Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.649 (darin enthalten S 1.441,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte erzeugt und vertreibt kosmetische Artikel und Parfümeriewaren. Aus Anlaß der Eröffnung eines "Schönheitsfachgeschäftes" in Wien 17., Elterleinplatz, verteilte sie an Wiener Haushalte einen Prospekt, in dem auf die Eröffnungstage und die dabei geltenden Eröffnungs-Sonderangebote hingewiesen wurde. Dieser Prospekt enthielt (u.a.) folgende Ankündigung:
"Mitspielen - mitgewinnen.......
bei der großen Eröffnungsverlosung
von Yves R***.
1. Preis:
1 Warengutschein im Wert von 2.000,--
2. Preis:
1 Warengutschein im Wert von 1.000,--
3. Preis:
1 Warengutschein im Wert von 500,--
4. bis 50. Preis:
Je 1 Warengutschein im Wert von 100,--
51. bis 100. Preis:
Je 1 Warengutschein im Wert von 50,--."
Der Prospekt enthielt auch einen "Teilnahmegutschein zur großen Yves R***-Eröffnungsverlosung", in den die Teilnehmer ihren Namen und ihre Adresse einzutragen hatten.
Die Beklagte handelt auch mit Waren, deren Preise unter S 50 liegen.
Der klagende Schutzverband beantragt, die Beklagte schuldig zu erkennen, "es im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Kosmetika und Toiletteartikeln zu unterlassen, Warengutscheine, insbesondere solche im Wert zwischen S 50 und S 2.000, unter den Einsendern von Teilnahmegutscheinen an einer Verlosung anläßlich einer Geschäftseröffnung öffentlich zu verlosen, zu verteilen und eine solche Verlosung und Verteilung der beim Verkauf einlösbaren Gutscheine anzukündigen, in eventu anzukündigen, daß im Rahmen einer Eröffnungsaktion bei der Beklagten Warengutscheine mit einem bestimmten Nennbetrag zwischen S 50 und S 2.000 verlost werden, die dann beim Einkauf bei der Beklagten eingelöst werden können"; weiters erhebt der Kläger ein auf Veröffentlichung des Urteils in Samstagausgaben der Tageszeitungen "Kurier", "Neue Kronen-Zeitung" und "Presse" gerichtetes Urteilsveröffentlichungsbegehren. Die Beklagte gewähre den Inhabern derartiger Warengutscheine einen um den Gutscheinwert gegenüber dem Normalpreis ermäßigten Sonderpreis und verstoße damit gegen § 1 Abs 2 RabG.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Ihre Ankündigungen würden von den angesprochenen Verkehrskreisen nur dahin verstanden, daß Warengeschenke im Rahmen eines Verlosungsspieles verteilt würden; ein individueller Preisnachlaß sei hingegen nicht angekündigt worden. Jeder Inhaber eines solchen Warengutscheines könne um den darin genannten Betrag Waren beziehen. Da die Beklagte auch Waren vertreibe, deren Preise unter S 50 liegen, könne jeder Gewinner eines Gutscheines Waren beziehen, ohne noch etwas auf den Kaufpreis teurerer Waren aufzahlen zu müssen. Ein Verbot, derartige Warengutscheine zu verteilen, würde gegen das Grundrecht der Freiheit des Eigentums verstoßen. Die Urteilsveröffentlichung in gesamtösterreichischen Tageszeitungen sei nicht gerechtfertigt, weil sich der beanstandete Prospekt nur auf einen einzigen Wiener Gemeindebezirk bezogen habe.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungshaupt- und dem Urteilsveröffentlichungsbegehren statt. Die Beklagte habe mit der beanstandeten Werbung angekündigt, den Gewinnern der Warengutscheine - sohin einem bestimmten Verbraucherkreis - beim Einkauf von Waren um den Nennwert der Gutscheine verminderte Preise (Sonderpreise) zu gewähren. Damit habe sie unzulässige Sonderpreise im Sinne des § 1 Abs 2 RabG angekündigt, so daß das Unterlassungshauptbegehren berechtigt sei. Die Urteilsveröffentlichung in drei gesamtösterreichischen Tageszeitungen sei selbst dann berechtigt, wenn der beanstandete Werbeprospekt nur in einem Wiener Gemeindebezirk verteilt worden wäre.
Das Berufungsgericht bestätigte das Unterlassungsgebot des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß die Beklagte schuldig erkannt wurde, Warengutscheine, insbesondere solche im Wert zwischen S 50 und S 2.000, auf denen nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß Waren nur um den in den Gutscheinen genannten Nennbetrag bezogen werden können, unter den Einsendern von Teilnahmegutscheinen an einer Verlosung anläßlich einer Geschäftseröffnung öffentlich zu verlosen und zu verteilen, sowie eine solche Verlosung und Verteilung von beim Einkauf bei der Beklagten einlösbaren Gutscheinen anzukündigen. Der Kläger wurde ermächtigt, den stattgebenden Teil des Urteils in je einer Samstag-Nummer der Wiener Ausgaben der Tageszeitungen "Kurier" und "Neue Kronen-Zeitung" auf Kosten der Beklagten veröffentlichen zu lassen; das darüber hinausgehende Veröffentlichungsbegehren wurde abgewiesen. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes nicht S 15.000, der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000, der gesamte Wert des Streitgegenstandes aber nicht S 300.000 übersteige und die Revision zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht folgendes aus:
Nach ständiger Rechtsprechung sei eine verbotene Rabattgewährung anzunehmen, wenn Gutscheine zum ermäßigten Bezug einer Ware verteilt werden. Dabei sei es bedeutungslos, wenn es der Nennbetrag ermögliche, einige Waren kostenlos zu erwerben, es sei denn, daß die Gutscheine darauf eingeschränkt seien und der Erwerb teurerer Waren unter Aufzahlung der Differenz zwischen dem Nennbetrag des Gutscheines und dem Preis der gekauften Ware ausgeschlossen sei. Die Gutscheine der Beklagten erweckten jedoch den Anschein, daß sie auch bei einem Einkauf teurer Waren in Zahlung genommen würden. In diesem Sinn sei das gerichtliche Unterlassungsgebot durch die beigefügte Maßgabe - die gegenüber dem erhobenen Begehren kein aliud sondern ein minus sei - klarzustellen gewesen. Da das Rabattgesetz keinesfalls verbiete, Werbegeschenke zu verteilen, sondern nur der Verhinderung sachlich nicht gerechtfertigte Preisnachlässe diene, könnten auch die von der Beklagten aufgezeigten Bedenken an seiner Verfassungsmäßigkeit nicht geteilt werden. Die beanstandete Werbung der Beklagten habe sich jedoch nur auf einen einzigen Wiener Gemeindebezirk bezogen, in dem sich rund 7.000 Haushalte befänden; bei dieser Sachlage genüge die Urteilsveröffentlichung in den Wiener Ausgaben zweier Tageszeitungen, um den erforderlichen Aufklärungszweck zu erreichen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Abweisung der Klage abzuändern; hilfsweise stellt die Beklagte auch einen Aufhebungsantrag. Weiters regt die Beklagte an, das RabG auf seine Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Die Beklagte weist in ihrer Revision darauf hin, daß sie nur Warengutscheine verlost habe; sie leitet daraus ab, daß darin weder ein Preisnachlaß liege, noch wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen unterschiedliche Preise gewährt würden. Teilnehmer am Gewinnspiel hätten bloß die Möglichkeit, einen Warengutschein zu gewinnen und dafür Waren zu beziehen; auf die Preisgestaltung, insbesondere auf die allgemein angekündigten und gültigen Preise, werde dabei aber nicht Einfluß genommen. Von einem Preisnachlaß könne selbst dann keine Rede sein, wenn der Warengutschein beim Kauf einer Ware auf den Kaufpreis angerechnet werde oder ein solcher Eindruck entstehen könnte. Wenn die Gewinner von Warengutscheinen auch Waren beziehen könnten, deren Kaufpreise höher sind als der Nennwert des Gutscheines, dann werde nur ein Teil der Ware verschenkt; unsachliche Momente zugunsten bestimmter Verbraucherkreise würden dadurch nicht in die Preisgestaltung getragen. Hätte das RabG die vom Berufungsgericht angenommenen Auswirkungen, würde es gegen das Grundrecht der Freiheit des Eigentums verstoßen.
Demgegenüber ist aber eine verbotene Rabattgewährung nach ständiger Rechtsprechung (SZ 33/75; SZ 53/50 und 147; ÖBl 1985, 51 uva) regelmäßig auch dann anzunehmen, wenn Gutscheine zum ermäßigten Bezug einer Ware verteilt werden; daran ändert sich nichts, wenn die Verteilung im Wege einer Verlosung erfolgt (RdW 1986, 117; ÖBl 1987, 163). Die Besitzer von Gutscheinen, denen durch die Anrechnung des Nennwertes der Gutscheine beim Kauf von Waren gegenüber den sonst allgemein gültigen Normalpreisen Sonderpreise gewährt werden, sind Angehörige bestimmter Verbraucherkreise im Sinne des § 1 Abs 2 RabG (ÖBl 1978, 73; SZ 53/50; ÖBl 1987, 163). Der Begriff der "Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verbraucherkreis" ist nach Lehre und Rechtsprechung weit auszulegen. Daß die betreffenden Personen zu einer Rechtsgemeinschaft zusammengefaßt sind oder daß sonst besondere Beziehungen zwischen ihnen bestehen, ist nicht erforderlich; vielmehr genügt die bloße Gemeinsamkeit äußerer Umstände, die den betreffenden Personenkreis zumindest bestimmbar machen. Maßgebend ist, daß der Sondernachlaß nicht durch sachliche Gründe - etwa eine bestimmte Eigenschaft der Ware, einen Saisonschlußverkauf oder dgl - gerechtfertigt ist, sondern aus Gründen gewährt wird, die in der Person des Begünstigten liegen (ÖBl 1985, 51 mwH). Daß ein solcher Sondernachlaß nicht von der Willkür des Gewährenden, sondern vom Zufall einer Verlosung abhängig gemacht wird, macht keinen Unterschied. Mangels deutlicher Einschränkung der Gutscheine auf bestimmte Waren (deren Kaufpreise den Nennwerten der Gutscheine entsprechen) ist das Berufungsgericht auch zutreffend von der ständigen Rechtsprechung ausgegangen, daß - nach der dafür maßgebenden Verkehrsauffassung - die Einlösung der Gutscheine auch für den Fall des Einkaufes von Waren mit höheren, den Nennwert übersteigenden Preisen angekündigt wurde, jedenfalls aber eine dabei entstehende Unklarheit zu Lasten des Ankündigenden auszulegen ist (SZ 53/147; ÖBl 1985, 51; ÖBl 1987, 163; 4 Ob 373/87). Mit ihren gegenteiligen Rechtsmittelausführungen zeigt die Beklagte somit keine erhebliche Rechtsfrage auf. Daran ändert auch die Anregung der Beklagten, ein Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten, nichts. Der Oberste Gerichtshof teilt die in der Revision erhobenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs 2 RabG nicht. Zweck des RabG ist es, den Unternehmer grundsätzlich an seinen eigenen Normalpreis zu binden und ihn zu zwingen, Preisermäßigungen als solche zu kennzeichnen und nicht in den Mantel individueller Preisnachlässe zu hüllen. Der Preisnachlaß soll zwar nicht schlechthin verhindert, doch im Interesse der Mitbewerber auf ein angemessenes Maß zurückgeführt werden (ÖBl 1982, 162 uva); auch die Ungleichbehandlung der Kunden durch das Gewähren von Sonderpreisen soll hintangehalten werden (ÖBl 1978, 104 ua). Das RabG hindert den Händler nicht, Waren an Letztverbraucher zu Reklamezwecken zu verschenken; eine solche Maßnahme darf nur nicht in der Gestalt eines individuellen Preisnachlasses getroffen werden. Darin ist aber nach Ansicht des erkennenden Senates keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechtes der Freiheit des Eigentums zu erkennen; er hat daher schon bisher keinerlei Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs 2 RabG unter diesem Gesichtspunkt geäußert und diese Bestimmung stets angewendet. Stichhaltige Argumente, diese Auffassung zu revidieren, zeigt die Beklagte in der Revision nicht auf.
Da die Entscheidung im vorliegenden Fall somit nicht von einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO abhängt, war die Revision - der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 3 ZPO nicht gebunden - zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Auf die Unzulässigkeit der Revision hat der Kläger hingewiesen.
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