Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Ehe der hier antragstellenden Parteien wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 3. April 1987 gemäß § 55 a EheG geschieden. In einem Vergleich, der gemäß § 55 a Abs 2 EheG die Voraussetzung für die Scheidung bildete, vereinbarten sie unter anderem, daß das Recht der Pflege, Erziehung, Verwaltung des Vermögens und Vertretung bei den zwei ehelichen Söhnen dem Vater und bei der ehelichen Tochter der Mutter allein zustehen solle. Dieser Vergleich wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 7. Mai 1987 pflegschaftsbehördlich genehmigt, soweit er sich auf die eheliche Tochter bezog. Die Vereinbarungen, die sich auf die beiden anderen Kinder beziehen, sind nicht Gegenstand des hier zu entscheidenden Verfahrens. Am 14. Mai 1987 langte beim Erstgericht ein Schriftsatz der Kindeseltern ein, in dem sie nunmehr beantragten, ihnen die Beibehaltung der Rechte zur Pflege und Erziehung sowie zur Vertretung "der Kinder" gemeinsam auch nach der Scheidung der Ehe zu bewilligen. Sie brachten hiezu vor, daß sie nunmehr übereingekommen seien, die Pflege, Erziehung und Vertretung ihrer Kinder auch nach der Scheidung gemeinsam vorzunehmen. Dies entspreche besser dem Wohl der Kinder, die sich abwechselnd zeitmäßig gleichteilig bei jedem der beiden Eltern aufhielten und dort versorgt würden. Die Eltern stünden zur Besprechung von Angelegenheiten der Erziehung, Pflege und Sorge für die Kinder in ständigem Kontakt und seien gegenseitig über allenfalls auftretende Probleme immer informiert. Bei keinem der Kinder sei in irgendeiner Weise eine Präferenz für einen Elternteil erkennbar.
Das Erstgericht wies den Antrag der Eltern im wesentlichen mit der Begründung ab, es sei zufolge § 177 ABGB nicht zulässig, daß die Elternrechte nach der Scheidung von beiden Eltern ausgeübt würden. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Eltern nicht Folge, wobei es die Ansicht der Rekurswerber, § 177 ABGB verstoße gegen Art. 8 MRK, nicht teilte und im übrigen darauf hinwies, daß eine Änderung des Zustands, der in dem pflegschaftsbehördlich genehmigten Vergleich vereinbart wurde, nur unter den Voraussetzungen des § 176 ABGB möglich wäre; es sei aber nicht behauptet worden, daß sie hier vorlägen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Eltern ist unzulässig.
Im Revisionsrekurs wird ausschließlich die Verfassungswidrigkeit des § 177 ABGB unter dem Gesichtspunkt geltend gemacht, daß nach dieser Bestimmung die elterlichen Rechte und Pflichten auch dann nur einem Elternteil zustehen müßten, wenn sich die Eltern darauf geeinigt hätten, diese Rechte gemeinsam auszuüben und die Pflichten gemeinsam zu tragen und diese Regelung dem Wohl des Kindes entspreche. Die in einem solchen Fall nach dem Gesetz zu treffende Entscheidung, die dem Willen der Eltern widerspreche, stelle einen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK (verfassungsrechtlich) geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar. Der Oberste Gerichtshof hat aufgrund dieses Revisionsrekurses mit Beschluß vom 10. Mai 1988, 10 Ob 515/87, den Antrag gestellt, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art. 140 Abs 1 B-VG aussprechen, daß das Wort "allein" im § 177 Abs 1 ABGB als verfassungswidrig aufgehoben wird. Diesem Antrag wurde mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1989, G 168/88-11, keine Folge gegeben. Damit ist auch dem Revisionsrekurs, der nur nach Maßgabe des § 16 AußStrG in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der WGN 1989 zulässig ist, die Grundlage entzogen.
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