OGH 8Ob555/89 (8Ob556/89)

OGH8Ob555/89 (8Ob556/89)21.9.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Dr.Frigga L***, Angestellte, 1040 Wien, Goldeggasse 6, vertreten durch Dr.Leopold Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei prot.Fa. F*** & Co, Alleininhaber: Adolf L***, 1040 Wien,

Goldeggasse 6/2, vertreten durch Dr.Heinrich Keller und Dr.Rainer Cuscoleca, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung und Kosten, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 14.Dezember 1988, GZ 48 R 602/88-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 5.Juli 1988, GZ 45 C 623/86 d, 45 C 662/86 1-26, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.977,60 (einschließlich S 329,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte vom Beklagten - nach dem Stand des Verfahrens am Schluß der mündlichen Streitverhandlung - die Zahlung der Kosten des wegen eines Mietzinsrückstandes eingeleiteten und infolge nachträglicher Zahlung auf Kosten eingeschränkten Verfahrens (45 C 623/86 d) sowie die Rechtswirksamerklärung der zu 45 K 142/86 (= 45 C 662/86 i) des Erstgerichtes registrierten Aufkündigung des Geschäftslokales Nr.2 samt Garage im Hof des Hauses Wien 4., Goldeggasse 6, gestützt auf Nichtzahlung des (eingeklagten) Mietzinses und Verwendung zu einem nicht vereinbarten Zweck. Der Beklagte bestritt den Anspruch der Klägerin auf Kostenersatz bezüglich des eingeklagten Mietzinsrückstandes und beantragte Aufhebung der Aufkündigung und Abweisung des Räumungsbegehrens. Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung für rechtswirksam und gab dem Kostenbegehren der Klägerin statt. Es stellte zur Aufkündigung, die allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, folgenden Sachverhalt fest:

Am 23.Juli 1969 mietete die beklagte Partei das Objekt top Nr.2 im Hause 1040 Wien, Goldeggasse 6, für Lagerzwecke. Eigentümer der Liegenschaft war damals die S*** W***. Ohne Zustimmung des Liegenschaftseigentümers ließ die beklagte Partei das Bestandobjekt für Wohnzwecke adaptieren. Es wurde ein WC und eine Dusche eingebaut und der Mietgegenstand in der Weise eingerichtet, daß er sowohl für Büro- als auch für Wohnzwecke verwendbar war. In der Folge, also auch im Jahre 1986, verwendete Adolf L*** das Bestandobjekt top Nr.2 für Bürozwecke, aber auch als Wohnung. Er schlief auch öfter in diesem Objekt.

Das Erstgericht kam aufgrund dieses Sachverhalts zu dem Schluß, daß der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Zif.7 MRG nicht vorliege, weil der Beklagte das Bestandobjekt trotz ausschließlicher Anmietung zu Lagerzwecken im entscheidungswesentlichen Zeitpunkt (Zustellung der Aufkündigung) zu Wohnzwecken verwendet habe. Er habe weder behauptet noch bewiesen, daß die Verwendung des Bestandobjektes als Wohnung nur ein vorübergehender Zustand sei, der in absehbarer Zeit beendet würde.

Über Berufung des Beklagten änderte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes, soweit es sich auf die Kündigung bezieht, in klageabweisendem Sinn ab und führte rechtlich aus:

Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Zif.1 MRG sei nicht gegeben, weil die klagende Partei nicht einmal behauptet habe, der Mieter sei trotz Mahnung mit der Zahlung des Mietzinses über die übliche oder bisher zugestandene Nachfrist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand geblieben.

Durch den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Zif.7 MRG solle verhindert werden, daß gemietete Geschäftsräumlichkeiten überhaupt nicht mehr oder nicht mehr zu einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden. Durch die Neuformulierung des in § 30 Abs 2 Zif.7 MRG genannten Kündigungsgrundes gegenüber der früheren Regelung des § 19 Abs 2 Zif.14 MG sollte einer Umwandlung von Räumlichkeiten, die zur regelmäßigen geschäftlichen Betätigung gemietet worden seien, in nicht gleichwertige Verwendungsformen entgegengewirkt werden. In dem hier zu beurteilenden Fall sei das Objekt vom Mieter statt der vereinbarten Benützung als Magazin, also zu Lagerzwecken, für Bürozwecke verwendet worden. Darin liege eine zumindest gleich-, wenn nicht höherwertige Verwendung. Die Verwendung des Objektes auch noch zu Wohnzwecken möge allenfalls die klagende Partei zu einer Unterlassungsklage wegen widmungswidriger Verwendung berechtigen, der geltend gemachte Kündigungsgrund werde aber durch diese zusätzliche Verwendung nicht verwirklicht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Geschäftsräume nur noch für Wohnzwecke verwendet würden.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.00, nicht aber S 300.000 übersteige. Die Revision sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob eine höherwertige Verwendung den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Zif.7 MRG ausschließe, fehle. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde, in eventu, es aufzuheben und die Rechtssache im Umfang der Anfechtung zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte begehrt, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Das Berufungsgericht stellte die für die Beurteilung dieser Rechtssache maßgebenden Grundsätze zur Auslegung des § 30 Abs 2 Zif.7 MRG im wesentlichen richtig dar (sieh dazu MietSlg. 39.457/41). Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung, daß die Umwidmung von nur zur geschäftlichen Nutzung vermieteten Räumen in solche, die überwiegend Wohnzwecken dienen, den genannten Kündigungsgrund verwirklicht (MietSlg. 39.457/41; 39.459; 7 Ob 565, 566/88). Unzweifelhaft ist aber die Verwendung eines Bestandobjektes als Büro der von vornherein vereinbarungsgemäß bloß für periphere Zwecke eines Geschäftsbetriebes (Lager oder Abstellraum; MietSlg. 39.457) vorgesehenen Verwendungsart gleichwertig. Die vom Berufungsgericht in Erwägung gezogene allfällige "Höherwertigkeit" bedeutet in diesem Zusammenhang lediglich, daß die Gleichwertigkeit der jetzigen Verwendung auch noch mit einer über Lagerzwecke hinausgehenden gegeben wäre (zB Bürotätigkeit). Darauf kommt es aber gar nicht an. Die Verwendung zu Wohnzwecken ist nach den erstgerichtlichen Feststellungen nicht überwiegend. Dies folgt schon daraus, daß der Beklagte nicht regelmäßig dort übernachtet. Unzweifelhafte Antworten auf Rechtsfrage, die nur spezielle Einzelfälle aus einem Komplex von Möglichkeiten betreffen, die durch einen generellen Rechtssatz beantwortet sind, schließen die Erheblichkeit der Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Zif.1 ZPO regelmäßig aus, wenn nicht Umstände dargelegt werden, welche die Richtigkeit der generellen Aussage im speziellen Einzelfall in Frage stellen (5 Ob 1528/85). Derartiges läßt sich nach der Aktenlage nicht erkennen.

Die von der zweiten Instanz vorgenommene Bewertung der tatsächlichen geschäftlichen Verwendung des Bestandobjektes gegenüber der im Mietvertrag bedungenen liegt innerhalb der Bandbreite, die dem in § 30 Abs 2 Z 7 MRG gebrauchten unbestimmten Gesetzesbegriff "gleichwertige geschäftliche Betätigung" entspricht. Auch in der Revisionsschrift konnte nicht ausgeführt werden, inwiefern die zweite Instanz bei Beurteilung des gegenständlichen Einzelfalles von der oben wiedergegebenen von der Rechtsprechung allgemein erarbeiteten Auslegung des § 30 Abs 2 Z 7 MRG abgewichen wäre (siehe 5 Ob 1535/84).

Die Revision war daher trotz des Ausspruches ihrer Zulässigkeit durch das Berufungsgericht, an den der Oberste Gerichtshof gemäß § 508 a Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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