OGH 4Ob128/89

OGH4Ob128/8910.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH & Co KG, Wien 19., Muthgasse 2, vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1./ "DIE G*** W***" Zeitschriftengesellschaft mbH & CO KG, 2./ "DIE G*** W***" Zeitschriftengesellschaft mbH, beide Wien 16., Odoakergasse 34-36, beide vertreten durch Dr.Thomas Höhne und Dr.Heinrich Vana, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 3.Juli 1989, GZ 1 R 123/89-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 12.April 1989, GZ 37 Cg 46/89-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Zur Sicherung des Anspruches der Klägerin gegen die Beklagten auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird den Beklagten für die Dauer dieses Rechtsstreites verboten, das Unternehmen der Klägerin als "Mafiaprint" zu bezeichnen oder inhaltsgleiche Tatsachen zu behaupten.

Das Mehrbegehren, den Beklagten zu verbieten, die Fernsehbeilage "Fernseh- und Radiowoche" als "mißratene Maus" zu bezeichnen, wird abgewiesen."

Die Klägerin hat den Beklagten die Hälfte der Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen im Betrag von S 22.109,67 (davon S 3.684,95 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Die Klägerin hat eine Hälfte ihrer Kosten des Provisorialverfahrens vorläufig und die andere Hälfte (endgültig) selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist die einzige Gesellschafterin der M*** Zeitungsbeilagen-Verlagsgesellschaft mbH & Co KG; diese (Tochter-)Gesellschaft ist Medieninhaberin und Herausgeberin der Programmvorschau "Fernseh- und Radiowoche", die jeweils der Freitagausgabe der Tageszeitungen "K***" und "N*** K***-Z***" beigelegt wird. Die Klägerin besorgt ua das Inseratengeschäft für diese von ihrer Tochtergesellschaft herausgegebene Programmzeitschrift. Gesellschafter der Klägerin sind zu 30 % die K*** Zeitungsverlag und Druckerei Aktiengesellschaft als Medieninhaberin der Tageszeitung "K***" und zu 70 % die K*** Verlagsgesellschaft mbH & Co KG als Medieninhaberin der "N*** K***-Z***".

Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin der Zeitschrift "DIE G*** W***" und der dieser jeweils beiliegenden Fernseh- und Radioprogrammvorschau "D***"; die Zweitbeklagte ist Komplementärin der Erstbeklagten. Zwischen den Parteien sind zahlreiche Wettbewerbsstreitigkeiten anhängig.

Wie sich aus dem Parallelverfahren 4 Ob 120/89 (5 R 109/89 des Oberlandesgerichtes Wien) ergibt und auf Grund der vorliegenden Zeitungsbeilagen unbestritten geblieben ist, gab es in der Zeit der Einführung der "Fernseh- und Radiowoche" - neben beifälligen Äußerungen - auch kritische Stimmen, von denen vor allem die Unübersichtlichkeit der neuen Zeitschrift beanstandet wurde. In der "N*** K***-Z***" wurde diese in veröffentlichten Leserbriefen geäußerte Kritik ausdrücklich als berechtigt anerkannt. In ihrer Ausgabe vom 30.12.1988 veröffentlichte die "N*** K***-Z***" einen "Leitfaden" für die Benützung der Programmübersicht mit den Titeln "1. Wie suche ich mein Programm? 2. Wann spielt es einen Film? 3. Wann ist denn eine Sendung aus? 4. Informationen zu allen wichtigen Sendungen. 5. Hauptabend auf einen Blick.". In der "G*** W***" erscheinen allwöchentlich Artikel des Kolumnisten Günther A***, der sich in satirischer Form mit Tagesthemen auseinandersetzt und hiebei als Stilmittel häufig Wortspiele sowie eine entstellte, Anspielungen enthaltende Schreibweise von Eigennamen verwendet. In der Ausgabe der "G*** W***" vom 12.1.1989 war folgende Kolumne von Günther A*** abgedruckt:

Zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsanspruches begehrt die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung ab sofort herabsetzende Äußerungen über das Unternehmen der Klägerin, insbesondere die Bezeichnung der Klägerin als "Mafiaprint" sowie der Fernsehbeilage "Fernseh- und Radiowoche" als "mißratene Maus", verbieten. Die Erstbeklagte verletze mit diesen Äußerungen das Recht auf Wahrung des wirtschaftlichen Rufes der Klägerin durch herabsetzende Tatsachenbehauptungen und Verspottungen. Die beanstandeten Behauptungen seien unwahr und geeignet, den Betrieb des Unternehmens der Klägerin und deren Kredit zu schädigen. Das Verhalten der Erstbeklagten verstoße gegen §§ 1 und 7 UWG und §§ 43 und 1130 ABGB.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Sicherungsantrages. Die beanstandete Kolumne enthalte eine nicht ernst gemeinte Satire, die nicht in Wettbewerbsabsicht verfaßt worden sei. Die beanstandeten Behauptungen seien nicht als herabsetzend anzusehen und auch nicht geeignet, die Klägerin zu schädigen. Zwischen den Streitteilen bestehe kein Wettbewerbsverhältnis, weil die Klägerin nicht Medieninhaberin der "Fernseh- und Radiowoche" sei. Bei der Einführung der "Fernseh- und Radiowoche" habe es tatsächlich Schwierigkeiten gegeben, weil sich "nicht wenige" Leser mit dem neuen TV-Magazin nicht zu Recht gefunden hätten.

Der Klägerin fehle außerdem das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beklagten wegen desselben Vorfalls auch von anderen mit der Klägerin rechtlich und wirtschaftlich verflochtenen Unternehmen auf Unterlassung in Anspruch genommen würden. Die Klägerin und andere Gesellschaften der Mediaprintgruppe hätten gegen die Beklagten zahlreiche Wettbewerbsklagen eingebracht; da sie damit nur den Zweck verfolgten, die Beklagten wirtschaftlich zu treffen, sei die Geltendmachung der Ansprüche sittenwidrig.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Wegen des satirischen Charakters des beanstandeten Artikels sei die in Rede stehende Textstelle nicht geeignet, den Betrieb des Unternehmens der Klägerin oder den Kredit des Unternehmensinhabers zu schädigen. Die Äußerungen seien nicht ernst zu nehmen, so daß der Erstbeklagten die Wettbewerbsabsicht fehle. Es handle sich um subjektive Werturteile des Verfassers, die einer objektiven Überprüfung auf ihren Wahrheitsgehalt nicht zugänglich seien.

Das Rekursgericht verbot den Beklagten, herabsetzende Äußerungen über das Unternehmen der Klägerin, insbesondere die Bezeichnung der Klägerin als "Mafiaprint" sowie der Fernsehbeilage "Fernseh- und Radiowoche" als "mißratene Maus", aufzustellen, und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000 übersteige. Die Feststellung, ob Wettbewerbsabsicht vorliege, gehöre zum Tatsachenbereich. Das Bescheinigungsergebnis des Erstgerichtes, daß der Erstbeklagten die Wettbewerbsabsicht gefehlt habe, werde nicht übernommen. Zwischen den Streitteilen bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, weil sie sich im Inseratengeschäft an einen im wesentlichen gleichen Abnehmerkreis wendeten. Wenn ein Presseunternehmen einen Mitbewerber als "Mafiaprint" und dessen Medium als "mißraten" bezeichne, dann sei die Wettbewerbsabsicht zu vermuten.

Reduziere man die Aussagen des beanstandeten Artikels um die durch die satirische Gestaltung bedingten Übertreibungen, Überspitzungen und Verfremdungen, so verbleibe als Aussagekern, daß die Programmbeilage mißlungen, unbrauchbar oder dgl sei; das sei aber als pauschale, auch durch die anschließende vage Beschreibung der Mängel nicht begründete Herabsetzung zu qualifizieren. Auch die Verfremdung des Firmenschlagwortes der Klägerin in "Mafiaprint" überschreite die durch das Wettbewerbsrecht auch für Äußerungen satirischer Art über Mitbewerber gezogenen Grenzen. Die Äußerung könne von einem maßgeblichen Teil der Leser dahin verstanden werden, daß es sich um Unternehmen handle, deren Geschäftspolitik durch eine einflußreiche Personengruppe bestimmt werde, die ihre Interessen unter Ausnützung der zur Verfügung stehenden Macht- und Druckmittel skrupellos gegenüber Konkurrenten durchsetze und diese unterdrücke und ausschalte. Dieser Aussagekern sei beleidigend und herabsetzend. Daß das Grundrecht der Pressefreiheit eine wesentlich schärfere Kritik einer Zeitung an einem anderen Presseerzeugnis zulasse als bei Äußerungen unter sonstigen Mitbewerbern, gelte nur für den Fall weltanschaulicher Auseinandersetzungen; an Äußerungen, die den Mitbewerber in seiner gewerblichen Tätigkeit unmittelbar beträfen, seien wesentlich strengere Anforderungen zu stellen. Bei der vorliegenden Veröffentlichung trete die Absicht, das Publikum sachbezogen zu unterrichten und am öffentlichen Meinungsbildungsprozeß teilzunehmen, gegenüber der Absicht, das Erzeugnis des Mitbewerbers herabzusetzen, deutlich in den Hintergrund.

Auch die verfassungsgesetzlich gewährleistete Freiheit der Kunst (Art 17 a StGG) gebe dem Künstler nicht das Recht, einen anderen zu beleidigen oder über ihn Tatsachen zu verbreiten, die seinen Kredit, seinen Erwerb oder sein Fortkommen gefährdeten und deren Unwahrheit er gekannt habe oder habe kennen müssen. Dabei seien die kollidierenden Privatinteressen und die Freiheitsansprüche des Künstlers so gegeneinander abzuwägen, daß der grundsätzlichen Wahrung der künstlerischen Freiheit nicht unnötig Abbruch getan werde (EvBl 1989/47).

Das beantragte Verbot sei auch nicht zu weit gefaßt; eine allgemeine Fassung in Verbindung mit konkreten Einzelverboten sei meist schon deshalb notwendig, um Umgehungen nicht allzuleicht zu machen.

Die Beklagten bekämpfen den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; sie beantragen, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

Die Revisionsrekurswerber halten auch in dritter Instanz daran fest, daß sie nicht zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt hätten. Zwischen den Streitteilen bestehe kein Wettbewerbsverhältnis, weil die "Fernseh- und Radiowoche" nicht von der Klägerin, sondern von der M*** Zeitungsbeilagen-Verlagsgesellschaft mbH & Co KG herausgegeben werde; auch fehle den Beklagten die Wettbewerbsabsicht. Dem ist nicht zu folgen.

Die Klägerin ist an der Herausgabe der Programmvorschau "Radio- und Fernsehwoche" durch ihre Tochtergesellschaft jedenfalls insofern beteiligt, als sie für dieses Medium das Anzeigengeschäft besorgt; in diesem Umfang wendet sie sich im wesentlichen an denselben Kundenkreis wie die Erstbeklagte. Da die Bezeichnung "Mediaprint" als (einziger) kennzeichnender Bestandteil in beiden Firmenbezeichnungen (Klägerin: M*** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH & Co KG; Tochtergesellschaft und Klägerin zu 4 Ob 120/89: M*** Zeitungsbeilagen-Verlagsgesellschaft mbH & Co KG) vorkommt, wird das Publikum, dem die gesellschaftsrechtlichen Zusammenhänge zwischen beiden Gesellschaften unbekannt sind, die Bezeichnung "Mafiaprint" auf jede Gesellschaft beziehen, die den Firmenbestandteil "M***" enthält. Die Klägerin ist daher von der Bezeichnung "Mafiaprint" mitbetroffen. Auf die Bezeichnung der Programmvorschau als "mißratene Maus" kommt es bei der Beurteilung des Wettbewerbsverhältnisses nicht mehr an, weil der angefochtene Beschluß insofern abzuändern ist.

Zur Frage der Wettbewerbsabsicht hat schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt, daß deren Feststellung als solche eine Tatfrage ist (ÖBl 1983, 13; ÖBl 1984, 102; ÖBl 1987, 23; MR 1988, 84 und 194). Gerade bei abfälligen Äußerungen über einen Mitbewerber spricht nach stRsp (zB SZ 25/18 und 100; SZ 38/79; ÖBl 1983, 13; ÖBl 1987, 23; zuletzt MR 1989, 61) nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung von vornherein für die Wettbewerbsabsicht. Allerdings muß die festgestellte Wettbewerbsabsicht nicht das einzige oder wesentliche Ziel der Handlung gewesen sein; sie darf nur gegenüber dem eigentlichen Beweggrund nicht völlig in den Hintergrund treten (SZ 44/116 = ÖBl 1972, 40; ÖBl 1981, 45; ÖBl 1983, 9; MR 1989, 61); ob das der Fall ist oder die (mitspielende) Wettbewerbsabsicht neben anderen Zielen der Handlung noch Gewicht hat, ist als Wertung eine - auch noch in dritter Instanz zu überprüfende - Rechtsfrage, die auf Grund der zu den konkurrierenden Motiven und Zwecken des Handelnden getroffenen Tatsachenfeststellungen zu beurteilen ist (MR 1989, 61; 4 Ob 101/88; 4 Ob 120/89).

Zwischen Unternehmen des Medienbereiches, deren Hauptaufgabe die Verbreitung von Nachrichten und die Bildung der öffentlichen Meinung (hierüber) ist, wird nicht jede Äußerung über einen Mitbewerber auch im relevanten Ausmaß von einer Wettbewerbsabsicht mitbestimmt sein. Eine solche Absicht kann zB völlig in den Hintergrund treten (oder ganz fehlen), wenn es zwischen zwei Medieninhabern zu weltanschaulichen Auseinandersetzungen kommt und jeder der Beteiligten die öffentliche Meinungsbildung in seinem Sinne zu beeinflussen sucht (vgl BGZ 45, 296 !302 ). Bei Auseinandersetzungen, die keine weltanschaulichen Themen (vgl MR 1989, 61), sondern den Mitbewerber unmittelbar in seiner gewerblichen Tätigkeit betreffen (vgl Ochs, Wettbewerbsrechtliche Probleme der Presse 56 Rz 103), wird dies aber in der Regel nicht zutreffen.

Da sich die Erstbeklagte im vorliegenden Fall nicht mit der Meinung ihrer Mitbewerberin über Fragen von allgemeinem Interesse befaßt, sondern die Klägerin ohne sachlichen Grund als "Mafiaprint" bezeichnet hat, ist der Ansicht des Rekursgerichtes zuzustimmen, daß hier die Absicht, das Publikum sachbezogen zu unterrichten und am öffentlichen Meinungsprozeß teilzunehmen, gegenüber der Absicht, den Mitbewerber herabzusetzen, völlig in den Hintergrund getreten ist. Ist damit aber von einem Handeln der Erstbeklagten zu Zwecken des Wettbewerbs auszugehen, so ist für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der beanstandeten Äußerungen der Eindruck entscheidend, den das Publikum (oder bei mehrdeutigen Angaben ein noch erheblicher Teil des Publikums) bei flüchtiger Wahrnehmung von der Mitteilung gewonnen hat (vgl ÖBl 1969, 86; ÖBl 1974, 114); dieser Eindruck ist auch bei der Beurteilung der Frage maßgebend, ob eine Tatsachenmitteilung im Sinne des § 7 UWG oder ein unüberprüfbares Werturteil vorliegt.

"Tatsachen" iS des § 7 Abs 1 UWG sind nach ständiger Rechtsprechung - unabhängig von der im Einzelfall gewählten Formulierung - Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften eines greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm an Hand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Inhalt (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 39; ÖBl 1973, 105; ÖBl 1978, 151; ÖBl 1984, 5; auch MR 1989, 61; zuletzt 4 Ob 2/89). Die Rechtsprechung legt also den Begriff der "Tatsache" im Sinne des § 7 UWG - zum Schutz des Verletzten - weit aus (MR 1989, 61); sie hat etwa - um ein Beispiel aus dem Medienbereich zu erwähnen - die Äußerung, eine Zeitung sei eine "Sumpfblüte" und "inhaltlich minderwertig", als Tatsache angesehen (ÖBl 1963, 5). Herabsetzende Tatsachenbehauptungen können auch durch bloße Andeutungen und Umschreibungen verbreitet werden (ÖBl 1974, 114; ÖBl 1981, 122; MR 1989, 61). Unterscheidendes Kriterium zwischen Tatsache und Werturteil ist, ob die Behauptung - wenigstens in ihrem Tatsachenkern - bewiesen werden kann oder ob es sich um eine unüberprüfbare Meinungskundgebung handelt (SZ 34/76; SZ 35/113; SZ 37/176; ÖBl 1973, 105 ua).

Diese Voraussetzungen liegen hier bei beiden beanstandeten Behauptungen vor: Der Autor kündigt schon mit dem Titel der Kolumne die Geschichte einer "mißratenen Maus" blickfangartig an; er schilderte dann zunächst den Zusammenschluß des "K***" und der "N*** K***-Z***" ("Elefantenhochzeit") zur Herausgabe eines gemeinsamen TV-Magazins und meint - unter erkennbarer Anspielung auf das Sprichwort "Die Berge(= Elefanten") kreißten und eine Maus wurde geboren - daß dieser Verbindung nur ein "Mäuschen" entsprungen sei und sich bald herausgestellt habe, daß das "mißratene Kind seine Eltern zwickt", und zwar "auf diese Weise", daß "der Inhalt der TV-Magazinmaus nicht leicht zu durchschauen" sei. Diese Anspielungen auf eine "mißratene Maus" (bzw ein "mißratenes Kind") konnte der Leser nur dahin verstehen, daß das Gemeinschaftserzeugnis von "K***" und "N*** K***-Z***" erhebliche, seine Benützbarkeit beeinträchtigende Mängel aufweise, weil es "nicht leicht zu durchschauen", also unübersichtlich, sei. Neben diesem "Kern der Geschichte" ist der satirische Inhalt der Kolumne im wesentlichen nur Beiwerk; er dient der Unterhaltung der Leser und soll deren Aufmerksamkeit wecken. Nach Reduzierung um diese satirisch-ironischen Ausschmückungen bleibt aber jedenfalls die Aussage, daß das neue TV-Magazin "mißraten", also (wegen Unübersichtlichkeit) mangelhaft, sei.

Die Beweislast (im Provisorialverfahren: Bescheinigungslast) dafür, daß dieser "Tatsachenkern" der Mitteilung iS des § 7 UWG "erweislich wahr" ist, trifft die Beklagten; dabei ist der Wahrheitsbeweis schon dann als erbracht anzusehen, wenn er den Inhalt der Mitteilung im wesentlichen bestätigt (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 115; 4 Ob 99/88; 4 Ob 2/89). Wie den unbestritten gebliebenden Bescheinigungsergebnissen im Parallelakt 4 Ob 120/89 zu entnehmen ist, gab es in der Zeit der Einführung der "Fernseh- und Radiowoche" tatsächlich zahlreiche kritische Stimmen, von denen vor allem die Unübersichtlichkeit der neuen Zeitschrift beanstandet wurde. In der "N*** K***-Z***" wurde diese in veröffentlichten Leserbriefen geäußerte Kritik ausdrücklich als berechtigt anerkannt. Die aufgezeigten Mängel der "Fernseh- und Radiowoche" führten in der Folge dazu, daß die "N*** K***-Z***" am 30.12.1988 sogar einen "Leitfaden" für die Benützung der Programmübersicht veröffentlichte. Berücksichtigt man, daß es die wichtigste Funktion einer Programmvorschau ist, rasch und übersichtlich, wenn möglich auf einen Blick, über alle Fernseh- und Rundfunksendungen eines bestimmten Zeitraums zu informieren, dann war die hier als bescheinigt angenommene Unübersichtlichkeit der neuen Programmbeilage, die zu einer Reihe von Leserbeschwerden geführt hatte, tatsächlich ein grober Mangel des kritisierten Mediums, durch den der Inhalt der Mitteilung, die "Fernseh- und Radiowoche" sei "mißraten" im wesentlichen bestätigt wurde. Den Beklagten ist daher für diese Behauptung zumindest für das Provisorialverfahren der Wahrheitsbeweis gelungen. Die Bezeichnung der "Fernseh- und Radiowoche" als "Maus" oder "TV-Maus" ist hingegen im Zusammenhang mit der den "Tatsachenkern" bildenden Eigenschaft ("mißraten") nicht zu beanstanden, weil diesbezüglich das bereits erwähnte Wortspiel im Vordergrund steht und der Leser diesen Bezeichnungen keine ernst zu nehmende Abwertung oder Herabsetzung der Programmvorschau entnehmen wird.

Für die Bezeichnung der Klägerin als "Mafiaprint", die ebenfalls auf einen beweisbaren Tatsachenkern zurückgeführt werden kann, haben die Beklagten eine Wahrheitsbescheinigung nicht einmal angeboten. Dem Rekursgericht ist beizupflichten, daß ein erheblicher Teil der angesprochenen Leser diese Bezeichnung - verstärkt durch den Zusammenhang mit dem Wortspiel von den "Paten" und den "Unsympaten" - als Anspielung darauf auffassen kann, daß hinter der Klägerin eine einflußreiche Personengruppe steht, die ihre Interessen unter Ausnützung der ihr zur Verfügung stehenden Macht- und Druckmittel skrupellos gegen Konkurrenten einsetzt, um diese zu unterdrücken oder auszuschalten (siehe dazu auch MR 1988, 87). Damit wird aber - zumindest versteckt - der schwere Vorwurf unseriöser Geschäftsmethoden erhoben, so daß diese Behauptung nicht als mehr oder weniger originelles satirisches Wortspiel, das die Leser nicht ernst nehmen, abgetan werden kann.

Auch die Ausführungen der Revisionsrekurswerber im Zusammenhang mit den verfassungsgesetzlich verankerten Rechten der freien Meinungsäußerung (Art 13 StGG; Art 10 MRK) und der Freiheit der Kunst (Art 17 a StGG) sowie zum behaupteten Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses sind nicht geeignet, zu einer anderen rechtlichen Beurteilung des Verhaltens der Erstbeklagten zu führen. Das Recht, durch Wort, Schrift und Druck oder durch bildlilche Darstellung seine Meinung zu äußern, steht gemäß Art 13 Abs 1 StGG unter einem (unbeschränkten) Gesetzesvorbehalt.Nach Art 10 Abs 2 MRK steht allerdings das Recht auf freie Meinungsäußerung und Freiheit zur Mitteilung von Nachrichten nach Abs 1 dieser Norm nur unter einem eingeschränkten Gesetzesvorbehalt, weil die Ausübung dieser Freiheiten durch Gesetz nur zur Wahrung bestimmter, in Abs 2 aufgezählter wichtiger Rechtsgüter und nur so weit beschränkt werden darf, als es zur Wahrung dieser Rechtsgüter unentbehrlich ist. Zu diesen Rechtsgütern gehört auch der Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer. Daß der gute Ruf desjenigen, der von unwahren herabsetzenden Tatsachenbehauptungen betroffen wird, leiden kann (vgl Preslmayer, Vergleichende Werbung und Art 10 EMRK, EuGRZ 1985, 223; ähnlich zur irreführenden Werbung Mayer, Werbung und Grundrechte, ÖZW 1981, 1 !3 f ), ist nicht zu bezweifeln. In den Schutzbereich der Ausnahmen vom Recht der freien Meinungsäußerung fallen auch juristische Personen (vgl Frowein-Peukert, Komm z MRK 238 zum Fall FN 86). Insofern haben Medienunternehmer, die zu Zwecken des Wettbewerbes über die Person oder das Erzeugnis eines Mitbewerbers wahrheitswidrig herabsetzende Äußerungen machen, keine anderen Rechte als andere Unternehmer.

Auch die bereits erwähnte Entscheidung BGHZ 45, 296 kann nicht mit Erfolg für den gegenteiligen Standpunkt herangezogen werden, weil der deutsche Bundesgerichtshof dort ausdrücklich davon ausgegangen ist, daß die Beklagten mit ihren weltanschauliche Auseinandersetzungen betreffenden Äußerungen keinen Vorsprung im Wettbewerb erzielen wollte (weshalb auch der Unterlassungsanspruch auf § 823 BGB gestützt worden war).

Auch die von den Beklagten zitierten weiteren Entscheidungen zur Frage der freien Meinungsäußerung betreffen nicht das Verhältnis zwischen Presse-(Medien-)freiheit und Wettbewerbsrecht. In VfSlg. 10.948 ging es um die Gewährung von Sendezeiten für wirtschaftliche Werbung durch Anzeigen (für die der Verfassungsgerichtshof den Schutz nach Art 10 Abs 1 MRK gewährte) und nicht um die Grenzen der Einschränkung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung durch Normen des Wettbewerbsrechtes (Art 10 Abs 2 MRK). Der Fall Handyside (EuRGZ 1977, 42) betraf die Beschlagnahme eines Schülerbuches mit einem Abschnitt über sexuelle Aufklärung, der Fall Lingens (EuRGZ 1986, 424) die Konventionswidrigkeit der strafrechtlichen Verurteilung eines Journalisten wegen übler Nachrede. Es erübrigt sich daher, auf die an die Rechtssätze dieser Entscheidungen geknüpften Erwägungen der Revisionsrekurswerber näher einzugehen, zumal es hier, ebenso wie im Fall MR 1989, 61, nicht um eine weltanschauliche Auseinandersetzung zwischen Medienunternehmern über Nachrichten und deren Bewertung, sondern um die wahrheitswidrige herabsetzende Bezeichnung eines Konkurrenzunternehmens als "Mafiaprint" geht.

Auch aus dem Schutz der Freiheit der Kunst nach Art 17 a StGG ist zugunsten der Beklagten nichts abzuleiten. Der Autor des beanstandeten Artikels wurde von der Klägerin nicht belangt; nur die Beklagten wurden dafür zur Verantwortung gezogen, daß sie die Kolumne ihres Mitarbeiters mit den beanstandeten Herabsetzungen veröffentlicht und damit in den Dienst ihres Wettbewerbs mit der Klägerin gestellt hatten. In das künstlerische Schaffen des Verfassers der Kolumne wurde also nicht unmittelbar eingegriffen. Davon abgesehen, ist aber auch das künstlerische Schaffen an die allgemeinen Gesetze gebunden (VfSlg. 10.401), auch wenn Art 17 a StGG ("Das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst, sowie deren Lehre sind frei") keinen ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt enthält. Die verfassungsgesetzlich gewährleistete Freiheit der Kunst gibt dem Künstler keinesfalls das Recht, ein Unternehmen herabzusetzen (vgl EvBl 1989/47). Ein schutzwürdiges Informations- oder Veröffentlichungsbedürfnis ist für den Gebrauch der Bezeichnung "Mafiaprint" nicht gegeben.

Schließlich versagt auch die Berufung der Revisionsrekurswerber auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin. Wie der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen SZ 59/25 = ÖBl 1986, 102 und ÖBl 1989, 14 ausgeführt hat, braucht ein nach § 14 UWG Klageberechtigter regelmäßig nicht abzuwarten, ob ein anderer Berechtigter mit einer auf Grund desselben Sachverhaltes erhobenen Unterlassungsklage zum Ziel kommt; sein Rechtsschutzbedürfnis fällt auch nicht allein dadurch weg, daß andere Mitbewerber oder Verbände bereits einen Exekutionstitel auf Unterlassung der in Rede stehenden Wettbewerbshandlung erwirkt haben. Dieses Interesse könnte nur dann verneint werden, wenn im Einzelfall zwischen verschiedenen Klageberechtigten solche tatsächlichen oder rechtlichen Bindungen bestehen, daß nach der Lebenserfahrung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, das schutzwürdige Interesse eines Klageberechtigten werde durch eine andere natürliche oder juristische Person, die schon über einen entsprechenden Unterlassungstitel verfügt, oder gerade dabei ist, sich einen solchen zu verschaffen, vollwertig gewahrt.

Die Berufung der Beklagten auf diesen Rechtssatz geht hier schon deshalb ins Leere, weil sich die Klageberechtigung des § 14 UWG nur auf die Fälle der §§ 1, 2, 3, 6 a und 10 UWG bezieht, während in einem nach § 7 UWG zu beurteilenden Fall nach den allgemeinen Regeln des materiellen Rechts nur der Verletzte klageberechtigt ist. Sind mehrere Unternehmen von einer herabsetzenden Tatsachenmitteilung im Sinne des § 7 UWG betroffen, dann kann es ihnen nicht verwehrt werden, ihre Ansprüche gesondert geltend zu machen. Daß die Klägerin von der Bezeichnung "Mafiaprint" neben der M*** Zeitungsbeilagen-Verlagsgesellschaft mbH & Co KG unmittelbar betroffen ist, wurde bereits bei der Behandlung der Frage des Wettbewerbsverhältnisses ausgeführt. Ob auch die K*** Verlagsgesellschaft mbH & Co KG auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Zusammenhänge mit den beiden genannten "M***-Gesellschaften" Verletzter ist, wird in dem betreffenden Verfahren zu klären sein.

Mit Recht machen aber die Beklagten geltend, daß das Unterlassungsbegehren zu weit gefaßt ist. Eine diesem Begehren stattgebende Entscheidung würde die Exekutionsführung wegen jeder gegen § 7 UWG verstoßenden Tatsachenbehauptungen ermöglichen (vgl Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Allgemeiner Teil 44) und den Beklagten, der solche Verstöße bestreitet, stets in die Rolle des Impugnationsklägers drängen. Das Verbot war daher auf die Bezeichnung der Klägerin als "Mafiaprint" und wahrheitswidrige Behauptungen gleichen Inhalts zu beschränken.

Dem Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78, 402 EO iVm §§ 43 Abs 1. 50 ZPO.

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