OGH 4Ob131/89

OGH4Ob131/8917.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eva S***, Geschäftsfrau, Wien 10, Quellenstraße 19, vertreten durch Dr. Heinz-Wilhelm Stenzel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Yves R*** Vertriebsgesellschaft m.b.H., Salzburg, Bergerbräuhofstraße 35, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 350.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 13.Juli 1989, GZ 6 R 167/89-9, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Salzburg vom 24.April 1989, GZ 13 Cg 139/89-5, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

I. Die Revisionsrekursbeantwortung der Klägerin wird zurückgewiesen.

II. Dem Revisionsrekurs der Beklagten wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 23.808,60 (darin enthalten S 3.968,10 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte vertreibt Kosmetikartikel über sog. "Yves R*** Schönheitsfachgeschäfte" (Franchisenehmer). Die Klägerin war Franchisenehmerin der Beklagten; über die Wirksamkeit der Auflösungserklärung der Beklagten betreffend diese Geschäftsbeziehung der Parteien besteht Streit. Die Klägerin vertreibt ungeachtet dieser Auflösungserklärung in ihrem Geschäft in Wien 10 weiterhin die Produkte der Beklagten.

Mit einem Rundschreiben vom 14.3.1989 kündigte die Beklagte ihren Franchisenehmern verschiedene Werbeaktionen an, darunter die Versendung von - beim Kauf in ihren Schönheitsfachgeschäften einlösbaren - Warengutscheinen mit einem Nennbetrag von je S 50 an Kunden an. Die Beklagte ließ auch derartige Gutscheine drucken (Beilage ./A), auf denen sich (ua) folgende Ankündigungen befanden:

"Gutschein gültig ab sofort bis 22.4.89 ... Persönlicher

Geschenk-Gutschein für ......... Wert öS 50 ..." Lösen Sie Ihren

Gutschein schnell ein. Bringen Sie ihn gleich ins Yves R*** Schönheitsfachgeschäft."

Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Anspruches, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Versandhandel mit Parfumerieartikeln und/oder Kosmetika, an ihre Kunden Gutscheine zu einem bestimmten Nennbetrag, insbesondere zu einem Nennbetrag von S 50 auszugeben, welche beim Kauf von Produkten der Beklagten eingelöst und von der Kaufsumme abgezogen werden können, beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, sich jedweder Verfügung über die von ihr zur Aussendung vorbereiteten Werbeankündigungen, welche zur Zeit beim Postamt 1100 Wien zur Aussendung bereit liegen, gemäß Beilage ./A zu enthalten. (Die von der Klägerin außerdem beantragte Erlassung von "Drittverboten" an das Postamt 1100 Wien und die Franchisenehmer der Beklagten ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens.)

Die Beklagte kündige mit den beanstandeten Warengutscheinen einen gesetzwidrigen Preisnachlaß an, weil die Inhaber von Gutscheinen Angehörige bestimmter Verbraucherkreise im Sinne des § 1 Abs. 2 RabG seien; daran ändere auch die Ankündigung nichts, daß weitere Gutscheine für Freunde und Bekannte der Gutscheinempfänger in den Schönheitsfachgeschäften bereit lägen. Sofern die bis längstens 7.4.1989 beim Postamt 1100 Wien aufliegenden Gutscheine ausgesandt und von den Empfängern eingelöst würden, erleide die Klägerin einen unwiederbringlichen Schaden, weil sie - unabhängig von der grundsätzlich gesetzwidrigen Vorgangsweise der Beklagten - wegen der unberechtigten sofortigen Auflösung des Franchisevertrages durch die Beklagte nicht die Möglichkeit habe, Gutscheine gegen Nachverrechnung mit der Beklagten einzulösen. Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Die Klägerin habe nicht bescheinigt, daß Warengutscheine der beanstandeten Art tatsächlich beim Postamt 1100 Wien lagern. Die beantragte Sicherungsmaßnahme sei auch nicht geeignet, den Hauptanspruch zu sichern; sie gehe vielmehr über diesen Hauptanspruch hinaus. Sollte sie jedoch zulässig sein, dann wäre sie nicht berechtigt, weil mit dem Gutschein Beilage ./A kein unzulässiger Rabatt angekündigt worden sei. Die Klägerin sei aktiv zur Klage nicht legitimiert; sie verfolge den geltend gemachten Anspruch nur, um die Beklagte zu schädigen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, weil sich die beantragte Provisorialmaßnahme nicht im Rahmen des Hauptanspruches halte; auch könnten zur Sicherung eines Unterlassungsanspruches nicht Verbote erlassen werden, die in Privatrechte Dritter eingreifen. Das gegen die Franchisenehmer der Beklagten beantragte Verbot liefe überdies darauf hinaus, das - seit der RabG-Novelle 1988 keinen gerichtlichen Unterlassungsanspruch begründende - Gewähren eines unzulässigen Rabattes zu verhindern. Das Rekursgericht trug der Beklagten auf, sich jedweder Verfügung über die von ihr zur Aussendung vorbereiteten Werbeankündigungen, die zur Zeit beim Postamt 1100 Wien zur Aussendung bereit lägen und deren Inhalt sich aus Beilage ./A ergebe, zu enthalten; im übrigen bestätigte es die Abweisung des Sicherungs-Mehrbegehrens durch das Erstgericht und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Rechtlich führte das Rekursgericht zum abändernden Teil seiner Entscheidung folgendes aus:

Das Zusenden derartiger Warengutscheine an einen größeren Personenkreis sei als Ankündung eines unzulässigen Rabattes zu werten. Soweit sich der Sicherungsantrag gegen die Beklagte richte, gehe er entgegen der Ansicht des Erstgerichtes nicht über das Hauptbegehren hinaus, werde doch der Beklagten hier nur das Unterlassen einer konkreten, einen Rabattverstoß darstellenden Wettbewerbshandlung, somit nur ein minus gegenüber dem Hauptbegehren aufgetragen, das Ankündigen gesetzwidriger Rabatte durch Versenden einer großen Anzahl von Warengutscheinen zu unterlassen. Daß bereits ein anderer Kläger gegen die Beklagte ein inhaltsgleiches Unterlassungsgebot erwirkt habe, beseitige die Beschwer der Klägerin nicht. Auch das in der Klage bekundete Interesse der Klägerin, an der gesetzwidrigen Rabattaktion der Beklagten teilzunehmen, ändere an ihrer Klageberechtigung nichts.

Gegen den abändernden Teil dieses Beschlusses richtet sich der wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den abweisenden Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

I. Der Revisionsrekurs der Beklagten wurde dem Klagevertreter am 4.9.1989 zugestellt; die von diesem am 19.9.1989 - also erst nach Ablauf der 14tägigen Frist des § 402 Abs. 1, letzter Satz, EO - zur Post gegebene Revisionsrekursbeantwortung mußte daher als verspätet zurückgewiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

II. Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis berechtigt. Die Beklagte vertritt in ihrem Rechtsmittel vor allem die Auffassung, daß das vom Rekursgericht erlassene Verbot einerseits über den Hauptanspruch hinausgehe, andererseits aber auch ungeeignet sei, diesen zu sichern; es verwehre nämlich der Beklagten, die angeblich beim Postamt 1100 Wien lagernden Gutscheine zum Zweck der Streichung der beanstandeten Passagen zurückzunehmen, während es sie andererseits nicht hindere, mit anderen Warengutscheinen gesetzwidrige Rabatte anzukündigen. Darüber hinaus könne die Klägerin im Wege einer auf Grund des im Hauptverfahren erwirkten Unterlassungstitel geführten Exekution nicht verhindern, daß die Beklagte allenfalls beim Postamt 1100 Wien lagernde Warengutscheine wieder an sich nehme. Schließlich sei auch gar nicht bescheinigt, daß das beanstandete Werbematerial noch beim Postamt 1100 Wien lagere. Diese Ausführungen sind im Ergebnis berechtigt:

Nach dem maßgebenden Vorbringen der Klägerin lagen die

Warengutscheine zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage beim Postamt

1100 Wien zur Aussendung bereit; die Beklagte hatte sie also - die Richtigkeit dieses Vorbringens vorausgesetzt - bereits der Post zur Beförderung übergeben. Mit dem auf diese beim Postamt 1100 Wien lagernden Warengutscheine eingeschränkten Verbot, sich darüber jedweder Verfügung zu enthalten, würde nun der Beklagten auch untersagt werden, gegenüber diesem Postamt die - allenfalls noch mögliche - Anordnung zu treffen, mit dem Zustellvorgang innezuhalten; gerade dadurch würde aber der mit Klage und Sicherungsantrag verfolgte Zweck vereitelt. An der Erlassung einer solchen einstweiligen Verfügung kann die Klägerin kein Interesse haben. Der Anspruch auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus; eine von vornherein zwecklose einstweilige Verfügung kann daher nicht bewilligt werden (Heller-Berger-Stix 2694; EvBl. 1983/40; NZ 1989, 128; 2 Ob 441/57; 2 Ob 517/79 im Fall einer von vornherein sinnwidrigen einstweiligen Verfügung; 4 Ob 527/88; 6 Ob 569, 570/88).

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der (abweisende) Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs. 1 ZPO. Da die Klägerin den Streitgegenstand insgesamt mit S 400.000 nicht aber den Unterlassungsanspruch und das Veröffentlichungsbegehren gesondert bewertet hat, war als Bemessungsgrundlage für das Provisorialverfahren der - dem Verhältnis von Unterlassungsanspruch und Urteilsveröffentlichung entsprechende - Teilbetrag von S 350.000 heranzuziehen.

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