OGH 1Ob627/89

OGH1Ob627/896.9.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Ernst N***, Vertragsbediensteter, Wien 2., Leopoldsgasse 22, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Anna N***, Pensionistin, Wien 15., Mariahilfer Straße 153/1/7, vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, wegen Zivilteilung (Streitwert S 345.000) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24. April 1989, GZ. 14 R 52/89-137, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 15. Dezember 1988, GZ. 14 Cg 291/87-132, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das gegen die Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichtes vom 27. Jänner 1988, ON 126, gerichtete, als Revisionsrekurs zu wertende Rechtsmittel der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Im übrigen wird ihrer Revision nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.983,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.163,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 3017 KG Krems mit den Grundstücken 941 Bauarea Haus CNr. 118, 152 m2 mit in geschlossener Bauweise etwa um 1900 errichtetem Wohnhaus Missongasse 13, 3144/24 Garten, 352 m2, mit 1958 errichtetem Gartenhaus und 3144/33 Garten, 434 m2. Die Grundstücke sind nur über den einzigen Eingang des Hauses Missongasse 13 und das dahinter befindliche Stiegenhaus erreichbar. Alle drei Grundstücke befinden sich zwar im Bauland, Wohngebiet-Kerngebiet, die Grundstücke 3144/24 und 3144/33 sind aber im bestehenden Bebauungsplan als Hausgärten bzw. gärtnerisch gestaltete Flächen innerhalb des Baulandes ausgewiesen; sie sind daher im Sinn des § 14 Abs. 2 Z 9 nö. RaumordnungsG unbebaute Grünflächen im Wohnland. Die Liegenschaftshälfte des Klägers ist mit Pfandrechten für Darlehensforderungen der R*** G*** und Umgebung

von S 100.000, 125.000 und 250.000, die Liegenschaftshälfte der Beklagten ist auf Grund des Dienstbarkeitsbestellungsvertrages vom 20. April 1978 zugunsten ihres 1954 geborenen Sohnes Hubert K*** mit einem unentgeltlichen lebenslänglichen Fruchtnießungsrecht belastet.

Der Kläger begehrt in erster Linie die Zivilteilung der Liegenschaft.

Die Beklagte wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, ein, eine Naturalteilung wäre möglich und tunlich.

Nachdem beide Vorinstanzen dem Begehren auf Zivilteilung stattgegeben hatten, gab der Oberste Gerichtshof der Revision der Beklagten mit seiner Entscheidung vom 15. Juli 1987, 1 Ob 613/87, auf deren nähere Begründung verwiesen wird, Folge; er hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen stehe die Wertdifferenz der beiden für eine Naturalteilung allein in Betracht kommenden Teile und deren Wertminderung einer Naturalteilung nicht im Wege. Zu wenig Bedeutung sei allerdings im bisherigen Verfahren der Tatsache zugemessen worden, daß beide Liegenschaftshälften unterschiedlich belastet seien. Die ideellen Anteile des Klägers seien mit drei Hypotheken, die ideellen Anteile der Beklagten mit einem Fruchtnießungsrecht zugunsten ihres 1954 geborenen Sohnes Hubert K*** belastet. Die unterschiedliche Belastung von Liegenschaftsanteilen stelle zwar nach herrschender Auffassung "grundsätzlich" kein Hindernis für eine körperliche Teilung dar, einem Teilungsgenossen könne aber nicht zugemutet werden, daß er sich der für ihn nur schwer abzuwendenden Gefahr aussetze, daß sein Ersatzeigentum wegen Belastungen, die nicht er begründet hat, in Zwangsversteigerung gezogen werde und er möglicherweise letztlich auf Regreßansprüche in Geld verwiesen bliebe. Für den vorliegenden Fall bedeute dies, daß die Beklagte, die die Naturalteilung anstrebt, die aufgezeigten Risiken durch Übernahme der Sachhaftung für die vom Kläger aufgenommenen Hypotheken auf sich nehmen müsse, wenn die Gläubiger nicht zum Verzicht auf die Rechte an ihrem Teilstück einverstanden seien, dem Kläger aber die Haftung für das Fruchtnießungsrecht ihres Sohnes nicht auflasten dürfe. Da die Frage der Bedeutung der Belastungen der streitgegenständlichen Liegenschaft bisher nicht erörtert worden seien, die Parteien aber nicht von der vom Obersten Gerichtshof aufgegriffenen Rechtsproblematik überrascht werden sollen, bedürfe es noch einer Erörterung des Sachverhaltes in erster Instanz und damit einer Verfahrensergänzung. Wenn die Beklagte erreiche, daß ihr Sohn sein Fruchtgenußrecht auf den ihr zufallenden Teil beschränke und sie bereit sei, die Sachhaftung auf einem Hälfteanteil des bei einer Naturalteilung ihr zufallenden Teilstückes für die auf dem ideellen Anteil des Klägers lastenden Hypotheken zu übernehmen, sei die Sache - die einzuräumende Dienstbarkeit wäre kein Problem (§ 842 ABGB; Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 842) - im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens, sonst im Sinne des Klagebegehrens entscheidungsreif.

Im ergänzten Verfahren stellte der Kläger ein von der Beklagten sogleich anerkanntes Eventualbegehren auf Naturalteilung der Liegenschaft. Im übrigen wendete er ein, der Fruchtgenußberechtigte habe bis jetzt seine Zustimmung zur Einschränkung seines Fruchtgenußrechtes auf die der Beklagten zufallenden Grundstückshälften nicht erklärt. Im übrigen verstoße eine Naturalteilung gegen § 10 nö. Bauordnung. In diesem Zusammenhang legte der Kläger ein an den Klagevertreter gerichtetes Schreiben vom 29. April 1988 des Magistrates der Stadt Krems an der Donau vor, das inhaltlich die Beantwortung einer Anfrage des Klagevertreters vom 28. April 1988 darstellt. Diesem Schreiben, so brachte der Kläger vor, käme als Feststellungsbescheid Bindungswirkung zu. Die Beklagte brachte vor, die Pfandgläubigerin des Klägers habe verbindlich zugesagt, ihre Pfandrechte auf das dem Kläger zuzuweisende Grundstück zu beschränken und zugunsten der Beklagten eine Freilassungserklärung zu unterfertigen. Sie sei auch bereit, die Sachhaftung für Schulden des Klägers auf seiner Liegenschaftshälfte auf den bei einer Naturalteilung ihr zufallenden Grundstücken zu übernehmen. Der fruchtgenußberechtigte Sohn sei jederzeit bereit, dieses Recht auf die der Beklagten zuzuweisenden Grundstücke zu beschränken.

Die vom Erstgericht in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 12. November 1987 geschlossene Verhandlung wurde mit Beschluß vom 27. Jänner 1988, ON 126, gemäß § 194 ZPO zur Vernehmung des Sohnes der Beklagten Hubert K*** als Zeugen und zur Ergänzung der Parteienvernehmung der Beklagten im Sinne der Anträge der beklagten Partei wiedereröffnet. Gleichzeitig wurde eine Tagsatzung anberaumt. Nunmehr wendete der Kläger ein, die Beklagte habe sich durch das mutwillige Vorbringen, Hubert K*** habe bereits vor dem 12. November 1987 eine Verzichtserklärung abgegeben, die Wiedereröffnung erschlichen.

Das Erstgericht wies das Zivilteilungsbegehren ab, dem Eventualbegehren auf Naturalteilung gab es unangefochten statt. Der fruchtgenußberechtigte Sohn der Beklagten Hubert K*** habe mit schriftlicher Erklärung vom 4. März 1988 für den Fall einer Naturalteilung sich damit einverstanden erklärt, daß das Fruchtgenußrecht nunmehr auf dieser Liegenschaft und nicht auf der Liegenschaft des Klägers mit dem Grundstück 941 lasten solle. Hubert K*** sei also mit der Beschränkung seines Fruchtgenußrechtes auf jenen Teil der Liegenschaft, der seiner Mutter gehören werde, wie im Beschluß des Obersten Gerichtshofes ausgeführt, einverstanden. Die Voraussetzungen, die der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 15. Juli 1987, 1 Ob 613/87, für die Abweisung des Klagebegehrens auf Zivilteilung als notwendig erachtet habe, lägen daher vor. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach, gestützt auf den letzten Einheitswertbescheid, aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt. Zum Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe sich die Wiedereröffnung der Verhandlung durch eine falsche Prozeßbehauptung erschlichen, ohne daß der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, den Wiedereröffnungsbeschluß mit einem gesonderten Rechtsmittel anzufechten, führte es aus, der Kläger übersehe, daß die Beklagte in der Tagsatzung vom 12. November 1987 die Vernehmung ihres Sohnes Hubert K*** als Zeugen zum Beweis dafür beantragt habe, daß dieser im Falle einer Naturalteilung sein Fruchtgenußrecht auf den ihr zufallenden Liegenschaftsanteil beschränken werde, was vom Kläger bestritten wurde, so daß dieser Umstand, dem nach der Entscheidung des Revisionsgerichtes entscheidende Bedeutung beizumessen sei, beweisdürftig gewesen sei. Das Erstgericht hätte das Verfahren ohne Durchführung des Beweises nicht schließen dürfen, so daß die Wiedereröffnung unumgänglich gewesen sei. Ein Gerichtsfehler sei somit in der Wiedereröffnung nicht zu erblicken. Im übrigen entspreche die rechtliche Beurteilung der bindend geäußerten Ansicht des Obersten Gerichtshofes. Dem Einwand des Klägers über eine erforderliche, doch nicht zu erwartende baubehördliche Bewilligung sei vom Obersten Gerichtshof keine Bedeutung beigemessen worden. Im übrigen verkenne der Kläger, daß es eines solchen Bescheides zur Durchführung der Naturalteilung nicht bedürfe, weil es sich nicht um eine Grundabteilung handle. § 10 Abs. 1 nö. Bauordnung verstehe nach wie vor, also auch nach Inkrafttreten der Novelle 1981, unter Grundabteilung die Teilung oder Vereinigung von Grundstücken oder jede sonstige Veränderung der Grundstücksgrenzen.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Kläger in der Revision erneut den Beschluß des Erstgerichtes vom 27. Jänner 1988, ON 126, mit dem das Verfahren gemäß § 194 ZPO wiedereröffnet wurde, bekämpft, ist sein Rechtsmittel unzulässig. Das Berufungsgericht hat dem sich als Rekurs zu wertenden Berufungsausführungen des Klägers, mit denen er den Beschluß auf Wiedereröffnung des Verfahrens bekämpfte, keine Folge gegeben. Ein weiterer Rechtszug ist dann aber gemäß § 528 Abs. 1 Z 1 ZPO ausgeschlossen.

Im übrigen ist die Revision des Klägers nicht berechtigt. Der Oberste Gerichtshof ist bei der Entscheidung des vorliegenden Rechtsmittels an seine Rechtsansicht, die er in dem in derselben Sache ergangenen aufhebenden Beschluß vom 15. Juli 1987, 1 Ob 613/87, ausgesprochen hat, grundsätzlich gebunden (SZ 24/139 uva.). Eine Ausnahme von der Bindungswirkung liegt hier nicht vor. Soweit der Kläger mit seiner Rechtsrüge die Ausführungen des Aufhebungsbeschlusses bekämpft, ist sie daher nicht zu behandeln. Wenn der Kläger erstmals und damit unzulässigerweise in der Revision neu vorbringt, die Voraussetzungen des § 458 ABGB lägen vor, würde dies selbst bei Zutreffen die Naturalteilung nicht hindern, sondern allenfalls den Hypothekargläubiger berechtigen, vom Kläger zu fordern, daß die Forderung nicht auf den durch die Naturalteilung entstehenden beiden Liegenschaftshälften, sondern ausschließlich auf der dem Kläger als Alleineigentümer zufallenden Liegenschaft sichergestellt werde.

Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, die zuständige Verwaltungsbehörde habe einen Feststellungsbescheid dahin erlassen, sie sei gemäß § 10 nö. Bauordnung auch zur Genehmigung der Teilung des Grundbuchskörpers berufen, ist diese Ansicht in zweifacher Weise verfehlt. Bei dem vom Kläger vorgelegten Schreiben des Magistrates der Stadt Krems an der Donau handelt es sich nicht um einen Bescheid - ein Verwaltungsverfahren wurde ersichtlich nicht durchgeführt -, sondern um die Beantwortung einer Anfrage des Klagevertreters; § 10 Abs. 1 nö. Bauordnung betrifft zudem nach dem eindeutigen Wortlaut nicht die Veränderung des Grundbuchskörpers durch Ab- und Zuschreibungen von Grundstücken, sondern ausschließlich die Änderung von Grundstücksgrenzen und die Teilung oder die Zusammenlegung von Grundstücken im grundbuchstechnischen Sinn (RPflSlgG.-Nr. 1931; Mell-Schwimann, Grundriß des Baurechts 158 f). Mit der nö. Baunovelle 1981 wurde das Gesetz in diesem Punkt inhaltlich nicht geändert.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Bemessungsgrundlage ist der Einheitswert.

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