OGH 3Ob104/89 (3Ob105/89)

OGH3Ob104/89 (3Ob105/89)15.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Alfred B***, Schlosser, Wien 10, Antonsplatz 16/3/32, vertreten durch Dr.Friedrich Flendrovsky ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei D*** Allgemeine Versicherungs-AG, Wien 1, Schottenring 15, vertreten durch Dr.Walter Schuppich ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen 273.715,20 S sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 14.Juli 1989, GZ 13 R 131/89-52, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 8.Februar 1989, GZ 26 Cg 701/87-46, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Urteil des Erstgerichtes vom 28.11.1988 wurde die verpflichtete Partei schuldig erkannt, der betreibenden Partei 151.542,80 S und 122.172,40 S je sA zu bezahlen. Die verpflichtete Partei erhoben gegen dieses Urteil die Berufung.

Die betreibende Partei beantragte in der Folge auf Grund dieses Urteiles zur Sicherung der darin zugesprochenen Beträge die Bewilligung der "Fahrnisexekution zur Sicherung gemäß § 371 a EO" durch "Pfändung, Verwahrung und Verkauf" beweglicher Sachen und der Papiere gemäß § 296 EO.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß gegen Erlag einer Sicherheit von 10.000 S.

Das Gericht zweiter Instanz wies den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, bei einem der öffentlichen Aufsicht unterstehenden inländischen Versicherungsunternehmen bedürfe es keiner Sicherung, und sprach aus, daß der Revisionrekurs zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Es ist ein allgemeiner Grundsatz des österreichischen Exekutionsrechtes, daß jedes Exekutionsmittel nur dann und nur in dem Umfang anzuwenden ist, als es zur Befriedigung der betreibenden Partei dienlich ist, während eine offenkundig entbehrliche Exekutionsmaßnahme zu unterbleiben hat (Bestimmungen wie §§ 14, 39 Abs 1 Z 8, § 97 Abs 3, § 129 Abs 2, § 201 Abs 1, § 263 EO). Für die Sicherungsexekution gilt dasselbe mit der Modifkation, daß Sicherungsschritte unzulässig sind, die zur Sicherung der betreibenden Partei nicht erforderlich sind (Bestimmungen wie § 374 Abs 2, § 376 Abs 1 Z 1 und 2, § 377 Abs 1 EO).

In der Entscheidung SZ 40/106 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß zugunsten einer hinlänglich sichergestellten Forderung keine Exekution nach § 371 EO zu bewilligen sei. Diese Entscheidung wird im Schrifttum gebilligt (Heller-Berger-Stix 2658 mit Ablehnung der älteren Entscheidung SZ 18/94). Zwar ging es dort um eine Sicherungsexekution durch Pfändung der Ansprüche des Verpflichteten gegen den Versicherer, sodaß damit argumentiert werden konnte, die betreibende Partei erhalte durch eine sicherungsweise Pfändung dieser Ansprüche nicht wesentlich mehr, als ihr schon durch den gesetzlichen Schutz solcher Ansprüche zukäme. Wegen der schon durch das Gesetz selbst gegebenen Sicherung, worauf noch zurückzukommen ist, läßt sich aber der Gedanke einer Entbehrlichkeit einer Exekution zur Sicherung von Ansprüchen gegen einen Versicherer auch auf eine andere Sicherungsexekution übertragen. Wer schon anderweitig sichergestellt ist, bedarf keiner zusätzlichen Sicherung nach § 371 EO.

Die Ausführungen der betreibenden Partei im Revisionsrekurs enthalten keine Argumente für eine andere Rechtsansicht:

Ob die betreibende Partei gegen die verpflichtete Partei schon mehrere Klagen anhängig machen mußte und ob die verpflichtete Partei in dem gegen sie angestrengten Prozeß besonders hartnäckig Einwendungen erhob und Rechtsmittel einbrachte, steht mit der Frage der Gefährdung der betreibenden Partei in keinem Zusammenhang. Als Entschädigung für die Dauer des Verzuges kommen nur die gesetzlichen Verzugszinsen oder, wie im vorliegenden Fall ohnedies begehrt und zugesprochen, der Ersatz eines höheren Schadens (Kosten einer Kreditaufnahme) in Betracht. Der Zweck der Sicherungsexekution liegt nicht darin, daß die betreibende Partei die Zahlung schneller erreicht, sondern daß sie nicht bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit zuwarten muß, ehe sie zu einer Sicherung (Rang eines Befriedigungsrechtes) gelangt. Es spielt daher keine Rolle, daß bei sofortiger Vornahme der Pfändung mittels Sicherungsexekution nach Überleitung derselben in eine Befriedigungsexekution der Verkauf der gepfändeten Fahrnisse etwas rascher verwirklicht werden kann, als wenn zu diesem Zeitpunkt erst die Pfändung beantragt werden muß.

Natürlich ist eine betreibende Partei nicht verpflichtet, in ihrem Exekutionsantrag darzutun, daß keine hinlängliche Sicherstellung gegeben sei. Grundsätzlich steht der betreibenden Partei das Recht zu, vom Rechtsbehelf nach § 371 a EO Gebrauch zu machen, und es ist dann dem Verpflichteten anheimgestellt, einen Aufhebungsantrag zu stellen, wenn kein Sicherungsbedürfnis besteht. Nur in einem ganz klaren und offenkundigen Fall kann schon die Bewilligung der Sicherungsexekution verweigert werden (vgl § 14 EO: "wenn aus dem Exekutionsantrag offenbar erhellt..."). Die betreibende Partei hat im Fall einer Sicherungsexekution nach § 371 a EO also zwar gerade nicht zu bescheinigen, daß eine Gefährdung im Sinne des § 370 EO besteht, ihr steht aber nicht das Recht zu, diese Art der Sicherungsexekution auch dann zu beantragen, wenn sie offenkundig entbehrlich ist und nur zur Entstehung überflüssiger Exekutionskosten führt, wer immer diese letzten Endes zu tragen hat.

Bei einer inländischen Versicherungsanstalt von der Art der verpflichteten Partei liegen aber diese Voraussetzungen vor. Gemäß § 8 Abs 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) haben die Versicherungsunternehmungen einen Geschäftsplan zu erstellen, der gemäß Abs 2 Z 1 VAG unter anderem die Darlegung der Verhältnisse zu umfassen hat, die für die Beurteilung der dauernden Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen erheblich sind, und der Genehmigung durch die Versicherungsaufsichtsbehörde bedarf. Gemäß § 87 Abs 1 VAG darf auf Werte des zu bildenden Deckungsstocks nur zugunsten eines Anspruchs aus einem Versicherungsvertrag Exekution geführt werden, der in das Deckungserfordernis einzubeziehen war. Im Konkurs des Versicherungsunternehmens haftet der Deckungsstock gemäß § 92 VAG als Sondermasse für Ansprüche aus Versicherungsverträgen. Alle diese Bestimmungen bieten eine so hinreichende Gewähr für die Liquidität eines Versicherungsunternehmens, daß bei einem Anspruch gegen eine Versicherungsanstalt aus einem Versicherungsvertrag mangels gegenteiliger Anhaltspunkte keine Sicherstellung nötig ist. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 402 Abs 2 und 78 EO sowie 40 und 50 ZPO.

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