Spruch:
Der Revision wird, soweit sie sich gegen die Abweisung eines Klagsteilbegehrens von 15.000 S samt diesbezüglichen Zinsen richtet, nicht stattgegeben.
Das angefochtene Berufungsurteil wird in seinem Ausspruch über die Abweisung eines Klagsteilbegehrens auf Zahlung von 15.000 S samt 4 % Zinsen seit 20. Juni 1984 bestätigt.
Die Entscheidung über die diesen Teilanspruch betreffenden Verfahrenskosten aller drei Instanzen bleibt dem Endurteil vorbehalten.
2. den
B e s c h l u ß
gefaßt:
Im übrigen wird der Revision stattgegeben. Das berufungsgerichtliche Teilurteil wird in Ansehung des Klagsteilbegehrens auf Zahlung von 225.000 S samt 4 % Zinsen seit 20. Juni 1984 aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die diesen Anspruchsteil betreffenden Kosten des Revisionsverfahrens sind Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger stürzte am 10. Januar 1983 während einer Schiabfahrt. Dabei erlitt er einen Bruch von Schien- und Wadenbein des rechten Unterschenkels. Er hatte als Sportgerät Schier benützt, deren Bindung von der beklagten Partei im Rahmen ihres Gewerbebetriebes montiert und eingestellt worden waren.
Nach dem Prozeßstandpunkt des Klägers sei eine unsachgemäße Einstellung der Bindung für seinen Sturz und die dabei erlittenen Verletzungen ursächlich gewesen.
Im zweiten Quartal des Jahres 1984 brachte der Kläger gegen die Beklagte eine Schadenersatzklage an. In dieser behauptete er "eine Schmerzengeldforderung von mindestens rund S 400.000 sowie eine Forderung aus dem Titel Verdienstentgang von mindestens S 500.000", machte aber "vorerst mit dem Vorbehalt der Ausdehnung im laufenden Verfahren" nur einen als Pauschalbetrag bezeichneten Teil "von insgesamt S 100.000" geltend. Überdies stellte der Kläger das Begehren auf Feststellung der uneingeschränkten Haftung der beklagten Partei "für alle Folgeschäden aus dem Unfall vom 10.1.1983".
Nach dem Einlangen des schriftlichen Gutachtens eines nervenfachärztlichen Sachverständigen hatte das Prozeßgericht eine Tagsatzung zur Fortsetzung der mündlichen Streitverhandlung für den 28. Januar 1986 anberaumt.
Am 16. Dezember 1985 überreichte der Kläger einen Schriftsatz mit Stellungnahmen zum Sachverständigengutachten und Anträgen zum Sachverständigenbeweis sowie Ausführungen zum behaupteten unfallsbedingten Verdienstentgang. Daran knüpfte der Kläger folgende Ausführung:
"Aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht bzw. der
Verjährungsgefahr wird sohin aus dem Titel des Schmerzengeldes
ausgedehnt auf S 200.000
aus dem Titel Verdienstentgang ausgedehnt
auf S 295.000
so daß der Gesamtstreitwert nunmehr unter
Fallenlassen des Feststellungsbegehrens
insgesamt S 495.000
samt Anhang beträgt."
Es folgte eine dementsprechende Neufassung des Klagebegehrens. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28. Januar 1986 trug der Kläger nach dem Inhalt des Protokolles wie in dem erwähnten Schriftsatz vor, schränkte ein und dehnte aus wie dort ausgeführt. Die beklagte Partei bestritt das nunmehrige Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach.
In der folgenden Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung wendete die beklagte Partei in Ansehung des Begehrens, um den der Kläger sein Klagebegehren ausgedehnt hatte, ausdrücklich Verjährung ein, "weil zwar der Schriftsatz ON 23 innerhalb der Verjährungsfrist am 16.12.1985 eingebracht, die Ausdehnung auf S 495.000 jedoch erst in der nach Ablauf der Verjährungszeit am 28.1.1986 stattgefundenen Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vorgenommen worden sei". Nach dem Protokoll über die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7. Januar 1988 wurde folgende Prozeßerklärung abgegeben:
"Der Klagevertreter schränkt nunmehr aufgrund des Gutachtens ON 50 das Schmerzengeld ein auf S 215.000 und den Verdienstentgang aufgrund des Gutachtens ON 56 ein auf den Durchschnittswert von S 125.000, insgesamt sohin auf S 340.000 samt 4 % Zinsen seit 20.6.1984 als dem Tag der Klagsbehändigung und Kosten."
Das Prozeßgericht erster Instanz stellte eine unfallskausale mangelhafte Einstellung der Schibindung fest, erblickte darin eine Nichterfüllung vertraglicher Nebenpflichten und ging davon aus, daß die beklagte Partei den ihr oblegenen Schuldlosigkeitsbeweis nicht einmal angetreten hätte. Es verneinte eine mitwirkende eigene Sorglosigkeit des Klägers bei der Herbeiführung seines Sportunfalles und wertete sowohl das Schmerzengeld- als auch das Verdienstentgangsbegehren in der zuletzt aufrecht erhaltenen Höhe als berechtigt. Zur Frage der Verjährung ging das Prozeßgericht erster Instanz von einem "am 16.12.1985 ausgedehnten Betrages" aus. Es erachtete damit der Sache nach ohne weitere Stellungnahme die schriftliche Erklärung der Klagsausdehnung als verjährungsunterbrechendes "Belangen" im Sinne des § 1497 ABGB. Das Berufungsgericht nahm die zum Grund der Ersatzansprüche gerügten Verfahrensmängel als gegeben an, hielt die Rechtssache als ergänzungsbedürftig, soweit es die Einwendung der Verjährung nicht als berechtigt ansah, und faßte einen Aufhebungsbeschluß. In Ansehung des Teilbegehrens auf Zahlung von 240.000 S samt 4 % Zinsen seit 20. Juni 1984, um welchen Betrag der Kläger sein mit der Klage erhobenes Begehren auf Zahlung von 100.000 S samt Nebengebühren ausgedehnt hatte, fällte das Berufungsgericht ein klageabweisendes Teilurteil.
In der Frage der Verjährung folgte das Berufungsgericht der in der Entscheidung SZ 56/157 dargelegten Ansicht, daß im Falle einer Klagsausdehnung die Verjährung erst mit der entsprechenden Erklärung in der mündlichen Verhandlung und nicht schon mit dem oder rückwirkend auf den Zeitpunkt des Einlangens eines diese Klagsausdehnung ankündigenden Schriftsatzes unterbrochen werde. Der Kläger ficht das berufungsgerichtliche Teilurteil aus dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit einem auf Wiederherstellung des klagsstattgebenden erstinstanzlichen Ausspruches zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Die beklagte Partei strebt die Bestätigung des angefochtenen Teilurteiles an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise berechtigt.
Die Schadenersatzansprüche des Klägers unterliegen der kurzen Verjährung nach § 1489 ABGB. Die Verjährungszeit begann mit dem Unfallstag. Sie wäre daher mangels Hemmung oder Unterbrechung mit 10. Januar 1986 abgelaufen. Die Teileinklagung bewirkte nur in Ansehung des eingeklagten Teilbetrages eine Verjährungsunterbrechung im Sinne des § 1497 ABGB.
Nach dieser von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen rechtlichen Beurteilung ist für die Lösung der Verjährungsfrage die Wertung des am 16. Dezember 1985 bei Gericht eingelangten Schriftsatzes, dessen Inhalt der Kläger in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28. Januar 1986 vortrug, entscheidend.
Zufolge der unterschiedlichen Behandlung der Frage der Wirkung einer in einem Schriftsatz enthaltenen Klagsausdehnung in bezug auf die Unterbrechung der Verjährung in der Rechtsprechung (vgl.
insbesondere SZ 35/68 und SZ 56/157) wurde diese Frage in einem
anderen anhängigen Rechtsstreit gemäß § 8 Abs 1 Z 2 OGHG vor den
verstärkten Senat gebracht. Der verstärkte Senat des Obersten
Gerichtshofes hat am 20. April 1989 zu 7 Ob 707, 708/88 diese Frage
dahingehend beantwortet, daß die Klagsausdehnung mittels
Schriftsatzes auch nach Streitanhängigkeit zulässig ist und mit dem
Einlangen bei Gericht die Verjährung unterbricht. Die Endgültigkeit
der Unterbrechungswirkung ist allerdings von jenen Umständen
abhängig, die auch für die Klage gelten. Dazu gehört der spätere
Vortrag in der mündlichen Streitverhandlung. Im wesentlichen wurde
dieser Rechtssatz damit begründet, bei Schriftsätzen, die
Klagsänderungen enthielten, handle es sich um bestimmende
Schriftsätze, die zulässig seien und vom Richter nicht
zurückgewiesen werden dürften. Auf diese Schriftsätze seien im
Hinblick auf ihre Wirkung, eine Verjährung zu unterbrechen,
dieselben Grundsätze anzuwenden wie für Klagen. Da die Verjährung
eine Institution des materiellen Rechtes sei, habe die Auslegung des
§ 1497 ABGB unter materiellrechtlichen Gesichtspunkten zu erfolgen.
Gehe man von dem klaren Zweck des § 1497 ABGB aus, ergebe sich, daß
der Gesetzgeber mit der von ihm geschaffenen Möglichkeit, die
Unterbrechung der Verjährung durch Klagsführung zu bewirken, die
Absicht verfolgt habe, die Unterbrechung von einem deutlich dokumentierten Schritt des Gläubigers abhängig zu machen. Zwischen der Klagseinbringung einerseits und einer in einem vorbereitenden Schriftsatz ausgesprochenen Klagsausdehnung andererseits bestehe materiellrechtlich kein grundsätzlicher Unterschied. Auch durch die Überreichung eines solchen Schriftsatzes werde die Ernsthaftigkeit der Forderung durch das an das Gericht herangetragene Begehren dargelegt.
Der erkennende Senat folgt der in der Entscheidung des verstärkten Senates vom 20. April 1989, 7 Ob 707, 708/88, dargelegten Rechtsansicht aus den oben wiedergegebenen Gründen. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger in der auf die Einbringung des Schriftsatzes nächstfolgenden Tagsatzung die angekündigte Klagsausdehnung erklärt, diese Art der Anspruchsverfolgung blieb seitens der beklagten Partei verfahrensrechtlich unwidersprochen. Der Anspruch ist daher, soweit er im Schriftsatz umschrieben war, nicht verjährt.
Das aus dem Titel des Schmerzengeldes erhobene Teilbegehren wurde im Sinne des Schriftsatzes vom 16. Dezember 1985 auf den Betrag von S 200.000 ausgedehnt. Die in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7. Januar 1988 erklärte "Einschränkung" dieses Teilbegehrens auf S 215.000 war der Sache nach eine Klagsausdehnung um S 15.000. In diesem Umfang bedurfte es keiner Wiederholung der bereits wirksam erhobenen Verjährungseinwendung (in Ansehung jedes S 100.000 übersteigenden Anspruchsteiles). Lediglich in Ansehung des Teilbetrages auf Zahlung eines S 200.000 übersteigenden Schmerzengeldes ist der Verjährungseinwand berechtigt, im übrigen aus den dargelegten Erwägungen nicht.
Die Rechtsmittelausführungen der beklagten Partei zu den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Beweiswürdigung und unrichtigen Tatsachenfeststellung betreffen nicht nur das vom berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß betroffene Teilbegehren auf Zahlung von S 100.000, sondern auch die darüber hinausgehenden Schadenersatzansprüche.
Aus diesem Grunde war das berufungsgerichtliche Teilurteil, soweit es nicht in Ansehung des Teilbegehrens auf Zahlung von S 15.000 zu bestätigen war, aufzuheben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung unter Bindung an die ausgesprochenen Rechtsansichten zur Verjährung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Entscheidungen über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruhen auf § 52 ZPO im Zusammenhang mit § 392 Abs 2 ZPO.
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