OGH 7Ob557/89

OGH7Ob557/896.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta, Dr.Egermann und Dr.Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ferdinand F***, Privater, Wien 19., Panzergasse 10, vertreten durch Dr.Thomas Ebner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Hildegard B***, Private, Himberg/Velm, Velmerstraße 59, vertreten durch Dr.Otto Schuhmeister u.a., Rechtsanwälte in Schwechat, wegen Aufkündigung (Streitwert 12.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 21.Dezember 1988, GZ 41 R 755/88-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11.August 1988,GZ 43 C 45/88-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 2.634,24 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 439,04 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte hat mit Vertrag vom 18.März 1964 von ihrem Bruder Johann Z*** die Wohnung Nr. 19 im Haus Wien 5., Wiedner Hauptstraße Nr. 113, bestehend aus Zimmer, Vorzimmer, Küche, Speis und Innen-WC gemietet. Im Vertrag wurde ausdrücklich vereinbart, daß sie das Recht hat, die Wohnung unterzuvermieten. Johann Z*** war damals Eigentümer des Hauses. Er hat bei Abschluß des Mietvertrages erklärt, die Beklagte könne mit der Wohnung machen was sie wolle. In der Folge hat er sich auch nicht darum gekümmert, ob und zu welchen Bedingungen die Wohnung untervermietet war. Tatsächlich hat die Beklagte die Wohnung meist untervermietet. Der derzeitige Untermieter zahlt an die Beklagte einen monatlichen Zins von 4.000 S, während die Beklagte einen monatlichen Mietzins von 1.600 S entrichten muß.

Anfang 1987 hat Johann Z*** das Haus dem Kläger verkauft. Von der Zusage, daß die Beklagte mit der Wohnung machen könne was sie wolle, wurde Z*** nicht informiert.

Das Erstgericht hat die auf § 30 Abs. 2 Z 4 MRG gestützte Aufkündigung des vorerwähnten Mietvertrages mit der Begründung für rechtswirksam erkannt, bei der Gestattung einer Untervermietung zu einem überhöhten Untermietzins handle es sich um eine außergewöhnliche Bedingung, an die der Erwerber des Mietobjektes nach § 2 Abs. 1 MRG nicht gebunden sei.

Das Berufungsgericht hat die Aufkündigung aufgehoben und in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, in der Erklärung Z***, die Beklagte könne mit der Wohnung machen was sie wolle, sei eine ausdrückliche Zustimmung zu einer Untervermietung auch zu einem überhöhten Mietzins zu erblicken. Eine derartige Genehmigung stelle keine außergewöhnliche Bedingung im Sinne des § 2 Abs. 1 MRG dar. Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteigt, nicht aber 300.000 S. Es hat die Revision für zulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch sinngemäß, wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt. Das Berufungsgericht ist weder von erstgerichtlichen Feststellungen abgegangen noch hat es erforderliche Verfahrensschritte unterlassen. Die Beurteilung der Erklärung des Johann Z*** betreffend das Recht der Beklagten, mit der Wohnung zu machen was sie wolle, fällt nicht in das Gebiet der Tatsachenfeststellung, sondern in das der rechtlichen Beurteilung. Es handelt sich nämlich um die Auslegung einer Willenserklärung, die ihrem wörtlichen Inhalt nach feststeht.

Bei der Auslegung der erwähnten Willenserklärung ist dem Berufungsgericht kein Rechtsirrtum unterlaufen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß es sich bei der Beklagten um die Schwester des damaligen Hauseigentümers handelt, kann der Zusatz zu einer schriftlich erteilten Bewilligung der Untervermietung wonach derjenige, dem diese Bewilligung erteilt worden ist, mit der Wohnung machen könne was er wolle, nur dahin verstanden werden, daß dem Vermieter die Bedingungen, zu denen der Mieter die Wohnung weitergibt, völlig gleichgültig sind, daß somit der Mieter die Wohnung, soferne dadurch erkennbare Interessen des Vermieters nicht berührt werden, zu den ihm passenden Bedingungen weitergeben darf. Die festgestellte Erklärung wurde demnach unter Berücksichtigung des Wortsinnes im Zusammenhang mit den Umständen, unter denen sie abgegeben wurde, vom Berufungsgericht richtig ausgelegt. Geht man davon aus, daß der seinerzeitige Hauseigentümer der Beklagten die Untervermietung auch zu einem überhöhten Untermietzins gestattet hat, erübrigt sich ein Eingehen auf die Ausführungen der Revision zu der Frage einer konkludenten Bewilligung. Ob die Beklagte die Wohnung zu einer unverhältnismäßig hohen Gegenleistung untervermietet hat, bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Mit ihren Ausführungen in der Berufung und in der Revisionsbeantwortung betreffend angebliche Investitionen, die bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit zu berücksichtigen wären, übersieht die Beklagte allerdings, daß ein diesbezüglich konkretes Vorbringen im Verfahren erster Instanz nicht erstattet worden ist. Demnach konnte der Oberste Gerichtshof nur von den beiden festgestellten Zahlungen von 1.600 S und 4.000 S monatlich ausgehen. Zu prüfen war jedoch nur die Frage, ob es sich bei der Zustimmung zur Untervermietung auch zu einer unverhältnismäßig hohen Gegenleistung um eine Nebenabrede ungewöhnlichen Inhaltes im Sinne des § 2 Abs. 1 MRG handelt oder nicht.

Durch die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 MRG wurde die Bindung des eingetretenen Einzelrechtsnachfolgers an alle Nebenabreden, die sich nicht auf die Beendigung des Mietverhältnisses beziehen, gegenüber der Regelung des § 1120 ABGB eingeschränkt und, was Kündigungsverzicht und -frist betrifft, erweitert (SZ 58/145, MietSlg. 38.269 = 22/XXXVIII). Für die Beurteilung der Ungewöhnlichkeit des Inhaltes einer Nebenabrede kommt es auch auf die Art des Mietgegenstandes und den Inhalt des konkreten Vertrages an. Ungewöhnlich ist eine Nebenabrede, wenn sie bei vergleichbaren Mietgegenständen und vergleichbarem Vertragsinhalt nicht oder jedenfalls nur äußerst selten vereinbart wird, etwa weil ein Bedürfnis nach einer solchen Vereinbarung nicht oder kaum besteht oder weil sie der typischen Interessensituation der Beteiligten nicht entspricht (SZ 58/145, MietSlg. 38.269, NZ 1988, 136 ua). Richtig ist, daß aus der bloßen Gestattung der Untervermietung durch den seinerzeitigen Vermieter ein Schluß auf einen Verzicht auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z 4 zweiter Fall MRG nicht gezogen werden kann (Würth in Rummel Rz 22 zu § 30 MRG, MietSlg. 37.418, JBl. 1987, 447 ua). Damit ist aber für den vorliegenden Fall nichts gewonnen. Hier wurde nämlich nicht nur die Untervermietung gestattet, sondern auch, wie bereits dargelegt wurde, die Untervermietung zu sämtlichen, dem Mieter beliebigen Bedingungen. Die dargelegte Judikatur bezieht sich nur auf die Auslegung eines Kündigungsverzichtes bezüglich der gänzlichen Untervermietung im Verhältnis Vermieter zu Mieter, nicht aber auf die Frage des § 2 Abs.1 dritter Satz MRG. Diese Frage ist selbständig zu beurteilen.

Wenn auch, wie bereits dargelegt wurde, für die Beurteilung der Frage der Unüblichkeit grundsätzlich objektive Erwägungen maßgebend sind, so dürfen doch nicht die Umstände des konkreten Einzelfalles gänzlich außer Betracht gelassen werden. Hiebei ist nicht zu übersehen, daß es sich bei der Mieterin um die Schwester des Vermieters gehandelt hat. Das Haus, in dem das Mietobjekt liegt, war also gewissermaßen Besitz der Familie der Beklagten. In derartigen Fällen ist es naheliegend, daß dem Mieter gewisse Vorteile aus diesem Besitz zukommen sollen. Solche Vorteile kann er aber nur durch die Erzielung eines Gewinnes bei Verwertung des Mietobjektes erlangen. Dazu kommt daß, wie das Berufungsgericht zutreffend darlegt, durch Untervermietungen sehr häufig Gewinne erzielt werden sollen, weshalb der Zweck der Genehmigung der Untervermietung vielfach darin liegt, dem Mieter eine Gewinnmöglichkeit zu verschaffen. Eine solche Gewinnmöglichkeit hat er aber nur, wenn er das Objekt zu einem den Mietzins wesentlich übersteigenden Untermietzins untervermietet. Erteilt der Vermieter dem Mieter die Genehmigung zur Untervermietung, so gibt er im allgemein damit zu erkennen, daß durch die Untervermietung seine Interessen nicht berührt werden. In einem solchen Fall ist kaum ersichtlich, inwieweit die Erzielung eines unverhältnismäßig hohen Untermietzinses die Interessen des Vermieters berühren sollte. Mag die Genehmigung zur Untervermietung zu einem unverhältnismäßig hohen Untermietzins auch nicht die Regel im Falle einer Genehmigung zur Untervermietung schlechthin sein, so ist sie doch nicht so selten, daß sie als außergewöhnlich im Sinne der oben dargelegten Grundsätze anzusehen wäre. Eine andere Beurteilung mag vielleicht bei gänzlich aus dem Rahmen fallenden Untermietzinsen am Platz sein. Im vorliegenden Fall beträgt der Untermietzins jedoch nur etwas mehr als das Doppelte des Hauptmietzinses. Er übersteigt auch nicht wesentlich jenen Betrag, der bei einer zulässigen freien Zinsvereinbarung erreicht werden könnte. Selbst wenn es sich daher um einen unverhältnismäßig überhöhten Untermietzins im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 4 MRG handeln sollte, wäre er nicht derart exorbitant hoch, daß seine Erzielung unter Berücksichtigung der dem Kläger bekanntgegebenen Genehmigung zur Untervermietung als ungewöhnliche Nebenabrede im Sinne des § 2 Abs. 1 dritter Satz MRG anzusehen wäre. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes erweist sich daher auch in diesem Punkte als zutreffend.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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