OGH 2Ob605/88

OGH2Ob605/8820.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin G*** S***, vertreten durch den Bürgermeister Franz K***, dieser vertreten durch Dr. Werner Ungeringer, Rechtsanwalt in Mattighofen, wider den Antragsgegner Ing. Helmut R***, Ziegeleibesitzer,

5270 Mauerkirchen, Spitzgasse 26, vertreten durch Dr. Walter Ratt, Rechtsanwalt in Mauerkirchen, wegen Festsetzung eines Entschädigungsbetrages nach dem OÖ. Raumordnungsgesetz 1972, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 18. Oktober 1988, GZ R 374/88-40, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 14. September 1988, GZ 2 C 21/85-37, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die vorliegende Rechtssache war bereits Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens beim Obersten Gerichtshof, sodaß bezüglich des Parteivorbringens sowie der Sach- und Rechtslage im ersten Rechtsgang auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 16.2.1988, 2 Ob 605/87, verwiesen werden kann.

Im fortgesetzten Verfahren ist davon auszugehen, daß mit dem am 6. Juli 1984 kundgemachten Flächenwidmungsplan der Gemeinde S*** das streitgegenständliche Grundstück zum größeren Teil als Grünland und zum Teil als Betriebsbaugebiet B gewidmet wurde. Weiters wurde außer Streit gestellt, daß mit Flächenwidmungsplan, kundgemacht am 27.11.1985, der streitgegenständliche Bereich zur Gänze als gemischtes Baugebiet M 1 umgewidmet wurde. Unbestritten blieb weiters die Behauptung des nunmehrigen Antragsgegners, wonach das gegenständliche Grundstück vor dem 6.7.1984 als Bauland für Industriegebiete geeignet gewesen sei und wonach vor diesem Zeitpunkt noch kein Flächenwidmungsplan für diesen Teil der KG S*** vorlag. Das Erstgericht erklärte den Anspruch des Antragsgegners Ing. Helmut R*** auf Entschädigung der Höhe nach für erloschen und wies das Begehren auf Leistung einer Entschädigung ab. Das Erstgericht ging bei seiner Entscheidung davon aus, daß nach der Neuformulierung des § 25 Abs 5 OÖ ROG, geändert mit 4.März 1988, der Anspruch auf Entschädigung dann erlösche, wenn durch eine nachträgliche Änderung des Flächenwidmungsplans bzw Bebauungsplans die Bebauung des Grundstücks zulässig wird, wobei auf die Art der zulässigen Bebauung in dieser Bestimmung nicht Bedacht genommen werde und daher jede Art der Bebauungszulässigkeit den Tatbestand erfülle.

Infolge Rekurses des Antragsgegners hob das Gericht zweiter Instanz den Beschluß des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Das Rekursgericht führte aus, das Erstgericht habe die mit Beschluß des Rekursgerichts vom 12.4.1988 aufgetragenen Verfahrensergänzungen nicht vorgenommen, da es die Ansicht vertreten habe, durch die Novellierung des § 25 des OÖ ROG sei ein Vergleich des Wertes des Grundstücks vor der Erlassung des Flächenwidmungsplans vom 6.7.1984 mit dem nunmehrigen Wert nach Änderung des Flächenwidmungsplans nicht mehr erforderlich, zumal der nunmehrige Absatz 5 des § 25 vorsehe, daß der Anspruch auf Entschädigung erlösche, wenn die Bebauung des Grundstücks nachträglich zulässig wird. Da gemäß Art II des Gesetzes vom 4.3.1988, mit dem das OÖ ROG geändert wird (Landesgesetzblatt für OÖ 1988/29), der novellierte Absatz 5 des § 25 rückwirkend mit 1.1.1984 in Kraft getreten sei, komme der nachträglichen Änderung des Bebauungsplans vom 27.11.1985 Bedeutung zu. Der novellierte Absatz 5 habe folgenden Wortlaut:

"Wenn durch eine nachträgliche, innerhalb von 12 Jahren nach Rechtskraft der Entscheidung gemäß Abs 3 in Kraft tretende Änderung des Flächenwidmungsplans bzw Bebauungsplans die Bebauung des Grundstücks zulässig wird, erlischt der Anspruch auf Entschädigung (Abs 1 und 2);...."

Diese Gesetzesstelle ziele darauf ab, daß das Grundstück nunmehr infolge der Änderung des Flächenwidmungsplans bzw Bebauungsplans bebaut werden könne; es sei sohin eine nachträgliche Umwidmung in Bauland erforderlich. Was unter Bauland zu verstehen sei, ergebe sich aus § 16 des OÖ ROG. Demnach handle es sich um einen Überbegriff für Wohngebiete, Dorfgebiete, Kur- und Fremdenverkehrsgebiete, Geschäfts- oder Kerngebiete, gemischte Baugebiete, Betriebsbaugebiete, Industriegebiete, Länderflächen und Gebiete, die nur für Bauten bestimmt seien, die einem zeitweiligen Wohnbedarf dienten. Das Bauland sei dabei nach Erfordernis und Zweckmäßigkeit gesondert nach den genannten Widmungen auszuweisen. Da der novellierte Absatz 5 des § 25 lediglich von einer Rückwidmung zu Bauland spreche, könnte daraus geschlossen werden, daß ein Entschädigungsanspruch auch dann verloren gehe, wenn durch die Rückwidmung zwar nicht mehr die ursprüngliche Zweckbestimmung erlangt, jedoch eine andere Baulandwidmung herbeigeführt werde. Demnach wäre es ohne Belang, daß vor der Erlassung des Flächenwidmungsplans vom 6.7.1984 das vom Antragsgegner erworbene Grundstück als Industriegebiet geeignet war und nunmehr durch die Rückwidmung als gemischtes Baugebiet ausgewiesen sei. Der novellierte Absatz 5 des § 25 nehme jedoch ausdrücklich Bezug auf Absatz 1 und 2, sodaß die Frage des Erlöschens des Anspruchs im vorliegenden Fall nur im Zusammenhang mit der Auslegung der Bestimmung des Absatzes 2 gelöst werden könne. Ein Entschädigungsanspruch sei nach § 25 Abs 2 OÖ ROG dann gegeben, wenn das zur Gänze oder überwiegend vom Bauland umschlossene Grundstück, welches im Sinne des § 16 Abs 1 ebenfalls als Bauland geeignet sei, durch Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans nicht ebenfalls als Bauland gewidmet werde, wobei eine Wertminderung gegenüber seinem Wert vor Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplans eintrete. Eine Unterscheidung hinsichtlich der verschiedenen im § 16 OÖ ROG aufgezählten Arten von Bauland werde im § 25 Abs 2 nicht getroffen. Demnach würde eine Entschädigung nur dann zustehen, wenn ein Grundstück, welches den obgenannten Anforderungen entspreche, nicht in Bauland, sondern als Verkehrsfläche oder Grünland ausgewiesen werde, während eine Wertminderung durch Umwidmung in eine andere Art von Bauland nicht zu einer Entschädigung führen könnte. Bei gleicher Auslegung der neuen Bestimmung des § 25 Abs 5 OÖ ROG wäre der Rechtsansicht des Erstgerichts beizutreten, daß die Rückwidmung einer Grundfläche in irgendeine Art von Bauland genügt, um einen vorher entstandenen Entschädigungsanspruch wieder aufzuheben. Der Rekurssenat sei jedoch bei der Auslegung des § 25 Abs 2 OÖ ROG, der im engeren Konnex mit dem novellierten Absatz 5 stehe, gemäß § 511 ZPO an die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes gebunden. Dieser habe zu der aufgeworfenen Rechtsfrage ausdrücklich ausgeführt, daß zur Feststellung einer allfälligen Wertverminderung des gegenständlichen Grundstücks im Sinne des § 25 Abs 2 OÖ ROG durch die Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplans ein Vergleich zwischen dem Wert des Grundstücks vor der Erlassung des Flächenwidmungsplans vom 6.7.1984 und jenem nach der Änderung des Flächenwidmungsplans durch Bescheid vom 25.11.1985 anzustellen sei. Der Oberste Gerichtshof habe dazu ausgeführt, daß dann, wenn dieser Vergleich eine Wertverminderung ergebe, der Antragsgegner Anspruch auf Entschädigung habe. Diese Auslegung des § 25 Abs 2 OÖ ROG führe bei gleicher Auslegung des neuen § 25 Abs 5 zu dem Ergebnis, daß nicht schon eine Rückwidmung eines Grundstücks in irgendeiner Form als Bauland einen Anspruch auf Entschädigung aufheben könne, sondern daß vielmehr erforderlich sei, daß der mit der vorausgegangenen Änderung oder Erlassung eines Flächenwidmungsplans verbundene Wertverlust des Grundstücks durch die nachträgliche Änderung wieder ausgeglichen werde. Von einem Ausgleich des durch die Erlassung des Flächenwidmungsplans vom 6.7.1984 entstandenen Wertverlusts könne jedoch durch die Rückwidmung als gemischtes Baugebiet M 1 ohne nähere Überprüfung noch nicht gesprochen werden, zumal bisher überhaupt noch nicht klar festgestellt worden sei, für welche Art der Verbauung das Grundstück vor der Erlassung des Flächenwidmungsplans geeignet gewesen sei. Nach der Definition des § 16 Abs 7 OÖ ROG seien solche Flächen als gemischte Baugebiete anzusehen, die für nicht wesentlich störende Betriebe, im übrigen aber nur für Bauten und Anlagen bestimmt seien, die in Wohngebieten oder in Geschäfts- oder Kerngebieten errichtet werden dürften. Demgegenüber seien nach der Definition des § 16 Abs 9 als Industriegebiete solche Flächen vorzusehen, die für Betriebsgebäude und betriebliche Anlagen von nicht unter Abs 8 fallenden Betrieben bestimmt seien. Demgemäß wäre es für den Antragsgegner bei einer Widmung seines Grundstücks als Industriegebiet möglich gewesen, Betriebsgebäude und betriebliche Anlagen zu errichten, die nicht den Beschränkungen des Abs 8 unterliegen. Inwieweit dieses Grundstück nunmehr eine Wertverminderung erlitten habe, weil es als gemischtes Baugebiet ausgewiesen sei, könne jedoch erst nach den mit Beschluß des Rekurssenates vom 12.4.1988, R 113/88, aufgetragenen Verfahrensergänzungen und Feststellungen beurteilt werden. Es sei daher der angefochtene Beschluß neuerlich aufzuheben und dem Erstgericht jene Verfahrensergänzungen aufzutragen gewesen, wie sich dies aus der obgenannten vorausgegangenen Entscheidung des Rekursgerichts ergebe.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichts wendet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Antragstellerin führt in ihrem Rechtsmittel aus, nach § 25 Abs 5 OÖ ROG erlösche ein Entschädigungsanspruch und eine allenfalls bezahlte Entschädigung sei zurückzuzahlen, wenn "die Bebauung des Grundstücks zulässig wird". Eine Bebauung sei immer dann zulässig, wenn das Grundstück als Bauland gewidmet sei, gleichgültig in welche Kategorie von Bauland im Sinne des § 16 OÖ ROG das Grundstück dann falle. Anzuwenden sei nun nicht mehr § 25 Abs 2, sondern § 25 Abs 5 OÖ ROG, also eine neue gesetzliche Bestimmung, über deren Auslegung eine bindende Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege. § 25 Abs 5 OÖ ROG treffe aber, wie das Erstgericht richtig erkenne, keine Unterscheidung nach der Art der Bebaubarkeit. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Der Antragstellerin ist zwar zuzugeben, daß hinsichtlich der Auslegung der für die vorliegende Entscheidung maßgebenden Bestimmung des § 25 Abs 5 OÖ ROG eine Bindungswirkung an den Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes nicht besteht, da die erstgenannte Vorschrift erst nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 16.2.1988, 2 Ob 605/87, erlassen wurde; damit ist aber im Ergebnis für den Standpunkt der Antragstellerin nichts gewonnen.

§ 25 Abs 1 bis 4 des OÖ ROG LGBl 1972/18 idgF lauten:

§ 25 Entschädigung:

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks oder ein Dritter mit Zustimmung des Eigentümers im Vertrauen auf einen rechtswirksamen Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan Kosten für die Baureifmachung des Grundstücks aufgewendet und wird die Bebauung durch Änderung des Flächenwidmungsplans oder des Bebauungsplans verhindert, so ist ihm für die nachweisbaren Kosten von der Gemeinde Entschädigung zu leisten; dies gilt sinngemäß für den Fall, daß ein geltender

Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan durch einen neuen

Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan ersetzt wird. Hat der Eigentümer eines im Sinne des § 16 Abs 1 als Bauland geeigneten und nicht von einem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan erfaßten Grundstücks oder ein Dritter mit Zustimmung des Eigentümers Kosten für die Baureifmachung des Grundstücks im Vertrauen darauf aufgewendet, daß nach der Rechtslage der Bebauung kein gesetzliches Hindernis entgegenstand, und wird durch die Wirkung des Flächenwidmungsplans bzw des Bebauungsplans die Bebauung verhindert, so ist ihm für die nachweisbaren Kosten von der Gemeinde Entschädigung zu leisten; dort, wo für die Erteilung der Baubewilligung eine Bauplatzbewilligung erforderlich ist, gilt diese Voraussetzung nur dann als erfüllt, wenn im Zeitpunkt der getätigten Aufwendungen eine rechtskräftig erteilte und nicht durch Zeitablauf unwirksam gewordene Bauplatzbewilligung vorgelegen hat. Entschädigung im Sinne dieses Absatzes ist nur für solche nachweisbaren Kosten zu leisten, die für einen durch die Verhinderung der Bebauung verlorenen Aufwand entstanden sind.

(2) Wird durch Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans ein als Bauland im Sinne des § 16 Abs 1 geeignetes Grundstück zur Gänze oder überwiegend von Bauland umschlossen und entsteht dadurch, daß das umschlossene Grundstück nicht ebenfalls als Bauland gewidmet wird, eine Wertverminderung gegenüber seinem Wert vor der Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplans, so hat die Gemeinde dem Eigentümer dieses Grundstücks Entschädigung im Ausmaß der Wertverminderung zu leisten.

(3) Der Antrag auf Entschädigung (Abs 1 und 2) ist bei sonstigem Anspruchsverlust innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten des den Anspruch begründenden Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat über das Bestehen des Anspruchs und gegebenenfalls über die Höhe der Entschädigung (Entschädigungsbetrag) zu entscheiden. Der Entschädigungsbetrag ist auf Grund der Schätzung mindestens eines beeideten Sachverständigen festzusetzen.

(4) Gegen die Festsetzung des Entschädigungsbetrages (Abs 3) ist keine Berufung zulässig. Jede Partei kann jedoch innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung des Bescheides der Bezirksverwaltungsbehörde die Festsetzung des Entschädigungsbetrages im Verfahren außer Streitsachen bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel sich das Grundstück befindet. Der Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde tritt hinsichtlich der Festsetzung des Entschädigungsbetrages mit der Anrufung des Gerichts außer Kraft. Der Antrag an das Gericht auf Festsetzung des Entschädigungsbetrages kann nur mit Zustimmung des Antragsgegners zurückgezogen werden; in diesem Falle gilt, sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde, der im Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde festgesetzte Entschädigungsbetrag als vereinbart. Im Ausschußbericht wurde hiezu ausgeführt:

"Jede Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans bringt zwangsläufig eine Änderung der Bodenwertverhältnisse mit sich. Der Landesgesetzgeber kann an diesen in den Privatrechtsbereich eingreifenden Folgen jeder Änderung der Rechtslage im Bereich der örtlichen Raumordnung durch Verordnung der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich nicht vorbeigehen. Er muß vielmehr, soll die gesetzliche Regelung der Raumordnung in sinnvoller Ausschöpfung der Kompetenz des Landes vertretbar sein, auch negative Auswirkungen örtlicher Raumordnungsmaßnahmen im Bereiche des Privatrechts hintanzuhalten versuchen. Die Kompetenz hiefür ist im Art 15 Abs 9 B-VG 1929 gegründet. Nach dieser Verfassungsbestimmung "sind die Länder im Bereiche ihrer Gesetzgebung befugt, die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiete des Straf- und Zivilrechtes zu treffen".

Die aufgezeigten sachlichen Erwägungen begründen die Regelung des § 25 des vorliegenden Gesetzesentwurfs. Die Abs 1 und 2 sehen Entschädigungen für den Fall vor, daß durch die Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans bzw Bebauungsplans ein effektiver Schaden im Vermögen der Betroffenen eintritt. Diesen Bestimmungen kommt darüber hinaus aber auch eine wesentliche prohibitive Bedeutung zu, weil sie mit in Richtung einer sachgerechten örtlichen Planung wirken.

Die Abs 3 und 4 enthalten die erforderlichen verfahrensrechtlichen Normen".

Durch Art I Z 3 des Landesgesetzes vom 4.3.1988, LGBl 1988/29, wurde folgender Absatz 5 des § 25 eingefügt:

"(5) Wenn durch eine nachträgliche, innerhalb von zwölf Jahren nach Rechtskraft der Entscheidung gemäß Abs 3 in Kraft tretende Änderung des Flächenwidmungsplans bzw Bebauungsplans die Bebauung des Grundstücks zulässig wird, erlischt der Anspruch auf Entschädigung (Abs 1 und 2); wurde die Entschädigung bereits geleistet, so ist sie vom Eigentümer des Grundstücks an die Gemeinde zurückzuzahlen. Die Rückzahlung hat in jenem Ausmaß zu geschehen, das dem inneren Wert der seinerzeitigen Entschädigung entspricht. Kommt zwischen den Beteiligten eine Einigung über die Rückzahlungsverpflichtung und die Höhe der Rückzahlungssumme nicht zustande, so sind Abs 3 und 4 sinngemäß anzuwenden. Der bisherige Absatz "5" erhält die Bezeichnung "6"."

Gemäß Art II Z 2 tritt diese Bestimmung rückwirkend mit 1.1.1984 in Kraft.

In der Begründung zur Gesetzesvorlage der OÖ Landesregierung (Beil. 150/1988 zum kurzschriftlichen Bericht des OÖ Landtages, XXIII. GP), die unverändert in den Ausschußbericht übernommen wurde (Beil. 160/1988, XXIII. GP) wurde hinsichtlich der Bestimmung des § 25 Abs 5 OÖ ROG ausgeführt:

"§ 25 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes (O.ö.ROG), LGBl. Nr 18/1972, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl Nr 15/1977 und der Kundmachung LGBl Nr 102/1982 sieht in den Abs 1 und 2 Entschädigungsansprüche für zwei Gruppen von Fällen vor:

Nach Abs 1 besteht ein solcher Anspruch für frustrierte (und nachweisbare) Aufwendungen, die im Vertrauen auf die Bebaubarkeit eines Grundstücks zur Baureifmachung dieses Grundstücks getätigt wurden, wenn durch die Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans oder eines Bebauungsplans die Bebauung verhindert wurde. Abs 2 normiert einen Entschädigungsanspruch für Wertminderungen, die dadurch entstehen, daß bei der Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans ein als Bauland geeignetes und von Bauland umschlossenes Grundstück nicht ebenfalls als Bauland gewidmet wird.

Nach § 25 Abs 3 O.ö. ROG entscheidet über das Bestehen eines Anspruchs und gegebenenfalls über die Höhe der Entschädigung die Bezirksverwaltungsbehörde.

Anders als das Salzburger Raumordnungsgesetz 1977, LGBl Nr 26, in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 87/1982 (§ 20 Abs 5) und das Steiermärkische Raumordnungsgesetz 1974, LGBl Nr 127, in der Fassung der Steiermärkischen Raumordnungsgesetznovelle 1985, LGBl Nr 39/1986, (§ 34 Abs 7) enthält das O.ö. ROG keine Regelung für den Fall, daß nach erfolgter Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 25 Abs 3 auf Grund einer Änderung des Flächenwidmungsplans bzw des Bebauungsplans die Bebauung des Grundstücks (wieder) zulässig wird.

Die Praxis zeigt, daß auch in Österreich der Bedarf nach einer Regelung für derartige Fälle besteht. Dabei soll aber nicht nur - nach dem Vorbild der zitierten Vorschriften in Salzburg und der Steiermark - ein Anspruch der Gemeinde auf Rückzahlung bereits geleisteter Entschädigungen normiert werden; vielmehr sollen auch Fälle eine Regelung erfahren, in denen eine Entschädigung noch nicht geleistet worden ist. Für diesen Fall soll das Erlöschen des - bereits rechtskräftig festgestellten - Anspruchs auf Entschädigung normiert werden.

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich die vorgesehene gesetzliche Regelung auf Art 15 Abs 1 bzw Art 15 Abs 9 B-VG. Nach Art 15 Abs 9 B-VG sind zivilrechtliche Regelungen des Landesgesetzgebers zulässig, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind, dh nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes: wenn sie zur Regelung des Gegenstandes unerläßlich sind (zB VfSlg 10.097/1984). Unerläßlich ist die vorgesehene Regelung deshalb, weil die bestehenden Regelungen ohne ergänzende Bestimmungen für solche Fälle unvollständig blieben, in denen die ursprünglich gegeben gewesenen Voraussetzungen für Entschädigungen nach § 25 Abs 1 oder 2 O.ö.ROG wegen der späteren Änderung des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans nachträglich wieder weggefallen sind.

Um mit der vorgesehenen Novelle auch bereits eingetretene Fälle der beschriebenen Art erfassen zu können, soll Art I Z 3 gemäß Art II rückwirkend in Kraft treten".

Die Entscheidung der vorliegenden Rechtssache hängt von der Auslegung des § 25 Abs 5 OÖ ROG ab, wonach dann, wenn durch eine nachträgliche Änderung des Flächenwidmungs- bzw Bebauungsplans die Bebauung des Grundstücks zulässig wird, der Anspruch auf Entschädigung (Abs 1 und 2) erlischt. Nach Auffassung des Revisionsrekurses ist eine Bebauung immer dann zulässig, wenn das Grundstück als Bauland gewidmet ist, gleichgültig, in welche Kategorie von Bauland im Sinne des § 16 OÖ ROG das Grundstück durch die Änderung des Flächenwidmungs- bzw Bebauungsplans fällt; demgegenüber vertrat das Rekursgericht die Ansicht, § 25 Abs 5 sei im Zusammenhang mit Abs 2 des § 25 dahin auszulegen, daß nicht schon eine Rückwidmung eines Grundstücks in irgendeiner Form als Bauland einen Anspruch auf Entschädigung aufheben könne, sondern daß vielmehr erforderlich sei, daß der mit der vorausgegangenen Änderung oder Erlassung eines Flächenwidmungsplans verbundene Wertverlust des Grundstücks durch die nachträgliche Änderung wieder ausgeglichen werde. Der Oberste Gerichtshof folgt aus folgenden Erwägungen der Auslegung des Rekursgerichts:

Nach dem oben zitierten Ausschußbericht zu § 25 Abs 1 bis 4 OÖ ROG ging der Gesetzgeber davon aus, daß jede Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans zwangsläufig eine Änderung der Bodenwertverhältnisse mit sich bringt. Der Landesgesetzgeber kann an diesen in den Privatrechtsbereich eingreifenden Folgen jeder Änderung der Rechtslage im Bereich der örtlichen Raumordnung durch Verordnung der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich nicht vorbeigehen. Er muß vielmehr, soll die gesetzliche Regelung der Raumordnung in sinnvoller Ausschöpfung der Kompetenz des Landes vertretbar sein, auch negative Auswirkungen örtlicher Raumordnungsmaßnahmen im Bereiche des Privatrechts hintanzuhalten versuchen.

Die Abs 1 und 2 sehen Entschädigungen für den Fall vor, daß durch die Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans bzw Bebauungsplans ein effektiver Schaden im Vermögen der Betroffenen eintritt.

Diese Ausführungen legen den Schluß nahe, daß der Landesgesetzgeber hinsichtlich der Festsetzung der Entschädigung auf privatrechtliche Schadenersatzgrundsätze abstellen wollte. Gemäß § 1323 ABGB muß aber, um den Ersatz eines verursachten Schadens zu leisten, alles in den vorigen Stand zurückversetzt oder, wenn dies nicht möglich ist, der Schätzungswert vergütet werden. Unter "Wiederherstellung" ist die Herstellung einer wirtschaftlich gleichen Lage ("Ersatzlage") zu verstehen (vgl SZ 43/186 ua). Aus dem Ausschußbericht betreffend § 25 Abs 5 OÖ ROG ist nicht zu entnehmen, daß der Landesgesetzgeber bei der Anwendung dieser Bestimmung entgegen der im Ausschußbericht zu Abs 1 bis 4 dargelegten Erwägungen von diesen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen abzugehen beabsichtigte. Daraus folgt aber, wie das Rekursgericht richtig erkannte, daß der Entschädigungsanspruch nach Abs 2 des § 25 OÖ ROG gemäß Abs 5 leg cit nicht schon durch eine Rückwidmung eines Grundstücks als Bauland in irgendeiner Form erlischt, sondern nur unter der Voraussetzung, daß der mit der vorausgegangenen Änderung oder Erlassung eines Flächenwidmungsplans verbundene Wertverlust durch die nachträgliche Änderung des Flächenwidmungs- bzw Bebauungsplans ausgeglichen wird. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß mit dem am 6.7.1984 kundgemachten Flächenwidmungsplan der Gemeinde S*** das streitgegenständliche Grundstück zum größeren Teil als Grünland und zum Teil als Betriebsbaugebiet B gewidmet wurde. Mit Flächenwidmungsplan vom 27.11.1985 erfolgte eine Umwidmung des Grundstücks als gemischtes Baugebiet M 1. Nach § 16 Abs 7 OÖ ROG sind als gemischte Baugebiete solche Flächen vorzusehen, die für nicht wesentlich störende Betriebe, im übrigen aber nur für Bauten und Anlagen bestimmt sind, die in Wohngebieten (Abs 3) oder in Kerngebieten (Abs 6) errichtet werden dürfen. Für welche Art der Verbauung das gegenständliche Grundstück vor der Erlassung des Flächenwidmungsplans geeignet und vorgesehen war, wurde bisher nicht festgestellt. Der Antragsgegner hat behauptet, daß das Grundstück vor der Erlassung des Flächenwidmungsplans vom 6.7.1984 als Industriegebiet geeignet vorgesehen gewesen sei. Gemäß § 16 Abs 9 OÖ ROG sind als Industriegebiet solche Flächen vorzusehen, die für Betriebsgebäude und betriebliche Anlagen auf nicht unter Abs 8 (Betriebsbaugebiet) fallende Betriebe bestimmt sind. In Industriegebieten dürfen auch die solchen Betrieben zugeordneten Betriebe, Verwaltungs- und Betriebswohngebäude sowie Lagerplätze errichtet werden. Wie der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluß vom 16.2.1988, 2 Ob 605/87, ausführte, ist zur Feststellung einer allfälligen Wertverminderung des gegenständlichen Grundstücks im Sinne des § 25 Abs 2 OÖ ROG durch die Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplans ein Vergleich zwischen dem Wert des Grundstücks vor der Erlassung des Flächenwidmungsplans vom 6.7.1984 und jenem nach der Änderung des Flächenwidmungsplans durch Bescheid vom 25.11.1985 anzustellen. Ergibt dieser Vergleich eine Wertverminderung, hat der Antragsgegner Anspruch auf Entschädigung, andernfalls nicht. Für eine Entschädigung zufolge einer Wertverminderung des Grundstücks im Zeitraum zwischen der Erlassung und der Änderung des Flächenwidmungsplans bietet die Bestimmung des § 25 Abs 2 OÖ ROG keine Grundlage. Es bedarf daher, worauf das Rekursgericht bereits in seinem ersten Aufhebungsbeschluß vom 12.4.1988, ON 32, hingewiesen hat, ergänzender Feststellungen, sodaß die Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses durch das Rekursgericht ohne Rechtsirrtum erfolgte.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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