OGH 8Ob652/88

OGH8Ob652/8829.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z*** K*** Versicherungen Aktiengesellschaft, Schwarzenbergplatz 15, 1015 Wien, vertreten durch Dr.Christian Prem und Dr.Werner Weidinger, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei "A***" Leihwagen GesellschaftmbH Vereinigte Leihwagengesellschaften KG, Praterstraße 47, 1020 Wien, vertreten durch Dr.Oswald Karminski-Pielsticker, Rechtsanwalt in Wien, und deren Nebenintervenientin A*** Versicherungsmakler GesellschaftmbH & Co KG, Brigittaplatz 20 und Dresdnerstraße 68, 1200 Wien, vertreten durch Dr.Romeo Nowak, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 159.971,90 sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 24.August 1988, GZ 1 R 47/88-131, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 26.Jänner 1988, GZ 6 C 1/87-112, abgeändert und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zugelassen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und daraus folgenden weiteren Veranlassung in die erste Instanz zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

In dem seit 1.Dezember 1982 beim Erstgericht anhängigen Rechtstreit teilte am 17.April 1986 der Rechtsvertreter der beklagten "A***" LeihwagengesellschaftmbH Vereinigte Leihwagengesellschaften KG (folgend kurz: KG) dem Prozeßgericht unter Vorlage eines Handelsregisterauszuges (HRA 18.781 des Handelsgerichtes Wien) mit, daß diese KG "am 15.April 1986 erloschen" sei. Das Erstgericht sprach daraufhin mit Beschluß vom 21. April 1986 aus, daß das Verfahren nur über Antrag der klagenden Partei oder der Gesellschafter der KG fortgesetzt werde. Mit Schriftsatz vom 7.Mai 1986 erklärte die klagende Partei, daß nunmehr anstelle der "erloschenen" beklagten KG deren persönlich haftende Gesellschafterin "A***-Salzburg LeihwagengesellschaftmbH" trete; sie beantragte die Fortsetzung des Verfahrens gegen diese Partei. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10.Juni 1986 bestritt der Rechtsvertreter der beklagten KG, daß die von der klagenden Partei genannte vormalige Gesellschafterin Rechtsnachfolgerin der liquidierten beklagten KG sei. Schließlich beantragte die klagende Partei in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 18.Jänner 1988 die Fortsetzung des Verfahrens gegen die (vormaligen) Gesellschafter der (seinerzeitigen) KG. Das Erstgericht sprach daraufhin antragsgemäß aus, daß das Verfahren gegen die ursprünglich beklagte KG nun gegen deren (seinerzeitige) Gesellschafter fortgeführt werde, und berichtigte gleichzeitig die Bezeichnung der beklagten Partei auf:

1. A***-Salzburg Leihwagen GesellschaftmbH, und 2.Valentin K*** KG. Es begründete diese Entscheidung damit, daß ein anhängiger Rechtsstreit über Gesellschaftsverbindlichkeiten einer Personenhandelsgesellschaft nach deren Beendigung gegen die einzelnen Gesellschafter fortgesetzt werden könne. Die Parteienbezeichnung sei in diesem Fall durch Nennung der Gesellschafter richtigzustellen. Die von der Personenhandelsgesellschaft gegebene Prozeßvollmacht gelte weiter. Die amtswegige Löschung einer GesmbH (der zu 1.bezeichneten Komplementärgesellschaft der KG) wegen Vermögenslosigkeit beurkunde nur diese Tatsache, habe jedoch auf die Parteifähigkeit keinen Einfluß, weil sie keine rechtsgestaltende Wirkung entfalte. Durch die Prozeßführung würden aber Vermögensrechte geltend gemacht. Die Löschung habe sohin keinen Einfluß auf die Parteifähigkeit der GesmbH gehabt, die Vollmacht gelte für sie weiter.

Das Gericht zweiter Instanz wies über Rekurs der beklagten Partei und der Valentin K*** KG in Abänderung dieser Entscheidung den Antrag der klagenden Partei ab, das Verfahren gegen die Gesellschafter der KG fortzusetzen; es ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukomme. Die im Beschluß des Erstgerichtes erwähnten Rechtsauffassungen seien unzutreffend, weil zwischen einem Gesellschaftsprozeß und einem Gesellschafterprozeß scharf zu trennen sei und die Fortführung des Gesellschaftsprozesses gegen die Gesellschafter der vom Gesetz festgelegten Parteifähigkeit der Gesellschaft widerspreche. Die Entscheidungen, auf welche sich die abgelehnten Lehrmeinungen teilweise stützten, stammten aus der Zeit vor der Einführung des HGB, also noch unter der Geltung des mit dem § 129 Abs 4 HGB unvereinbaren § 11 EO. Im vorliegenden Fall bedürfe es aber keiner Parteienberichtigung (Berichtigung der Parteienbezeichnung) und keines Parteiwechsels, weil weder die Auflösung noch die Löschung der Firma der KG deren Partei- und Prozeßfähigkeit beeinträchtigt habe, denn es seien ihre Rechtsverhältnisse gegenüber Dritten noch nicht abgewickelt. Der Rechtstreit sei daher gegen die KG selbst fortzuführen; die Weitergeltung der Prozeßvollmacht sei auch unberührt geblieben. Der gegen den Beschluß der zweiten Instanz von der beklagten Partei erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Frage der prozeßrechtlichen Folgen der während des Verfahrens eingetretenen Vollbeendigung einer geklagten Personenhandelsgesellschaft in Lehre und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird und daher eine erhebliche im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ist.

Das Rechtsmittel ist auch im Ergebnis sachlich berechtigt. Die Klägerin begehrt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses im Sinne der Fortsetzung des Rechtstreites gegen die beiden letzten Gesellschafter der ursprünglich beklagten Kommanditgesellschaft. Sie beruft sich dabei im wesentlichen auf die in der österreichischen Lehre von Fasching (Kommentar II 762 und Lehrbuch Rz 385 c), Torggler-Kucsko (in Straube Rz 4 zu § 157 HGB), Pollak (in Staub-Isko I/13 465) und Bettelheim (in Staub-Pisko I/13 613) vertretene Ansicht, der Rechtstreit sei nach Vollbeendigung der prozeßverfangenen Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) von den letzten Gesellschaftern bzw gegen die letzten Gesellschafter dieser Gesellschaft fortzusetzen.

Diese Rechtsansicht wurde tatsächlich im zeitlichen Geltungsbereich des Allgemeinen Handelsgesetzbuches infolge der damals herrschenden Meinung, daß die Personenhandelsgesellschaft keine von der Gesamtheit ihrer Gesellschafter verschiedene Partei sei (ZBl 1933/19; GlUNF 2697), auch von der Rechtsprechung geteilt (ZBl 1933/19; SZ 7/270; GlUNF 2697; ACl 2203 ua). Spätestens seit der Aufhebung des § 11 EO - der die Vollstreckung eines gegen die Gesellschaft gerichteten Exekutionstitels gegen ihre Gesellschafter gestattete - durch Art 13 Abs 2 Z 5 EVHGB und der gleichzeitigen Einführung des HGB - dessen § 129 Abs 4 ausdrücklich die Zwangsvollstreckung eines Titels gegen die Gesellschaft ins Vermögen ihrer Gesellschafter ausschließt - ist diese Rechtsansicht aber dogmatisch unhaltbar. § 124 Abs 1 HGB stellt die Parteifähigkeit der Gesellschaft ganz klar und unzweifelhaft fest. Klagt die Gesellschaft oder wird sie geklagt, so sind alle Überlegungen darüber verfehlt, wer Prozeßpartei: es ist allein die Gesellschaft und sonst niemand (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht § 46 II 3). Das wird auch von der jetzt herrschenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes uneingeschränkt anerkannt (JBl 1958, 516; Arb 7831; EvBl 1965/288; ÖBl 1972, 18; EvBl 1974/32; MietSlg 38.177/30 ua, zuletzt 1 Ob 551, 552/89 vom 15.3.1989 unveröffentl.). Dementsprechend sind die Gesellschaft und ihre Gesellschafter verschiedene Parteien und es muß streng zwischen Gesellschaftsprozeß und Gesellschafterprozeß unterschieden werden; darauf hat schon das Rekursgericht zutreffend hingewiesen. Schließlich steht auch die Zulässigkeit eines Rechtstreites zwischen beiden völlig außer Frage (Karsten Schmidt aaO). Aus diesen Gründen kann, wie dies die Klägerin begehrt, der erstgerichtliche Beschluß nicht wiederhergestellt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin führt jedoch aus anderen Erwägungen zur Aufhebung der Beschlüsse beider Vorinstanzen:

Die beiden Vorinstanzen haben in Übereinstimmung mit den bisher als Parteien aufgetretenen Prozeßbeteiligten die während des Verfahrens eingetretene Vollbeendigung der beklagten Kommanditgesellschaft angenommen und dabei ganz offenkundig - das wurde vom Rekursgericht ausdrücklich erwähnt (S 9 unten) - eine Gesamtrechtsnachfolge im Sinne des § 142 HGB auf Seite der ursprünglich beklagten Kommanditgesellschaft ausgeschlossen. Die Prüfung der Parteifähigkeit und des etwaigen Vorliegens einer Gesamtrechtsnachfolge ist freilich vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Während die Vollbeendigung der ursprünglich beklagten Kommanditgesellschaft nach der Aktenlage nicht zweifelhaft erscheint, ist die Möglichkeit einer Gesamtrechtsnachfolge nicht auszuschließen. Der Tatsache der Vollbeendigung der Gesellschaft steht sicher nicht das Fortbestehen von Gesellschaftsverbindlichkeiten entgegen, für deren Erfüllung die zuletzt vorhanden gewesenen Gesellschafter gemäß den §§ 128 und 161 Abs 2 sowie 171 ff nach Maßgabe der §§ 159, 160 HGB haften (hM vgl Torggler-Kucsko aaO Rz 4 zu § 157 mwN). Die Existenz der Personenhandelsgesellschaften beruht auf einer zweifachen Grundlage, nämlich einer rechtlichen und einer wirtschaftlichen: diese ist das Gesellschaftsvermögen, jene ist der Gesellschaftsvertrag. Sind die gesellschaftsvertraglichen Beziehungen der Gesellschafter beendet und ist das gesamthändisch gebundene Gesellschaftsvermögen im Wege der Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern in irgend einer Form liquidiert worden, so kann die Gesellschaft auch nicht mehr fortbestehen. Aus der zur Löschung der Firma der ursprünglich beklagten Kommanditgesellschaft im Handelsregister beim Handelsgericht Wien führenden Eingabe der einschreitenden Gesellschafter A***-Salzburg Leihwagengesellschaft mbH und Valentin K*** Komm.Ges. vom 20.2.1986 (Akten HRA 18.781 des Handelsgerichtes Wien, ON 22) ergibt sich, daß die beiden anmeldenden Gesellschafter die Gesellschaft aufgelöst, die Gewerbeberechtigung der Gesellschaft bei der Gewerbebehörde zurückgelegt und die Auseinandersetzung (des Gesellschaftsvermögens) "ohne förmliche Liquidation" bereits durchgeführt haben. Zwar käme der - daraufhin im Handelsregister beim Handelsgericht Wien in A 18.781 eingetragenen - Löschung der Firma der ursprünglich beklagten Kommanditgesellschaft nach ganz herrschender Auffassung nur deklaratorische Bedeutung zu (Torggler-Kucsko aaO Rz 3 zu § 157 mwN; Karsten Schmidt aaO § 11 V 6 a mwN in FN 62), es muß hier aber von der unbestritten gebliebenen Richtigkeit der angegebenen Tatsachen ausgegangen und dementsprechend die Vollbeendigung der Gesellschaft nach der Aktenlage angenommen werden. Sollte freilich - und diese Frage kann nach der Aktenlage nicht abschließend beantwortet werden, weil der Inhalt der dargestellten Löschungseingabe beim Handelsgericht Wien diese Möglichkeit völlig offen läßt - die "Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens" ohne Durchführung einer "förmlichen Liquidation" (so die erwähnte Eingabe) im Sinne des § 142 HGB dergestalt vollzogen worden sein, daß einer der beiden letzten Gesellschafter alle Anteile am Gesellschaftsvermögen in sich vereinigte und dadurch Alleineigentümer des Gesellschaftsvermögens wurde, dann läge ein Fall der Gesamtrechtsnachfolge vor (Koppensteiner aaO Rz 3 und 10 zu § 142 sowie Rz 23 zu § 124 mwN; Kastner, Grundriß4 106; SZ 44/171; Karsten Schmidt aaO § 46 II 3.aa Beispiel Nr 9), der zur automatischen Fortsetzung des Rechtstreites gegen den Übernehmer führen müßte (Koppensteiner aaO Rz 23 zu § 124 mwN u Rz 11 zu § 142 mwNw; Karsten Schmidt aaO Beispiel Nr 19; Fasching, Lehrbuch Rz 385 b; EvBl 1965, 288); in diesem Falle erübrigte sich auch jede weitere Überlegung, welche Folgen sonst die Vollbeendigung der beklagten Kommanditgesellschaft prozeßrechtlich nach sich zieht. Deshalb muß, da die Tatsachengrundlagen in dieser Hinsicht nicht hinreichend geklärt erscheinen, mit der Aufhebung der Beschlüsse beider Vorinstanzen und mit der Zurückverweisung der Rechtssache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht vorgegangen werden. Sollte sich freilich herausstellen, daß eine Gesamtrechtsnachfolge im Sinne des § 142 HGB auszuschließen ist, dann könnte nach Ansicht des 8.Senats des Obersten Gerichtshofes der Rechtstreit infolge Untergangs der beklagten Partei nicht fortgeführt werden, denn die letzten Gesellschafter der beklagten Kommanditgesellschaft sind nicht deren Rechtsnachfolger und die Frage, ob die Fortsetzung des Prozesses gegen diese aufgrund deren freiwilligen Eintritts anstelle der untergegangenen Gesellschaft prozeßrechtlich zulässig ist, stellt sich in Anbetracht des Widerspruchs der hier in Betracht kommenden beiden letzten Gesellschafter gegen den in diese Richtung führenden Beschluß des Erstgerichtes nicht mehr. Gegen die untergegangene, weil vollbeendete beklagte Kommanditgesellschaft ist eine Weiterführung des Rechtstreites aus folgenden Überlegungen nicht möglich:

Mit der Vollbeendigung ist die Gesellschaft als solche erloschen. Ist aber die Gesellschaft beendet, ohne einen Gesamtrechtsnachfolger zu haben, so hat damit auch das Prozeßrechtsverhältnis mit dieser (vormaligen) Partei ein Ende gefunden (Karsten Schmidt aaO § 52 IV 2 d und § 11 V 6 c), so daß eine Fortsetzung des Prozesses mit der untergegangenen Gesellschaft grundsätzlich nicht möglich ist. Diese Ansicht wird nunmehr auch vom BGH zur vergleichbaren Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland vertreten (zuletzt BGHZ 74, 212 = JZ 1979, 566; BGHZ 62, 131; ZIP 1981, 1268, 1269; NJW 1982, 238; ZIP 1982, 1318, 1319 ua) und von der überwiegenden Literatur dieses Landes geteilt (Fischer, "Die Personenhandelsgesellschaft im Prozeß" in FS für Hedemann 75 ff;

derselbe im Großkommentar HGB3 Anm 33 zu § 124;

Schlegelberger-Gessler, HGB4 Anm 27 zu § 127; Heymann-Kötter, HGB21 401; Hueck, Das Recht der OHG4 333 FN 8; Huber ZZP 82, 224 ff, 244 mwN; Fiume, Personenhandelsgesellschaft § 4 II; vor allem aber Karsten Schmidt aaO § 46 II 3.aa). In Österreich hingegen hat die Rechtsprechung der jüngeren Zeit zum Teil sogar den Standpunkt eingenommen, daß die Vollbeendigung der Gesellschaft ihre Parteifähigkeit im Prozeß nicht berühre (GesRZ 1978, 82 = RZ 1978, 90 und zuletzt 1 Ob 551, 552/89 vom 15.3.1989, bisher unveröffentlicht). Koppensteiner (aaO Rz 23 zu § 124) hat diese Meinung als bedenklich bezeichnet und die Ansicht geäußert, ein Passivprozeß der Gesellschaft finde mit ihrer Beendigung seine Erledigung. Stanzl (JBl 1951, 532 f;) und Jaeger (aaO 56 f) meinen hingegen, der einmal eingeleitete Prozeß sei mit der vollbeendeten Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, ob noch Vermögen dieser Gesellschaft vorhanden sei oder nicht, fortzusetzen und zu beenden. Die zuletzt erwähnte Entscheidung des 1.Senates des Obersten Gerichtshofes hat diese Ansicht gebilligt und zur Begründung angeführt, es soll - wie dies auch § 234 ZPO zum Schutz des Prozeßgegners ausdrücke - verhindert werden, daß sich eine Partei ihrer Sachlegitimation entledige und damit einen an sich berechtigten Anspruch ihres Gegners zum Scheitern bringe (Fasching III, 96); ein einmal zu Recht begonnenes Prozeßrechtsverhältnis solle nicht durch einseitige Aktionen einer Partei beendet werden können. Deshalb könne sich auch eine Personengesellschaft nicht durch ihre Vollbeendigung dem einmal eingeleiteten Verfahren entziehen (Jaeger aaO 57; Hartmann in Baumbach-Lauterbach dZPO47 665; Leipold in Stein-Jonas dZPO20 Rz 34 zu § 50; vgl auch Sperl 166). Schließlich argumentierte der 1.Senat in dieser Entscheidung auch damit, daß - wie der Streit um die Parteifähigkeit selbst, bei dem diese bis zur Klärung fingiert werde (SZ 49/17; SZ 48/78 ua, zuletzt 1 Ob 505, 506/88; Fasching, Lehrbuch Rz 337), zeige - dem österreichischen Prozeßrecht der Gedanke, einem nicht parteifähigem Gebilde können die Rechte und Pflichten einer Partei zustehen, nicht fremd sei.

Diese Ansichten kann der 8.Senat des Obersten Gerichtshofes jedoch nicht teilen.

Es ist zwar den Gesellschaftern im Falle des Unterbleibens der Liquidation ebensowenig wie den Liquidatoren im Abwicklungsverfahren erlaubt, vor Beendigung anhängiger Prozesse, in welche die Gesellschaft verstrickt ist, die Gesellschaft vollzubeenden und sie solcherart gewissermaßen aus dem Rechtsleben und damit auch aus dem Prozeß zu ziehen - bei Aktivprozessen, soferne sie vermögenswerte Ansprüche der Gesellschaft zum Gegenstand haben, wäre dies ohnedies nicht erfolgreich, weil dann von Vollbeendigung nicht gesprochen werden könnte und die Gesellschaft sogar trotz Löschung ihrer Firma noch fortbestünde -; tun sie es dennoch, so können sie zwar dem Gegner schadenersatzpflichtig werden, aber die Wirkung der Vollbeendigung der Gesellschaft, nämlich der Untergang der Gesellschaft und damit auch der Partei im Rechtsstreit, tritt ein und kann weder vom Prozeßgegner noch vom Prozeßgericht verhindert werden. Eine nicht mehr existierende Gesellschaft kann nicht Partei in einem Rechtstreit sein und ein dennoch gegen sie - einem rechtlichen Nichts - fortgeführtes Verfahren ist, da es an einem rechtswirksamen Adressaten für Gerichts- und Parteihandlungen mangelt, unwirksam und auch ein rechtliches Nichts (Fasching, Lehrbuch Rz 329 mit Hinweis auf Rechberger, Exekution 68 ff, 78). Der in der Entscheidung 1 Ob 551, 552/89 herangezogene Vergleich mit der im Zwischenstreit (!) über die Parteifähigkeit aus prozessualen Gründen zwangsläufig provisorisch fingierten Existenz der fraglichen Partei ist im Rechtstreit um den materiellen Anspruch völlig untauglich, wenn schon die fehlende Existenz der Partei unabänderlich feststeht.

Sieht man von der völligen Rechtsunwirksamkeit einer Entscheidung ab, so wäre sie gegen die nicht bestehende, weil vollbeendete Personenhandelsgesellschaft im übrigen auch für den obsiegenden Kläger völlig wert- und sinnlos: gegen die nicht existierende Partei selbst ist ein Leistungsausspruch ebensowenig vollstreckbar wie gegen ihre letzten Gesellschafter, und da diese wegen der fehlenden Existenz der Gesellschaft im entscheidenden Zeitpunkt Schluß der Verhandlung 1.Instanz auch nicht mehr ihre Gesellschafter sein konnten, hätte jede "Entscheidung" ihnen gegenüber auch nicht die sonst daraus folgende Rechtskraftwirkung dergestalt, daß ihnen im Rechtstreit aus ihrer persönlichen Haftung für die seinerzeitige Gesellschaftsverbindlichkeit die Einwendungen der vormaligen Gesellschaft gegen den Bestand dieser Verbindlichkeit

genommen wären (siehe 8 Ob 617/88 = GesRZ 1989, 101 = RdW 1989, 129

= RZ 1989/25 S 82).

Aus diesen Erwägungen kommt der 8.Senat zu dem Schluß, daß nach Vollbeendigung der beklagten Kommanditgesellschaft ohne Hinterlassung eines Gesamtrechtsnachfolgers im Sinne des § 142 HGB der Rechtstreit nicht mehr fortgeführt werden kann. Für die Erfüllung der den Gegenstand des Rechtstreites bildenden Gesellschaftsverbindlichkeit einschließlich der bis zur Vollbeendigung aufgelaufenen Verfahrenskosten haften die seinerzeitigen Gesellschafter gemäß den §§ 128 und 161 Abs 2 sowie 171 ff nach Maßgabe der §§ 159, 160 HGB fort, doch müssen sie, sollten sie nicht als Streitgenossen mitgeklagt gewesen sein, selbständig geklagt werden. Ansprüche auf Ersatz des Schadens, den die Gesellschafter bzw die Liquidatoren durch die während des anhängigen Rechtstreits unerlaubt bewirkte Vollbeendigung der Gesellschaft dem Gläubiger zugefügt haben, bleiben unberührt. Es mußten deshalb die Beschlüsse beider Vorinstanzen aufgehoben werden, damit das Erstgericht nach Verfahrensergänzung im Sinne der aufgezeigten Möglichkeiten in der einen oder anderen Richtung vorgehen kann.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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