OGH 2Ob131/89

OGH2Ob131/8914.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Otto K***, Maschineneinsteller, Südtirolerstraße Nr.5, 4053 Haid-Pucking, vertreten durch Dr. Rudolf Watschinger, Rechtsanwalt in Ried, wider die beklagten Parteien 1.) Ferdinand L***, Malergeselle, Pucking Nr.62, 4053 Haid, 2.) M*** V***,

Direktion für Österreich, Concordiaplatz 2, 1013 Wien, beide vertreten durch Dr. Heinz Oppitz und Dr. Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 770.303,80 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 6.Juli 1989, GZ 6 R 63/89-58, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 29.Dezember 1988, GZ 10 Cg 261/84-51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit S 7.753,38 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.132,23 Umsatzsteuer und S 960,- Barauslagen) je zur Hälfte binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstbeklagte, dessen Fahrzeug zum Unfallszeitpunkt bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversichert war, verursachte am 12.10.1979 in Pucking einen Verkehrsunfall, bei dem der Kläger verletzt wurde. Den Erstbeklagten, der wegen dieses Unfalls strafrechtlich verurteilt wurde, trifft das Alleinverschulden. Mit dem Teilanerkenntnisurteil des Landesgerichts Linz vom 23.3.1981, 1 Cg 112/80-5, wurde rechtskräftig festgestellt, daß die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand dem Kläger für alle zukünftigen Folgen aus dem Unfall vom 12.10.1979 haften, wobei die Haftung der zweitbeklagten Partei nach Maßgabe des Haftpflichtversicherungsvertrags zwischen den beklagten Parteien beschränkt ist. Mit dem Endurteil vom 25.3.1982, 1 Cg 112/80-14, wurde dem Kläger nach Zahlung eines Teilbetrags von S 100.000,-- ein weiterer Schmerzengeldbetrag in der Höhe von S 110.000,-- zugesprochen. Über den bis 18.1.1982 aufgelaufenen Verdienstentgang einigten sich die Streitteile außergerichtlich. Im November 1983 zahlten die beklagten Parteien auf Grund eines Gutachtens des medizinischen Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Klaus J*** weitere S 50.000,-- an Schmerzengeld an den Kläger.

Nunmehr begehrte der Kläger von den beklagten Parteien die Bezahlung von S 852.299,80 sA an Verdienstentgang für den Zeitraum vom 19.1.1982 bis 31.12.1987 sowie ein zusätzliches Schmerzengeld von S 150.000,--. Zu dem allein noch umstrittenen Verdienstentgang brachte der Kläger vor, daß er sich unfallskausal immer wieder im Krankenstand befunden habe, wodurch der Verdienstausfall eingetreten sei. Seit 5.4.1984 sei der Kläger als krank und arbeitsunfähig zu betrachten. Die dem Kläger gewährte Versehrtenrente könne nicht auf den Verdienstentgang angerechnet werden, weil diese eine Entschädigung für die erschwerten Umstände bzw. für die Behinderung darstelle und daher bei der Verdienstentgangsberechnung nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei.

Die Beklagten anerkannten einen Verdienstentgang des Klägers bis Oktober 1984 von S 231.996,--. Dieser Anspruch wurde mit Anerkenntnisurteil erledigt. Im übrigen beantragten sie die Abweisung des Klagebegehrens und bestritten insbesondere die Richtigkeit der Verdienstentgangsberechnung des Klägers. Das Erstgericht sprach dem Kläger noch S 120.000 aus dem Titel des Schmerzengeldes zu und wies das restliche Klagebegehren auf Ersatz von Verdienstentgang ab. Zu letzterem Ersatzposten stellte das Erstgericht - zusammengefaßt dargestellt - fest:

Der Kläger war seit 18.8.1975 bei der Firma P***, Verpackungsgesellschaft mbH in Marchtrenk als Maschineneinsteller beschäftigt. Diese Arbeit mußte im Stehen und Gehen verrichtet werden. Beim Umstellen von Maschinen auf andere Produkte mußten teilweise auch schwere Geräteteile ausgewechselt und dabei gehoben werden.

Mit dem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 19.9.1988 wurde dem Kläger ab 1.7.1988 eine Invaliditätspension wegen dauernder Invalidität zuerkannt; diese beträgt ab 1.7.1988 monatlich S 5.477,10.

Eine Weiterbeschäftigung des Klägers als Maschineneinsteller ist auf Grund der medizinischen Einschränkungen nicht mehr möglich. Während des Zeitraums vom 19.1.1982 bis 31.12.1982 erhielt der Kläger das Entgelt fortbezahlt. Ein Verdienstentgang an Sonderzahlungen ist ebenfalls nicht eingetreten, weil die tatsächlich geleisteten Über- und Schichtstunden etwa jenen entsprachen, die ohne Krankenstand geleistet worden wären. Für den Zeitraum 1.1.1983 bis 30.9.1984 stellte das Erstgericht detailliert fest, was der Kläger tatsächlich an Verdienst bezogen hat und was er demgegenüber verdient hätte. Desgleichen stellte das Erstgericht den Verdienst des Klägers ab dem Zeitraum 1.10.1984 bis 31.12.1987 unter den dargelegten Aspekten fest.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß im vorliegenden Fall Verdienstentgang für die Vergangenheit begehrt werde, der konkret zu berechnen sei. Dem Verletzten sei dabei so viel an Verdienstentgang zu ersetzen, daß ihm jener Nettobetrag verbleibe, der ihm bei weiterer Ausübung seines Berufs verblieben wäre. Hinsichtlich jener Beträge, die dem Kläger als Versehrtenrente zugekommen seien, fehle ihm die Aktivlegitimation, weil der diesbezügliche Schadenersatzanspruch gemäß § 332 ASVG auf den Sozialversicherungsträger übergegangen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verwies darauf, daß das Erstgericht mit Recht dem Kläger das zugesprochen hat, was er von seinem Dienstgeber tatsächlich ausbezahlt erhalten hätte, das heißt also den Nettoverdienst zuzüglich der diesbezüglichen Besteuerung. Die Versehrtenrente wolle den durch die unfallsbedingte Erwerbsminderung entstehenden Einkommenausfall ausgleichen; sie sei somit sachlich kongruent mit dem Verdienstentgangsanspruch des Klägers. Nach § 332 ASVG verliere der Geschädigte, insoweit sein Schaden durch die Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers gedeckt ist, die Aktivlegitimation gegenüber dem Schädiger; der Geschädigte könne daher seinen Schaden nur insoweit geltend machen, als er nicht auf den Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Der Verdienstentgangsanspruch des Klägers sei somit bereits durch das Anerkenntnisurteil erledigt worden, ein darüber hinausgehender Anspruch bestehe nicht.

Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Kläger einen weiteren Betrag von S 178.128,44 zuzusprechen. Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger stellt die sachliche Kongruenz der Versehrtenrente und des Verdienstentgangsbegehrens in Abrede. Der Oberste Gerichtshof hat jedoch bereits mehrfach ausgesprochen, daß der Schadenersatzanspruch auf Ersatz von Verdienstentgang dem gleichen Zweck dient wie der Anspruch gegen den Sozialversicherungsträger auf Leistung einer Versehrtenrente, nämlich dem Ausgleich des durch die Schadenszufügung verminderten oder nur unter erschwerten Voraussetzungen erzielbaren Erwerbseinkommens. Die sachliche Kongruenz zwischen dem Anspruch des Verletzten gegen den Schädiger auf Ersatz von Verdienstentgang und dem Anspruch des Verletzten gegen den Sozialversicherungsträger auf Leistung einer Versehrtenrente ist daher zu bejahen (ZVR 1977/77; SZ 56/137; siehe dazu auch Kunst, Die Beziehung zwischen Schädiger und Sozialversicherung im österreichischen Recht, ZAS 1970, 128; Krejci in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechtes 404). Zutreffend haben die Vorinstanzen darauf Bedacht genommen, sodaß der lediglich diesen Fragenkomplex betreffenden Revision des Klägers der Erfolg zu versagen war.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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