Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.197 (einschließlich S 1.527 Umsatzsteuer und S 2.400 Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit "Kreditvertrag" vom 31.8.1979 (Beilage ./C) gewährte die klagende R*** dem Gastwirt Franz R*** zur Finanzierung einer "Betriebsneugründung" durch Erwerb und Adaptierung eines Superädifikates in Wien 19., in welchem ein Ausflugsgasthaus ("Grüß di a Gott"-Wirtschaft) betrieben werden sollte, einen Kredit bis zur Höhe von S 1,500.000. Dieser revolvierend nicht ausnützbare Kredit sollte in halbjährlichen Kapitalsrückzahlungen von je S 75.000 jeweils am 30.6. und 31.12. jedes Jahres, erstmals am 30.6.1980 abgestattet werden. Die zunächst mit 9,75 % pa vereinbarten Zinsen sollten vierteljährlich im nachhinein in Rechnung gestellt werden. Über einen im Wege der klagenden Partei eingebrachten Antrag Franz R*** gewährte der Bürgschaftsfonds der Kleingewerbekreditaktion des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe- und Industrie Gesellschaft mbH (kurz: B***) am 15.11.1979 im Rahmen der Existenzgründungsaktion zu diesem von der klagenden Partei gewährten Kredit einen nicht zweckgebundenen Zuschuß von 15 %, ds 225.000 S, und übernahm die Bürgenhaftung für 50 % des gewährten Kredites gemäß § 1346 ABGB mit der Maßgabe, daß eine Inanspruchnahme dieser Bürgschaft erst erfolgen kann, wenn der verbürgte Kredit bei der Realisierung der für ihn gegebenen Sicherheiten nicht hereingebracht werden kann. Diese Sicherheiten bestanden aus Bürgschaften von Stefanie, Franz und Anna R*** sowie Franz K***, die sämtliche über kein Einkommen oder Vermögen verfügten, das eine Erfüllung ihrer Bürgschaftsverpflichtung ermöglicht hätte, sowie aus der Bürgschaft des Beklagten (Beilage ./B), welcher als einziger dieser Bürgen über Vermögen verfügte, das die Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtungen auch gewährleistete. Um die Übernahme dieser Bürgschaft wurde der Beklagte von Stefanie R***, der Ehegattin des Hauptschuldners, ersucht. Obwohl Stefanie R*** bei den Besprechungen des Hauptschuldners mit der klagenden Partei über das Wesen des beantragten und schließlich auch gewährten Bürgeskredites zugegen war, hat sie offenbar die rechtliche und wirtschaftliche Konstruktion dieser Existenzgründungsaktion nicht erfaßt und dem Beklagten anläßlich ihres Ersuchens um Bürgschaftsübernahme erklärt, daß seine Bürgschaft nur für einen Zwischenkredit bis zur Erteilung des Bürgeskredites zu übernehmen sei; damit hat sich der Beklagte mit Rücksicht auf die erhoffte Ausweitung seiner Weinlieferungen in das mit den Kreditmitteln von Franz R*** zu erwerbende und zu adaptierende Ausflugsgasthaus auch bereit erklärt.
Der Beklagte unterfertigte am 31.8.1979 den Bürgschaftsvertrag (Beilage ./B) in den Räumlichkeiten der klagenden Partei, ohne den gedruckten Text dieses Vertrages gelesen zu haben; er tat dies auch deshalb, weil er den Direktor der Klägerin Günther B*** als Jugend- bzw Schulfreund kannte. Etwa ein halbes Jahr später erzählte die Gattin des Hauptschuldners dem Beklagten, daß ihr Mann den Bürgeskredit erhalten habe; damit erschien sowohl den Ehegatten R*** als auch dem Beklagten die Angelegenheit als erledigt. Der Bürgschaftsvertrag (Beilage ./B) sieht - neben den vom Erstgericht nicht ausdrücklich festgestellten Punkten 1 über die Darstellung des mit der Bürgschaft besicherten Kredites, 2 über die Übernahme der Haftung als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB, 10 über die Ausstellung von sechs Blankowechseln durch die Bürgen und 11 über die Berechtigung der Kreditgeberin, diese Blankowechsel jederzeit in einer den Forderungen und Ansprüchen aus dem angeführten Kreditverhältnis im Zeitpunkt der Ausstellung entsprechenden Ausmaß auszustellen - vor:
"4. Der (Die) Bürge(n) erkennt (erkennen) alle Maßnahmen und Vereinbarungen, die der Kreditgeber zur Geltendmachung seiner Forderungen für nützlich erachtet, als für sich verbindlich an und entbindet(n) den Kreditgeber, soweit gesetzlich zulässig, von jeglicher Haftung für die Höhe des Ausfalles. Insbesondere soll der Kreditgeber befugt sein, alle Sicherheiten und Vorzugsrechte, die ihm etwa sonst für die Schuld bestellt sind oder noch bestellt werden, lediglich nach seinem Ermessen zu verwerten und auch aufzugeben, namentlich auch Mitbürgen aus ihrer Haftung zu entlassen, ohne daß hiedurch der Umfang dieser Bürgschaftsverpflichtung geändert wird. Den Erlös aus anderen Sicherheiten oder Zahlungen des (der) Hauptschuldner(s) oder anderer Verpflichteter darf der Kreditgeber zunächst auf den unverbürgten Teil seiner Forderungen in Anrechnung bringen. Auch sollen dem (den) Bürgen daraus, daß der Kreditgeber Schuldner oder Bürgen verspätet in Anspruch nimmt, Stundungen resp.Prolongation gewährt, einem (Zwangs-)Ausgleich zustimmt oder sich sonst mit dem (den) Hauptschuldner(n) vergleicht, Einwendungen gegen den Kreditgeber nicht erwachsen.
7. Der Kreditgeber ist nicht verpflichtet, den (die) Bürgen vom jeweiligen Stand der Hauptschuld zu unterrichten; der (die) Bürge(n) wird (werden) sich darüber durch Einsicht in die Kontoauszüge des Kreditgebers bei dem (den) Hauptschuldner(n) unterrichten.". Der dem Franz R*** am 31.8.1979 eingeräumte Kredit von
S 1,500.000 wurde über das Konto Nr.20.090.858 bei der klagenden Partei abgewickelt. Im Frühjahr 1980 benötigte Franz R*** zur Inbetriebnahme des erwähnten Ausflugsgasthofes weitere Kreditmittel. Die klagende Partei gewährte ihm daher einen zusätzlichen Kredit von insgesamt S 1 Million, und zwar zunächst einen solchen von
S 800.000, der über das Konto Nr.90.084, und einen weiteren von
S 200.000, der über das Konto Nr.1.00.090.084 geführt wurde. Auch für die beiden zuletzt genannten Kredite wurde eine Förderung durch den Bürgesfonds im Rahmen der Fremdenverkehrssonderkreditaktion beantragt und erlangt. Zur Besicherung dieser beiden letztgenannten Kredite verpfändete Franz R*** mit den Pfandbestellungsurkunden vom 18.3.1980 und 10.10.1980 das auf der EZ 1110 Grundbuch Grinzing errichtete Superädifikat. Ebenfalls am 18.3.1980 verpfändete er dieses Superädifikat zur Besicherung der streitverfangenen vom Beklagten verbürgten Forderung der klagenden Partei aus dem Kreditvertrag (Beilage ./C). Die klagende Partei erwarb sodann das Pfandrecht zugunsten der streitgegenständlichen Kreditforderungen im ersten Pfandrang und die Pfandrechte für die weiteren Kreditforderungen in den nachfolgenden Rängen durch Urkundenhinterlegung.
Franz R*** bezahlte durch Überweisung von anderen bei der klagenden Partei geführten Konten die nach dem Kreditvertrag vereinbarten Tilgungsraten bis einschließlich 31.12.1981. Die am 30.6.1982 auf Grund eines Dauerauftrages erfolgte Habenbuchung von S 75.000 stornierte die klagende Partei bereits am 6.7.1982 mangels Deckung auf dem Konto, aus dem der Dauerauftrag abgebucht hätten werden sollen. In gleicher Weise wurde am 30. und 31.12.1982 bezüglich der fälligen zweiten Halbjahresrate für 1982 vorgegangen. Da Franz R*** aus eigenen Mitteln bis 27.4.1983 seine Kreditverbindlichkeiten aus dem eingangs erwähnten Kreditvertrag nicht einhalten konnte, gewährte ihm die Klägerin an diesem Tag einen weiteren Kredit von S 1 Million, der über das bei ihr geführte Konto Nr.1.00.080.598 abgewickelt wurde. Von diesem Konto, also aus dem neuen Kredit, wurde noch am 27.4.1983 auf das klagegegenständliche Kreditkonto Nr.20.090.858 ein Betrag von S 295.505 zur Abdeckung von rückständigen Kapitalraten und Zinsen und ein weiterer Betrag von S 151.000 akonto der bevorstehenden Fälligkeit zum 30.6.1983 überwiesen. Der Rest der Kreditsumme wurde zum Teil zur Abdeckung von Rückständen auf den Konten 1.00.090.084 bzw 90.084, zum Teil zur Akontierung der Fälligkeiten per 30.6.1983 auf diesen Konten und zum weiteren Teil zur Abdeckung sonstiger mittlerweile aufgelaufender Kosten und Gebühren verwendet.
Gleichfalls am 27.4.1983 verpfändete Franz R*** das oben erwähnte Superädifikat an die klagende Partei zur Sicherung des ihm gewährten neuerlichen Kredites durch Urkundenhinterlegung im Range nach den oben erwähnten Pfandrechten.
Die klagende Partei hat den Beklagten weder von dem seit 30.6.1982 eingetretenen Verzug Franz R*** mit der Zahlung der vereinbarten Tilgungsraten bei der Abstattung des verbürgten Kredites noch davon verständigt, daß es schließlich zu einer Abdeckung dieser Rückstände lediglich mit Mitteln aus neuerlich gewährten Krediten gekommen ist. Franz R*** konnte auf die weiteren fällig gewordenen Tilgungsraten keine Zahlungen zur Abstattung des verbürgten Kredites leisten. Über seinen Antrag wurde vom Erstgericht zu Sa 16/84 am 15.3.1984 das Ausgleichsverfahren eröffnet. Zu S 66/85 wurde vom selben Gericht später das Konkursverfahren über das Vermögen Franz R*** eröffnet. Auch von diesen Umständen hat die klagende Partei den Beklagten nicht verständigt.
Am 20.5.1984 vervollständigte die klagende Partei eines der ihr vom Beklagten als Bürge übergebenen Blankoakzepte und stellte es zum 21.9.1984 fällig. Die Präsentation dieses Wechsels war die erste Kontaktnahme der klagenden Partei mit dem Beklagten seit der Übernahme seiner Bürgschaft.
Erst im Zuge des Verfahrens hat der im Konkurs über das Vermögen des Franz R*** bestellte Masseverwalter das auf der EZ 1110 KG Grinzing errichtete Superädifikat um S 3,100.000 verkauft. Der Kaufpreis wurde durch Aufnahme eines Kredites der Käufer bei der klagenden Partei im Betrag von S 3,100.000 berichtigt, wobei absprachegemäß eine sogenannte Umbuchung intern auf die Kreditkonten Franz R*** bei der klagenden Partei erfolgen sollte. Ferner stimmte die klagende Partei in diesem Kaufvertrag zu, daß die oben erwähnten Pfandrechte auf dem Superädifikat gelöscht werden. Die klagende Partei nahm die erwähnten Umbuchungen auf die Kreditkonten Franz R*** in der Weise vor, daß sie zunächst alle anderen, nicht vom Beklagten verbürgten Kreditforderungen abdeckte, so daß sich allein auf dem vom Beklagten verbürgten Konto unter Berücksichtigung der weiter aufgelaufenen Zinsen und sonstigen Spesen ein Sollsaldo in Höhe des Klagebetrages ergab. Es entspricht der Bankenübung, daß bei Eintritt des Zahlungsverzuges des Hauptschuldners der Bürge davon verständigt wird.
Gegen den über Antrag der klagenden Partei erlassenen Wechselzahlungsauftrag des Erstgerichtes erhob der Beklagte folgende Einwendungen: Bei der Unterfertigung der Bürgschaftserklärung sei mit der klagenden Partei ausdrücklich vereinbart worden, daß es sich nur um eine vorübergehende Haftungsübernahme handle. Der besicherte Kredit der klagenden Partei hätte nur ein Zwischenkredit bis zur Zuteilung eines Bürgeskredites sein sollen. Bei Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten sei die zugesicherte pfandrechtliche Besicherung an dem Superädifikat des Hauptschuldners möglich gewesen. Direktor Günther B*** von der klagenden Partei habe dem Beklagten erklärt, er brauche vor allem deshalb in keiner Weise besorgt zu sein, weil auch durch das Superädifikat für die Bank ausreichende Deckung gegeben sei. Der Beklagte hätte, wenn die klagende Partei ihn jemals über die Höhe der Rückstände des Hauptschuldners benachrichtigt hätte, sofort für die Sicherstellung seiner allfälligen Regreßforderung auf dem Superädifikat Sorge getragen. Die klagende Partei habe sich in gröblicher Verletzung ihrer Fürsorgepflicht selbst auf dem Superädifikat für weitere Kredite des Hauptschuldners abgesichert, bevor sie die Haftung des Beklagten in Anspruch genommen habe. Sie habe zur Vermeidung der Verständigung dem Hauptschuldner neue Bürgeskredite unter der Vorspiegelung verschafft, daß diese Kredite für zusätzliche Investitionen notwendig seien. Tatsächlich seien diese Kredite auch teilweise zur Abdeckung des vom Beklagten verbürgten Kredites verwendet worden. Die klagende Partei habe entgegen der Bankenübung den Kaufpreis nicht in der Weise verrechnet, daß die Forderungen entsprechend ihrem bücherlichen Rang abgedeckt worden seien; sie habe vielmehr primär den letzten infolge Überbelehnung nur mehr teilweise zum Zug gekommenen Kredit abgedeckt, so daß der verbürgte erstrangige Kredit nach wie vor mit einem Teilbetrag aushafte. Diese bewußt bürgenschädigende Verrechnungsart widerspreche nicht nur der Vereinbarung mit dem Masseverwalter, sondern sei auch nicht bankenüblich. Punkt 4. des Bürgschaftsvertrages sei gemäß § 879 Abs 3 bzw § 864 a ABGB sittenwidrig und rechtsunwirksam. Obwohl die klagende Partei schon seit Sommer 1982 über die schlechte finanzielle Lage des Franz R*** informiert gewesen sei, habe sie diesem aus reinem Gewinnstreben einen weiteren Kredit mit dem arglistigen Gedanken gewährt, daß ohnehin die Bürgenhaftung des Beklagten zum Tragen kommen solle, wenn das Superädifikat infolge Überbelehnung keine Sicherheit mehr bieten sollte.
Die klagende Partei bestritt die Richtigkeit dieser Einwendungen und brachte dagegen vor: Sie sei bei Gewährung des ersten Kredites über S 1,500.000 davon ausgegangen, daß eine bücherliche Sicherstellung nicht möglich sei, weil in den Bestandverträgen zwischen dem Voreigentümer des Superädifikates bzw des Franz R*** einerseits und der S*** W*** andererseits festgehalten gewesen sei, daß eine Übertragung nur mit Zustimmung der S*** W*** möglich sei. Die hypothekarische Sicherstellung sei erst am 18.3.1980, also nachdem vom Beklagten die Bürgschaft für den reinen Personalkredit übernommen worden sei, erfolgt. Die zusätzliche Sicherheit sei verlangt worden, weil von Franz R*** weitere Kredite beantragt worden seien. Der Existenzgründungskredit des Franz R*** sei bis Ende 1983 ordnungsgemäß bedient worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Durch Punkt 7. des Bürgschaftsvertrages sei die Bankenübung, daß bei Verzug des Hauptschuldners der Bürge zu verständigen sei, nicht abbedungen worden. Durch die Unterlassung der Verständigung unmittelbar nach den Fälligkeitsterminen 30.6. und 31.12.1982 habe die klagende Partei die ihr obliegenden Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt, deren Beachtung den Beklagten vor jedem Schaden bewahrt hätte. Er hätte bei rechtzeitiger Verständigung die verbürgte Schuld einlösen können. Sitten- und treuwidrig sei auch die Gewährung und hypothekarische Sicherstellung des weitgehend als Umschuldungskredit zu beurteilenden Kredites vom 27.4.1983 sowie die Anrechnung des Verkaufserlöses des Superädifikates zunächst auf die nicht verbürgten Kredite.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren unter Zugrundelegung der Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichtes statt. Eine gesetzliche Regelung, daß der Bürge Auskunft über den tatsächlichen Umfang der Hauptschuld verlangen könne, bestehe nicht. In Punkt 7 des Bürgschaftsvertrages sei ausdrücklich festgelegt, daß der Kreditgeber (klagende Partei) nicht verpflichtet sei, den Bürgen vom jeweiligen Stand der Hauptschuld zu unterrichten. Mit dieser Bestimmung werde eine Plficht zur Unterrichtung des Bürgen zumindest auch für den nicht ganz ungewöhnlichen Fall eines Verzuges des Hauptschuldners ausgeschlossen, weil die Regelung nicht zwischen den selbstverständlichen Fällen vertragsgemäßer Abwicklung einerseits und denen vertragswidriger Abwicklung andererseits unterscheide. Grundsätzlich sei es Sache des Bürgen, sich - wenn ihn dies interessiere - über die Vermögenssituation des Hauptschuldners informiert zu halten. Bei einem riskanten Geschäft wie der Bürgschaft sei der Bürge zu erhöhter Aufmerksamkeit und selbst zur Wahrung seiner Interessen aufgerufen. Im Punkt 7 zweiter Halbsatz des Bürgschaftsvertrages sei vorgesehen, daß sich der Bürge vom jeweiligen Stand der Hauptschuld durch Einsicht in die Kontoauszüge des Kreditgebers bei dem Hauptschuldner unterrichte. Auf Grund dieses vorgesehenen und vereinbarten Informationsvorganges müsse die klagende Partei nicht davon ausgehen, daß der Beklagte von der Säumnis oder einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners keine Kenntnis habe. Es sei deshalb eine Pflicht der klagenden Partei, den Beklagten von der Säumnis zu unterrichten, nicht zu bejahen. Im übrigen werde die Einleitung von Insolvenzverfahren öffentlich bekanntgemacht.
Die Behauptung des Beklagten, Punkt 4 des Bürgschaftsvertrages, wonach die klagende Partei berechtigt sein solle, alle Sicherheiten freizugeben, ohne daß sich dadurch der Umfang der Bürgschaftsverpflichtung ändere, sei gemäß §§ 879 Abs 3 bzw 864 a ABGB sittenwidrig, lasse unbeachtet, daß die dingliche Sicherstellung erst nach Abschluß des Bürgschaftsvertrages erfolgt sei. Die Regelung entspreche daher in bezug auf das allein in Betracht kommende Pfandrecht am Superädifikat der Bestimmung des § 1360 ABGB. Das Recht, daß sich der Gläubiger nicht zum Nachteil des Bürgen des Pfandes begeben dürfte, habe der Bürge nur, wenn das Pfand vor oder bei der Leistung der Bürgschaft begründet worden sei. Die Freigabe eines später gegebenen Pfandes mache den Gläubiger nur bei der Ausfallsbürgschaft haftbar. Der dem Gesetz entsprechende Punkt 4 des Bürgschaftsvertrages ermögliche es der klagenden Partei, den Erlös aus der Verwertung eines Superädifikates außerhalb der Rangordnung der Pfandrechte zuzuweisen.
Durch Punkt 4 des Bürgschaftsvertrages seien Sorgfaltspflichten der klagenden Partei, soweit sie nach dem Gesetz bestünden, weitgehend außer Kraft gesetzt. In der Gewährung eines "Umschuldungskredites" könne eine Verletzung der Sorgfaltspflicht gegenüber dem Beklagten nicht erblickt werden, weil mit einer Umschuldung einerseits keine Erhöhung der Passiven eintrete und außerdem ein erheblicher Teil dieses Kredites zur Abdeckung der Verpflichtungen jenes Kredites verwendet worden sei, für den der Beklagte hafte.
Auch die Behauptung des Beklagten, Günther B*** von der klagenden Partei habe ihm schon vor Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung gesagt, er könne vor allem auch deshalb bedenkenlos unterschreiben, weil "ohnedies das Superädifikat da sei", sei - selbst bei Unterstellung einer derartigen Bemerkung - nicht geeignet, eine Zusicherung der völligen Risikolosigkeit der Bürgschaftsvereinbarung oder gar einen Verzicht auf das im Punkt 4 des Bürgschaftsvertrages verankerte Recht der klagenden Partei zu bewirken. Im übrigen habe der Beklagte nicht einmal behauptet, daß er sich zur Abgabe der Bürgschaftserklärung erst durch eine derartige Zusicherung habe bestimmen lassen. Letztlich sei mit dem - wenn auch erst nach Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung - erwirkten erstrangigen Pfandrecht für die verbürgte Forderung auf dem Superädifikat des Hauptschuldners eine zusätzliche Sicherheit des Beklagten begründet worden, weil er durch Zahlung gemäß § 1358 ABGB das Pfandrecht einlösen und sich damit Deckung verschaffen hätte können. Daß er von seinem Einlösungsrecht aber bis zu der erst während des Prozesses erfolgten Veräußerung des Superädifikates keinen Gebrauch gemacht habe, habe sich der Beklagte selbst zuzuschreiben.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Beklagten gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision ist nicht berechtigt.
In der Revision werden zum Teil Sachverhaltsdarstellungen vorgetragen, die außerhalb der von den Vorinstanzen angenommenen Feststellungsgrundlage liegen und diese ignorieren; insoweit ist das Rechtsmittel nicht gehörig ausgeführt. Die Bekämpfung der Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanzen ist im Revisionsverfahren unzulässig. Auf die gerügten Feststellungsmängel ist bei der Behandlung der Rechtsrüge einzugehen.
Zunächst ist der Ansicht des Revisionswerbers, das Erstgericht habe die "Schlußfeststellung" getroffen, das gesamte Verhalten der klagenden Partei gegenüber dem Beklagten sei - bis hin zur Aufteilung des Verkaufserlöses für das Superädifikat - sittenwidrig und eine Verletzung der Treuepflicht (im Sinn der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmannes) gewesen, zu entgegnen, daß die bezogenen Äußerungen des Erstgerichtes nicht als (bindende) Tatsachenfeststellungen, anzusehen sind; es handelt sich dabei vielmehr um eine rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts.
Dem Gericht zweiter Instanz ist darin beizupflichten, daß die klagende Partei nach den zwischen den Streitteilen bestehenden Abmachungen (Punkt 7 des Bürgschaftsvertrages Beilage ./B) ohne Verletzung von unabdingbaren Sorgfaltspflichten die Verständigung des beklagten Bürgen vom Verzug des Hauptschuldners bei der Zurückzahlung des verbürgten Kredites, aber auch von der Gewährung weiterer, teilweise zur Umschuldung (nämlich zur Bewirkung der Zurückzahlungsverpflichtungen aus dem ersten Kreditvertrag) verwendeter Kredite unterlassen durfte. Selbst bei Annahme des Bestehens der vom Erstgericht - entgegen der von Schinnerer-Avancini (Bankverträge3 II 172) geäußerten Praxis - festgestellten gegenteiligen Bankenübung konnte sich die klagende Partei durch die Vertragsklausel Punkt 7 von einer derartigen Verständigungsverpflichtung unter Verweisung des Bürgen auf die Unterrichtung über den Stand der Hauptschuld durch Einsicht in ihre Kontoauszüge beim Hauptschuldner (und dadurch auf den Kontakt mit diesem) rechtswirksam freizeichnen, ohne dadurch alleine schon gegen § 879 Abs 1 ABGB zu verstoßen. Es kann in dieser Klausel auch keine gröbliche Benachteiligung des Beklagten im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB erkannt werden, denn es ist ihm grundsätzlich zumutbar, sich in erster Linie beim Hauptschuldner die notwendigen Auskünfte zu verschaffen. Diese Vertragsklausel fände allerdings in ihrer Wirksamkeit bei einer dadurch - allerdings nicht hier - bewirkten groben Verletzung rechtlich schutzwürdiger Interessen des Bürgen ihre Grenze an der Schranke zur Sittenwidrigkeit. Dies wäre etwa dann der Fall wenn der Beklagte, seinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Hauptschuldner nicht oder nur unter unzumutbaren Schwierigkeiten und Mühen durchsetzen könnte und die kreditgewährende Gläubigerbank trotzdem ein Auskunftsersuchen der Bürgen mit Berufung auf den Auskunftsverzicht ablehnt. Davon kann aber nach der Aktenlage keine Rede sein.
Der Beklagte hat sich im übrigen nicht auch für die weiteren vom Hauptschuldner bei der klagenden Partei aufgenommenen Kredite verbürgt; die weiteren Kreditverträge wurden vielmehr ohne seine Kenntnis oder gar Zustimmung und damit auch ohne seine Bürgenhaftung geschlossen. Die klagende Partei hat sich in Punkt 4 des Bürgschaftsvertrages in rechtlich einwandfreier Weise (wie dies übrigens von den Banken allgemein bei Bürgschaften formularmäßig gehandhabt wird) vorbehalten, Erlöse aus anderen Sicherheiten oder Zahlungen des Hauptschuldners zunächst auf den unverbürgten Teil ihrer Forderung in Anrechnung zu bringen. Damit hat sie sich aber für den Fall der Verwertung der Pfandsache (hier des für alle vier Kredite haftenden Superädifikates) auch die Reihenfolge der Anrechnung des Verwertungserlöses auf die entsprechenden Pfandränge vorbehalten. Der Beklagte übersieht bei seiner auf den Vorwurf vorsätzlich bürgenschädigenden Verhaltens der klagenden Bank ausgerichteten Argumentation, daß die klagende Partei dem Hauptschuldner weitere Kredite gegen andere Sicherheiten geben durfte, ohne seine, des beklagten Bürgen, Einwilligung dazu einholen zu müssen, und daß aus solchen Krediten - wenn auch nur zum Teil - Gutschriften auf das Konto des von ihm verbürgten ersten Kredites über S 1,500.000 gelangten, so daß er aus seiner Haftung für die Schuld auf diesem Konto durch die neuen, von ihm nicht verbürgten Kredite, nicht zu Schaden kam. Der Umfang der von ihm durch die Bürgschaft besicherten Schuld des Hauptschuldners hat sich also durch die weiteren Kreditgewährungen der klagenden Bank an den Hauptschuldner nicht zu seinem Nachteil verändert. Freilich wurde das Volumen des ihm zur Verfügung stehenden Rückgriffsfonds im Haftungsfall gegenüber dem Hauptschuldner, für den er sich verbürgt hatte, durch diese weiteren Kreditverträge des Hauptschuldners allmählich geringer. Darum aber hätte er sich, wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend darlegte, im Hinblick auf Punkt 7 des Bürgschaftsvertrages selbst kümmern müssen.
Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß § 1360 ABGB dem Beklagten im vorliegenden Fall ebenfalls keinen tauglichen Einwand gegen die Klageforderung gewährt. Der Beklagte selbst behauptet ja, es sei der klagenden Partei vom Hauptschuldner nicht vor oder bei der Leistung der Bürgschaft das Superädifikat als Pfand gegeben, sondern lediglich ihm gegenüber vom Geschäftsleiter der klagenden Partei Günther B*** erklärt worden, er brauche sich wegen der Bürgschaft nicht zu sorgen, weil ohnehin das Superädifikat als Pfand bestellt werde. Im Sinne dieser Ankündigung hat dann nach der Aktenlage der Hauptschuldner (laut Kreditvertrag vom 18.3.1980, Beilage ./C) der klagenden Partei die Verpfändung des Superädifikates auch zugesagt. Erst danach erwarb die klagende Partei das Pfandrecht für die Forderungen aus dem ersten Kredit über S 1,500.000 im ersten Pfandrang und aus den weiteren Krediten in den folgenden Rängen durch Hinterlegung der Pfandbestellungsurkunden in der Urkundensammlung. Aus diesem Grunde kann § 1360 ABGB nicht zur Anwendung kommen und es bedarf deshalb auch keiner weiteren Erörterungen und Feststellungen über die dem Beklagten von Günther B*** diesbezüglich gemachten Zusagen, weil selbst nach den Behauptungen des Beklagten ein Verzicht der klagenden Partei auf ihre Rechte aus Punkt 4 des Bürgschaftsvertrages nicht angenommen werden könnte.
Den Umstand, daß der Beklagte (wie auch andere Bürgen) vor und bei Eingehung der Bürgschaft über Art und Umfang des Bürgeskredites und die durch seine Bürgschaft bewirkte "Zwischenfinanzierung" bis zur Erteilung des Bürgeskredites nicht ausreichend informiert gewesen sein mag und - aus welchen Gründen immer, etwa aus besonderer Vertrauensseligkeit gegenüber seinem Jugend- und Schulfreund Günther B*** - den Bürgschaftsvertrag mit all seinen Klauseln ungelesen unterfertigte - wie ausdrücklich festgestellt ist -, hat er selbst zu vertreten. Die in eigener Sorglosigkeit begründete Unkenntnis seiner Rechte und Pflichten als Bürge und Zahler kann der Beklagte der klagenden Partei nicht erfolgreich entgegenhalten. Der Beklagte kann nicht stichhältig begründen, weshalb er nicht wenigstens im Zuge des vorliegenden Rechtsstreites die von ihm verbürgte Forderung eingelöst und dadurch gemäß § 1358 zweiter Satz ABGB das im ersten Rang mit ausreichender Deckung sichergestellte Pfandrecht erworben hat; auch im Falle der Verständigung vom Verzug des Hauptschuldners durch die klagende Partei wäre ihm nur diese Möglichkeit zur Verfügung gestanden. Dieses Versäumnis kann jedenfalls nur ihm selbst zur Last fallen, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat.
Aus den dargelegten Gründen ist der Revision des Beklagten der Erfolg zu versagen.
Die Revisionskostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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