Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 16.853,13 S sA an rückständigem Pachtzins und zur Übergabe der im Hause Kaiser-Franz-Josef-Straße 36 (Sporthotel W***) in Badgastein gelegenen Räumlichkeiten, und zwar des im Erdgeschoß gelegenen Gastraums "Gasteiner Stamperl" sowie der Küche und des Abstellraums im darüber befindlichen Halbstock, im geräumten Zustand.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß kein Zinsrückstand bestehe. Im Verlaufe des Verfahrens stellte er den Zwischenantrag auf Feststellung, daß das Bestandverhältnis zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und ihm kein Pacht-, sondern ein Mietvertrag gewesen sei. Die Klägerin "trat diesem Antrag nicht entgegen", weil von dessen Entscheidung auch die Frage der Berechtigung des Räumungsbegehrens abhänge. Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf die Behandlung des Zwischenfeststellungsantrages ein und wies mit Zwischenurteil inhaltlich den Zwischenfeststellungsantrag ab, weil das Bestandverhältnis ein Pachtvertrag sei. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Das jetzige "Sporthotel Adler" stand zunächst im Eigentum des am 21. Juni 1967 verstorbenen Hoteliers Paul W*** sen., des Vaters des Beklagten. Es wurde mit Einantwortungsurkunde vom 3.August 1970 seiner Witwe Eva W*** zur Hälfte und seinen Kindern Peter, Paul, Thomas und Ursula W*** zu je einem Achtel eingeantwortet. Bereits im Dezember 1977 richtete der Beklagte in einem straßenseitig gelegenen Raum (nebst der Küche und dem Abstellraum im Halbstock darüber) ein Wein- bzw. Bierlokal ein, welches sich eines regen Zuspruches durch Einheimische und Urlauber erfreute und den Namen "Gasteiner Stamperl" oder kurzweg "Stamperl" führte. Als Einrichtung verwendete er mit Zustimmung seiner Mutter, der Hälfteeigentümerin des Hauses, teilweise Mobiliar aus dem Hotelbetrieb, mit dessen Konzession er zunächst die Gastwirtschaft führte. Andere Einrichtungsgegenstände wurden von ihm selbst gekauft oder - wie die Theke - von der ihn mit Bier versorgenden Brauerei beschafft. Für die aus dem Hotel übernommenen Einrichtungsgegenstände bezahlte der Beklagte keine Ablöse.
Während Eva W*** die Auffassung vertritt, daß diese Einrichtungsgegenstände dem Beklagten nur geliehen worden seien und daher heute noch in ihrem bzw. im Eigentum ihrer Rechtsnachfolgerin im Besitz der Liegenschaft stünden, ist der Beklagte der Auffassung, daß er an diesen Gegenständen durch deren Überstellung in das "Stamperl" Eigentum erworben habe. Knapp zwei Jahre nach der Eröffnung des Lokales ging die Liegenschaft mit dem Übergabsvertrag vom 26. September 1979 in das Alleineigentum der Mutter Eva W*** über. Diese sah sich veranlaßt, den Gastwirtschaftsbetrieb des Beklagten im "Stamperl" in die gehörige rechtliche Form zu bringen. Sie fragte die drei Geschwister des Beklagten, ob sie an einer Pachtung interessiert wären, und schloß nach Ablehnung des Angebotes am 2./3. Oktober 1979 mit dem Beklagten den Pachtvertrag Beilage ./B über das "Gasteiner Stamperl" mit Wirkung vom 1. September 1978 auf die Dauer von 10 Jahren mit beiderseitiger Kündigungsmöglichkeit und einem wertgesicherten Monatszins von 4.345 S zuzüglich 8 % Mehrwertsteuer ab. Die Konzession wurde nicht mitverpachtet, weil diese für Eva W*** selbst zur Führung des Hotels erforderlich war und der Beklagte nach Ablegung der Konzessionsprüfung im Jahre 1979 ohnedies eine eigene Gastgewerbekonzession erworben hatte. Während sich dieses Gastlokal von Anfang an eines guten Besuches erfreute und zum Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages einen ansehnlichen Kundenstock aufwies, wurde der Hotelbetrieb zunehmend rückläufig; bereits am 28. Mai 1982 wurde beim Bezirksgericht Gastein der erste Antrag auf Zwangsversteigerung der Liegenschaft gestellt und im Jahre 1984 wurde schließlich der Hotelbetrieb von Eva W*** gänzlich geschlossen. Der Zwangsversteigerungsantrag war für den Beklagten ein Warnsignal, sich für einen solchen Fall mit seinem Gastbetrieb gehörig abzusichern; er legte deshalb im Jahre 1983 seiner Mutter den auf 2. März 1980 zurückdatierten Mietvertrag Beilage./2 zur Unterschrift vor, welcher zwar im großen und ganzen mit dem Pachtvertrag vom 2./3. Oktober 1979 übereinstimmte, in einzelnen Punkten jedoch von ihm abweichend war, indem z.B. nunmehr das Bestandverhältnis als Miete deklariert, die Kündigungsmöglichkeit des Bestandgebers ausgeschlossen und der vereinbarte Mietzins nicht mehr wertgesichert war. Hiedurch sollten im Fall einer Zwangsversteigerung Kauflustige abgeschreckt bzw. einem allfälligen Ersteher ein Bestandverhältnis entgegengesetzt werden, das unkündbar, billig und nicht wertgesichert erscheinen sollte. Diese "Vorsichtsmaßnahme" verfehlte insoferne ihren Zweck, als sie die Klägerin nicht abhielt, die Liegenschaft mit Zuschlag vom 1. Juni 1988 zu erstehen und gegen den Beklagten mit der vorliegenden Klage einzuschreiten.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß der Mietvertrag vom 2.März 1980 ein Scheingeschäft gewesen und als solches gemäß § 916 Abs. 1 ABGB nichtig sei. Im übrigen habe es sich bei dem Bestandverhältnis von Beginn an um eine Pacht gehandelt. Es spiele keine Rolle, daß der Beklagte sich das Mobiliar, den Warenbestand und den Kundenstück in den zwei vorausgegangenen Jahren, in denen er das Lokal ohne rechtliche Grundlage führte, selbst geschaffen habe. Das Fehlen einer Betriebspflicht allein indiziere noch keineswegs ein Mietverhältnis.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und stellte in Abänderung des angefochtenen Zwischenurteils fest, daß das zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und dem Beklagten hinsichtlich des Gastlokales "(Gasteiner) Stamperl" begründete Bestandverhältnis seiner Rechtsnatur nach ein Mietverhältnis sei. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 300.000 S übersteigt und ergänzte die Feststellungen des Erstgerichts durch die Zitierung einzelner Punkte des Vertrages vom 2./3.Oktober 1979 und des Übergabsvertrages vom 26. September 1979 in ihrem genauen Wortlaut. Rechtlich bejahte das Gericht zweiter Instanz die Zulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrages und verwies auf die von Lehre und Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien zur Unterscheidung von Miete und Pacht. Aus dem festgestellten Vertragsinhalt ("Betriebsausstattungsgegenstände, welche im Eigentum des Sohnes Paul W*** stehen") gehe hervor, daß zum Zeitpunkt des Übergabsvertrages tatsächlich sämtliche beweglichen Betriebsausstattungsgegenstände des Weinlokales "Stamperl" im Eigentum des Beklagten standen. Die weitere Textierung ("für die Benützung sämtlicher Stamperlräume zahlt Paul W***") und die implicite getroffene Feststellung des Erstgerichts, daß zwischen Eva und Paul W*** keine Betriebspflicht vereinbart war, lasse unter Berücksichtigung des Umstandes, daß Paul W*** mit dem Vertrag vom 2./3.Oktober 1979 lediglich Räumlichkeiten in Bestand genommen hat, um das von ihm in den Vorjahren im Rahmen seiner Miteigentümereigenschaft aufgebaute Unternehmen zu betreiben, den Schluß zu, daß es sich hiebei um eine Geschäftsraummiete gehandelt habe. Auf die Beurteilung des späteren Vertrages vom 2.März 1980 brauche nicht mehr eingegangen zu werden.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO mit dem Antrag, in Abänderung des angefochtenen Urteils die Entscheidung des Erstgerichtes wierderherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in der Rechtsmittelgegenschrift, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zunächst ist zu bemerken, daß zufolge übereinstimmender Bejahung der Zulässigkeit des vorliegenden Zwischenfeststellungsantrages durch die Vorinstanzen diese Frage endgültig geklärt und der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen ist (1 Ob 581/79; 2 Ob 593/83; SZ 60/154 uza). Dieses Thema wird von den Parteien im Revisionsverfahren auch nicht mehr aufgegriffen.
Die Klägerin vertritt nach wie vor die Auffassung, daß die Grundlage für das Rechtsverhältnis zwischen der Mutter des Beklagten und diesem selbst - soweit es das Gastlokal Stamperl betraf - ein Pachtvertrag gewesen sei. Diese Ansicht ist nicht richtig. Für die Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (EvBl. 1972/282 = MietSlg. 24.128). Eine Unternehmenspacht liegt in der Regel vor, wenn ein lebendes Unternehmen Gegenstand des Bestandvertrages ist, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem was zum Begriff des good will gehört (MietSlg. 29.334; 32.163; 34.206 uza). Die Beistellung von Betriebsmitteln, Kundenstock, Gewerbeberechtigung etc. durch den Bestandgeber ist wohl ein zusätzliches Indiz für Pacht, das Fehlen einzelner Komponenten schließt die Beurteilung als Pachtvertrag nicht aus (MietSlg. 31.171; 31.389 ua). Es kommt darauf an, welchen Umständen die größere wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Im allgemeinen wird die Vereinbarung einer Betriebspflicht wichtigstes Kriterium eines Pachtvertrages sein (EvBl. 1972/282; MietSlg. 28.117 ua), sofern dies auf einem wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers am Bestehen und der Art des Betriebes beruht (MietSlg. 28.117; 31.389; 34.206 ua). Nur dann, wenn der Bestandgeber alle wesentlichen Grundlagen des künftigen Unternehmens zur Verfügung stellt, kann Pacht angenommen werden (SZ 31/54; EvBl. 1957/105; MietSlg. 32.162/23 ua). Werden dagegen keine Betriebsmittel beigestellt, dann wird selbst bei Interesse des Bestandgebers an der Führung des Betriebes (einzelne Gewerbebetriebe in einem großen Hotel) nur Geschäftsraummiete und nicht Unternehmenspacht vorliegen (Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu §§ 1092 - 1094; MietSlg. 32.162/23 ua). Im vorliegenden Fall ist dem Berufungsgericht zu folgen, daß wesentliche Kriterien für das Vorliegen einer Geschäftsraummiete sprechen: Dem Beklagten wurde nicht etwa ein sogenanntes lebendes Unternehmen in Bestand gegeben;
er mußte vielmehr alle jene Betriebsmittel und Einrichtungsgegenstände, die zu einem solchen gehören, selbst anschaffen. Auch der Kundenstock war nicht von vornherein vorhanden;
er mußte ihn vielmehr selbst erst aufbauen und das Lokal entsprechend führen, um allmählich seine jetzige wirtschaftliche Stellung zu erlangen. Unter diesen Umständen kann auch die als "Pachtvertrag" überschriebene Darstellung gegenseitiger Rechte und Pflichten, wie sie Mutter und Sohn als juristische Laien verfaßten, nicht anders verstanden werden als daß die Schaffung der Möglichkeit für den Beklagten, in den Bestandräumlichkeiten einen eigenen Betrieb aufzubauen, in die rechtliche Form einer Vermietung der Räumlichkeiten zu diesem Zweck gekleidet werden sollte. Insoweit trifft der vom Berufungsgericht festgestellte Inhalt des Übergabsvertrages vom 26.September 1979 bereits den Kern des Problems, weil darin klar zum Ausdruck kommt, daß die Betriebseinrichtung ohnedies im Eigentum des Beklagten stand und daß dieser nur "für die Benützung sämtlicher Stamperlräume" entsprechenden Bestandzins zahlte. Da letztlich feststeht, daß dem Beklagten auch keine Betriebspflicht auferlegt war, sprechen die hier zusammengefaßten Umstände eindeutig für das Vorliegen einer bloßen Geschäftsraummiete und nicht einer Unternehmenspacht (vgl. MietSlg. 32.162/23 uza). Die gegenteiligen Argumente der Klägerin sind nicht stichhältig.
Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 393 Abs. 4, 52 Abs. 2 ZPO.
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