OGH 10ObS224/89

OGH10ObS224/8929.8.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Kellner als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Theodor Zeh (AG) und Norbert Bartholomay (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Artur B***, Kinnergasse 6/3, 2700 Wr.Neustadt, vertreten durch Dr.Norbert Kosch, Dr.Ernst Schilcher, Dr.Jörg Beirer, Dr.Roman Kosch, Rechtsanwälte in Wr.Neustadt, wider die beklagte Partei A*** U***, Adalbert

Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr.Adolf Fiebich, Dr.Vera Kremslehner, Dr.Josef Milchram, Rechtsanwalt in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24.Feber 1989, GZ 33 Rs 257/88-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wr.Neustadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 28.September 1988, GZ 4 Cgs 180/88-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 22.Juni 1988 lehnte die beklagte Partei den Anspruch des Klägers auf Entschädigung aus Anlaß des Unfalles vom 18. Mai 1987 ab.

Das Erstgericht wies das Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, das Ereignis vom 18.Mai 1987 als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger eine Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, unter Zugrundelegung folgender Feststellungen ab:

Der Kläger ist seit 1983 Vertragsbediensteter beim Finanzamt Wr.Neustadt. Er ist Mitglied des SV-Finanz, eines Sportvereines, der in regionale Sektionen, so auch in die Sektion Wr.Neustadt untergeteilt ist. Die einzelnen Sektionen haben keinen eigenen Vereinscharakter. Seit Jahren ist es üblich, daß der SV-Finanz eine Fußballmeisterschaft organisiert, in welcher nach den Regeln des ÖFB um die Platzierung im Rahmen der Meisterschaft gespielt wird. Das Training der Fußballspieler erfolgt während der Freizeit, die Meisterschaftsspiele wurden mit Genehmigung des Finanzamtsvorstandes während der Dienstzeit abgehalten und zwar auf Grund einer speziellen Dienstfreistellung. Angehörige der Finanzämter durften nach Maßgabe von Vorstangsverfügungen den Spielen als Zuschauer beiwohnen.

Am 18.Mai 1987 fand die Betriebsfußballmeisterschaft der Gruppe Süd in Wr.Neustadt statt. An diesem Bewerb nahmen die Mannschaften aus Eisenstadt, Mödling, Oberwart und Wr.Neustadt teil, wobei der Sieger aus dieser Runde weiter aufgestiegen ist. Der Kläger spielte in der Mannschaft Wr.Neustadt. Es bestand für ihn keine Verpflichtung zur Teilnahme, er spielte auf freiwilliger Basis mit. Dabei erlitt er eine Verletzung der Niere.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Verletzung könne nicht als Arbeitsunfall gewertet werden. Selbst bei Dienstfreistellung stehe die Teilnahme an der Fußballmeisterschaft nicht unter Unfallversicherungsschutz, weil bei innerbetrieblichen Sportmeisterschaften das Risiko außerhalb der Risikosphäre der AUVA liege.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers keine Folge. Die Rechtsprechung verneine den Unfallversicherungsschutz bei Unfällen, die sich bei der Teilnahme an einem von einem Betriebssportverein veranstalteten Meisterschaftsspiel ereigneten. Außerbetriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen sportlicher Natur seien dann vom Versicherungsschutz umfaßt, wenn sie der Stärkung des betrieblichen Zusammengehörigkeitsgefühles nicht nur unter Dienstnehmern, sondern auch zwischen den Dienstnehmern und dem Dienstgeber dienten und daher im betrieblichen Interesse seien. Die Grenze sei aber dort zu ziehen, wo die Veranstaltung sportlichen Wettkampfcharakter annehme und die Erzielung von Spitzenleistungen beabsichtigt werde. Handle es sich um einen Betriebsverein, müsse dem Unternehmer überdies ein bestimmender Einfluß auf den Verein zustehen. Der Kläger habe sich im Rahmen eines selbständigen Sportvereines betätigt, bei welchem das Moment der Förderung der Verbundenheit zwischen Unternehmen und Dienstnehmern völlig in den Hintergrund trete. Die freiwillige Teilnahme des Klägers an dem Meisterschaftsspiel habe, auch wenn er dienstfrei gestellt worden sei, seinen privaten Interessen gedient. Unfallversicherungsschutz sei daher zu verneinen.

Rechtliche Beurteilung

Der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision kommt keine Berechtigung zu.

Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen können grundsätzlich unter Versicherungsschutz stehen. Der Schutz solcher Veranstaltungen besteht insoweit, als die Teilnahme an ihnen ein Ausfluß der Ausübung der Erwerbstätigkeit ist (Brackmann Handbuch 60.Nachtrag, 482 k-n; vgl. auch Tomandl System 285). Auch sportliche Betätigung der Dienstnehmer kann im betrieblichen Interesse liegen. Organisiert der Dienstgeber zum Ausgleich für die meist einseitige körperliche, geistige oder nervliche Belastung für die Dienstnehmer einen Ausgleichssport der dazu dienen soll, Körperschädigungen vorzubeugen, so wird ein dabei erlittener Unfall unter Versicherungsschutz stehen. Zutreffend aber hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß die Grenze dort zu ziehen ist, wo die sportliche Betätigung Wettkampfcharakter annimmt oder Spitzenleistungen angestrebt werden. Sportarten mit Wettkampfcharakter entsprechen der für den Betriebssport vorausgesetzten Zielrichtung nicht, wenn der Wettkampfcharakter im Vordergrund steht (Brackmann aaO 482 u-y). Selbst wenn der Leistungssport vom Unternehmer finanziert und organisiert wird, ist er versicherungsrechtlich nicht mehr geschützt es sei denn, daß arbeitsvertraglich die Durchführung der betrieblichen Arbeit mit der Verpflichtung zur Sportausübung gekoppelt ist, wie dies bei Halbprofis häufig vorkommt (Tomandl aaO 286). Feststellungen darüber, inwieweit der Dienstgeber finanziell und organisatorisch auf den selbständigen Verein SV-Finanz Einfluß hat, waren daher entbehrlich. Daß aber den jährlich veranstalteten Fußballmeisterschaftsspielen des SV-Finanz, in welchen aus mehreren regionalen Sektionen nach einer Reihe von Spielen der Sieger ermittelt wurde, eindeutig Wettkampfcharakter zukommt, steht wohl ebenso außer Frage, wie daß damit für die freiwilligen Spieler ein erhöhtes Verletzungsrisiko verbunden ist, mögen mit den Wettkämpfen auch, wie dies wohl bei allen Amateurvereinen zutreffend wird, keine Spitzenleistungen beabsichtigt gewesen sein.

Die Vorinstanzen haben daher zutreffend das Vorliegen eines Arbeitsunfalles verneint.

Die Entscheidung über die Revisionskosten beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit. b ASGG.

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