Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Über das Vermögen des Eigentümers der Liegenschaft
EZ 336 GB 83114 Radfeld Otto M*** wurde zu S 47/83 des Landesgerichtes Innsbruck am 22. März 1983 der Konkurs eröffnet (B-LNR 1 a und 1 b). Am 14. September 1988/16. März 1989 hat der Masseverwalter mit der T*** F*** Gesellschaft mbH einen Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen und der Berechtigten entgeltlich das Recht eingeräumt, auf einem 8 Meter breiten - zum Großteil auf dem Weggrundstück 2158/1 gelegenen - Grundstreifen eine Gasleitung so zu verlegen, daß die Achse je vier Meter Abstand von den seitlichen Grenzen des Grundstreifens hat. Der Masseverwalter willigte in die Einverleibung der Leitungsdienstbarkeit ob den Grundstücken 2158/1, 2158/2, 2158/3, 2158/4 und 2158/5 der EZ 336 GB 83114 Radfeld ein. Der Dienstbarkeitsvertrag wurde am 20. Feber 1989 vom Konkursgericht genehmigt.
Auf Ansuchen der Dienstbarkeitsberechtigten bewilligte das Erstgericht die Einverleibung der Dienstbarkeit der Verlegung und des Betriebes sowie der Erhaltung und Erneuerung einer Leitung nach den Bestimmungen des Dienstbarkeitsvertrages in der EZ 336 GB 83114 Radfeld. Die bücherliche Einverleibung wurde in C-LNR 24 vollzogen. Das Erstgericht verständigte davon auch die Pfandgläubiger.
Das Rekursgericht wies den von der Pfandgläubigerin R*** B*** registrierte Genossenschaft mbH gegen
den Einverleibungsbeschluß erhobenen Rekurs zurück. In ihren bücherlichen Rechten sei die Rekurswerberin nicht beeinträchtigt, weil die Dienstbarkeit in einem ihrem Pfandrecht nachfolgenden Rang einzutragen war. Die Dienstbarkeit sei vom Ersteher in Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen, wirke sich daher bei der Zwangsversteigerung der Liegenschaft auf deren Schätzwert nicht aus und könne den Umfang der Befriedigung des im Rang vorgehenden Hypothekargläubigers nicht schmälern. Aus dem Meistbot sei zunächst der Hypothekargläubiger mit dem besseren Rang zu befriedigen. Der Ersteher habe die nachrangige Dienstbarkeit nur zu übernehmen, wenn sie in der dann verbleibenden Verteilungsmasse volle Deckung finde. Die bekämpfte Einverleibung berühre die bücherlichen Rechte der vorangehenden Rekurswerberin nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs der Pfandgläubigerin ist zulässig, weil der Rekurs von der zweiten Instanz nicht abgewiesen (§ 126 Abs 1 GBG) sondern zurückgewiesen wurde. Die Zurückweisung eines Rechtsmittels kann grundsätzlich mit Rekurs an die nächsthöhere Instanz angefochten werden (JBl 1947, 63; RZ 1975, 54; NZ 1986, 44 = ESlgGBS 1986/63). Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.
In Grundbuchssachen steht die Legitimation zum Rekurs abgesehen vom Antragsteller, dessen Gesuch abgewiesen wurde, nur den Personen zu, die durch den angefochtenen Beschluß in ihren bücherlichen Rechten verletzt sein könnten. Interessen oder Rechte, die nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Eintragung geworden sind, entbehren grundsätzlich des Rechtsmittelschutzes (SZ 16/50; SZ 45/74; ESlgGBS 1988/128). Zutreffend hat das Gericht zweiter Instanz der Rechtsmittelwerberin das Rekursrecht abgesprochen, weil ihre grundbücherlichen Pfand- und Befriedigungsrechte durch die Einverleibung der Leitungsdienstbarkeit in einem späteren Rang nicht belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden. Für die Rekurswerberin ist auf der Liegenschaft in C-LNR 1 a das Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von S 220.000,- (TZ 929/66), in C-LNR 2 a das Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von S 350.000,-
(TZ 1150/68) und in C-LNR 3 a das Pfandrecht für ihre Forderung von S 500.000,- sA (TZ 2035/70) mit der Anmerkung der Hypothekarklage zu 12 Cg 238/83 des Landesgerichtes Innsbruck in C-LNR 3 g einverleibt. In C-LNR 17 a ist die Einleitung des Verfahrens zur Zwangsversteigerung der Liegenschaft durch die Rekurswerberin zur Hereinbringung ihrer Forderungen von S 561.257,- sA, S 561.257,- sA und S 504.735 sA angemerkt (TZ 2191/83; E 108/83).
Erst im späteren Rang C-LNR 24 a ist die mit dem Vertrag begründete Leitungsdienstbarkeit für die berechtigte T*** F*** Gesellschaft mbH einverleibt (TZ 794/89).
Ohne Anrechnung auf das Meistbot muß der Ersteher nach § 150 Abs 1 EO nur Dienstbarkeiten übernehmen, denen der Vorrang vor dem Befriedigungsrechte (§ 135 EO) oder vor dem Pfandrecht des betreibenden Gläubigers zukommt. Die dem betreibenden Gläubiger nachfolgenden derlei Lasten müssen vom Ersteher nur insofern übernommen werden, als sie nach der ihnen zukommenden Rangordnung in der Verteilungsmasse Deckung finden. Die Übernahme erfolgt dann in Anrechnung auf das Meistbot. Der Ersteher kann die trotz Zuschlagserteilung aufrecht bleibende Last bei seinem Anbot unberücksichtigt lassen, weil er für die Übernahme der Last aus dem Meistbot entschädigt wird (SZ 57/127). Dienstbarkeiten, für welche aus der Verteilungsmasse nicht mehr die volle Deckung erübrigt, sind nach § 227 Abs 1 EO aufzuheben. An ihre Stelle tritt der Entschädigungsanspruch des Dienstbarkeitsberechtigten für die nicht überwiesene Last, der nach Zulänglichkeit der Verteilungsmasse in der Rangordnung, die dem aufgehobenen Recht zukam, durch Barzahlung zu berichtigen ist (Heller-Berger-Stix 1186 und 1551; SZ 57/178 ua). Die nach § 151 Abs 1 EO einer abweichenden richterlichen Festsetzung zugängliche Regelung bedeutet, daß die auf privatrechtlichem Titel beruhende Dienstbarkeit, die in einem sowohl den Pfandrängen als auch dem maßgebenden Zeitpunkt des Einlangens des Zwangsversteigerungsantrages beim Grundbuchsgericht (§ 135 EO) der Rekurswerberin nachfolgendem Rang einverleibt wird, die bereits erworbenen bücherlichen Rechte nicht berührt. Diese vom Ersteher entweder nur in Anrechnung auf das Meistbot oder bei unzulänglicher Deckung überhaupt nicht zu übernehmende Dienstbarkeit wirkt sich auf den Schätzwert der Liegenschaft an sich nicht aus und beschränkt die Pfand- und/oder Befriedigungsrechte der vorrangig zum Zug kommenden Rekurswerberin nicht.
Davon zu unterscheiden sind öffentliche Lasten, die ohne Rücksicht auf das Rangverhältnis zur Forderung des betreibenden Gläubigers und ohne Rücksicht darauf, ob sie bücherlich eingetragen sind oder nicht, vom Ersteher jedenfalls und selbst dann ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sind, wenn bei der Schätzung auf sie nicht Bedacht genommen wurde (Heller-Berger-Stix 1185; SZ 15/161; SZ 34/64 ua).
Nach dem Buchstande und den vorgelegten Urkunden hat der an die Stelle des Eigentümers der Liegenschaft getretene Masseverwalter die Leitungsdienstbarkeit mit privatrechtlichem Vertrag eingeräumt. Daran ändern die Hinweise der Rekurswerberin nichts, daß für die Errichtung von Leitungen nach dem Tiroler Gasgesetz LGBl 1975/4 eine Enteignung mittels Bescheid erfolgen kann und daß die sich aus Bescheiden ergebenden Rechte und Pflichten nach § 19 Tiroler Gasgesetz auf dem Grundstück haften und auf den Einzelrechtsnachfolger im Eigentum übergehen. Selbst wenn, was wegen des Neuerungsverbotes unbeachtet bleiben müßte, behördliche Bescheide vorlägen und die Leitungsdienstbarkeit eine öffentlich-rechtliche Last bildete, kann sich der in seinem bücherlichen Recht nicht beeinträchtigte Pfandgläubiger nicht gegen die ihm im Rang nachfolgende Einverleibung der Servitut auf Grund des privatrechtlichen Titels zur Wehr setzen. Soweit das Leitungsrecht auf öffentlich-rechtlicher Verpflichtung beruht und vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen wäre (vgl § 22 Abs 3 StarkstromwegeG BGBl 1968/70), wäre ebenfalls das einverleibte Pfandrecht ebensowenig beschränkt oder aufgehoben wie das Befriedigungsrecht im Range der Anmerkung der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens, weil dann die Last unabhängig von der bücherlichen Einverleibung bestünde.
Daß der Eigentümer - hier der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Grundeigentümers - auch nach Bewilligung der Zwangsversteigerung über die Liegenschaft Verfügungen treffen kann, die eine Wertminderung mit sich bringen (für Vermietung etwa EvBl 1984/119), hat nichts damit zu tun, ob der Pfandgläubiger die Abwehr schädigender Einwirkungen durchsetzen kann (SZ 59/206), weil dafür jedenfalls im Grundbuchsverfahren kein Raum bleibt. Für die Rekurswerberin ist daher auch nichts daraus zu gewinnen, daß zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Geldforderungen die Zwangsversteigerung der Liegenschaft anhängig ist, weil durch die Anmerkung der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens zwar das Befriedigungsrecht und dessen Rang, soweit sich dieser nicht schon nach dem der Pfandrechtsbegründung richtet, entsteht, jedoch keine Beschlagnahme der Liegenschaft mit der Wirkung eintritt, daß der Verpflichtete in der Verwaltung beschränkt würde (Heller-Berger-Stix 1094). Um die Rechte der Dienstbarkeitsberechtigten hingegen hat sich die Pfandgläubigerin nicht zu kümmern und kann daher nicht für ihren Standpunkt in Anspruch nehmen, diese hätte auch eine Enteignung beantragen können. Inwieweit der Hypothekargläubigerin ein Pfandrecht an der an den Masseverwalter als Entgelt für die Servitutseinräumung zu leistenden Zahlung zusteht, ist hier nicht zu erörtern, weil es sich dabei stets nur um eine mögliche Beeinträchtigung schuldrechtlicher Ansprüche handeln kann, die noch nicht zum Rekurs gegen eine grundbücherliche Eintragungsverfügung berechtigt.
Die Zurückweisung des gegen die Einverleibung der Leitungsdienstbarkeit von der Hypothekargläubigerin erhobenen Rekurses erfolgte zu Recht.
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