OGH 1Ob593/89

OGH1Ob593/8914.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Kodek und Dr.Graf als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Franz K***, gestorben am 10. Jänner 1982, infolge Revisionsrekurses des erbl. Sohnes Franz Peter K***, Kaufmann, Bahnhofstraße 12, 4082 Aschach, vertreten durch Dr.Bruno Binder und Dr.Helmut Blum, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 8.März 1989, GZ R 204/89-133, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Eferding vom 19.Dezember 1988, GZ A 14/82-128, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Franz Peter K*** und Dkfm.Maria O*** sind die ehelichen Kinder des am 10.1.1982 als Witwer verstorbenen Franz K***. Im vorliegenden Verlassenschaftsverfahren sind folgende letztwillige Verfügungen des Erblassers kundgemacht worden:

Zu ON 5: 1) Ein Testament vom 30.6.1971, in welchem unter Widerrufung aller vorherigen letztwilligen Anordnungen die Tochter als Erbin eingesetzt und der Sohn mit verschiedenen Legaten bedacht wurde.

2) Ein eigenhändig vom Erblasser am 12.4.1972 verfaßter Widerruf insbesondere des zu 1) genannten Testamentes.

3) Ein eigenhändig verfaßtes Testament vom 12.9.1977, in welchem die Tochter als Universalerbin eingesetzt und der Sohn enterbt wurde.

Zu ON 61: 4) Ein vom Erblasser eigenhändig verfaßtes Testament vom 5.6.1976, in dem die Tochter als Alleinerbin und der Sohn auf den Pflichtteil gesetzt wurde.

Zu ON 123: 5) Ein eigenhändiges Testament vom 20.10.1963, in welchem der Sohn als Erbe eingesetzt wurde und für die Tochter Vermächtnisse angeordnet wurden.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 19.10.1983 wurde dem auf Grund des Gesetzes zur Hälfte des Nachlasses unbedingt erbserklärten erbl. Sohn gegen die auf Grund des Testamentes vom 12.9.1977 zum gesamten Nachlaß unbedingt erbserklärte erbl. Tochter die Klägerrolle gemäß §§ 125, 126 AußStrG zugewiesen (ON 59). Im Erbsrechtsstreit wurde rechtskräftig festgestellt, daß das schriftliche Testament des Erblassers vom 12.9.1977 wegen Willensmangels des Erblassers ungültig ist (Revisionsentscheidung vom 27.9.1988, 2 Ob 609/87 = ON 121 des Abhandlungsaktes). Bei der Fortsetzung des Abhandlungsverfahrens legte der erbl. Sohn dem Gerichtskommissär das eigenhändige Testament des Erblassers vom 20.10.1963 zur Kundmachung vor, in welchem er als Alleinerbe eingesetzt ist. Sodann gab er auf Grund dieses Testamentes - in Abänderung seiner bisher auf Grund des Gesetzes zum halben Nachlaß abgegebenen Erbserklärung - zum gesamten Nachlaß die unbedingte Erbserklärung ab, wobei er vor dem Notar darauf hinwies, daß auch das gerichtlich kundgemachte erbl. Testament vom 5.6.1976 (in welchem seine Schwester zur Erbin eingesetzt und er auf den Pflichtteil gesetzt wurde) aus den schon im genannten Erbrechtsprozeß hervorgekommenen Gründen ungültig sei. Das Erstgericht nahm diese abgeänderte Erbserklärung zu Gericht an und erachtete den Erbrechtsausweis als erbracht. Infolge Rekurses der - mittlerweile noch nicht wieder erbserklärten - erbl. Tochter änderte das Gericht zweiter Instanz diese Entscheidung durch Zurückweisung der nunmehr vom erbl. Sohn abgegebenen Erbserklärung ab. Von dem der Erbserklärung zugrundeliegenden Testament des Erblassers vom 20.10.1963 stehe aktenkundig fest, daß es vom Erblasser mehrfach in äußerlich einwandfreier (Testaments-)Form widerrufen worden sei und daher als Erbrechtstitel - wie ein vernichtetes Testament - ausscheide. Umsoweniger könne davon ausgegangen werden, daß der erbl. Sohn sein Erbrecht gehörig ausgewiesen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom erbl. Sohn erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Gemäß § 121 AußStrG hat jeder Erbe zur Antretung der Erbschaft eine mit den Erfordernissen der §§ 799 und 800 ABGB versehene Erbserklärung beizubringen. Dies trifft im vorliegenden Fall schon deshalb zu, weil sich der Revisionsrekurswerber auf ein unter Einhaltung der äußeren Form verfaßtes Testament stützt und seine Erbserklärung unbedingt und mit eigenhändiger Unterschrift abgegeben hat. Beide Vorinstanzen haben auch zutreffend erkannt, daß der erbl. Sohn seine bisher auf Grund des Gesetzes zum halben Nachlaß abgegebene Erbserklärung durch eine solche auf Grund des vorliegenden Testamentes zum gesamten Nachlaß wirksam abändern konnte. Im derzeitigen Stadium des Verlassenschaftsverfahrens - nach rechtskräftiger Stattgebung der Erbrechtsklage des erbl. Sohnes gegen die erbl. Tochter - liegt bisher keine weitere auf einen tauglichen Ebrechtstitel gestützte Erbserklärung der erbl. Tochter vor, so daß schon deshalb zur Zeit nicht von widerstreitenden Erbserklärungen ausgegangen werden kann. Die vom erbl. Sohn auf das genannte Testament vom 20.10.1963 gestützte Erbserklärung erliegt derzeit als einzige Erbserklärung beim Abhandlungsgericht, weil die von der erbl. Tochter auf Grund des Testamentes vom 12.9.1977 abgegebene Erbserklärung nach dem Ergebnis des Erbrechtsstreites fortgefallen ist. Es muß der Erbserklärung des erbl. Sohnes auch unterstellt werden, daß er alle gegen das Testament sprechenden erbl. Anordnungen (Widerrufe und weitere Testamente) nicht für rechtswirksam und gültig erachtet, alles Umstände, die erst im Zuge eines allfälligen neuerlichen Erbrechtsstreites zu klären wären. Jedenfalls ist dem Revisionsrekurs insoweit beizupflichten, als keine Rede davon sein kann, daß der erbl. Sohn auf Grund des von ihm der Erbserklärung zugrundegelegten Testamentes nie Erbe werden könnte. Nur wenn dies feststünde, könnte seine Erbserklärung zurückgewiesen werden (EvBl 1986/12; 7 Ob 685/86; 1 Ob 539/85 uva). Die im Revisionsrekurs zitierte Entscheidung EvBl 1960/385, wonach keine gehörige Form eines Testamentes vorliege, wenn es der äußeren Form nach widerrufen sei, bezieht sich auf die Frage der Klägerrollenzuweisung und nicht auf jene der Annahme einer auf ein derartiges (formell widerrufenes) Testament gestützten Erbserklärung. Ob die letztwillige Verfügung vom 20.10.1963 widerrufen wurde, betrifft die materielle Berechtigung des Erbsanspruches, die bei Annahme der Erbserklärung nicht zu prüfen ist (Welser in Rummel, ABGB, Rz 14 zu §§ 799, 800). Nach dem Gesagten muß davon ausgegangen werden, daß der derzeit allein erbserklärte erbl. Sohn sein Erbrecht aus dem von ihm bezogenen Testament nachgewiesen hat.

In Stattgebung des Revisionsrekurses ist daher in Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung der Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.

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