Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 3.3.1988 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 15.12.1987 auf Hilflosenzuschuß (zur Alterspension) mangels Hilflosigkeit ab.
Das Erstgericht gab der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage statt und verurteilte die beklagte Partei, der Klägerin ab 15.12.1987 einen Hilflosenzuschuß im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ohne dessen Höhe festzusetzen oder eine vorläufige Zahlung anzuordnen.
Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Die im Jahr 1923 geborene Klägerin wohnt allein in einer im dritten Stock des liftlosen Hauses 1190 Wien, Budinskygasse 12 gelegenen, nur über eine gewundene Stiege erreichbaren Wohnung, in der sich eine Wasserentnahmestelle befindet, während das WC vom Gang aus zu erreichen ist. Sie beheizt nur die Küche (mit Strom). Insbesondere wegen hochgradiger Veränderungen im Bereich beider Knie und der Lendenwirbelsäule kann die Klägerin zwar allein aufstehen und sich niederlegen, waschen, frisieren, an- und auskleiden (Schlüpfschuhe; sonstige Fußbekleidung mit orthopädischen Behelfen), einfache Speisen im Sitzen zubereiten, essen (und trinken), das Gang-WC aufsuchen und aufbetten. Sie kann jedoch nicht knien oder hocken, das Bett nicht machen und auch nicht überziehen, keine schweren Hausarbeiten verrichten. Weil sie einen Stock benützen muß, besteht beim Zusammenkehren der Wohnung und beim Waschen der großen Wäsche Sturzgefahr.
Für das etwa zweimal pro Woche erforderliche Einkaufen und das einmal pro Woche erforderliche Aufräumen erachtete das Erstgericht einen wöchentlichen Zeitaufwand von mindestens vier Stunden erforderlich. Die monatlichen Kosten einer dafür notwendigen Hilfskraft veranschlagte es bei Annahme eines Nettostundenlohnes von 60 bis 70 S höher als 1.000 S.
Daß der monatliche Mehraufwand (erheblich) unter dem begehrten Hilflosenzuschuß liegt, ändere nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes (in offensichtlicher Anlehnung an den nicht zitierten Artikel, Kudernas, Der Anspruch auf Hilflosenzuschuß im Wandel der Judikatur DRdA 1988, 293) - entgegen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - nichts daran, daß die Klägerin hilflos im Sinne des § 105 a ASVG sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im klageabweisenden Sinne ab. Wegen des den begehrten Hilflosenzuschuß auch nicht annähernd erreichenden und von der Klägerin in der Berufungsbeantwortung mit rund 2.000 S brutto zugestandenen monatlichen Mehraufwandes verneinte das Berufungsgericht unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes den eingeklagten Anspruch. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist richtig (§ 48 ASGG). Sie entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates, nach der ein Bedürfnis nach ständiger Wartung und Hilfe nur dann angenommen werden kann, wenn die für die notwendigen Dienstleistungen nach dem Lebenskreis des Pensionisten üblicherweise aufzuwendenden, überschlagsmäßig festzustellenden Kosten im Monatsdurchschnitt wenigstens so hoch sind wie der begehrte Hilflosenzuschuß (SSV-NF 1/46; SSV-NF 2/44, 94, 132 uva). Der vom Erstgericht und in der Revision in Anlehnung an den zitierten Artikel Kudernas vertretenen gegenteiligen Meinung kann sich der erkennende Senat aus den schon in mehreren Entscheidungen, so zB EvBl 1989/91 genannten Gründen, auf die hiemit Bezug genommen wird, nicht anschließen.
Daß sich die Revisionswerberin - anders als in der Entscheidung SSV-NF 2/126 - nur einfachste Speisen zubereiten könnte, wurde nicht festgestellt.
Wenn sie - wie festgestellt - im Sitzen kochen kann, dann ist es ihr auch möglich, im Sitzen Geschirr abzuwaschen.
Sehr stark verschmutztes Geschirr könnte alleinfalls von der zur Besorgung der Lebensmittel und für die Wohnungsreinigung erforderlichen Hilfskraft abgewaschen werden, die auch fallweise die Medikamente besorgen kann.
Die in der Berufungsbeantwortung durchaus realistisch angenommenen Kosten der vom Erstgericht zeitlich eher zu gering veranschlagten notwendigen Dienstleistungen bleiben jedenfalls erheblich unter dem Maß, das auf eine Hilflosigkeit im Sinne des § 105 a ASVG hinweisen würde.
Deshalb war der Revision nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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