Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt zu lauten haben:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von 8.525 S brutto samt 4 % Zinsen seit 2.Jänner 1988 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen."
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit 8.809.34 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster, zweiter und dritter Instanz (darin 2.450 S Barauslagen und 727,94 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kollektivvertrag für Angestellte des Außendienstes der Versicherungsunternehmungen enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
"......
§ 3 Provision, Mindesteinkommen
.......
(3) Sämtliche Angestellte erhalten nach einjährigem Bestehen des ungekündigten Dienstverhältnisses rückwirkend ab dem Beginn desselben die Hälfte des gemäß Abs 2 bzw. im Dienstvertrag garantierten monatlichen Mindesteinkommens als Urlaubszulage, die bei Urlaubsantritt, frühestens jedoch am 1.Mai, und eine Weihnachtsremuneration in derselben Höhe, die am 15.Dezember fällig wird.
(4) Sämtliche Angestellte erhalten nach einjährigem Bestehen des ungekündigten Dienstverhältnisses rückwirkend ab dem Beginn desselben 100 % des gemäß Abs 2 bzw. im Dienstvertrag garantierten monatlichen Mindesteinkommens als Anschaffungsbeitrag, einmalig im Kalenderjahr, auszahlbar in zwei Teilbeträgen.
(5) Die Urlaubszulage und ein halber Anschaffungsbeitrag gelten als ein Teil der Bezüge des ersten, ein halber Anschaffungsbeitrag und die Weihnachtsremuneration als ein Teil der Bezüge des zweiten Halbjahres; die Angestellten haben auf denjenigen Teil dieser Zulagen Anspruch, der ihrer Dienstzeit in dem betreffenden Kalenderjahr entspricht. ..."
Der Kläger war bei der beklagten Partei vom 1.Februar 1987 bis 31. Dezember 1987 als Angestellter im Außendienst beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete am 31.Dezember 1987 durch Kündigung seitens des Klägers.
Der Kläger begehrt mit dem Betrag von 8.525 S brutto sA den der elfmonatigen Dauer seines Arbeitsverhältnisses entsprechenden (aliquoten) Teil der Sonderzahlungen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Kollektivvertragsbestimmungen machten den Sonderzahlungsanspruch zulässigerweise vom einjährigen Bestehen des ungekündigten Arbeitsverhältnisses abhängig; der Kläger habe diese Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß § 3 Abs 3 KV den Anspruch auf Sonderzahlung vom einjährigen Bestehen des ungekündigten Dienstverhältnisses abhängig mache.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, nach der kollektivvertraglichen Regelung sei die Beschäftigung am Stichtag Bedingung für den Erwerb des Anspruches auf Sonderzahlung; da der Kläger vor dem Stichtag ausgeschieden sei, sei der Anspruch noch nicht entstanden gewesen. Die Anwendung des § 16 AngG setze aber voraus, daß der Anspruch bereits entstanden sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern.
Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kann die zwingende (§ 40
AngG) Bestimmung des § 16 AngG nicht dadurch umgangen werden, daß
die Entstehung des nicht mit einer spezifischen Leistung des
Arbeitnehmers verknüpften, sondern für die gesamte Arbeitsleistung
im Kalender- oder Arbeitsjahr gebührenden Remunerationsanspruches an
das Erreichen eines bestimmten Stichtages gebunden wird (vgl.
ZAS 1976/17 und insbes. Tomandl in seiner Anmerkung zu dieser
Entscheidung; Schwarz-Löschnigg Arbeitsrecht4, 256 mwH, wonach auch dann, wenn die Sonderzahlungen nicht nach dem Anwartschafts-, sondern nach dem Stichtagsprinzip konstruiert sind, gemäß § 16 AngG anläßlich der Lösung der aliquote Teil der Sonderzahlungen auszuzahlen ist; Martinek-Schwarz AngG6, 326 f). Dem Kläger gebührt der aliquote Teil der kollektivvertraglich zugesicherten Remuneration daher auch dann, wenn man mit den Vorinstanzen davon ausginge, daß im Kollektivvertrag das Entstehen des Anspruches auf Sonderzahlungen vom einjährigen ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht wurde. Der Revision war daher Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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