zulässigkeit der von Martin G*** namens der Antragsteller erstatteten Beantwortung des Revisionsrekurses.
b) Zur Rechtsrüge:
Ausgehend von den oben wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen, die für den Obersten Gerichtshof bindend sind, erweist sich auch die Rechtsrüge als unberechtigt. Für die Beurteilung dieser Rechtssachen ist nicht entscheidend, inwieweit § 2 Abs 3 MRG auf vor dem 31. Dezember 1981 abgeschlossene Umgehungsgeschäfte anwendbar ist (siehe WoBl 1988/64 mit Kritik von Call), weil nach dem maßgebenden Sachverhalt zwischen den Antragsgegnern kein Umgehungsgeschäft, sondern überhaupt kein Mietvertrag abgeschlossen, sondern ein solcher nur simuliert und in Wahrheit ein Hauptmietvertrag zwischen der Liegenschaftseigentümerin, vertreten durch den Zweitantragsgegner, und den Antragstellern abgeschlossen wurde. Zwischen der Erstantragsgegnerin und den Antragstellern kam daher ein Hauptmietvertrag zustande, dessen Feststellung auch im Falle eines Scheingeschäftes zwischen Vermietern und einer anderen Person im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 1 MRG erfolgen kann (WoBl 1988/64 mit Zustimmung von Würth, der gegen die Kritik von Call darauf verweist, daß für ein Verfahren grundsätzlich die im Zeitpunkt seiner Einleitung geltenden Rechtsvorschriften maßgebend sind). Nicht zielführend ist der Hinweis der Antragsgegner im Revisionsrekurs, der sich im übrigen größtenteils unzulässigerweise mit der Bekämpfung der rekursgerichtlichen Beweiswürdigung beschäftigt, auf die auf die gleichfalls eine Wohnung des Hauses 1090 Wien, Mariannengasse 25a, betreffende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29. November 1988, 5 Ob 98/88, weil dort ausdrücklich das Nichtvorliegen eines Scheingeschäftes auf Tatsachenebene festgestellt worden war. Dies hatte eine andere rechtliche Beurteilung zur Folge.
Der angefochtene abändernde Sachbeschluß der zweiten Instanz war daher zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG. An Barauslagen konnten nur die verzeichneten Kosten für Porto zugesprochen werden, nicht aber der darüber hinaus für Kopien begehrte Betrag, weil nicht ersichtlich ist, wofür derartige Barauslagen aufgelaufen wären.
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