OGH 2Ob537/89

OGH2Ob537/8910.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sylvia G***, Serviererin, 4522 Sierning, Blankenberg 6, vertreten durch Dr. Josef Lechner und Dr. Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, wider die beklagte Partei Johann M***, Maurergehilfe, 4540 Bad Hall, Steyrer Straße 22, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in Steyr, wegen S 80.000,-- und Feststellung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. März 1988, GZ 2 R 76/89-28, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 27. Dezember 1988, GZ 2 a Cg 149/87-23, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Urteil des Erstgerichtes wurde dem Beklagten am 4. Jänner 1989 zugestellt; das Berufungsgericht wies die am 6. Februar 1989 beim Erstgericht überreichte Berufung als verspätet zurück, da bei einer Zustellung innerhalb der Gerichtsferien der Fristenlauf für die Einbringung der Berufung um null Uhr des ersten Tages nach den Gerichtsferien, im vorliegenden Fall dem 7. Jänner 1989 um null Uhr begonnen habe. Daraus folge, daß die Berufung des Beklagten innerhalb der vierwöchigen Berufungsfrist spätestens am 3. Februar 1989 hätte eingebracht werden müssen; die am 6. Februar 1989 beim Erstgericht überreichte Berufung sei daher als verspätet zurückzuweisen.

Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufzuheben; hilfsweise stellt der Beklagte für den Fall der Nichtstattgebung des Rekurses den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil ein gegen die Zurückweisung einer Berufung nur aus formellen Gründen erhobenes Rechtsmittel gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ohne Beschränkung auf erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig und nur bei einem S 15.000,-- nicht übersteigenden Anfechtungsgegenstand ausgeschlossen ist; er ist aber nicht berechtigt.

Der Beklagte führt in seinem Rechtsmittel aus, es sei richtig, daß das Urteil des Erstgerichtes dem Beklagten am 4. Jänner 1989, somit innerhalb der Gerichtsferien zugestellt worden sei und in einem solchen Fall der Fristenlauf für die Einbringung der Berufung um null Uhr des ersten Tages nach den Gerichtsferien, im vorliegenden Fall dem 7. Jänner 1989, um null Uhr, beginne. Gemäß § 125 Abs 2 ZPO endeten aber nach Wochen bestimmte Fristen mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tage entspreche, an welchem die Frist begonnen habe. Das Berufungsgericht sei eine nach Wochen berechnete Frist. § 126 Abs 2 ZPO bestimme aber, daß wenn das Ende einer Frist auf einen Sonntag oder einen Feiertag falle, der nächste Werktag als letzter Tag der Frist anzusehen sei. Gemäß § 1 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 1. Februar 1961, BGBl. Nr. 37/1961, über die Hemmung des Fristenablaufes durch Samstage und den Karfreitag sei bestimmt, daß in Ergänzung des § 126 Abs 2 ZPO diese Hemmung auch dann eintrete, wenn das Ende dieser Frist auf einen Samstag oder einen Karfreitag falle. Im gegenständlichen Fall bedeute dies, daß die am Samstag, dem 7. Jänner 1989 um null Uhr begonnene Frist nach § 125 Abs 2 ZPO am Samstag, dem 4. Februar 1989, geendet hätte. Da der Ablauf gemäß dem zitierten Bundesgesetz an einem Samstag gehemmt sei, sei der Fristablauf im gegenständlichen Fall mit Montag, dem 6. Februar 1989 erfolgt, sodaß die an diesem Tag eingebrachte Berufung nicht verspätet sei. Das Oberlandesgericht Linz habe bei der Heranziehung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29. März 1984, 8 Ob 225/83, offenbar übersehen, daß dort der 26. August 1983 (Tag nach Ende der Gerichtsferien) ein Freitag war, im gegenständlichen Fall aber ein Samstag.

Diesen Ausführungen ist folgendes zu entgegnen:

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 225/83, veröffentlicht in SZ 57/65, ausgeführt hat, beträgt die Berufungsfrist gemäß § 464 ZPO vier Wochen; sie beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung. Nach § 125 Abs 1 ZPO wird bei Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen der Zeitpunkt oder die Ereignung fällt, nach der sich der Anfang der Frist richten soll. Gemäß § 125 Abs 2 ZPO enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. § 225 Abs 1 ZPO ordnet schließlich an, daß dann, wenn der Beginn der Frist in die Gerichtsferien fällt, die Frist um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil der Gerichtsferien verlängert wird. Die Zustellung des Urteils des Erstgerichtes an den Beklagtenvertreter - in dem dort entschiedenen Fall - am 24. August 1983, also innerhalb der gemäß § 222 ZPO vom 15. Juli bis 25. August dauernden Gerichtsferien, hatte zur Folge, daß die Zustellung als innerhalb der Gerichtsferien vollzogen galt, daß aber die Berufungsfrist erst mit dem Ende der Gerichtsferien zu laufen begann (Fasching, Kommentar II 1027; RZ 1978/109 ua.). Entgegen der Auffassung der Beklagten endete aber die vierwöchige Frist nicht am 23. September 1983 (der ebenso wie der 26. August 1983 ein Freitag war), sondern schon am Donnerstag, dem 22. September 1983. Die Vorschrift des § 125 Abs 2 ZPO über die Berechnung von nach Wochen bestimmten Fristen geht nämlich von dem Normalfall aus, daß der Tag, in welchem das Ereignis fällt, das den Fristenlauf auslöst, der betreffenden Partei nicht mehr ganz zur Verfügung steht und daher analog der Vorschrift des § 125 Abs 1 ZPO über die Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist nicht mitzurechnen ist (vgl. Neumann, Kommentar4 I 687). Wenn jedoch - wie im vorliegenden Fall - das den Lauf der Berufungsfrist auslösende Ereignis, nämlich die Zustellung des Urteils des Erstgerichtes an den Beklagtenvertreter, innerhalb der Gerichtsferien erfolgte und somit der Fristenlauf bereits um null Uhr des ersten Tages nach den Gerichtsferien, des 26. August 1983, begann, wobei der Zustellungstag infolge der durch die Gerichtsferien bewirkten Hemmung der Frist ohnehin nicht mitzählte, dann endete der Lauf der Frist von vier Wochen mit Ablauf des 28. - der Partei voll zur Verfügung stehenden - Tages, also mit Ablauf des 22. September 1983. Nur diese Art der Berechnung verhindert, daß eine Frist von 28 Tagen und eine solche von vier Wochen an zwei verschiedenen Tagen enden, was etwa dann der Fall wäre, wenn eine nach Tagen bestimmte Frist am 26. August, eine nach Wochen bestimmte Frist aber im Ergebnis erst um einen Tag später zu laufen begänne. Für eine solche unterschiedliche Berechnung und Dauer von Fristen bieten jedoch die Bestimmungen des § 125 Abs 1 und Abs 2 ZPO keine Handhabe. An dieser Rechtsansicht hat der Oberste Gerichtshof seither in zahlreichen nichtveröffentlichten Entscheidungen sowohl hinsichtlich der Sommergerichtsferien (etwa 2 Ob 71/86, 2 Ob 16/87, 3 Ob 579/87, 7 Ob 684/88 ua.), als auch hinsichtlich der Wintergerichtsferien (7 Ob 1004/84 ua.) festgehalten; der vorliegende Fall bietet nach Ansicht des erkennenden Senates keinen Anlaß, von dieser nunmehr bereits ständigen Rechtsprechung abzugeben. Dies hat aber zur Folge, daß der 28. Tag, welcher dem Beklagten nach dem Beginn der Berufungsfrist mit dem 1. Tag nach dem Ende der Gerichtsferien (7. Jänner 1989) voll zur Verfügung stand und mit dessen Ablauf die Berufungsfrist endete, der 3. Februar 1989, ein Freitag, war. Das Bundesgesetz vom 1. Februar 1961, BGBl. Nr. 37/1961, über die Hemmung des Fristenablaufes durch Samstage und dem Karfreitag war somit im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht die am 6. Februar 1989 bei Gericht überreichte Berufung des Beklagten als verspätet zurückgewiesen. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über den hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag obliegt dem Erstgericht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte